Sy Montgomery: Tête-à-Tête mit einer Schildkröte (Rezension)

Sie wurden ausgesetzt oder von Trucks überfahren – und heißen nun »Pizza Man«, »Fire Chief« oder »Snowball«. Zu Hunderten haben sie Zuflucht gefunden in einem Haus in Massachusetts. In diesem Refugium für Schildkröten tritt Sy Montgomery einen Freiwilligendienst an – und lässt uns an einer lebensverändernden Erfahrung teilhaben: Wenn wir unsere Existenz mit den Augen dieser uralten, gemächlichen und langlebigen Wesen betrachten, bekommen wir eine Ahnung von dem, was uns überdauern wird.
Mit „Tête-à-Tête mit einer Schildkröte“ legt Sy Montgomery ein tief berührendes Buch vor, das sich mit ihren Erfahrungen bei der Schildkrötenrettung auseinandersetzt (wobei das Hauptaugenmerk auf der Turtle Rescue League liegt). Es ist weder ein reines Tierporträt noch ein klassischer Naturbericht, sondern vielmehr ein sehr intimer Erlebnisbericht echter Beziehungen zwischen Mensch und Tier (während der Pandemie-Jahre, was im Buch auch nicht unerwähnt bleibt).
Montgomery schreibt klar, persönlich und unaufdringlich philosophisch. Die Schildkröten werden zu Individuen, werden aber nicht vermenschlicht und doch kann die Autorin dadurch ihre Botschaft stärker vermitteln als wenn es eine Verniedlichung getan hätte. Die Schildkröte wird zum Spiegel, in dem Fragen nach Vergänglichkeit, Achtsamkeit und echter Präsenz sichtbar werden.
Besonders eindrucksvoll ist, wie Montgomery wissenschaftliche Beobachtung mit ihrer persönlichen Erfahrung verbindet. Das kennt man aber auch schon von ihren früheren Werken. Und so erfährt der Leser mehr über die Rettungsarbeit diverser Schildkrötenretter, die Eigenarten mancher Schildkröten und deren Schicksale. Manchmal emotional, manchmal eher sachlich, der Leser ist immer dabei. Und auch wenn es um amerikanische Schildkröten geht … auch der Europäer kann dabei lernen welche Schwierigkeiten man bei der Rettung von Schildkröten haben kann, aber auch wie zäh diese durchaus sympathischen Kreaturen sind.
Montgomery ist wieder ein absolut lesenswertes, empfehlenswertes Buch gelungen, das gleichzeitig berührt und informiert. Für Tierfreunde absolut empfehlenswert. Und auch wenn von Vermenschlichungen abgesehen wird, manche Individuen und ihre Schicksale gehen einem doch sehr nahe.

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