Neues aus Wissenschaft und Naturschutz

20.06.2024, Hochschule Neubrandenburg
Neue Studie: Schimpansen nutzen Heilpflanzen gezielt zur Behandlung von Krankheiten und Verletzungen
Eine neue Studie unter Leitung der Hochschule Neubrandenburg und der Universität Oxford zeigt, dass wilde Schimpansen gezielt Pflanzen mit medizinischen Eigenschaften fressen, um sich selbst zu heilen. Das Forscherteam um Dr. Fabien Schultz und Dr. Elodie Freymann beobachtete 51 Schimpansen im Budongo Regenwald und testete 17 Pflanzenarten auf ihre entzündungshemmenden und antibakteriellen Eigenschaften. Die Ergebnisse: 88% der Pflanzen hemmen Bakterien, 33% wirken entzündungshemmend. Aus den Erkenntnissen der Studie können Menschen lernen, neue Medikamente zu entwickeln.
Schimpansen scheinen Pflanzen mit medizinischen Eigenschaften zu verzehren, um ihre Beschwerden zu behandeln, so eine neue Studie der Hochschule Neubrandenburg und der Universität Oxford.
Viele Pflanzen enthalten Wirkstoffe, die eine medizinische Wirkung auf Menschen und andere Tiere haben. Wildlebende Schimpansen fressen viele verschiedene Pflanzen, darunter auch solche, die zwar nährstoffarm sind, aber die Symptome von Krankheiten behandeln oder lindern können. Bisher war es jedoch schwierig festzustellen, ob Schimpansen sich selbst behandeln, indem sie absichtlich nach Pflanzen mit Eigenschaften suchen, die ihnen bei ihren spezifischen Beschwerden helfen, oder ob sie Pflanzen, die zufällig medizinisch wirken, passiv konsumieren.
Um dies zu untersuchen, kombinierte das Forscherteam um Dr. Fabien Schultz und Dr. Elodie Freymann Verhaltensbeobachtungen an wild lebenden Schimpansen (Pan troglodytes) mit pharmakologischen Tests der potenziell medizinischen Pflanzen, die sie in ungewöhnlichen Situationen konsumieren. Sie beobachteten das Verhalten und die Gesundheit von 51 Schimpansen aus zwei Gemeinschaften im tropischen Budongo Regenwald in Uganda.
Anschließend sammelten sie 17 Proben von 13 Baum- und Kräuterarten aus dem Regenwald, von denen sie annahmen, dass die Schimpansen sie zur Selbstmedikation verwenden könnten. Dazu gehörten Pflanzen, die zuvor von kranken oder verletzten Schimpansen eingenommen oder aufgetragen wurden, die aber nicht zu ihrer normalen Ernährung gehörten.
Die Pflanzenproben wurden dann an der Hochschule Neubrandenburg unter der Leitung von Dr. Fabien Schultz und Prof. Leif-Alexander Garbe auf ihre entzündungshemmenden und antibiotischen Eigenschaften getestet, u.a. gegen klinische Isolate antibiotikaresistenter Bakterienstämme. Insgesamt wurden 53 Extrakte hergestellt und in vitro auf eine pharmakologische Wirkung untersucht.
Das Forscherteam fand heraus, dass 88 % der Pflanzenextrakte das Bakterienwachstum hemmten, während 33 % entzündungshemmende Eigenschaften aufwiesen. Das tote Holz eines Baumes aus der Familie der Hundsgiftgewächse (Alstonia boonei) zeigte die stärkste antibakterielle Wirkung und hatte auch entzündungshemmende Eigenschaften, was darauf hindeutet, dass die Schimpansen es zur Behandlung von Wunden nutzen könnten. Interessanterweise wird Alstonia boonei auch in einigen ländlichen ostafrikanischen Dörfern als Heilpflanze zur Behandlung einer Vielzahl von krankhaften Zuständen verwendet, darunter bakterielle Infektionen, Magen-Darm-Probleme, Schlangenbisse und Asthma.
Die Rinde und das Harz des ostafrikanischen Mahagonibaums (Khaya anthotheca) und Blätter eines Farns (Christella parasitica) zeigten starke entzündungshemmende Effekte. Das Forscherteam beobachtete, wie ein männlicher Schimpanse mit einer verletzten Hand die Blätter des Farns suchte und aß, was möglicherweise zur Linderung von Schmerzen und Schwellungen beitrug. Sie beobachteten auch, dass ein Individuum mit einer parasitären Infektion die Rinde des Katzendornbaums (Scutia myrtina) fraß, was bei den Schimpansen dieser Gruppe noch nie beobachtet worden war. Die Laboruntersuchungen ergaben, dass diese Rinde sowohl entzündungshemmende als auch antimikrobielle Eigenschaften hat.
Die Ergebnisse sind ein überzeugender Beweis dafür, dass Schimpansen bestimmte Pflanzen aufgrund ihrer medizinischen Wirkung aufsuchen. Die Studie ist die bisher gründlichste Analyse, die sowohl verhaltensbiologische als auch pharmakologische Belege für den medizinischen Nutzen des Verzehrs von Rinde und Totholz für wildlebende Schimpansen kombiniert.
Dr. Elodie Freymann von der School of Anthropology & Museum Ethnography der Universität Oxford sagte: „Um die Selbstmedikation wild lebender Schimpansen zu untersuchen, muss man wie ein Detektiv vorgehen – man muss multidisziplinäre Beweise sammeln, um einen Fall zusammenzusetzen. Nachdem wir Monate im Feld verbracht und Verhaltenshinweise gesammelt hatten, die uns zu bestimmten Pflanzenarten führten, war es aufregend, die pharmakologischen Ergebnisse zu analysieren und zu entdecken, dass viele dieser Pflanzen ein hohes Maß an Bioaktivität aufwiesen.“
Angesichts der Tatsache, dass sowohl antibiotikaresistente Bakterienstämme als auch chronische Entzündungskrankheiten schon heute eine große Bedrohung für die globale Gesundheit darstellen, stellt das Forscherteam fest, dass die im Budongo Regenwald wachsenden Heilpflanzen die Wirkstofffindung und die Entwicklung wertvoller neuer Medikamente unterstützen könnten.
Forschungsgruppenleiter Dr. Fabien Schultz sagte: „Es ist durchaus vorstellbar, dass mithilfe moderner Technologien in der Medikamentenforschung zukünftig aufbauend auf unseren Untersuchungen im Frühstadium neuartige Wirkstoff-Leitstrukturen identifiziert werden können. Somit stellen sich die Fragen: Was wäre, wenn wir Menschen von den Schimpansen lernen könnten? Können eines Tages Menschenleben gerettet werden, indem wir dem Beispiel unserer engsten tierischen Verwandten folgen?“
Dr. Freymann fügte hinzu: „Unsere Studie zeigt, welches medizinische Wissen aus der Beobachtung von Tieren in freier Wildbahn gewonnen werden kann, und unterstreicht die dringende Notwendigkeit, diese Waldapotheken für künftige Generationen zu erhalten.“
„Pharmacological and behavioral investigation of putative self-medicative plants in Budongo Chimpanzee diets“
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0305219

24.06.2024, Eberhard Karls Universität Tübingen
Ältester Nachweis von Höhlenlöwen in Südeuropa
Internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Tübingen identifiziert mehr als 600.000 Jahre alten Knochen der Großkatze aus der süditalienischen Fundstätte Notarchirico
Auf dem heutigen Gebiet Italiens lebten bereits vor rund 660.000 bis 610.000 Jahren Höhlenlöwen. Das belegt ein Mittelfußknochen aus der Fundstätte Notarchirico nahe Venosa in der Region Basilicata, der bei der erneuten Durchsicht früherer Funde entdeckt wurde. Es handelt sich um den bisher ältesten Nachweis der inzwischen ausgestorbenen Großkatze in Südeuropa. Er wurde von einem internationalen Forschungsteam mit Dr. Alessio Iannucci aus der Terrestrischen Paläoklimatologie der Universität Tübingen als Hauptautor identifiziert und veröffentlicht. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Journal of Quarternary Science erschienen.
Aus der archäologischen Fundstätte Notarchirico stammt das älteste in Italien geborgene menschliche Fossil, wahrscheinlich von einem jugendlichen Homo heidelbergensis. Die Fundstätte erbrachte einen der frühesten Nachweise der Kultur des Acheuléen in Europa und birgt Belege einer wiederkehrenden Besiedlung durch Menschen im Zeitraum vor 695.000 bis 610.000 Jahren. Die Kultur des Acheuléen, die in Afrika rund eine Million Jahre früher begann als in Europa, wird charakterisiert durch die Herstellung von beidseitig bearbeiteten Faustkeilen und weiteren damals neuen Steinwerk-zeugen.
Starke Klima- und Umweltänderungen
„Die Kultur des Acheuléen breitete sich in Europa beginnend vor mehr als 600.000 Jahren in kurzer Zeit in nördliche und südliche Regionen aus“, berichtet Alessio Iannucci. Etwa zeitgleich, während des Übergangs zwischen dem Frühen und Mittleren Pleistozän, hätten sich auch Löwen und mehrere andere große Säugetiere in Europa ausgebreitet. „In diesem Zeitraum änderte sich der Rhythmus der Zyklen von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten. Die Zyklen wurden länger, sie dehnten sich von rund 40.000 Jahren auf 100.000 Jahre aus. Damit einher gingen starke und wiederkehrende Klima- und Umweltänderungen“, sagt Iannucci. Daraus hätten sich große Anforderungen an ökologische und Verhaltensanpassungen sowohl für die damaligen Menschen als auch für andere Arten ergeben.
„Uns interessiert, welche Faktoren eine Rolle spielten bei der Ausbreitung des Acheuléen. Dazu nut-zen wir auch die großen Säugetiere als Informationsquelle“, sagt Iannucci. Vor etwa 900.000 bis 700.000 Jahren seien in Europa Riesenhyänen ausgestorben, aus Asien und Afrika wanderten andere große Säugetiere wie der Europäische Waldelefant, der Rothirsch und das Wildschwein ein. „Unsere Entdeckung eines mehr als 600.000 Jahre alten Panthera spelaea, wie der Höhlenlöwe wissen-schaftlich bezeichnet wird, bekräftigt die Vorstellung, dass diese Art Teil des großen Faunenwechsels war.“
Originalpublikation:
Alessio Iannucci, Beniamino Mecozzi, Antonio Pineda, Raffaele Sardella, Marco Carpentieri, Rivka Rabinovich, Marie-Hélène Moncel: Early occurrence of lion (Panthera spelaea) at the Middle Pleistocene Acheulean site of Notarchirico (MIS 16, Italy). Journal of Quaternary Science,
https://doi.org/10.1002/jqs.3639

25.06.2024, Deutsche Wildtier Stiftung
Erster Igelnachwuchs liegt in den Nestern – bitte bei der Gartenarbeit jetzt besonders aufpassen!
Der erste Igelnachwuchs ist da! Rund sieben Zentimeter lang, mit etwa 100 weichen, unter der Haut versteckten Stacheln, blind, aber schon mit fünf winzigen Krallen an jeder Pfote – so liegen meist vier bis fünf Igel im geschützten Nest. Von Juni bis September werden unsere Gärten und Parks zur Kinderstube für das Tier des Jahres 2024. Damit die jungen Igel sicher aufwachsen können, sollten wir Menschen jetzt bei der Gartenarbeit besonders auf sie achten: Die neue Igelfamilie braucht ein ungestörtes Versteck. Übrigens: Igelweibchen sind alleinerziehend – das Igelmännchen verschwindet gleich nach der Paarung.
Alle Gartenarbeiten unter Hecken, Sträuchern, in wilden Ecken oder dort, wo Laubhaufen und Totholz liegen, sollten jetzt besonders umsichtig erledigt oder sogar ganz gelassen werden. Denn hier liegen die Igel-Wurfnester gut versteckt. Sobald sich die Igelmutter allerdings durch Unruhe von außen gestört fühlt, kann es sein, dass sie das Nest verlässt. Dann verhungert der Nachwuchs, der in den ersten sechs Wochen gesäugt wird. „Wird ein Nest durch den Einsatz von Gartengeräten beschädigt oder zerstört, kann es zu tödlichen Verletzungen der Igel kommen“, erklärt Lea-Carina Mendel, Natur- und Artenschützerin bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Handwerkzeuge wie Heckenschere, Rechen und Besen sind in der Wurf- und Aufzuchtzeit darum besser geeignet als Maschinen. „Entdeckt man ein Nest, kann man mit ihnen viel schneller reagieren und die Tiere vor Schaden bewahren“, so Mendel. Dass Mähroboter zum Igelschutz nicht in den Dämmerungs- und Nachtstunden eingesetzt werden, sollte mittlerweile selbstverständlich sein.
Mit etwa drei bis vier Wochen sind die Igel selbstständig. Sie verlassen ihr Nest und unternehmen kleinere Touren durch die Gärten. Ihre Milchzähne wachsen. Igel haben einen ausgeprägten Geruchssinn und riechen ihre Beute viele Meter weit. Die Igel lernen jetzt, was fressbar ist. So durchwühlen sie Kompost- und Laubhaufen nach Käfern, Raupen, Insektenlarven und Würmern und verspeisen auch weggeworfene Nahrungsreste neben Mülleimern. „Manchmal verliert ein Igeljunges bei all den kulinarischen Verlockungen den Überblick und findet den Weg zum Nest nicht mehr zurück. Mit leisen Pieplauten ruft es dann nach seiner Mutter“, sagt Mendel. Die Igelmutter hört die Hilferufe, eilt schnaufend herbei und sammelt ihren verlorenen Gartenbummler wieder ein.
Es kann auch mal vorkommen, dass ein verirrter Jungigel tagsüber auf dem Rasen sitzt. „Das kann einen zwar stutzig machen, da Igel fast immer dämmerungs- und nachtaktiv sind – aber in der Regel ist auch dieser Tagesgast nicht gleich ein Waisenkind, sondern geht wieder seiner Wege oder wird vom Igelweibchen abgeholt“, so die Artenschützerin. Mit etwa fünf bis sechs Wochen wiegen Igeljunge dann etwa 250 Gramm und sind unabhängig von der Mutter als Einzelgänger unterwegs.

6.06.2024, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Wollnashörner: Mensch an Aussterben beteiligt
Bejagung und klimatische Veränderungen führten zum Verschwinden der Steppenbewohner vor 10.000 Jahren. Ein internationales Forschungsteam mit Prof. Dr. Hervé Bocherens vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen hat die Ursachen für das Aussterben des Wollnashorns nach dem Ende der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren untersucht. Ihre Studie zeigt, dass die konstante Bejagung durch den Menschen gemeinsam mit Temperaturveränderungen die Populationen der Tiere nachhaltig schwächte, wodurch sie nicht mehr in günstigere Lebensräume ausweichen konnten. Ihr Verschwinden mache auch die Gefährdung heutiger großer Wildtiere deutlich.
Das Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis) war über Tausende von Jahren ein ikonischer Vertreter der Steppenfauna Zentral- und Nordeurasiens, nachdem es sich vor etwa 2,5 Millionen Jahren im Tibetischen Hochland entwickelt hatte. Mit dicker Haut und langem, wolligem Fell war es an kalte Temperaturen angepasst und etwa so groß wie das heutige afrikanische Breitmaulnashorn. Wollnashörner beweideten die niedrige Vegetation in trockenen, offenen Landschaften und nutzten wahrscheinlich ihr Vorderhorn, um Nahrung unter einer dünnen Schneedecke freizulegen. Fossilien zeigen, dass das Wollnashorn bis vor etwa 35.000 Jahren in ganz Nordeurasien verbreitet war. Weshalb es vor etwa 10.000 Jahren ausstarb, war in der Forschung bisher umstritten – ein Einfluss des Menschen wurde aber kaum in Betracht gezogen. Die neu erschienene Studie legt nahe, dass die Tiere bereits vor etwa 30.000 Jahren in eine Sackgasse gerieten, als kühlere Temperaturen und eine niedrige, aber konstante Bejagung durch den Menschen die Wollnashörner nach Süden drängten. Dort waren sie am Ende der letzten Eiszeit dann in isolierten, suboptimalen Lebensräumen eingeschlossen. Die geschwächten Populationen waren zuletzt nicht mehr in der Lage, in für sie günstigere Lebensräume zu wandern.
„Wir haben komplexe Computermodelle, Fossilien und fossile DNA genutzt, um die Metapopulationsdynamik der Wollnashörner über 52.000 Jahre kontinuierlich in bisher nicht gekannter Detailtiefe nachzuvollziehen“, berichtet Prof. Dr. Hervé Bocherens vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen und fährt fort: „Durch kühler werdende Temperaturen und die anhaltende Jagd – in einigen Gebieten Eurasiens lieferten Wildtiere bis zu 30 Prozent der Proteinzufuhr der damaligen Menschen – schrumpften die Populationen und ihr Verbreitungsgebiet. Moderne Menschen, Neandertaler und andere Homininen lebten Zehntausende von Jahren mit den Wollnashörnern. Im Schnitt dezimierten sie deren Population in jeder Generation um zehn Prozent. Am Ende blieben vereinzelte Populationen übrig, die nach Süden gedrängt, isoliert und dadurch geschwächt waren. Mit der erneuten Erwärmung der Temperaturen zu Beginn des Holozäns vor 11.000 Jahren waren die Wollnashörner dann in klimatisch für sie suboptimalen Gebieten ‚gefangen‘ und verschwanden am Ende vollständig.“
In den Ergebnissen ihrer Studie sehen die Forschenden auch wichtige Hinweise für den Schutz heutiger großer Wildtiere. Durch die gravierenden Folgen von Landnutzungsveränderungen und der Jagd durch den Menschen kommen die meisten verbliebenen Arten der heutigen Megafauna nur noch in einem Bruchteil ihres historischen Verbreitungsgebiets vor. „Während es im späten Pleistozän noch 61 große Pflanzenfresser mit einem Gewicht von über 1.000 Kilogramm gab, leben heute nur noch acht solcher Arten. Fünf davon sind Nashörner, von denen vier gefährdet sind und drei sogar vom Aussterben bedroht“, erklärt Bocherens. Die Tiere leben in stark fragmentierten und für sie eher ungünstigen Verbreitungsgebieten in Afrika und Asien. „Durch die Klimaerwärmung wird sich ihre Situation in den nächsten Jahren noch weiter verschlechtern. Wir brauchen dringend verstärkte Schutzmaßnahmen, um zu verhindern, dass die heutigen Nashörner dasselbe Schicksal erleiden wie ihre Verwandten, die Wollnashörner!“, schließt Bocherens.
Originalpublikation:
Fordham, D., Brown, S., Bocherens, H. et al. (2024). 52,000 years of woolly rhinoceros population dynamics reveal extinction mechanisms. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. https://doi.org/10.1073/pnas.2316419121

26.06.2024, Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) e. V.
Bartgeier Vinzenz hebt ab zum Jungfernflug
Weiterer Erfolg im Gemeinschaftsprojekt von LBV und Nationalpark Berchtesgaden – Offizielle Bartgeier-Führungen buchbar
Aufbruchsstimmung in Bayerns Bartgeier-Nische: Geier Vinzenz ist gestern um 6.40 Uhr mit ein paar kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte gestartet und elegant aus der eingezäunten Felsnische gesegelt (siehe Video). Damit ist bereits der siebte Vogel dieser bedrohten Art im Gemeinschaftsprojekt vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden ausgeflogen. Vor knapp vier Wochen am 29. Mai wurden die beiden Bartgeier-Burschen Wiggerl und Vinzenz vom Projektteam im Klausbachtal ausgewildert. Artgenosse Wiggerl wird voraussichtlich in den nächsten Tagen ebenfalls die Auswilderungsnische verlassen. Auch diesen Erstflug kann jede und jeder mit etwas Glück live per Webcam auf der Webseite des LBV oder des Nationalparks Berchtesgaden mitverfolgen.
Im Vergleich zum Alter der meisten anderen ausgewilderten jungen Bartgeier im europäischen Wiederansiedelungsprogramm war Vinzenz mit 115 Tagen beim ersten Flug relativ jung. Im Durchschnitt fliegen junge Bartgeier im Alter von 120 Tagen aus. „Dass dieses Jahr Vinzenz der erste unserer beiden Geier sein würde, der die Lüfte erobert, hatten wir bereits kurz nach der Auswilderung erwartet. Er war von Anfang an extrem engagiert beim Üben seiner Flügelschläge, führte täglich dreimal so viele Schläge wie Wiggerl aus und brachte es kurz vor seinem Ausflug auf über 400 Flügelschläge pro Tag“, sagt LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider.
Ihrem Instinkt folgend haben die beide Bartgeier in den vergangenen Wochen von Tag zu Tag mehr Übungsflügelschläge absolviert. Hunderte solcher Schläge und täglicher Flattersprünge wirken wie ein intensives Training der Flugmuskulatur als Vorbereitung für den Erstflug. „Beide Geier haben ähnlich viel geübt wie die sechs bereits ausgewilderten Vögel. Dabei legte Vinzenz von Anfang an gut vor: Mit 304 Schlägen an einem Tag innerhalb der ersten Woche überholte er sogar die bisherige Spitzenreiterin Recka, die damals nach 4 Tagen stolze 262 mit den Flügeln schlug“, sagt Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.
Die ersten Wochen in der Felsnische waren geprägt von teilweise sintflutartigem Dauerregen, sodass die Nische nicht immer trocken war. Auch wenn der Regen Einfluss auf die Aktivität der beiden Jungvögel hatte, macht er ihnen nicht übermäßig viel aus. „Bartgeier kommen problemlos mit Nässe und kälteren Temperaturen zurecht. Das Konturgefieder lässt einen Großteil des Wassers abperlen und die darunterliegenden, wollartigen Daunenfedern halten sie gut warm“, erklärt Toni Wegscheider.
In den vier Wochen lebten die beiden Bartgeier-Männchen weitgehend friedlich zusammen, sind dabei aber deutlich distanzierter als die Jungvögel aus den Vorjahren. So gab es immer mal wieder kleine Streitigkeiten um die schönsten Futterhappen. Auch der unfreiwillige Sturz von Wiggerl aus der Nische nach einer Auseinandersetzung mit Vinzenz vor zwei Wochen führte zu keinerlei Verletzungen. „Alles in allem handelt es sich um ein recht moderates Verhalten zweier Jungvögel untereinander, vor allem im Vergleich mit den ersten beiden Projektjahren. Die Größe der Nische und die ausreichende Nahrungsversorgung sind zwei Schlüsselgrößen, die sich ganz allgemein positiv auf die Beziehungen auswirken dürften“, so Ulrich Brendel.
Offizielle Bartgeier-Führungen
Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich in den kommenden Wochen alle Besuchenden täglich bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Wiggerl und Vinzenz gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen sowie unter bartgeier@lbv.de.
Futter in der Umgebung ist ausgelegt
In Vorbereitung auf den ersten Ausflug hat das Bartgeier-Team von Nationalpark und LBV einen Futterplatz unterhalb der Nische bereits vor einigen Tagen bestückt. Der Platz ist fußläufig für Vinzenz erreichbar, da seine die Flugfähigkeit in den ersten Tagen noch sehr eingeschränkt ist. Projektmitarbeitende werden auch in den kommenden Wochen immer vor Ort sein und das Verhalten der beiden jungen Bartgeier weiterhin genauso intensiv überwachen wie bisher.

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