Seit einiger Zeit erhält man kostenfrei das Manati, das Magazin des Tiergarten Nürnberg vor Ort oder online. Dieses beschäftigt sich mit Seuchen im Zoo, die nicht erst seit Vogelgrippe oder MKS gefürchtet und vertreten sind. Im Heft geht es unter anderem um Afrikanische Schweinepest, Tollwut, Toxoplasmose, Blauzungenkrankheit und das Equine Herpesvirus.
Ich werde hier ein paar Herpesviren vorstellen, Tollwut, Toxoplasmose und andere Krankheiten werden irgendwann folgen. Sieht man von den Folgen für die Tieren ab (oder den Menschen ab) sind Virologie, Mikrobiologie und insbesondere die Parasitologie interessante Themen (wenn man sich nicht gerade damit befassen muss Leben zu retten)
Herpesviren sind auch beim Menschen bekannt, und auch das Equine Herpesvirus ist nur ein weiterer Vertreter einer vielseitigen Virengruppe, wobei selbst hier die Bezeichnung nicht korrekt ist, da es mehrere Viren gibt, welche Herpesinfektionen bei Pferden hervorrufen können.
Wirtschaftlich am bedeutendsten ist die Infektion mit dem Equinen Herpesvirus 1 (EHV-1).
Infektionen des Equinen Herpesvirus 1 (alias Pferde-Abort-Virus, offiziell Equid alphaherpesvirus 1, EHV-1, Gattung Varicellovirus, Unterfamilie Alphaherpesvirinae) verursachen eine Rhinopneumonitis (Entzündung der Atemwege) oder den Virusabort trächtiger Stuten. Equines Herpesvirus 4 (alias Rhinopneumonitis-Virus der Pferde, offiziell Equid alphaherpesvirus 4, EHV-4, ebenfalls Gattung Varicellovirus) kann ebenfalls eine Rhinopneumonitis verursachen, jedoch keinen Virusabort. Die Viren gelangen über die Nase (Tröpfcheninfektion) in das Pferd. Sie sind weit verbreitet und vielerorts endemisch, so dass es häufig zu Reinfektionen kommt. Meist erkranken nur Jungtiere oder geschwächte Tiere an diesen respiratorischen Erkrankungen. Der Virusabort tritt in der Spätträchtigkeit auf.
Die Herpesvirales sind eine seit 2007 vorgeschlagene und seit 2009 nach Entscheidung des ICTV offizielle Virusordnung. Die Unterschiede im Genomaufbau und der phylogenetischen Verwandtschaft zwischen der ursprünglichen Familie Herpesviridae (jetzt Orthoherpesviridae) – von denen sich der Name der Ordnung ableitet – und zweier weiterer, hiervon abgetrennten Gattungen, begründen die neue Virusordnung. Die Gattung Ictalurivirus wurde in der neuen Familie Alloherpesviridae (Herpesviren bei Fischen) und die Gattung Ostreavirus in der neuen Familie Malacoherpesviridae (eine Herpesvirus-Spezies bei Austern) klassifiziert. Die ursprüngliche Familie Herpesviridae (bzw. jetzt Orthoherpesviridae) umfasst nun nur noch Viren bei Vögeln, Säugetieren und Reptilien. Damit ist sichergestellt, dass nun mit der Trivialbezeichnung Herpesviren die Ordnung gemeint ist, die Herpesviren im engeren Sinn können nun als Orthoherpesviren bezeichnet werden.
Viele Herpesviren befallen nur eine einzige Tierart. Immer wieder hört man vor allem von Herpesinfektionen bei Asiatischen Zooelefanten. Diese haben ein eigenes Arsenal an Herpesviren, die eine tödlich verlaufende Infektion verursachen können (vor allem bei Typ 1). Aber auch Afrikanische Elefanten können an Herpes erkranken, allerdings sind es bei ihnen andere Typen als bei den Asiatischen.
Selten scheinen die Herpesviren bei Elefanten nicht zu sein, in den Herkunftsländern sind sie recht häufig. Es ist also keine Krankheit, die nur bei Zootieren vorkommt.
Einzelne Tiere können selbst Träger des Virus‘ sein, ohne daran zu erkranken.
Herpes bei Elefanten in Schweizer Zoos:
Ackermann M, Hatt J-M, Schetle N, Steinmetz HP: Identification of shedders of Elephant Endotheliotropic Herpesviruses among Asian Elephants (Elephas maximus) in Switzerland. Mai 3, 2017. PLoS One. DOI: pone.0176891
Auch Fische, Amphibien und Reptilien können an Herpesvireninfektionen erkranken.
Das Koi-Herpesvirus (KHV), englisch Cyprinid herpesvirus 3 (CyHV-3), ist ein höchst infektiöses Virus, das eine seuchenhaft, akut bis subakut verlaufende virale Infektionskrankheit der Karpfen und Koi-Karpfen – die Koi-Herpesvirusinfektion (englisch Koi Herpes Disease) – verursacht. Die Inkubationszeit liegt in Abhängigkeit verschiedener Faktoren wie Stress und der jeweiligen Kondition der Fische, zwischen einer Woche und mehreren Monaten. Kommt es zum Ausbruch der Krankheit, liegt die Mortalitätsrate in der Regel zwischen 80 % und 100 % in einem Zeitraum von 24 Stunden bis 14 Tagen.
Bei Fröschen und Kröten sind die Herpesviren Ranid herpesvirus 1 (RaHV1), Ranid herpesvirus 2 (RaHV2), Ranid herpesviurs 3 (RaHV3) und Bufonid herpesvirus 1 (BfHV1) bekannt.
Der Lucke-Tumor ist ein Nieren-Adenokarzinom, das die nördlichen Leopardenfrösche im Nordosten und im Zentrum der USA betrifft. Es war der erste Tumor, der nachweislich durch ein Herpesvirus verursacht wird. Er wird selten im Sommer beobachtet, da das Virus kalte Temperaturen zum Wachsen benötigt, und tritt am häufigsten im frühen Frühjahr auf, da die Frösche zu dieser Zeit ihren Winterschlaf beenden. Außerdem sind Eier und junge Embryonen am anfälligsten für eine Infektion mit dem Herpesvirus und erkranken daher eher an einem Lucke-Tumor.
Viren mögen es grundsätzlicher kälter, das sieht man im eigenen Umfeld immer wieder und auch die Krankheitsausbrüche der Vogelgrippe beschränken sich größtenteils auf den Winter … aber Ausnahmen bestätigen die Regeln und wie sich der Klimawandel auf die weitere Ausbreitung von Viren (oder anderen Krankheitserregern) auswirken wird, wird sich noch zeigen,