Seishu Hase: Tamons Geschichte (Rezension)

Japan 2011, kurz nach dem Tōhoku-Erdbeben: Viele Existenzen sind zerstört, das Leben der Menschen nicht mehr so, wie es einmal war. Neben einem Convenience Store nahe der japanischen Alpen findet der junge Kazumasa einen herrenlos streunenden Schäferhund, der ihm nicht mehr von der Seite weicht. Er findet heraus, dass der Hund Tamon heißt. Tamon bereitet vor allem Kazumasas an Demenz erkrankter Mutter große Freude. Doch dann wird Kazumasa Opfer einer Bande und Tamon zieht es nach Süden, auf einer Reise durch atemberaubende Landschaften, in denen er einem Dieb, einer Prostituierten, einem jungen Paar und einem Jäger begegnet. Alle, die Tamon treffen, werden von dieser Begegnung verändert, während Tamon nie lange verweilt, um weiter zu reisen – bis er am Ende, tief im Süden, sein Ziel erreicht.

Dieser Roman hat allein in Japan 250.000 Leserinnen und Leser verzaubert und wurde mit einem der wichtigsten japanischen Literaturpreise ausgezeichnet. Er erzählt anhand eines Hundes und seiner verschiedenen Besitzer eine unvergessliche, Hoffnung spendende Geschichte von Mensch, Tier und Natur.
So ganz nachvollziehen kann ich das nicht, es gibt ergreifendere Hundeschicksale (wenn man beispielsweise an Wolfsblut oder Ruf der Wildnis von Jack London denkt). Ich gebe zu, dass ich am Ende von Tamons Geschichte geweint habe, irgendwie hat mich sein Schicksal doch berührt, aber selbst das kann ich nicht nachvollziehen. Die Geschichte selbst konnte mich nicht berühren, zumal die einzelnen Abschnitte doch mehr oder weniger sehr ähnlich sind:
Tamon trifft auf einen Menschen, der ihn bei sich aufnimmt und feststellt, dass es den Hund nach Süden zeiht. Der Teilzeitbesitzer stirbt (aus unterschiedlichen Gründen) und der Hund zieht weiter … zum nächsten Besitzer bis er sein Ziel schließlich erreicht. Tamon ist meist nur Beiwerk, es sind seine Besitzer (die man eigentlich als solche gar nicht bezeichnen kann), welche die Geschichte vorantreiben und die sich weiterentwickeln und positiv verändern. Nur … der vorzeitige Tod setzt alles wieder auf Anfang und so erweckt der Roman eher den Anschein einer Anthologie mit Geschichten, die sich sehr ähneln und durch den Hund verbunden werden.
Vielleicht hat der Japaner ein anderes Leseverhalten als der Europäer, oder ich verstehe die Geschichte nicht, aber ich kann den Erfolg in Japan nicht verstehen.
Tamons Geschichte ist ganz nett, mehr nicht. Der Roman stellt kein Highlight dar, es fehlt an Spannung und leider ähneln sich die einzelnen Geschichten zu sehr, dass kaum Dramatik erzeugt wird, da man im Großen und Ganzen erahnen kann was passieren wird.
Können sich 250.000 Leser irren? Ich weiß es nicht, aber mir zeigt es wieder, dass ich wohl für Bestseller nicht empfänglich bin.

(Rezensionsexemplar)

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