Vom Aussterben bedroht – Feuchtnasenaffen, Koboldmakis, Meerkatzenverwandte, Gibbons und Menschenaffen (Archiv)

(Erstveröffentlichung am 22. November 2012)

Familie: Wieselmakis

Nördlicher Wieselmaki
Nördliche Wieselmakis sind wie alle Wieselmakis durch den rundlichen Kopf mit den großen, an die nachtaktive Lebensweise angepassten Augen und die langen, kräftigen Hinterbeine charakterisiert. Sie zählen zu den kleinsten Vertretern ihrer Gattung und erreichen eine Kopfrumpflänge von 17 bis 20 Zentimeter und eine Schwanzlänge von 20 bis 28 Zentimeter. Das Gewicht beträgt 0,4 bis 0,7 Kilogramm. Der Kopf und die Oberseite des Fells sind graubraun gefärbt, der Bauch ist grau. Oft verläuft ein dunkler Aalstrich entlang des Rückens. Der Schwanz ist hellbraun und wird zur Spitze hin dunkler. Die Ohren ragen weniger weit aus dem Fell heraus als bei anderen Wieselmaki-Arten.
Sie bewohnen ein kleines Gebiet an der Nordspitze Madagaskars. Der Fluss Irodo bildet die Südgrenze ihres Verbreitungsgebietes, südlich davon lebt der Ankarana-Wieselmaki, der mit dem Nördlichen Wieselmaki früher zu einer Art zusammengefasst wurde. Das Verbreitungsgebiet dieser Art ist zerstückelt und umfasst insgesamt nicht mehr als 350 km². Ihr Lebensraum sind Laubwälder.
Über die Lebensweise ist wenig bekannt. Wie alle Wieselmakis sind sie nachtaktive Baumbewohner. Sie verbringen den Tag in Baumhöhlen oder im Pflanzendickicht schlafend und gehen nachts auf Nahrungssuche. Sie dürften kleine Reviere bewohnen und Einzelgänger sein. Ihre Nahrung besteht aus Blättern und anderem Pflanzenmaterial.
Der Nördliche Wieselmaki zählt zu den bedrohtesten Primatenarten Madagaskars, ihr Lebensraum ist stark verkleinert und zerstückelt worden.

Familie: Galagos

Rondo-Galago
Der Rondo-Galago ist der kleinste und seltenste Vertreter der Galagos.
Rondo-Galagos erreichen eine Kopfrumpflänge von 10 bis 12 Zentimetern, der Schwanz ist mit 19 bis 22 Zentimetern deutlich länger als der Rumpf, und das Gewicht beträgt rund 60 Gramm. Ihr Fell ist an der Oberseite graubraun gefärbt, die Unterseite ist heller. Zwischen den großen Augen verläuft ein weißer Streifen, charakteristisch für die Art ist der wie eine Flaschenbürste geformte Schwanz. Wie bei allen Galagos sind die Ohren vergrößert und sehr beweglich.
Rondo-Galagos kommen nur in Tansania vor. Die ersten Exemplare wurden auf dem Rondo-Plateau entdeckt, inzwischen sind sieben Fundorte bekannt. Lebensraum dieser Art sind Küstenwälder und andere tropische Wälder bis in 900 Meter Seehöhe.
Diese Primaten sind wie alle Galagos nachtaktiv. Tagsüber schlafen sie in selbstgemachten Blätternestern, in der Nacht gehen sie auf Nahrungssuche. Dabei bewegen sie sich senkrecht kletternd und springend fort und halten sich meist im Unterholz nahe beim Boden auf. Ihre Nahrung setzt sich aus Insekten und Früchten zusammen.
Das Verbreitungsgebiet dieser Art ist auf sieben kleine Waldstücke aufgesplittert, die quer über die tansanische Küste verbreitet sind und insgesamt nur 92 km² umfassen. Die Rodung der Wälder und damit die Zerstörung ihres Lebensraumes stellen die Hauptbedrohung dar.

Familie: Koboldmakis

Siau-Koboldmaki
Siau-Koboldmakis ähneln den nahe verwandten Sangihe-Koboldmakis, mit denen sie früher zu einer Art zusammengefasst wurden. Sie sind wie alle Koboldmakis sehr kleine Primaten. Ihr Fell ist am Rücken graubraun gefärbt, der Bauch ist grau. Der Schwanz ist länger als der Rumpf, das Haarbüschel am Ende ist nur schwach ausgeprägt. Der grau gefärbte Kopf ist wie bei allen Koboldmakis durch die großen Augen charakterisiert, der Schädel ist generell größer als der des Sangihe-Koboldmakis. Die Ohren sind ebenfalls groß und beweglich. Die Gliedmaßen zeigen die für Koboldmakis typischen Anpassungen an die springende Fortbewegung: die Hinterbeine und die Fußwurzeln sind stark verlängert.
Diese Primaten sind auf der Insel Siau endemisch, die zu den indonesischen Sangihe-Inseln gehört und ungefähr auf halber Strecke zwischen Sulawesi und Mindanao liegt. Lebensraum dieser Tiere sind Wälder.
Über ihre Lebensweise ist wenig bekannt. Wie alle Koboldmakis sind sie nachtaktive Baumbewohner, die sich senkrecht kletternd und springend durch das Geäst bewegen. Sie leben in kleinen Familiengruppen, im Gegensatz zu den nahe verwandten Koboldmakis auf Sulawesi teilen sich die Gruppen zum Schlafen auf und schlafen auch hoch oben in den Bäumen. Die abendlichen Duettgesänge der ausgewachsenen Tiere sind nur kurz und die Urinspuren zur Markierung des Reviers verblassen schnell. Nach Einschätzung der Erstbeschreiber könnte es sich dabei um eine Anpassung an den Jagddruck durch den Menschen handeln, da keine andere Koboldmakiart dermaßen stark bejagt wird.
Siau-Koboldmakis sind hochgradig gefährdet. Ihre Heimatinsel misst nur 125 km² und ist überdies sehr stark besiedelt (311 Einwohner/km²). Ihr Lebensraum wird immer weiter eingeschränkt, es gibt keine Schutzgebiete auf der Insel. Überdies werden sie sehr stark wegen ihres Fleisches bejagt. Eine weitere potentielle Gefahr stellt der starke Vulkanismus der Insel dar, durch einen großen Ausbruch könnte die verbliebene Population ausgelöscht werden.

Familie: Meerkatzenverwandte

Dryasmeerkatze
Die Dryasmeerkatze ähnelt der Dianameerkatze, die aber eine völlig andere Region Afrikas bewohnt. Die Kehle und die Vorderseite der Arme sind weiß gefärbt, Hüfte und Hinterteil orangerot, und der hintere Rücken grünlichgrau. Der restliche Teil ihres Fells ist schwarz, das Gesicht trägt eine schwarze, spitzbartförmige Behaarung. Ihre Kopfrumpflänge variiert zwischen 40 und 55 Zentimetern, der Schwanz wird bis zu 75 Zentimeter lang, und ihr Gewicht beträgt zwischen vier und sieben Kilogramm.
Dryasmeerkatzen leben ausschließlich in einer kleinen Region des Kongobeckens in der Demokratischen Republik Kongo. Ihr Lebensraum sind Sekundärwälder, sie bewohnen vorwiegend die oberen Schichten der Bäume.
Dryasmeerkatzen sind tagaktive Baumbewohner. Sie leben in Haremsgruppen von bis zu 30 Tieren zusammen und ernähren sich von Früchten, Blüten, Blättern und wirbellosen Tieren.
Aufgrund der Zerstörung ihres Lebensraums und vermutlich auch durch Bejagung zählt sie zu den bedrohten Arten, genaue Informationen über ihren Bedrohungsstatus gibt es allerdings nicht. Die IUCN gibt ihr den Status vom Aussterben bedroht, allerdings fehlen entsprechende Daten.

Pagai-Makak
Der Pagai-Makak ist eng mit dem Siberut-Makak verwandt, oft werden die zwei Arten als Mentawai-Makak zusammengefasst.
Das Fell dieser Tiere ist am Rücken und an den Hinterbeinen dunkelbraun gefärbt, die Vorderbeine sind rötlich und der Schulterbereich grau. Der Schwanz ist, ähnlich wie beim nahe verwandten Schweinsaffen, kurz.
Diese Tiere leben ausschließlich auf den westlich von Sumatra gelegenen, rund 6700 Quadratkilometer großen Mentawai-Inseln. Sie kommen dort auf den Inseln Nordpagai, Südpagai und Sipora vor. Lebensraum dieser Tiere sind vorrangig die Mangroven- und sumpfigen Regenwälder der Inseln.
Pagai-Makaken leben sowohl am Boden als auch in den Bäumen, ziehen sich aber zur Nachtruhe in höhere Äste zurück. Sie leben in Gruppen von 5 bis 25 Tieren; im Gegensatz zu den meisten anderen Makakenarten sind dies Haremsgruppen, die aus nur einem Männchen mit mehreren Weibchen und dem Nachwuchs bestehen.
Die Nahrung der Pagai-Makaken besteht vorwiegend aus Früchten, vermutlich verzehren sie wie andere Makakenarten auch andere Pflanzenteile und Kleintiere. Manchmal plündern sie auch Plantagen.
Aufgrund ihres kleinen Verbreitungsgebietes zählen Pagai-Makaken zu den bedrohten Arten. Die Zerstörung ihres Lebensraums, verbunden mit der Bejagung wegen von ihnen angerichteten Verwüstungen der Plantagen, hat dazu geführt, dass die Art als vom Aussterben bedroht („critically endangered“) gilt.

Sarawak-Langur
Sarawak-Languren sind relativ kleine, schlanke Primaten mit langen Hinterbeinen und einem langen Schwanz. Es gibt zwei Unterarten, die sich in der Fellfärbung unterscheiden: Presbytis chrysomelas chrysomelas hat ein schwärzliches Fell und P. c. cruciger ist rötlich gefärbt mit schwarzen und weißlichen Zeichnungen im Gesicht.
Sarawak-Languren sind auf Borneo endemisch. Sie leben aber trotz ihres Namens nicht nur im malaysischen Bundesstaat Sarawak, sondern auch in Sabah und im Nordwesten des indonesischen Teils der Insel, Kalimantan. Ihr Lebensraum sind Wälder.
Über die Lebensweise ist wenig bekannt, sie dürfte aber mit den anderen Mützenlanguren übereinstimmen. Demzufolge sind diese Tiere tagaktive Baumbewohner, die sich geschickt in den Ästen fortbewegen können. Sie leben in kleinen Gruppen, die sich aus einem Männchen, mehreren Weibchen und dem dazugehörigen Nachwuchs zusammensetzen. Ihre Nahrung besteht aus jungen Blättern, Früchten und anderen Pflanzenteilen.
Die Systematik der südostasiatischen Mützenlanguren ist noch nicht restlos geklärt. Erst seit 2001 wird der Sarawak-Langur als eigene Art anerkannt, früher wurde er dem Binden- oder dem Sumatra-Langur zugerechnet.

Preuss-Stummelaffe
Wie alle Stummelaffen ist der Preuss-Stummelaffe ein schlank gebautes Tier mit langem Schwanz und rückgebildeten Daumen. Sein Fell ist am Rücken rötlich-schwarz gefärbt, ebenso an der Oberseite des Kopfes. Der Schwanz und die Gliedmaßen sind leuchtend rot.
Diese Primaten leben nur im westlichen Kamerun, in den angrenzenden Regionen Nigerias sind sie vermutlich ausgestorben. Ihr Lebensraum sind Tiefland-Regenwälder.
Über ihre Lebensweise ist wenig bekannt, vermutlich stimmt sie mit der der anderen Roten Stummelaffen überein. Demzufolge sind sie tagaktiv und halten sich meist auf Bäumen auf. Sie leben in großen Gruppen, die aus mehreren Männchen und Weibchen und dem dazugehörigen Nachwuchs bestehen. Sie sind Pflanzenfresser, die sich vorwiegend von jungen Blättern, Früchten und Trieben ernähren.
Hauptbedrohung des Preuss-Stummelaffen stellt die fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraumes dar. Fast alle Bestände beschränken sich auf das letzte Schutzgebiet, den Korup-Nationalpark.

Pennant-Stummelaffe
Pennant-Stummelaffen erreichen eine Kopfrumpflänge von 53 bis 63 Zentimetern, der Schwanz ist mit 60 bis 70 Zentimetern wie bei allen Stummelaffen relativ lang. Das Gewicht variiert zwischen 7 und 11 Kilogramm, wobei Männchen schwerer werden als Weibchen. Wie bei allen Stummelaffen ist der Körper schlank gebaut und der Daumen reduziert. Die Fellfärbung ist variabel, generell ist die Oberseite des Kopfes rötlich-schwarz, der Rücken, die Füße und der Schwanz dunkelbraun, der Bauch, die Vordergliedmaßen und die Hinterbeine sind grau.
Diese Primaten sind im mittleren Afrika beheimatet, die drei Unterarten leben jeweils in getrennten Regionen: Piliocolobus pennantii bouveri lebt in der Republik Kongo in der Region von Sangha und Likouala. P. p. epieni kommt in Nigerdelta in Nigeria vor und P. p. pennantii ist auf der Insel Bioko endemisch. Lebensraum dieser Art sind Wälder, vorwiegend Regenwälder.
Über die Lebensweise des Pennant-Stummelaffen ist wenig bekannt, vermutlich stimmt sie mit der der übrigen Roten Stummelaffen überein. Demzufolge sind diese Tiere tagaktive Baumbewohner, sie leben in großen Gruppen, die sich aus vielen Männchen und Weibchen und den dazugehörigen Jungtieren zusammensetzen. Die Nahrung setzt sich aus Blättern, Früchten und Trieben sowie anderem Pflanzenmaterial zusammen, wie alle Stummelaffen haben sie einen mehrkammerigen Magen.
Der Pennant-Stummelaffe zählt zu den bedrohten Arten. Die Ursachen dafür liegen in der fortschreitenden Zerstörung des Lebensraumes, hinzu kommt die Bejagung wegen ihres Fleisches und Felles.

Grauschenkliger Kleideraffe
Grauschenkel-Kleideraffen sind wie alle Kleideraffen relativ bunt. Der Kopf und der Rücken sind grau, ebenso die Arme und die Beine. Die Hände und Füße sind schwarz, die Brust, das Gesäß und der Schwanz weiß. Die unbehaarte Region um Augen und Nase ist orangefarben, an den Wangen befinden sich lange, weiße Haare. Diese Tiere erreichen eine Kopfrumpflänge von 61 bis 76 Zentimeter, der Schwanz wird ebenso lang wie der Körper. Mit einem Durchschnittsgewicht von 11 Kilogramm sind Männchen etwas schwerer als Weibchen, die rund 8 Kilogramm wiegen.
Grauschenklige Kleideraffen leben in zentralen Hochland Vietnams und möglicherweise auch im östlichen Laos. Ihr Lebensraum sind Wälder.
Über die Lebensweise dieser Art ist wenig bekannt, vermutlich stimmt sie weitgehend mit der des Rotschenkligen Kleideraffens überein. Demzufolge sind sie tagaktiv und leben in Gruppen aus mehreren Männchen, Weibchen und dem zugehörigen Nachwuchs. Ihre Nahrung dürfte vorwiegend aus Blättern und nebenbei aus Früchten und Blüten bestehen, wie alle Schlankaffen haben sie einen mehrkammerigen Magen zur besseren Verwertung der Nahrung.
Von 1995 bis 1998 wurden sechs Männchen einer bislang unbekannten Kleideraffenart von vietnamesischen Naturschutzbehörden beschlagnahmt und in das Endangered Primat Rescue Center gebracht. Die Erforschung dieser neuen Art wurde von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt unter Tilo Nadler durchgeführt, der die Art auch 1997 erstbeschrieb.
Das Verbreitungsgebiet dieses Primaten ist zerstückelt, die größte Bedrohung für die Art geht wohl von den fortschreitenden Waldrodungen aus.
2007 gab der WWF bekannt, dass in einem Waldgebiet über 100 weitere Exemplare gefunden wurden, was die Chancen auf ein Fortbestehen der Art erhöht.

Tonkin-Stumpfnase
Das Fell der Tonkin-Stumpfnasen ist an der Oberseite schwarzgrau und am Bauch, an der Unterseite des Schwanzes und an der Innenseite der Gliedmaßen weißlich gefärbt. Der Kopf ist rundlich, das Gesicht ist ebenfalls weiß. Wie alle Stumpfnasen ist dieser Affe durch eine kurze Stupsnase charakterisiert, deren Öffnungen nach vorne gerichtet sind. Rund um die Augen und die Nase ist die Haut unbehaart und hellblau gefärbt, um den Mund schwarzblau. An der Kehle befindet sich ein orangefarbener Fleck. Männchen erreichen eine durchschnittliche Kopfrumpflänge von 65 Zentimetern, der Schwanz ist mit 83 Zentimeter deutlich länger. Weibchen werden 54 Zentimeter lang und haben einen 68 Zentimeter langen Schwanz. Mit rund 14 Kilogramm sind Männchen deutlich schwerer als Weibchen, die rund 8,5 Kilogramm auf die Waage bringen.
Als einziger Vertreter der Stumpfnasen neben den burmesischen Stumpfnasenaffen lebt die Tonkin-Stumpfnase nicht in China, sondern im nördlichen Vietnam, dem namensgebenden Tonkin. Ihr früheres Verbreitungsgebiet wurde stark eingeschränkt, heute leben sie nur noch in einem rund 100 km2 großen Gebiet in den Provinzen Tuyên Quang und Bắc Cạn. Ihr Lebensraum sind Monsunwälder.
Tonkin-Stumpfnasen sind Baumbewohner und sind wie alle Altweltaffen tagaktiv. Sie leben in Haremsgruppen zusammen, das heißt ein Männchen, mehrere Weibchen und der dazugehörige Nachwuchs. Die durchschnittliche Gruppengröße beträgt 15 Tiere. Die übrigen Männchen bilden oft sogenannte Junggesellengruppen. Einzelne Gruppen schließen sich öfter zu größeren Verbänden zusammen.
Die Nahrung dieser Affen besteht aus Blättern, Früchten und Samen, die Zusammensetzung der Nahrung variiert aber jahreszeitenbedingt. So dürften Blätter im Frühling und Früchte im Herbst den Hauptanteil der Nahrung bilden.
Über die Fortpflanzung ist wenig bekannt. Nach einer rund 200-tägigen Tragzeit bringt das Weibchen ein einzelnes Jungtier zur Welt.
Tonkin-Stumpfnasen zählen zu den bedrohtesten Primatenarten. Hauptursachen dafür sind die fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraums, hinzu kommt die Bejagung. Auch militärische Konflikte im Verbreitungsgebiet der Art dürften zu ihrem Rückgang beigetragen haben.

Burmesischer Stumpfnasenaffe
Der Burmesische Stumpfnasenaffe wurde erst 2010 von einem Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Thomas Geissmann vom Anthropologischen Institut der Universität Zürich entdeckt und beschrieben. Die Art hat ein fast völlig schwarzes Fell, weiße Ohrbüschel, einen weißen Kinnbart und einen weißen Damm. Das Gesicht ist nackt, die Gesichtshaut rosa. Ihr Schwanz ist lang und erreicht 140 Prozent der Kopf-Rumpf-Länge. Die Lippen sind ausgeprägt, die Nasenöffnungen schräg nach oben gerichtet. In der Sprache der lokalen Bevölkerung sind sie als mey nwoah, „Affe mit aufgestellter Nase“, bekannt.
Der Burmesische Stumpfnasenaffe bewohnt gebirgige Wälder des östlichen Himalayas im Nordosten des Kachin-Staates, des nördlichsten Staates von Myanmar (Birma). Das von der Art besiedelte Gebiet ist nur etwa 270 Quadratkilometer groß, liegt auf einer Höhe von 1700 bis 3200 Meter über dem Meer und wird geographisch vom Verbreitungsgebiet anderer Stumpfnasenaffen durch den Mekong, den Saluen und hohe Gebirgszüge abgeschnitten. Nach den Aussagen einheimischer Jäger verbringen die Affen den Sommer zwischen Mai und Oktober in höheren Regionen in Mischwäldern mit gemäßigter Temperatur. In den Wintermonaten, wenn Schnee fällt und das Nahrungsangebot karger wird, kommen sie näher zu menschlichen Siedlungen. Die Gesamtpopulation der Art besteht nur aus 260 bis 330 Individuen in drei bis vier großen Gruppen. Der Burmesische Stumpfnasenaffe muss deshalb als vom Aussterben bedroht angesehen werden.
Nach Angaben lokaler Jäger läuft Burmesischen Stumpfnasenaffen bei Regen das Wasser in die aufgestellten Nasen und die Tiere befreien sich durch Niesen davon. Regentage verbringen die Affen angeblich sitzend, mit den Köpfen zwischen den Knien. Diese Berichte sind bisher wissenschaftlich nicht bestätigt worden.

Kipunji-Affe
Der Kipunji-Affe wurde erst 2005 wissenschaftlich erstbeschrieben und bewohnt nur ein kleines Gebiet im südlichen Tansania.
Kipunji-Affen erreichen vermutlich eine Kopfrumpflänge von 85 bis 90 Zentimetern, wozu noch ein etwa gleich langer Schwanz kommt. Das Gewicht beträgt 10 bis 16 Kilogramm. Ihr Fell ist verhältnismäßig lang und meist graubraun oder rötlichbraun gefärbt. Die Unterarme sind dunkler, die Hände und Füße schwarz und der Bauch und die hintere Hälfte des Schwanzes sind weiß gefärbt. Das schwarze Gesicht wird von langen Backenhaaren und einem langen Haarschopf am Scheitel umrahmt.
Diese Primaten sind von zwei Fundorten im südlichen Tansania bekannt. Zum einen kommen sie im Gebiet des Mount Rungwe und der Livingstone-Berge (Rungwe-Livingstone-Region) vor, zum anderen 350 Kilometer entfernt in den Udzungwa-Bergen. Ihr Lebensraum sind Gebirgswälder, in den Udzungwa-Bergen zwischen 1300 und 1750 Metern Seehöhe und in der Rungwe-Livingstone-Region zwischen 1750 und 2450 Metern Seehöhe. Das lange Fell stellt eine Anpassung an die teilweise niedrigen Temperaturen in den Bergländern dar.
Über die Lebensweise dieser Tiere ist kaum etwas bekannt. Sie sind Baumbewohner und leben in Gruppen von 30 bis 36 Tieren. Einzigartig unter den Primaten sind ihre Schreie, die als honk-bark („Hupen-Gebell“) beschrieben werden. Die Weibchen zeigen wie die anderen Pavianartigen eine Regelschwellung.
Zwei voneinander unabhängige Forschungsteam entdeckten in den Jahren 2003 und 2004 eine Population bisher unbekannter Primaten. Die Erstbeschreibung erfolgte 2005, es war die erste in Afrika entdeckte Primatenart seit der Sonnenschwanzmeerkatze 1984. Der Name „Kipunji“ stammt von der Bezeichnung der in der Rungwe-Livingstone lebenden Nyakyusa für diese Tiere.
Kaum entdeckt, ist der Kipunji-Affe bereits wieder vom Aussterben bedroht. In ihrem Verbreitungsgebiet sind sie durch die Rodung der Wälder und den Bergbau gefährdet. Das verbliebene Habitat umfasst in der Rungwe-Livingstone-Region nur etwa 70 km², im Udzungwa-Gebirge gar nur 3 km².

Pageh-Stumpfnase
Pageh-Stumpfnasen sind große, eher schwer gebaute Affen, die mit ihren langen Armen an die kletternde Lebensweise angepasst sind. Ihr Fell ist schwarzbraun, ebenfalls schwarz ist das unbehaarte Gesicht. Als einzige Art der Unterfamilie der Schlank- und Stummelaffen hat sie einen kurzen Schwanz. Dieser ist nur rund 15 cm lang und spärlich behaart. Die kurze Nase ist nach oben gerichtet. Pageh-Stumpfnasen erreichen eine Kopfrumpflänge von rund 50 cm und ein Gewicht von 7 kg. Im Hinblick auf die Größe ihrer Eckzähne und das Gewicht weisen sie einen starken Geschlechtsdimorphismus auf.
Diese Primatenart lebt nur auf den Mentawai-Inseln bei Sumatra. Zwei dieser Inseln, Nordpagai und Südpagai (Pageh), sind ihr Hauptverbreitungsgebiet, darum auch der Name. Sie sind tagaktive Bewohner der Regenwälder und kommen nur selten auf den Boden. Sie leben in kleinen Gruppen von drei bis acht Tieren, die aus einem Männchen, einem oder mehreren Weibchen und deren Nachwuchs bestehen. Die Gruppenart hängt vermutlich von der Bestandsdichte ab, bei niedriger Dichte bilden sie Familiengruppen mit einem Weibchen, bei hoher Dichte Haremsgruppen mit mehreren Weibchen.
Die Nahrung der Tiere besteht hauptsächlich aus Blättern, in geringerem Ausmaß nehmen sie auch Früchte und Beeren zu sich. Über die Fortpflanzung ist so gut wie nichts bekannt.
Die Pageh-Stumpfnasen gehören zu den seltensten und gefährdetsten Primaten. Aufgrund ihres kleinen Verbreitungsgebietes (die Mentawai-Inselgruppe umfasst nur knapp 7000 km²) sind sie besonders anfällig für Störungen. Hauptursache der Bedrohung ist die Vernichtung des Lebensraumes durch Rodung der Regenwälder.

Familie: Menschenaffen

Gorillas

Westlicher Flachlandgorilla (Tierpark Hellabrunn)

Westlicher Flachlandgorilla (Tierpark Hellabrunn)

Beide Gorillaarten sind bedroht, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Gründe für die Gefährdung liegen zum einen in der Zerstörung ihres Lebensraumes durch die Rodung der Wälder. Hinzu kommen bürgerkriegsähnliche Zustände in Teilen ihres Verbreitungsgebietes, welche die nötigen Schutzmaßnahmen erschweren und eine effiziente Überwachung von Schutzgebieten nahezu unmöglich machen. Ein weiterer Grund stellt die Bejagung wegen ihres Fleisches („Bushmeat“) dar, die immer noch durchgeführt wird. Auch Krankheiten ziehen die bereits angegriffenen Populationen weiter in Mitleidenschaft, insbesondere Ebola. Die Gesamtpopulation der Gorillas wird auf rund 100.000 Tiere geschätzt, die sich allerdings sehr unterschiedlich auf die einzelnen Populationen verteilen.
Der Westliche Flachlandgorilla ist die bei weitem häufigste Unterart. Ihr Bestand wurde anhand der Verfügbarkeit potentieller Habitate auf etwa 95.000 Tiere geschätzt (Harcourt 1996). Dieser Wert gilt heute als fraglich, da aufgrund von Habitatbeeinträchtigungen, Wilderei und der Dezimierung durch das Ebola-Virus von geringeren Beständen auszugehen ist. Diese Population des Westlichen Flachlandgorillas bewohnt ein großes, vergleichsweise dünn besiedeltes Gebiet, in welchem auch einige Nationalparks eingerichtet wurden. Darüber hinaus sind nahezu alle in Zoos gehaltenen Gorillas Westliche Flachlandgorillas, wo nach jahrzehntelangen Schwierigkeiten heute auch die Nachzucht regelmäßig gelingt.
Der Cross-River-Gorilla, die zweite Unterart des Westlichen Gorillas, bewohnt ein kleines Gebiet in der Grenzregion zwischen Nigeria und Kamerun. Die menschliche Siedlungstätigkeit hat sein Verbreitungsgebiet in rund zehn kleine Areale zersplittert, die Gesamtpopulation wird auf 250 bis 300 Tiere geschätzt. Der Östliche Flachlandgorilla bewohnt den Osten der Demokratischen Republik Kongo, die größte Population lebt im Kahuzi-Biéga-Nationalpark. Der Bürgerkrieg in dieser Region und die Förderung des Erzes Coltan sind Hauptursachen, dass Schutzmaßnahmen für diese Unterart nicht ausreichend umgesetzt werden. Der Berggorilla kommt in zwei getrennten Populationen im Virunga-Nationalpark und im Bwindi-Impenetrable-Nationalpark vor. Unterstützt von der starken medialen Präsenz dieser Unterart haben Schutzmaßnahmen zu einem leichten Ansteigen der Populationen geführt. Heute gibt es rund 700 Tiere, davon rund 250 im Bwindi-Nationalpark. Trotzdem wird die Unterart weiterhin als „vom Aussterben bedroht“ geführt.
Gorillas sind seit 1975 im Washingtoner Artenschutzübereinkommen im Anhang I gelistet. Somit ist der internationale kommerzielle Handel mit den Tieren oder ihren Teilen verboten. 2008 trat das Abkommen zur Erhaltung der Gorillas und ihrer Lebensräume in Kraft. Das Abkommen wurde bislang von der Zentralafrikanischen Republik, der Republik Kongo, Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Gabun unterzeichnet.

Orang-Utans
Traditionell wurden beide auf getrennten Inseln lebende Populationen als Unterarten einer gemeinsamen Art betrachtet, heute werden sie als jeweils eigene Arten bezeichnet, Borneo-Orang-Utan und Sumatra-Orang-Utan. Diese Aufteilung wird mit Unterschieden im Körperbau und der Lebensweise begründet. Die borneanische Art wird in zwei oder drei Unterarten, Pongo pygmaeus pygmaeus, Pongo pygmaeus wurmbii und manchmal zusätzlich Pongo pygmaeus morio unterteilt, die sich hinsichtlich des Schädelbaus unterscheiden.
Der Borneo-Orang-Utan gilt als gefährdet, während der Sumatra-Orang-Utan vom Aussterben bedroht ist.

Familie: Gibbons

Schopfgibbons
Alle Arten der Schopfgibbons sind in ihrem Bestand gefährdet. Noch vor rund 1000 Jahren waren Gibbons über einen Großteil Chinas verbreitet (bis zum Gelben Fluss) – es ist aber unklar, ob es sich dabei um Schopf- oder Weißbrauengibbons gehandelt hat. Heute sind sie auf den äußersten Süden zurückgedrängt und auch in den anderen Ländern ihres Verbreitungsgebietes sind die Bestände zurückgegangen. Hauptursache dafür ist die Zerstörung ihres Lebensraumes, hinzu kommt die Bejagung. Von den sechs Arten sind drei vom Aussterben bedroht.

Westlicher Schwarzer Schopfgibbon
Wie bei allen Schopfgibbons unterscheiden sich auch beim Westlicheen Schwarzen Schopfgibbon die beiden Geschlechter deutlich hinsichtlich der Fellfärbung. Männchen sind völlig schwarz gefärbt, bestenfalls sind ein paar weiße Haare im Bereich der Mundwinkel vorhanden. Die für viele Schopfgibbons typischen hellen Wangen fehlen ihnen, allerdings weisen sie wie alle Vertreter ihrer Gattung einen Haarschopf auf. Die Färbung der Weibchen variiert von gelbgrau bis hellbraun, sie haben einen schwarzen Fleck an der Oberseite des Kopfes und am Bauch, darüber hinaus können Teile der Finger oder Gliedmaßen ebenfalls schwarzbraun gefärbt sein. Beide Geschlechter sind allerdings gleich groß und können ein Gewicht von bis zu 8 Kilogramm erreichen.
Westliche Schwarze Schopfgibbons sind in der chinesischen Provinz Yunnan, im äußersten Nordwesten von Laos und im nördlichen Vietnam beheimatet – hier bildet der Rote Fluss die Grenze zum Verbreitungsgebiet des Östlichen Schwarzen Schopfgibbons. (Mit dieser in Nordostvietnam und auf der Insel Hainan lebenden Art wurden sie früher zu einer Art – Schwarzer Schopfgibbon – zusammengefasst, heute geht man von zwei Arten aus.) Sie sind wie alle Gibbons ausgesprochene Waldbewohner und kommen selten auf den Boden.
Diese Tiere leben wie alle Gibbons in monogamen Familiengruppen, die sich aus einem Männchen, einem Weibchen und ein bis drei Jungtieren zusammensetzen. Das Revier wird durch Duettgesänge markiert, die wie bei allen Schopfgibbons sehr einfach gehalten sind. In den Bäumen bewegen sie sich mittels Schwinghangeln (Brachiation) fort, wobei ihnen ihre langen Arme helfen. Die Nahrung dieser Tiere besteht vorwiegend aus Früchten, daneben nehmen sie auch Blätter und manchmal Kleintiere zu sich.
Die Fortpflanzung gleicht der der anderen Gibbons. Nach einer rund siebenmonatigen Tragzeit bringt das Weibchen meist ein einzelnes Jungtier zur Welt. Sowohl männliche wie weibliche Jungtiere sind schwarz gefärbt, erst beim Eintreten der Geschlechtsreife bildet sich die hellere Färbung der Weibchen heraus.

Östlicher Schwarzer Schopfgibbon
Der Östliche Schwarze Schopfgibbon ist einer der seltensten Primaten und kommt in zwei Unterarten vor: der Hainan-Gibbon auf Hainan und der Cao-Vit-Gibbon im nördlichen Vietnam.
Wie alle Schopfgibbons zeigen die Östlichen Schwarzen Schopfgibbons einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus hinsichtlich der Fellfärbung. Die Männchen sind schwarz gefärbt, nur beim Cao-Vit-Gibbon ist der Brustbereich dunkelbraun, und sie haben den für ihre Gattung typischen Haarschopf. Die Weibchen sind graubraun gefärbt und weisen an der Oberseite des Kopfes und auf der Brust einen dunklen Fleck auf. Wie alle Gibbons haben sie einen schlanken Körperbau mit langen Armen. Diese Tiere erreichen ein Gewicht von rund 7 bis 8 Kilogramm.
Früher erstreckte sich das Verbreitungsgebiet der Östlichen Schwarzen Schopfgibbons über das nordöstliche Vietnam (östlich des Roten Flusses) und das südöstliche China. Sie sind damit die am weitesten nordöstlich vorkommende Gibbonart. Auf dem chinesischen Festland sind sie in den 1950er-Jahren ausgestorben, hier kommen die Tiere nur mehr auf der Insel Hainan vor. In Vietnam wurden sie seit den 1960er-Jahren ebenfalls nicht mehr gesichtet, und man hielt sie bereits für ausgestorben, ehe 2002 eine kleine Gruppe in der Provinz Cao Bang wiederentdeckt wurde.
Über die Lebensweise dieser Tiere ist kaum etwas bekannt; vermutlich stimmt sie mit der der übrigen Schopfgibbons überein. Wie diese dürften sie in Paaren leben, die ihr Territorium durch einfache Duettgesänge markieren. Wie alle Gibbons dürften sie sich vorwiegend von Früchten ernähren.
Östliche Schwarze Schopfgibbons zählen zu den bedrohtesten Primatenarten. Noch in den 1950er-Jahren dürfte es auf Hainan mehr als 2000 Gibbons gegeben haben, diese Zahl ist auf mittlerweile weniger als 20 Tiere abgesunken. Die neuentdeckte Population der Cao-Vit-Gibbons in Nordvietnam wird auf rund 26 Tiere geschätzt. Vor allem die fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraums wird für den drastischen Rückgang verantwortlich gemacht.

Dieser Beitrag wurde unter Archiv veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert