Der Mann, der mit den Vögeln sprach
Der Comer See in der Lombardei, eingebettet in eine imposante Gebirgslandschaft und umgeben von Palmen, Olivenbäumen und malerischen Küstenstädtchen. Seit Jahren ein touristischer Hotspot. In diesem pittoresken Szenario spielt der packende Gesellschaftsroman, in dem es um die Bedrohung der Bergwelt durch Klimawandel und menschliche Ignoranz geht.
Auf einem Steilhang des Monte Croce di Muggio hoch über dem Comer See wird ein Mann angetroffen, der offenbar mit den Vögeln redet. Kurz darauf stürzt dieser Hang in die Tiefe. In kurzem Abstand gibt es weitere Erdrutsche in den Alpen. Haben die Vögel vor diesen Naturkatastrophen gewarnt? Ab jetzt begleiten den „Vogelmann“ eine renommierte Krähenforscherin und ein Bergsteiger, der sich um die Natur sorgt. Die Schweiz bittet um Amtshilfe, die katholische Kirche glaubt, in dem Mann einen neuen Franziskus zu erkennen. Für die Klimabewegung wird er ebenso eine Leitfigur wie für eine Unternehmensberaterin, die sich für ein nachhaltiges Geschäftsmodell in den Alpen einsetzt. Rund um den Comer See prallen die Akteure aufeinander. Dabei offenbart sich Scheinheiligkeit in Politik und Ökonomie ebenso wie Aktionismus und Wunschdenken der Umweltschützer angesichts der Klimakatastrophe.
Die Hauptakteure in ERDRUTSCH sind die Krähen (und Verwandte), aber in Anbetracht der angesprochenen Themen sind sie auch nur Beiwerk. Und auch wenn der Leser (oder Hörer, wie in meinem Fall) viel über Neukaledonische Krähen und europäische Verwandte erfährt, so geht der Roman weit über das anfängliche Thema, einen Mann, der mit Vögeln spricht, hinaus. Es geht um den Klimawandel, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern realistisch und greifbar beschrieben. Tourismus jeglicher Art, Naturkatastrophen, Klimaaktivisten und der Klimawandel, das sind vorherrschende Themen. Ich gebe zu, dass ich anfangs nicht wusste, wohin sich die Geschichte entwickeln sollte, habe mich aber gerne von den Krähen ablenken lassen. Am Ende wurde ich zum einen gut informiert und gut unterhalten. Und, was vielleicht auch wichtig ist … zum Nachdenken angeregt. Was Klimawandel anbelangt so gibt es genug Bücher, die auf wissenschaftliche Weise darauf hinweisen. Die Nachrichten sind voll von Klimakatastrophen und KLimaaktivisten (die sich durch dieses Buch durchaus inspirieren lassen dürfen, die Ideen sind nicht schlecht und zeigen auch, dass sich Klimaaktivisten nicht nur auf Straßen kleben müssen, sondern dass es auch andere Möglichkeiten geben kann).
Die Autoren lassen sich zwar Zeit für die Einführung der Charaktere (wobei auch die Krähen nicht zu kurz kommen, zumindest diejenigen, die auch für die Handlung wichtig sind), aber das schadet der Geschichte nicht, macht sie dadurch doch die Handlungen der Protagonisten verständlicher, selbst wenn sie manchmal überzogen wirken.
Ein nachdenkliches, aber unterhaltsamer Roman, als Hörbuch perfekt von Ute Piasetzki in Szene gesetzt.
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(Rezensionsexemplar)