Der Zwergameisenbär in Brehms Tierleben

Zwergameisenbär (Brehms Tierleben)

Der Zwerg- oder zweizehige Ameisenfresser (Myrmecophaga didactyla, Myrmidon oder Cyclothurus didactylus), Vertreter der letzten Untersippe der Familie, ein Thierchen von der Größe des Eichhörnchens, ist ungefähr 40 Centim. lang, wovon der Wickelschwanz 18 Centim. wegnimmt. An den Vorderfüßen sitzen vier, an den hinteren fünf Zehen. Der seidenweiche Pelz ist oben fuchsroth und unten grau; die einzelnen Haare sind unten graubraun, oben schwarz, an der Spitze gelbbraun. Abänderungen in der Färbung sind beobachtet worden. Der innere Leibesbau unterscheidet sich nicht unwesentlich von den übrigen Verwandten.

Obgleich auch der Zwergameisenfresser noch ziemlich plump gebaut ist, darf man ihn doch ein nettes, besonders durch die Schönheit seines Felles ausgezeichnetes Geschöpf nennen. Sein Verbreitungskreis ist beschränkt. Man kennt ihn bisher bloß aus dem nördlichen Brasilien und aus Peru, demnach aus Gegenden, welche zwischen dem 10. Grade südl. und dem 6. Grade nördl. Br. liegen. Im Gebirge steigt er zuweilen bis zu 600 Meter über das Meer empor. Er ist fast überall selten oder wird nicht häufig gefunden. Die dichtesten Wälder bilden seinen Aufenthalt, und hier entgeht er durch seine geringe Größe nur allzuleicht dem suchenden Blicke des Jägers und somit der Beobachtung. Wie seine übrigen Verwandten lebt er einsam, höchstens während der Paarung mit einem Weibchen vereinigt. Als vollendetes Nachtthier verschläft er den Tag im Gezweige der Bäume. Seine Bewegungen sind unbeholfen, langsam und abgemessen; doch klettert er geschickt, wenn auch vorsichtig und immer mit Hülfe des Schwanzes. Ameisen, Termiten, vielleicht auch Bienen und deren Larven bilden seine Nahrung; möglicherweise verzehrt er noch andere kleine Kerbthiere, welche auf Bäumen wohnen. Wenn er einen größeren Fang gethan hat, soll er sich, wie das Eichhörnchen, aufrichten und die Beute mit den Vorderkrallen zum Munde führen. Bei Gefahr sucht er sich nach Möglichkeit zu vertheidigen, seine geringe Stärke kann ihn aber nicht einmal gegen schwächere Feinde schützen: er erliegt selbst den Angriffen mittelgroßer Eulen. Ueber die Fortpflanzung ist nichts bekannt. Die Indianer sollen ihn erlegen, um sein Fleisch zu verwerthen. Ein gefangener Zwergameisenbär wurde von Bates kurze Zeit beobachtet. Das Thierchen war von einem Indianer in einer Baumhöhlung gefunden worden, in welcher es bewegungslos gehangen hatte. So lange man es nicht reizte, verharrte es in einer und derselben Stellung, nach Art eines Faulthieres aufgehängt, gereizt hielt es sich mit Schwanz und Hinterfüßen fest und versuchte sich mit den Vorderfüßen nach Art einer Katze zu wehren.

Auch während der Nacht verblieb es in derselben Stellung, welche ihm Bates am Morgen gegeben hatte. Am nächsten Tage wurde der Zwergameisenbär auf einen Baum des Gartens gebracht, in der folgenden Nacht aber war er verschwunden.

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