Der Kurol in Brehms Tierleben

Kurol (Brehms Tierleben)

Der Kurol (Leptosomus discolor und viridis, Cuculus discolor und afer, Bucco africanus, Leptosoma discolor und afra, Crombus madagascariensis) erreicht eine Länge von dreiundvierzig bis fünfundvierzig Centimeter, bei sechsundzwanzig Centimeter Fittig- und neunzehn Centimeter Schwanzlänge, und ist auf Vorderkopf, Hals, Kropf und Oberbrust tief bläulichgrau, auf dem etwas gehäubten Scheitel schwarz, auf dem Rücken, den kleinsten Flügeldecken und Schulterfedern, welche schönen kupferrothen Glanz zeigen, metallisch grün, auf den großen Flügeldecken mehr kupferröthlich, unterseits grau, auf dem Bauche und unter den Schwanzdecken weiß gefärbt. Die Schwungfedern sind mattschwarz, ihre Innenfahnen an der Wurzel weiß, die Außenfahnen grünlich metallisch, die der Armschwingen kupferröthlich glänzend, die Schwanzfedern schwärzlich, mit ausgeprägtem grünen Metallglanze und schwachem kupferröthlichen Schimmer. Die Iris ist braun, der Schnabel schwarz, der Fuß tiefgelb. Beim Weibchen sind Kopf und Hals rothbraun und schwarz gebändert, die Rückenfedern braun, röthlichbraun gefleckt, grünlich und kupferröthlich schimmernd, die Flügeldecken schwarz, kastanienbraun gefleckt, die Armschwingen rothbraun gerandet und gebändert, kupferröthlich schillernd, die Steuerfedern braun, nach der roströthlich gesäumten Spitze zu mehr und mehr dunkel, unterseits auf hell röthlichfahlem Grunde mit rundlichen, schwarz glänzenden Flecken vor den Spitzen der einzelnen Federn gezeichnet.

Ebenso auffallend wie Gestalt und Färbung sind auch Lebensweise, Sitten und Gewohnheiten des Kurol, über welchen Grandidier, Newton, Roch, Pollen und von Dam mehr oder minder ausführlich berichtet haben. Der Vogel ist nicht selten in den nordöstlichen, nordwestlichen und südlichen Theilen Madagaskars, kommt aber auch auf Mayotte und einzeln auf der zu den Komoren gehörigen Insel Johanna vor. Unter den Eingeborenen Madagaskars führt er verschiedene Namen. In der Wetsi marakgegend heißt er »Cyrombo«, im Sakalawegebiete »Treotreo«, welcher Name ein Klangbild seines kläglichen Geschreies sein soll. Zu Zeiten begegnet man ihm in Gesellschaften von zehn oder zwölf Stück, welche sich hauptsächlich an den Rändern der Waldungen aufhalten, zu anderen Zeiten an ähnlichen Orten in sehr großer Menge, jedoch in kleineren Gesellschaften, unter denen die Anzahl der Männchen die der Weibchen so bedeutend überwiegt, daß Pollen glaubt, auf jedes der letzteren mindestens drei Männchen rechnen zu dürfen.

Ein absonderliches Geschöpf ist der Kurol in jeder Beziehung, ein kluger Vogel aber nicht. Unablässig tönt sein Schrei, welcher durch die Silben »Tühutühutühu« ausgedrückt werden kann und gegen das Ende hin an Stärke zunimmt, durch die Waldungen, zuweilen so ununterbrochen und laut, daß er geradezu lästig werden kann. Hierbei bläst er Kehle und Vorderhals so weit auf, daß diese Theile den Anschein eines herabhängenden Sackes gewinnen. Aber so eifrig er auch ruft, als so träge und geistlos erweist er sich, sobald er sich auf einen Baumzweig gesetzt hat. Hier verweilt er in sehr senkrechter Stellung unbeweglich, als ob er ausgestopft wäre und gestattet nicht nur, daß der Jäger auf Schußweite herankommt und aus einer Gesellschaft einen nach dem anderen erlegt, sondern läßt sich im buchstäblichen Sinne des Wortes todtschlagen, ohne an Flucht zu denken. Folgen mehrere Männchen einem Weibchen, so wird letzteres besonders bemerklich, und wenn einer getödtet worden ist, flüchtet der andere nicht, begnügt sich vielmehr höchstens von einem Zweige zum nächsten zu fliegen. Ganz verschieden zeigt sich derselbe Vogel, wenn er fliegt und sich einmal bis zu einer gewissen Höhe erhoben hat. Hier tummelt er sich ganz nach Art unserer Blaurake mit Lust und Behagen in der Lust umher, steigt über einer bestimmten Stelle des Waldes rasch und hoch senkrecht auf und läßt sich sodann, indem er die Flügel fast gänzlich schließt, wieder herabfallen, gleichzeitig ein Pfeifen ausstoßend, welches so täuschend an die Stimme des Adlers erinnert, daß Roch und Newton lange Zeit in Zweifel blieben, ob der Vogel, welcher die wundervollen Flugspiele vor ihren Augen ausführte, der Kurol oder ein gefiederter Räuber sei. Erst nachdem sie mit dem Fernglase wiederholt beobachtet hatten, mußten sie die Ueberzeugung gewinnen, unseren Vogel vor sich zu sehen, und bemerkten bei dieser Gelegenheit, daß ein ruhig auf dem Baume sitzender Genosse nicht selten dem in der Luft spielenden antwortete.

Nach Pollens Befund lebt der Kurol vorzugsweise von Heuschrecken, jagt aber auch auf Chamäleons und Eidechsen und verschafft wohl dadurch seinem Fleische einen unangenehmen Geruch, ähnlich dem, welchen wir an unserem Kukuke wahrnehmen.

Bestimmte Kunde über die Fortpflanzung vermochte Pollen nicht zu gewinnen. Während seines Aufenthaltes in Mayotte sah er einen Kurol in der Höhle eines großen Baumes Binsen zu einem Neste zusammentragen, weiß aber nichts weiteres mitzutheilen. Nach seiner Ansicht lebt der Kurol in Vielehigkeit. Diese Ansicht stützt sich jedoch nur auf die Beobachtung, daß mehr Männchen als Weibchen gesehen wurden, und will daher wenig besagen. Daß ein so auffallender Vogel die Aufmerksamkeit der Eingeborenen sich zugelenkt hat, erscheint begreiflich; schwer aber läßt sich erklären, weshalb der Cyrombo in den heiligen Gesängen und Gebeten der Madagaschen eine bedeutsame Rolle spielt.

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