Portrait: Gabunviper

Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Nattern- und Vipernartige (Colubroidea)
Familie: Vipern (Viperidae)
Unterfamilie: Echte Vipern (Viperinae)
Gattung: Puffottern (Bitis)
Art: (Östliche) Gabunviper (Bitis gabonica)
Gabunviper (Reptilienzoo Nordhausen)

Gabunviper (Reptilienzoo Nordhausen)

Die Gabunviper hat eine durchschnittliche Körperlänge von 1,20 bis 1,50 Metern, kann jedoch auch eine Maximallänge von über zwei Metern erreichen. Aufgrund des sehr untersetzten und schweren Körperbaues erreicht die Art ein Gewicht von acht bis maximal zehn Kilogramm, das selbst von deutlich längeren Giftnattern mit über fünf Metern Maximallänge nicht erreicht wird. Die Gabunviper gilt daher als schwerste Giftschlange der Welt. Die Weibchen werden im Regelfall etwas länger als die Männchen, außerdem lassen sich die Geschlechter anhand der Schwanzlänge unterscheiden. Diese beträgt bei Männchen etwa zwölf Prozent der Körperlänge, bei Weibchen nur sechs Prozent.

Der wuchtige, dreieckige Kopf der Schlange ist vom Körper durch einen eher schmalen Hals direkt hinter dem Nacken deutlich abgesetzt. Der Hals hat dabei einen Durchmesser, der etwa ein Drittel der Kopfbreite ausmacht. Die Nasalschuppen (Nasalia) sind vor allem bei der Unterart B. g. rhinoceros zu deutlichen Hörnern umgebildet. Die Augen sind sehr groß und im Vergleich zu fast allen anderen Schlangenarten sehr beweglich. Sie sind von 15 bis 21 Circumocularia umrandet und unterhalb der Subocularia mit fünf Reihen kleinerer Schuppen von den Oberlippenschildern (Supralabialia) getrennt. Insgesamt hat die Gabunviper 13 bis 18 Supralabialia und 16 bis 22 Unterlippenschilder (Sublabialia). Die Giftzähne im Oberkiefer sind bis zu fünf Zentimeter lang und damit die längsten bekannten Giftzähne überhaupt. Es handelt sich bei ihnen um die für Vipern typischen, vorn stehenden und ausklappbaren Giftzähne mit innerem Giftkanal (solenoglyphe Giftzähne), die von einer fleischigen Scheide umhüllt sind, welche sich beim Ausklappen zurückzieht und dann die eigentlichen Zähne freigibt. Die Giftzähne sind durch einen Kanal mit den hinter den Augen liegenden sehr großen Giftdrüsen verbunden. Weitere, viel kleinere Zähne sitzen in zwei Reihen auf dem Gaumenbein (Palatinum) und dem Flügelbein (Pterygoid).
Der Körper besitzt an seiner dicksten Stelle 28 bis 46 dorsale Schuppenreihen pro Querreihe. Die Schuppen sind mit Ausnahme der äußersten sehr stark gekielt, die seitlichen Schuppen sind leicht gebogen. Die Bauchseite ist von 124 bis 140 Bauchschuppen (Ventralia) besetzt, wobei Männchen selten über und Weibchen selten unter 132 Ventralia besitzen. Die Analschuppe ist ungeteilt, ihr schließen sich 17 bis 33 Schuppenpaare der Schwanzunterseite (Subcaudalia) an, dabei haben Männchen nie weniger als 25 und Weibchen nie mehr als 23 Paare.
Eine Grundfarbe ist auf dem Körper der Schlangen nicht zu erkennen, die Färbung setzt sich vielmehr aus einem Mosaik von regelmäßig geformten Flächen zusammen. Der Kopf ist auf der Oberseite cremeweiß. Von den silbrig-schwarzen Augen ziehen sich die bereits erwähnten dunklen Dreiecke abwärts zum Maulwinkel. Der cremefarbene, fast pastellfarbige Bereich reicht über den Nacken und geht über in eine Reihe von ebenfalls in dieser Farbe gehaltenen Rechtecken, die sich auf dem Rücken bis zum Schwanz ziehen. Unterbrochen sind sie von olivgrünen und zentral eingeschnürten Flecken mit einer hellen Begrenzung. In der Einschnürung werden die Flecken durch braune Dreiecke zu Rechtecken ergänzt. Unterhalb dieser hellen Rückenzeichnung sind die Flanken vor allem durch eine Reihe großflächiger hellbrauner Rautenflecken (Diamanten) im Wechsel mit dunklen Dreiecken gekennzeichnet, die unten von einer weißen Zickzacklinie abgegrenzt werden. Unterhalb dieser liegen wiederum braune Dreiecke bis zum Bauch. Die Zeichnung ist individuell leicht variabel, wobei vor allem die Farben etwas unterschiedlich sein können. So kommen insbesondere bei frisch gehäuteten Tieren grünliche, gelbe, bläuliche oder violette Farben vor, und zwischen den Hauptzeichnungen können kleinere Farbflecken in weiß, gelb oder rot vorkommen.
Beide Unterarten der Gabunviper sind sehr farbenfroh gemustert und auf dem Boden liegend durch das Laubmuster sehr gut getarnt. Abgesehen davon, dass sie nicht gemeinsam in einer Region vorkommen, lassen sich die Unterarten vornehmlich dadurch unterscheiden, dass der Kopf von B. g. gabonica im Gegensatz zu B. g. rhinoceros gar keine oder nur sehr kleine hornartige Vergrößerungen der Schuppen auf der Schnauze aufweist. Während die Nominatform vom Auge ausgehend zur Mundöffnung hin zwei dunkle dreieckige Flächen aufweist, hat die westafrikanische Form nur eines dieser Dreiecke. In der sonstigen Körperform und Färbung unterscheiden sich die beiden Unterarten kaum voneinander.

Verbreitung der Gabunviper

Verbreitung der Gabunviper

Die Erstbeschreibung der Art erfolgte an einem Exemplar aus Gabun, wodurch die Schlange sowohl ihren wissenschaftlichen Namen „Bitis gabonica“ als auch ihren Trivialnamen „Gabunviper“ erhielt (Terra typica). Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst weite Teile des Regenwaldgebietes West- und Zentralafrikas sowie mehrere kleinere, isolierte Areale in Ost- und Südafrika.
Während die Nominatform B. g. gabonica im größten Teil Zentralafrikas sowie im östlichen und südlichen Teil des Verbreitungsgebietes lebt, findet man B. g. rhinoceros nur in Westafrika vom westlichen Ghana über Sierra Leone, Liberia und die Elfenbeinküste bis nach Guinea, außerdem wurde für Togo ein Fund beschrieben. Durch den Dahomey-Gap, einen nahezu waldfreien und trockenen Korridor zwischen den oberguineischen und kongolesischen Regenwäldern, sind die Verbreitungsgebiete der beiden Unterarten vollständig getrennt. Im östlichen und südlichen Afrika sind die Vorkommen ebenfalls lokal sehr begrenzt und vom Hauptverbreitungsgebiet im Kongobecken isoliert.
Die Gabunviper ist eine ausgesprochene Waldart, die vor allem im tropischen Regenwald und dessen Randwäldern lebt. Außerdem lebt sie in Sumpfland, sowohl im Bereich von Stillgewässern als auch im Umfeld von Flüssen oder anderen Fließgewässern. Vor allem in Westafrika wird die Schlange in Kakao- und in Ostafrika in Kaffee-Plantagen in ehemaligen Regenwaldgebieten angetroffen und für Tansania werden Vorkommen der Viper in Sekundärwäldern, Cashew-Plantagen und buschigem Kulturland sowie Dickichten beschrieben. Man findet sie vor allem im Flachland, seltener in Höhen bis zu 1.500 oder sogar 2.100 m NN.

Die Gabunviper ist eine solitäre, auf dem Boden lebende und meistens nachtaktive Schlange, die vor allem mit der abendlichen Dämmerung aktiv wird. Sie wird gemeinhin als sehr behäbig oder auch lethargisch beschrieben und bewegt sich oft stundenlang kaum von der Stelle. Ihre Fortbewegung erfolgt kriechend, indem sie sich auf ihren Bauchschuppen vorwärts zieht, und sehr langsam. Wird sie gestört, kann sie sich auch kurze Zeit schlängelnd fortbewegen; meistens verharrt sie in dem Fall jedoch bewegungslos oder geht in eine Verteidigungsposition über.
Wird die Schlange sehr stark gereizt und fühlt sich dadurch bedroht, kommt es zu dem für Puffottern typischen Drohverhalten, bei dem sie sich mehrfach aufbläht und die aufgenommene Luft zischend oder mit lauten Knallgeräuschen wieder entlässt. Diese Aufregung kann sehr lang andauern; Hans-Günter Petzold, ehemaliger stellvertretender Direktor und Kurator für niedere Wirbeltiere im Tierpark Berlin, berichtete beispielsweise von einer in Gefangenschaft gehaltenen Gabunviper, deren Terrarium tagelang mit Matten verhängt wurde, bis sich das Tier wieder beruhigt hatte. Wenn die Schlange zubeißt, schnellt der Vorderkörper mit einer solchen Wucht vor, dass das Tier bis zur Hälfte vom Boden abhebt.

Die Gabunviper ist ein unspezialisierter Lauerjäger. Sie wartet im Laub liegend und gut getarnt auf potentielle Beutetiere, die in ihre Reichweite gelangen, und schnappt dann schnell vorstoßend zu. Dabei reagiert sie auf Vibrationen des Bodens oder auf den Geruch des Beutetieres. Beim Zustoßen wurde eine Geschwindigkeit von 23,6 Meter pro Sekunde gemessen, was ca. 85 km/h entspricht.
Den Hauptanteil ihrer Beute machen entsprechend bodenlebende Kleinsäuger aus, insbesondere Nagetiere wie Rohrratten, Riesenhamsterratten, Vielzitzenmäuse und auch Stachelschweine, aber auch kleine Affen, Fledertiere oder Kleinstböckchen (Neotragus pygmaeus). Außerdem gehören Vögel wie Frankoline oder Tauben sowie Frösche und Echsen zu ihrem Beutespektrum. Durch die langen Giftzähne wird das Gift sehr weit in den Körper eingebracht und wirkt entsprechend stark.

Anders als viele andere große Vipern hält sie ihr Beutetier meistens fest, bis es durch die Giftwirkung gestorben ist. Nur selten und bei besonders wehrhafter Beute lässt die Schlange das Beutetier wieder los und sucht es aktiv nach etwa ein bis zwei Minuten, indem sie der Duftspur folgt. Die Beute wird anschließend vollständig verschluckt, wobei sie alternierend durch die Bewegungen des Unterkiefers und der Zähne des Gaumens in den Schlund geschoben wird. Meistens erfolgt dies mit dem Kopf voran, kleinere Beutetiere können jedoch aufgrund der sehr beweglichen Kiefer in fast jeder Lage geschluckt werden.

Gabunviper (Tierpark Hellabrunn)

Gabunviper (Tierpark Hellabrunn)

Die Balz- und Paarungszeit der Gabunvipern liegt in der Regenzeit und kann entsprechend regional unterschiedlich sein. Die Hauptaktivität liegt im Frühjahr und Frühsommer im Zeitraum von März bis Juni. Wie sich die Geschlechtspartner finden, ist bislang ungeklärt. Man geht allerdings davon aus, dass die Weibchen Geruchsstoffe (Pheromone) abgeben, deren Spur die Männchen folgen können. Die Männchen führen in dieser Zeit Kommentkämpfe durch, wenn sich mehrere Tiere beim gleichen Weibchen treffen. Dabei umschlingen sie sich gegenseitig, um den jeweiligen Gegner zu Boden zu drücken. Diese „Tänze“ werden von einem kontinuierlichen lauten Zischen beider Tiere begleitet, und sehr häufig trennen sich die Tiere, ohne dass ein Gewinner feststeht – in diesem Fall verpaart sich keines der Männchen mit dem Weibchen.
Die Paarung selbst beginnt das Männchen ebenso wie die Kämpfe damit, dass es mit seinem Kopf über den Rücken der potentiellen Partnerin streicht. Wenn das Weibchen eine Paarung zulässt und dies durch Anheben des Schwanzes signalisiert, schlingt sich das Männchen mit dem Vorderkörper um das Weibchen und führt einen der beiden Hemipenes in die Kloake des Weibchens ein, um seine Spermien abzugeben. Die Spermien können vom Weibchen vor der eigentlichen Befruchtung im Genitaltrakt gespeichert werden, dadurch kann die Tragzeit von sieben Monaten bis zu einem Jahr betragen. In dieser Zeit nehmen die Mutterschlangen deutlich an Gewicht und Umfang zu. Bei in Gefangenschaft gehaltenen Schlangen wurden dabei etwa 2,15 Kilogramm Gewichtszunahme beobachtet.
Die Gabunviper ist ovovivipar, bringt also lebende Jungtiere zur Welt, die nur von einer dünnen Embryonalhülle umgeben sind. Die direkt daraus schlüpfenden Jungschlangen haben eine Körperlänge von etwa 24,5 bis 27 Zentimetern bei einem Gewicht von 32 bis 39 Gramm. Der Wurf einer Schlange besteht dabei aus 16 bis zu über 40 Individuen, die Geschlechter sind dabei gleichmäßig verteilt. Bereits nach einem Tag schnappen die Jungschlangen instinktiv nach Beutetieren in der passenden Größe, im Terrarium etwa nach Babymäusen. Die Giftdrüsen und Giftzähne sind bereits voll ausgebildet und funktionsfähig.
Innerhalb von etwa einem Jahr erreichen die Jungschlangen eine Körperlänge von etwa 60 Zentimetern, wobei das proportionale Längenwachstum mit dem Alter abnimmt. Nach zwei Jahren sind die Schlangen etwa einen Meter lang, nach drei Jahren etwa 1,3 Meter. In dem Alter wiegen sie etwa 3 Kilogramm. Über Terrarienversuche konnte ermittelt werden, dass eine durchschnittliche tägliche Nahrungsmenge von 2,1 g/kg Körpergewicht benötigt wird, um ein Wachstum und eine Gewichtszunahme zu erreichen, unterhalb einer Menge von 1,7 g/kg Körpergewicht nehmen die Tiere an Gewicht ab. Nach etwa sechs Jahren ist die Gabunviper ausgewachsen bzw. wächst nur noch minimal, und das Körpergewicht bleibt weitgehend konstant.

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