Keine Ahnung warum, aber beim Titel des Buchs musste ich sofort an Papageno aus DIE ZAUBERFLÖTE denken, dabei spielt er gar keine Rolle in DAS LIED DES VOGELHÄNDLERS. Aber er ist eine andere bekannte Gestalt, die eine Rolle spielt: Walther von der Vogelweide, vermutlich der bedeutendste deutschsprachige Lyriker des Mittelalters. Zwar kein Vogelhändler, aber immerhin ein Minnesänger…
1190. Auf dem dritten Kreuzzug rettet die heilkundige Franziska von Hellenau das Leben des Markgrafen von Baden. Als sie zehn Jahre später aus dem Heiligen Land in die Heimat zurückkehrt, richten die Söhne des Kreuzritters gerade ein großes Turnier aus. Auch der Vogelhändler Wigbert ist angereist. Er hat seltenes Gefieder im Gepäck und hofft darauf, mit den reichen Gästen gute Geschäfte zu machen. Minnesänger Walther von der Vogelweide hat als Gesandter des Königs jedoch anderes mit ihm im Sinn: Wigbert soll helfen, einen gefährlichen Spion zu entlarven. Zusammen mit Franziska stellen sie sich lebensgefährlichen Ränken und einem undurchsichtigen Machtkampf entgegen. Es geht um nicht weniger als den Sturz des Königs …
DAS LIED DES VOGELHÄNDLERS ist ein spannender Historienroman, der geschickt zwei Zeitebenen und Erzählstränge nutzt, um seine Protagonisten einzuführen. Lange ist nicht ersichtlich wo die Geschichten zusammenführen, aber sobald Wigbert, der Vogelhändler auf Franziska trifft, werden Fehler der Vergangenheit offenbart und die Handlung nimmt eine schon fast actionreiche Fahrt auf. Und dabei bleibt Dorweiler durchaus realistisch, aber auch modern (in manchen Ansichten seiner Charaktere) und lässt auch den Humor nicht zu kurz kommen (Ich liebe die Szene auf dem Friedhof, als Walther, Wigbert und Franziska … mehr verrate ich nicht, aber die Szene war einfach nur skurril). Aber alles bleibt im Rahmen des authentischen, nichts wirkt übertrieben, selbst die zur Schau gestellte Brutalität, hat für die damalige Zeit durchaus etwas gewöhnliches.
Eine originelle dramaturgische Idee: Jedes Kapitel ist einem bestimmten Vogel gewidmet – der Vogeltitel steht im Kapitelkopf und der Vogel taucht auch im Kapitel auf, wenn auch nicht unbedingt als Vogel, sondern als Metapher oder Beschreibung einer Person, echte Phönix gibt es nicht, auch nicht in diesem Roman.
Der Schreibstil ist flüssig und modern, macht dadurch aber das historisch lebendige Setting besonders nahbar.
Dorweiler gelingt es, historische Fakten mit einer lebendigen Handlung zu verweben. Der deutsche Thronstreit, die Kreuzzüge, der Minnesang – alles wirkt authentisch und doch nie trocken. Die politischen Verwicklungen sind ebenso spannend wie die persönlichen Schicksale. Intrigen, Verrat, Loyalität und Liebe halten die Spannung bis zur letzten Seite hoch. Manches mag vorhersehbar sein, was aber auch nicht anders geht (und ich will nicht spoilern oder ein verräterisches Zitat von mir geben, aber dass ein Charakter nicht unbedingt tot ist, weil es andere behaupten, das kennt man ja schon … und ist auch hier Teil der Geschichte).
DAS LIED DES VOGELHÄNDLERS ist ein gelungener historischer Roman: atmosphärisch dicht, voller lebendiger Charaktere.
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