Harald Haarmann: Das Zeitalter der Pferde (Rezension)

Auf den Spuren der Partnerschaft von Mensch und Pferd
Die Domestizierung des Pferdes und seine Rolle als Nahrungslieferant, Reit-, Zug- und Arbeitstier haben eine Schlüsselepoche der Menschheitsgeschichte geprägt. Harald Haarmann rekonstruiert auf der Basis neuer archäologischer, genetischer und linguistischer Forschungen den schrittweisen Prozess der Zähmung und Nutzung von Pferden und zeigt, wie die jahrtausendelange Partnerschaft nicht nur die Pferde, sondern auch die Menschen verändert hat.
In der Steppe nördlich des Schwarzen Meeres begann die Domestizierung der Pferde. Aber warum gerade hier? Und was verband Menschen und Wildpferde von Anfang an? Harald Haarmann beschreibt, wie Menschen zunächst als Jäger den Pferden folgten, dann auch als Viehnomaden auf der Suche nach Weidegründen. Vor 8000 bis 9000 Jahren gewöhnten sich die Steppennomaden über Generationen hinweg im Zuge genetischer Veränderungen an den Konsum von Stutenmilch. Vor über 6000 Jahren dienten Pferde erstmals als Reittiere. Nach der Erfindung von Rad und Wagen machten sie als Zugtiere weite Migrationen möglich. Streitwagen- und Reiterheere brachten großräumige Eroberungen. Domestizierte Pferde verbreiteten sich auf allen Kontinenten und wurden in Religion und Politik zu mächtigen Symbolen. Bis ins 20. Jahrhundert waren Pferde in Stadt und Land omnipräsent. Das Pferdezeitalter ging durch die industrielle Revolution zu Ende, doch dank der jahrtausendealten Prägung werden Pferde auch in Zukunft Partner, Freund und Helfer für die Menschen sein.

Vorweg: Tatsächlich hat das Buch in mir eine Frage aufkommen lassen, deren Antwort ich dort aber auch nicht gefunden habe: Wie ist der Mensch auf den Gedanken zu kommen zu reiten? Ich muss aber auch zugeben, dass ich mir darüber noch nie wirklich Gedanken gemacht habe …

Mit seiner Mischung aus Archäologie, Genetik und Linguistik bietet der Sprach- und Kulturwissenschaftler Harald Haarmann eine fundierte Erklärung für die kulturelle und biologische Rolle der Pferde in der Menschheitsgeschichte. Informativ und leicht verständlich, interessant nicht nur für Pferdefans. Karten und Abbildungen veranschaulichen die Verbreitungspfade und historischen Entwicklungen und fördern das Verständnis.
Haarmann zeigt nicht nur materielle Entwicklungen, sondern auch die symbolische und mythologische Bedeutung der Pferde – vom Reitervolk zum Kriegstier, Mythos und Begleiter.
„Das Zeitalter der Pferde“ von Harald Haarmann ist ein gelungenes, interdisziplinäres Sachbuch, das auf kompakte und dennoch fundierte Art die Domestizierungsgeschichte des Pferdes erzählt. Besonders beeindruckend sind die Verbindung von Wissenschaftsfundament und erzählerischem Zugang sowie die künstlerische Darstellung von Symbolik und Mobilität. Allerdings ist die Kompaktheit auch ein Schwachpunkt des Buchs, denn viele Themen, die dem einen oder anderen Leser vielleicht ausführlicher interessieren könnten, werden nur angerissen. Was kann man bei knapp 160 Seiten schon erwarten. Ich hätte mir tatsächlich das Kapitel „Symbole, Rituale und Mythen“ kürzer gewünscht, so interessant es auch ist und so sehr es auch meinem eigenen Interessengebiet entspricht, aber zugunsten zu mehr Infos über den Ursprung der Domestikation.
Da werde ich mich wohl anderweitig umsehen müssen. Aber wer sich einen Überblick über die Anfänge der Haustierwerdung des Pferdes bis hin zur modernen Bedeutung verschaffen will, wird genau das hier finden.

DAS ZEITALTER DER PFERDE bei amazon (AffiliateLink)

(Rezensionsexemplar)

Dieser Beitrag wurde unter Rezension veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert