Elisabeth Tova Bailey: Das Geräusch einer Schnecke beim Essen (Rezension)

Durch eine Krankheit ist die Journalistin Elisabeth Bailey ans Bett gefesselt. Als sie von einer Freundin eine Topfpflanze geschenkt bekommt, unter deren Blättern eine Schnecke sitzt, beginnt sie diese zu beobachten. Nachts wird ihr neues Haustier aktiv, fährt seine Fühler aus, geht auf die Jagd und vollführt seltsame Rituale. Fasziniert beschäftigt sich Bailey mit Biologie und Kulturgeschichte der Schnecke und erfährt Verblüffendes über ein unterschätztes Lebewesen. Nun hat sie die Geschichte dieser besonderen Freundschaft aufgeschrieben – ein Buch der Entschleunigung und darüber, wie sich in einem kleinen Detail der Natur die Vielfalt des Lebens finden lässt.
Es war der Titel, der mich auf das Buch aufmerksam werden lies. Nicht, dass ich mir jemals Gedanken darüber gemacht habe, was für Geräusche Schnecken machen (wenn sie denn überhaupt Geräusche von sich geben).
Schnecken an sich werden ja immer als eklig angesehen, schleimige Gartenschädlinge, die man vernichten muss. Aquarianer sehen das anders, aber Wasserschnecken sind anders als ihre landlebenden Verwandten, die man höchstens als Escargots mit Knoblauchsauce zu sich nimmt (Achatschnecken mögen eine Ausnahme sein, aber als Haustiere sind mir kaum Landschnecken bekannt.
Aber um die Unterschiede zwischen Land- und Wasserschnecken soll es hier gar nicht gehen. Die Schnecke aus Das Geräusch einer Schnecke beim Essen ist eine Landschnecke und ein etwas ungewöhnliches Geschenk für eine kranke Frau.
Man muss derjenign, die dieses Geschenk gemacht hat dankbar sein, denn vermutlich wäre das Buch nie entstanden.
Und man muss kein Schneckenfreund sein, um das Buch zu mögen.
Es ist in ruhiges Buch, fast schon meditativ, der Geschwindigkeit einer Schnecke angepasst. Hauptpersonen sind die Autorin und die Schnecke, bzw. die Gastropoden als Ganzes, da man während der Lektüre eine kleine Exkursion in die Welt der Schnecken unternimmt und dabei sowohl auf wissenschaftlichen Pfaden, wie auch auf literarischen wandelt.
Gerald und Lawrence Durrel werden ebenso zitiert und herbeigeordert wie Patricia Highsmith, neben Charles Darwin und zahlreichen (vermutlich nur in ihrer eigenen kleinen Welt bekannten) Schneckenforschern.
Zitate großer (und weniger großen) Dichter finden sich neben allerlei Wissenswertes über Lebensweise der Schnecken.
Elisabeth Tova Bailey bietet kurzweilige Unterhaltung der besonderen Art, denn eigentlich passiert nichts. Eine Autorin beobachtet eine Schnecke und macht sich ihre Gedanken (und liest viel).
Aber der Leser lernt, die Landschnecke mit anderen Augen zu sehen.
Lesenswert (auch wenn es, bedingt durch die Krankheit der Autorin, kein fröhliches, oder gar lustiges Buch ist).
Vielleicht fängt man auch an, Schnecken beim Essen zuzuhören.
Wer sich danach noch ausgiebiger mit Schnecken (literarisch und wissenschaftlich) auseinandersetzen will, wird mit zahlreichen Lesetipps am Ende des Buchs bedient.

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