Let’s talk about … Meereskrokodile 2

Leistenkrokodil (Wilhelma)

Über Meereskrokodile habe ich mich bereits ausgelassen (hier) und es gibt noch viel mehr zu berichten, und vermutlich in der Zukunft noch weitaus mehr, je nachdem was die Forschung zu Tage bringt.
Als Meereskrokodile werden Krokodile bezeichnet, die sich auf ein Leben im Meer eingestellt und an dieses entsprechend angepasst haben. Dabei handelt es sich ausschließlich um fossile Arten, die dauerhaft im Meer gelebt haben. Auf die heute noch lebenden Krokodilarten trifft das nicht zu. und auch wenn das Leistenkrokodil gerne als Salzwasserkrokodil bezeichnet wird (im Gegensatz zum Süßwasser-Krokodil), so lebt auch diese nicht nur im Meer (und auch nicht ausschließlich im Salzwasser).
Die Thalattosuchia werden traditionell in die Überfamilien Teleosauroidea und Metriorhynchoidea unterteilt.
Die Überfamilie Teleosauroidea setzt sich nach heutigem Stand aus den Familien Teleosauridae und Machimosauridae zusammen. Einige Analysen fanden zusätzlich Plagiophthalmosuchus innerhalb der Teleosauroidea, aber außerhalb der eben genannten Familien. Ursprünglich wurden alle Teleosauroideen unter der Familie Teleosauridae zusammengefasst, während diese Familie nach moderner Ansicht nur noch die Arten enthält, die näher mit Teleosaurus als mit Machimosaurus verwandt waren.
Die ältesten Teleosauroideen stammen aus dem frühesten Jura (Hettangium oder Sinemurium), die jüngsten Funde werden auf das Barremium datiert. Teleosauroideen lassen sich durch mehrere Merkmale ihres Schädels und Schultergürtels von anderen Thalattosuchia unterscheiden.

Als einem der ersten wissenschaftlich beschriebenen Meereskrokodile wurden Teleosaurus im Laufe der vergangenen zweihundert Jahre eine Vielzahl an Arten zugeordnet. Derzeit umfasst die Gattung nur die Typusart Teleosaurus cadomensis aus dem Mitteljura von Frankreich. Andere vorgeschlagene Arten wie Teleosaurus geoffroyi, Teleosaurus gladius, Teleosaurus subulidens oder Teleosaurus minimus sind wahrscheinlich Synonyme von anderen Arten oder können durch den Verlust der Fossilien nicht mehr sicher zugeordnet werden.
Die ersten Funde von Teleosaurus, ein Schädel und Teile des restlichen Körpers, wurden 1817 von Pierre Tesson in der Nähe von Caen gemacht. Dieser verkaufte sie weiter an den französischen Naturwissenschaftler Jean Vincent Félix Lamouroux, der die Fossilien in einer Notiz 1820 erstmals als Crocodilus cadomensis beschrieb. Lamouroux übergab sie nach seiner Bearbeitung weiter an Georges Cuvier. Dieser (Cuvier 1824) und wenig später auch Étienne Geoffroy Saint-Hilaire (1825) beschrieben die Fossilien im Detail. Während Cuvier jedoch als Anhänger der Stufenleiter der Natur Artentransformationen für unmöglich hielt und das Fossil als Krokodil bezeichnete, hielt es Geoffroy Saint-Hilaire für ein Zwischenglied von Reptilien und Säugetieren und benannte in diesem Zusammenhang schließlich auch die neu entdeckte Gattung Teleosaurus.Diese Interpretation war zwar nach heutiger Kennsnis falsch, erkannte aber prinzipiell die Existenz von evolutionären Wandlungsprozessen an. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden der Gattung weitere Arten wie zum Beispiel Teleosaurus geoffroyi (ebenfalls von Caen) oder Teleosaurus minimus (Unterjura von Deutschland) zugeordnet.
Die Erstfunde von Tesson und weitere Fossilien aus Caen wurden 1944 im Zuge des Zweiten Weltkriegs zerstört. Vignaud (1995) erkannte nur T. cadomensis und T. geoffroyi als gültige Arten von Teleosaurus an. Jouve (2009) veröffentlichte eine Neubeschreibung des Schädels von T. cadomensis anhand eines weiteren Schädels von Caen, der während des Kriegs unversehrt blieb.  Johnson et al. (2020) beschränkten die Gattung vorläufig auf T. cadomensis. Neben dem von Jouve (2009) beschriebenen Schädel (der Neotypus) ordneten sie auch weitere erhaltene Funde wie Osteoderme, Wirbel, ein Sitzbein, Oberschenkelknochen und Schnauzenreste der Art zu.
Wie die meisten anderen Teleosauroiden ähnelte Teleosaurus äußerlich den heutigen Gavialen. Die Schnauze war lang und grazil, die Schläfenregion war dagegen deutlich verbreitert. Ähnlich seinem nahen Verwandten Platysuchus war der Rücken stark gepanzert durch eine Doppelreihe eng zusammenhängender Osteoderme. Von den anderen Teleosauriden unterschied sich Teleosaurus unter anderem durch das relativ kleine Antorbitalfenster, das quadratische obere Schläfenfenster und die relativ weiten Choanen. Verglichen mit anderen Thalattosuchiern lassen sich außerdem Unterschiede im Verlauf des Augenbewegungsnerves (N. III) feststellen.
Johnson et al. (2020) interpretieren Teleosaurus und seinen Verwandten Platysuchus in ihrer Beutewahl als Generalisten, die aufgrund ihrer schweren Panzerung wahrscheinlich mehr Zeit an Land verbrachten als andere Thalattosuchier.

Platysuchus multiscrobiculatus (ChatGPT)

Platysuchus (altgr. platýs „breit“, souchos „Krokodil“) ist eine Gattung ausgestorbener Meereskrokodile aus dem Unterjura von Westeuropa. Es sind zwei Skelette aus dem Posidonienschiefer aus Deutschland sowie ein Schnauzenrest aus Luxemburg bekannt. Die einzige benannte Art ist Platysuchus multiscrobiculatus.
Wie die meisten anderen Teleosauroiden ähnelte Platysuchus äußerlich den heutigen Gavialen. Die Schnauze war lang und grazil, die Schläfenregion war dagegen deutlich verbreitert. Ähnlich seinem nahen Verwandten Teleosaurus war der Rücken stark gepanzert durch eine Doppelreihe eng zusammenhängender Osteoderme. Von anderen Teleosauroiden unterschied sich Platysuchus unter anderem durch die Ornamentierung der Schädelknochen und den kräftigen Beckengürtel.

Steneosaurus bollensis (Naturkundemuseum Karlsruhe)

Fossilien von Steneosaurus wurden ursprünglich im westlichen Europa und in Marokko gefunden und auf zahlreiche Arten aufgeteilt, von denen jedoch die meisten heute als ungültig oder anderen Gattungen zugehörig betrachtet werden. Verblieben ist in der Gattung Steneosaurus lediglich ein Fragment der Schnauze aus Calvados in Frankreich, das der Typusart Steneosaurus rostromajor angehört. Diese wurde im Jahr 1825 vom französischen Zoologen Étienne Geoffroy Saint-Hilaire erstmals wissenschaftlich beschrieben. Sie lebte während des Oberen Juras.
Im Ober- und im Unterkiefer saßen je nach Art jeweils zwischen 20 und 60 Zähne; im vor dem Oberkiefer gelegenen Zwischenkieferbein (Prämaxillare) fanden sich zusätzlich 4 bis 5 Zähne. Die Zähne waren konisch und leicht gekrümmt und zum Fangen von Fischen geeignet. Im Gegensatz zum kleineren Verwandten Pelagosaurus, dessen Augenhöhlen (Orbita) seitlich am Schädel lagen, waren diejenigen von Steneosaurus dorsal (nach oben) orientiert. Das Antorbitalfenster war relativ klein.
Neben der Typusart Steneosaurus rostromajor wurden in der Forschungsgeschichte zahlreiche weitere Arten zu Steneosaurus geordnet. Eine Studie aus dem Jahr 2009 wies dann rund ein halbes Dutzend Arten aus, darunter verschiedene langschnäuzige Formen wie Steneosaurus edwardsi aus dem Callovium von England und Frankreich oder Steneosaurus bollensis aus dem Toarcium von England und Deutschland, aber auch einzelne kurzschnäuzige Formen, so Steneosaurus heberti aus dem Bathonium und Oxfordium von England und Frankreich. Dem gegenüber sehen das zwei aktuellere Analysen aus dem Jahr 2020 kritischer. In diesen werden außer der Typusart alle anderen Formen auf neue oder bereits beschriebene verwandte Gattungen aufgeteilt.

Michaela M. Johnson, Mark T. Young und Stephen L. Brusatte: Emptying the wastebasket: a historical and taxonomic revision of the Jurassic crocodylomorph Steneosaurus. In: Zoological Journal of the Linnean Society. Bd. 189, Nr. 2, 2020, S. 428–448, doi:10.1093/zoolinnean/zlaa027.
Michaela M. Johnson, Mark T. Young und Stephen L. Brusatte: The phylogenetics of Teleosauroidea (Crocodylomorpha, Thalattosuchia) and implications for their ecology and evolution. PeerJ 8, 2020, S. e9808, doi:10.7717/peerj.9808.
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