Ausgestorbene Vögel seit 1500 – Falkenartige, Accipitriformes und Eulenvögel (Archiv)

(Erstveröffentlichung am 6. Februar 2012)

Falken

Der Guadalupe-Karakara war eng mit dem Schopfkarakara verwandt. Er erreichte eine Länge von 54 Zentimetern. Die Flügellänge betrug 381 bis 418 Millimeter und der Schwanz war 260 bis 286 Millimeter lang. Der Oberkopf, die Unterschwanzdecken und die Handschwingen waren schwarzbraun. Hals, Rücken, mittlere Flügeldecken und etwa zwei Drittel des Schwanzes waren lederbraun mit unregelmäßiger schwarzbrauner und stumpfweißer Bänderung. Die breite Endbinde war schwarzbraun. Die Wangen waren gelbbraun. Die Kehle war weißlich. Brust, Bauch und Oberschenkel waren lederbraun mit einer schwarzbraunen Bänderung. Die Iris war braun. Die Wachshaut war rosa. Der Schnabel war blaugrau. Beine und Füße waren gelb.
Der Guadalupe-Karakara bewohnte trockene, von Kakteen dominierte Prärien und Buschländer auf der mexikanischen Pazifikinsel Guadalupe. Seine Nahrung bestand aus Aas, kleinen Vögeln und Säugetieren, Insekten, Würmern, Krustentieren und gelegentlich Ziegenlämmern. Der Guadalupe-Karakara zeigte keinerlei Scheu vor dem Menschen. Häufig musste er mit Stöcken von den Ziegenherden vertrieben werden, weil er die Lämmer attackierte. Über sein Brutverhalten ist nur wenig bekannt. Ein Nest wurde April 1897 in der Nähe eines Abfallhaufens entdeckt. Zwei Eier sind in den Museumssammlungen vorhanden: Das erste hat die Maße 55 mm × 43 mm und zeigt rötlichbraune Kleckse und Flecken auf weißem Grund. Das zweite misst 67 mm × 50 mm und ist dunkler.
Die Art wurde durch menschliche Verfolgung innerhalb weniger Jahrzehnte ausgerottet. Der Guadalupe-Karakara wurde 1875 von Edward Palmer entdeckt, der ihn als dreist und zahlreich beschrieb. Weil er gelegentlich Ziegenlämmer erbeutete, wurde er von den Farmern zum „Ziegenmörder“ aufgebauscht und gnadenlos verfolgt. Durch gezielte Vergiftungs- und Abschussaktionen wurde der Bestand des Guadalupe-Karakaras in den 1880er-Jahren stark dezimiert. Um den Ausrottungsfeldzug effektiver zu gestalten, wurde von der Regierung ein hauptamtlicher Karakara-Jäger eingestellt, der keine Mühe hatte, die zahlreich an den Wasserstellen versammelten Vögel abzuschießen. Im Dezember 1900 beobachtete der Naturforscher Rollo Beck elf Exemplare, von denen er neun Exemplare erlegte. Aufgrund der Zutraulichkeit des Guadalupe-Karakaras vermutete Beck damals, dass die Art noch häufig auf Guadalupe vorkommen müsste. Das war jedoch die letzte sichere Beobachtung der Art. Bei einer Suchexpedition im Jahre 1906 wurde trotz der Auslegung von Ziegenkadavern kein Exemplar mehr nachgewiesen.

Habichtartige

Der Anjouan-Sperber ist eine extrem seltene oder vermutlich ausgestorbene Unterart des Echsenhabichts.
Diese Unterart sieht in beiden Geschlechtern dem Männchen der Nominatform sehr ähnlich. Die Oberseite ist einfarbig dunkelgrau. Die Unterseite des Bürzels ist weißgrau und die Flügelunterseite ist auf weißlichem Grund dunkelgrau gebändert. Der Schwanz weist oberseits eine schwarzgraue Bänderung auf dunklem Grund auf.
Die Flügellänge beträgt 135 bis 149 mm bei den Männchen und zwischen 155 und 163 mm bei den Weibchen. Männchen habe eine Schwanzlänge von 99 bis 108 mm, bei Weibchen ist der Schwanz 113 bis 125 mm lang.
Wegen der extensiven Bejagung als vermeintliche Schädlinge und der Lebensraumzerstörung während des 20. Jahrhunderts war er bereits Ende der 1950er Jahre sehr selten. Der letzte zuverlässige Nachweis war im Jahre 1958, als ein einzelnes Exemplar während einer Expedition der British Ornithologists’ Union unter der Leitung von Constantine Walter Benson gesichtet wurde. Eine weitere Suche im Jahre 1965 brachte jedoch kein Ergebnis mehr. Auch wenn man den Bestand in den 1960er Jahren noch zwischen ein und zehn Exemplare geschätzt hat, so gilt er heute als vermutlich ausgestorben. 44 Bälge des Anjouan-Sperbers sind bekannt, von denen sich u. a. ein Exemplar im Zoologischen Museum der Universität Zürich, Schweiz befindet.

Eigentliche Eulen

Weißwangenkauz (John Gerrard Keulemans)

Weißwangenkauz (John Gerrard Keulemans)

Der Weißwangenkauz war eine Eulenart, die in zwei Unterarten auf der Insel Neuseeland vorkam.
Bei Ankunft der europäischen Siedler in Neuseeland während der ersten Hälfte des 19 Jhd. war der Weißwangenkauz noch recht häufig. Bälge wurden nach England gebracht, wo sie 1844 vom britischen Ornithologen George Robert Gray erstmalig als Athene albifacies beschrieben wurden. 1848 wurde der Kauz vom Darmstädter Zoologen Johann Jakob Kaup in die neue Gattung Sceloglaux klassifiziert. Ab 1880 waren die Weißwangenkäuze auch in menschlicher Obhut zu sehen, z. B. in England, in Amsterdam, wo ein Tier ein Jahr überlebte und in Neuseeland beim bekannten neuseeländischen Ornithologen Sir Walter Buller.
Der Weißwangenkauz erreichte eine Länge von 35 bis 40 cm und eine Flügellänge von 26,4 cm. Das Gewicht betrug ca. 600 g. Sein Gefieder war gelbbraun und an der Ober- und Unterseite dunkelbraun gestreift. Schulter, Flügel und Schwanz waren schmutzig-weiß gebändert. Der Schnabel war schwarz mit einer hellen Spitze. Der Gesichtsschleier war weiß. Die Augen waren gelbbraun. Die Füße waren gelb bis rotbraun befiedert.
Den Namen „Lachkauz“ hat diese Vogelart von ihrem Ruf. Er hörte sich an, wie eine Mischung aus dem glu glu glu eines Truthahns und menschlichen Gelächter.
Der Weißwangenkauz war Bodenbrüter, was ihm vor allem durch die eingeführten Wiesel zum Verhängnis wurde. Das Nest, das meist aus zwei weißen Eiern bestand, befand sich in Höhlungen, auf dem blanken Boden oder im getrockenen Gras. Die Brutzeit betrug 25 Tage. Männchen und Weibchen teilten sich das Brutgeschäft.
Die Käuze haben ihre Beute offenbar zu Fuß auf dem Boden gejagt. Ihre Nahrung bestand aus Käfern, Eidechsen, kleinen Vögeln, Ratten und Mäusen.
Der Rotwangenkauz oder Nördliche Weißwangenkauz war auf der Nordinsel Neuseelands in bewaldeten Gebieten am Mt. Taranaki, einem Vulkan in der Nähe der Stadt New Plymouth, und auf der Insel Wairarapa beheimatet und ist gegen 1890 durch eingeführte Tierarten, wie Katzen, Wiesel und Ratten sowie durch Lebensraumzerstörung ausgestorben.
Der Südliche Weißwangenkauz oder Lachkauz lebte in den alpinen Regionen der Südinsel, insbesondere in Nelson, Canterbury und Otago. Weitere Exemplare wurden 1880 auf der Insel Stewart Island entdeckt. Den letzten dokumentierten Report gab es im Juli 1914, als an den Blue Cliffs in der Canterbury Region ein totes Exemplar gefunden wurde.
Unbestätigte Sichtungen gab es bis in die 1940er Jahre und um 1960 wurden Eierfragmente in der Nähe von Canterbury gefunden.

Weitere ausgestorbene Eulen: Réunion-Eule (Réunion, Maskarenen, seit dem späten 17. Jahrhundert vermutlich ausgerottet), Mauritius-Eule (Mauritus, Maskarenen, seit ca. 1850 ausgestorben), Rodrigues-Eule (Rodrigues, Maskarenen, seit Mitte des 18. Jahrhunderts ausgestorben)

Die Marie-Galante-Kanincheneule ist eine ausgestorbene Unterart der Kanincheneule. Sie war auf der Insel Marie-Galante in den Kleinen Antillen endemisch. Ferdinand Joseph L’Herminiers Angabe, den Holotypus auf der Insel Guadeloupe entdeckt zu haben, ist wahrscheinlich nicht korrekt, da auf dieser Insel nie Überreste dieser Eule gefunden wurden.
Die Flügellänge betrug 152 bis 162,5 mm, die Schwanzlänge 75,5 bis 86,5 mm, die Schnabelfirstlänge 15 bis 15,5 mm, die Lauflänge 42,5 bis 46,5 mm und die Länge der mittleren Zehe 21,6 mm. Im Vergleich zur Nominatform war die Marie-Galante-Kanincheneule dunkler und es fehlten die breiten weißen Binden an jeder Fahne der Handschwingen. Die Handdecken waren einfarbig braun. Die Unterseite war weiß mit braunen Querflecken. Die Oberseite war durch sehr kleine weiße Flecken gekennzeichnet. Die äußeren Schwanzfedern und die Innenfahnen der Handschwingen hatten helle ockerfarbene Binden.
Die Marie-Galante-Kanincheneule ist nur von 6 Exemplaren bekannt, die sich im Museum der Boston Society of Natural History sowie im United States National Museum befinden. Der Hauptgrund für das Aussterben der Marie-Galante-Kanincheneule, die gegen 1890 verschwand, waren eingeführte Mungos.

Eine weitere Unterart der Kanincheneule, die Antigua-Kanincheneule von Antigua, St. Kitts und Nevis wurde im späten 19. Jahrhundert von eingeschleppten Mungos ausgerottet.

Der letzte Nachweis des Socorro-Elfenkauz, einer Unterart des Elfenkauzes, war im Jahre 1932
Die letzte bestätigte Sichtung der Jungferninseln-Kreischeule, einer Unterart der Puerto Rico-Kreischeule war 1927 auf Viques, von St. John liegt ein unbestätigter Report aus dem Jahre 1981 vor.

Nachtschwalben

Die Kleine Jamaika-Nachtschwalbe erreicht eine Länge von 23 bis 25 Zentimetern. Beim Männchen ist die Oberseite rötlichbraun mit schwarzbraunen Schaftstreifen. Auf dem Oberkopf sind breite schwarze Schaftstreifen zu erkennen. Charakteristisch ist das weiße Kehlband. Die Flügeldecken sind rötlichbraun mit bräunlichgelben Flecken an den Spitzen. Rücken und Bürzel sind durch schwarze Schaftstreifen gekennzeichnet. Die Schulterfittiche weisen große schwarze Flecken und schmale weißliche Steifen auf. Die Handschwingen sind schwarzbraun und unregelmäßig rotbraun gebändert. Die Außenfahnen sind heller. Die Steuerfedern sind schmutzig rotbraun gebändert und unregelmäßig dunkelbraun gefleckt und gebändert. Jede Steuerfeder ist durch eine schwarzbraune subterminale und eine weiße terminale Binde gekennzeichnet. Kehle und Vorderbrust sind dunkelrotbraun. Die Brust ist dunkelbraun mit schmutzigweißen Querflecken und Federspitzen. Die Unterseite ist hell rehbraun mit einer dunkelbraunen Bänderung. Das Weibchen ist etwas blasser und verwaschener. Die Steuerfedern haben bräunlichgelbe Spitzen.
Die Kleine Jamaika-Nachtschwalbe ist streng nachtaktiv und deshalb leicht zu übersehen. Sie brütet vermutlich auf dem Boden. Über ihren Lebensraum ist kaum etwas bekannt. Sie kommt vermutlich im Kalksteinwald oder im offenen halbtrockenen Waldland auf der Südseite Jamaikas vor. Ihre Nahrung besteht aus Insekten.
Heute sind vier Museumsexemplare der Kleinen Jamaika-Nachtschwalbe bekannt, die in den Jahren 1844, 1858, 1859 und 1860 gefunden wurden. Das erste Männchen wurde 1844 gesammelt, ein weiteres Männchen bei Savana-la-Mar im Westmoreland Parish im August 1858 und ein Weibchen bei Freeman’s Hall nahe Albert Town im September 1859. Ein letztes Männchen wurde im November 1860 nahe Linstead in der Region von Spanish Town erlegt.
Als mögliche Ursachen für ihr Verschwinden werden Entwaldung sowie invasive Fressfeinde wie Mungos (1872 eingeführt), Ratten, Hunde, Katzen und Schweine vermutet.
1980 wurde von Sichtungen unidentifizierter Nachtschwalben am Milk River und in den Hellshire Hills berichtet. Aus diesem Grund wird die Kleine Jamaika-Nachtschwalbe von der IUCN in der Kategorie „kritisch gefährdet (vermutlich ausgestorben)“ (critically endangered, possibly extinct) gelistet.

Die Vaurienachtschwalbe erreicht eine Länge von 19 Zentimetern. Die Oberseite ist beige-sandfarben mit einer braunen Wellen- und Strähnenzeichnung. Ein Bartstreif wie beim Ziegenmelker ist nicht vorhanden. Die Flügel sind beige-sandfarben mit brauner Wellenzeichnung und hellbeigen Tupfern. Die Schultern sind gelbbraun mit dunklen Mittelsträhnen. Die Unterseite ist hell beige-braun gebändert. Die Unterflügel sind beigefarben ohne weiße Flügelbinden. Die beiden äußersten Schwanzfedern weisen schmale helle beige-weiße Spitzen auf. Die Iris ist dunkelbraun. Der Schnabel ist dunkel hornfarben. Beine und Füße sind fleischfarben.
Die Vaurienachtschwalbe ist nur durch ein immatures Weibchen bekannt geworden, das im September 1929 in der Taklamakan im Kreis Guma (Pishan) im südwestlichen Xinjiang in West-China von Frank Ludlow gesammelt wurde und im Natural History Museum aufbewahrt wird. Manche Forscher halten die Vaurienachtschwalbe für ein zweifelhaftes Taxon, zumal bei Expeditionen in den 1970er und 1990er-Jahren nur Exemplare der chinesischen Ziegenmelker-Unterart C. europaeus plumipes in der fraglichen Region entdeckt wurden. Möglicherweise könnte es sich bei der Vaurienachtschwalbe um ein anomales immatures Exemplar des chinesischen Ziegenmelkers oder um eine ausgestorbene Art handeln. Eine Molekularanalyse des vorhandenen Exemplares ist bisher nicht durchgeführt worden. Die Region in der Terra typica ist heute durch Überweidung stark zerstört.

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