Thilo Winter: Die Herde (Rezension)

Im gebirgigen Südwesten Chinas verlassen fünfzehn asiatische Elefanten ihr Revier und beginnen eine Wanderung nach Norden. Niemand weiß, wohin die Tiere unterwegs sind. Die Bilder der wandernden Giganten gehen um die Welt. Die anfängliche Faszination schlägt in Entsetzen um, als die Elefanten auf ihrer Route Häuser zerstören und Menschen angreifen. Der schwedische Zoologe Peter Danielsson erkennt darin ein Alarmzeichen, doch seine Warnungen bleiben ungehört. Stattdessen wird eine Großwildjagd organisiert, um dem Spuk ein Ende zu machen. Bis plötzlich überall auf der Welt Tiere beginnen, sich bedrohlich zu verhalten …
DIE HERDE ist, nach DER RISS, der zweite Roman Thilo Winters, den ich gelesen habe. Anhand dieses Buchs und Erinnerungen an ähnliche Themen z. B. Pattersons ZOO) habe ich einen reißerischen Actionthriller erwartet. Aber ich wurde angenehm überrascht. Ich hätte auch nichts gegen einen Actionthriller gehabt, aber ich gebe zu, dass mir die ruhige Erzählweise sehr zugesagt hat und es durchaus spannend wird. Das liegt vielleicht auch an einem der Protagonisten, Peters Vater, der als Archäologe in Mexiko unterwegs ist und unfreiwillig (beabsichtigt vom Autor, oder einfach der Fantasie meinerseits … oder jedem anderen Lesers) an Indiana Jones erinnert.

Und dann sind da die Tiere … Elefanten, Rhesusaffen, Grackeln (da dürfte der deutsche Leser Schwierigkeiten haben, sich diese Tiere vorzustellen … sie kommen nur in Amerika vor) und andere Tiere wandern … und niemand weiß warum. Aggressiv sind die Tiere nicht, nur wenn man sich ihnen in den Weg stellt. Der Roman stellt so von Anfang an klar, dass die Tiere nicht auf Krawall gebürstet sind und alle Probleme nur durch den Menschen entstehen. Das mag wenig spektakulär klingen, aber Winters Schreibstil lässt die Wanderungen lebendig werden und so werden imposante Bilder geschaffen. Und so ist das Ende, bzw. der Grund für die Wanderungen, auf der einen Seite ebenso unspektakulär, wie passend. Nicht unbedingt ein Ökothriller, aber Winters zeigt mit ruhigen Tönen, welche Auswirkungen der Mensch auf seine Umgebung hat, als Individuum mit eigener Persönlichkeit oder als invasive Tierart. Und auch wenn ich den Eindruck erwecken mag, dass es sich um ein langatmiges Buch handelt, in dem ein paar Tiere von einem Ort zum anderen wandern, so ist es bei weitem viel mehr. Wobei ich tatsächlich auch sagen muss, dass die menschlichen Antagonisten eher ein Störfaktor sind und nicht unbedingt benötigt wären. Zu oberflächlich und einseitig ist ihre Darstellung, da sind die Protagonisten (Peter und sein Vater, Sui und ihre Mutter) vielschichtiger und interessanter.
Aber … DIE HERDE bietet gute Unterhaltung und informiert nebenbei noch über ein paar Tiere … und danach weiß der Leser auch, was ein Grackel ist.

(Rezensionsexemplar)

Nur eine kurze Anmerkung, die mit dem Inhalt des Buchs nichts zu tun hat, aber leider auch falsche Bilder im Kopf entstehen lassen kann: Einer der Hauptstränge in DIE HERDE befasst sich mit Asiatischen Elefanten, das Cover ziert aber einen afrikanischen Elefanten (vermutlich weil seine Ohren imposanter sind). Diese spielen aber keine Rolle im Buch.

Und noch etwas … die einzigen Grackeln, die man in diesem Blog findet gibt es (leider) hier.

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