Caroline Stadsbjerg: Carnivora (Rezension)

Du bist, was Du isst… Irgendwann in naher Zukunft: Alle Tiere sind ausgestorben und eine neue Spezies wird eigens für die Fleischproduktion gezüchtet. Der menschenähnliche Homo Cibus ist kein Individuum, sondern ein Produkt. Doch wo genau verläuft die Linie zwischen Mensch und Cibus? Wer entscheidet, welche Lebensform mehr wert ist, als die andere – und vor allem, nach welchen Maßstäben? Hannah arbeitet als Sekretärin an einer Schule und versucht ihren Platz im Leben zu finden, als ein junger Lehrer ihre Denkweise komplett auf den Kopf stellt. Sie begleitet ihn auf eine Exkursion zu einer der Zuchtfarmen und beginnt, sich Fragen zu stellen. Als plötzlich Schülerinnen spurlos verschwinden, gibt es auch für Hannah kein Zurück mehr und sie muss eine Entscheidung treffen, die auch für sie selbst Leben oder Tod bedeuten kann… »Carnivora« ist eine dystopische Zukunftsvision, die ethische Fragen aus völlig neuer Perspektive beleuchtet.
In CARNIVORA entwirft Caroline Stadsbjerg eine zutiefst verstörende Zukunftsvision: Alle Tiere sind ausgestorben, Fleisch ist dennoch allgegenwärtig – möglich gemacht durch eine neue Spezies, den Homo Cibus. Menschenähnlich, aber rechtlos. Gezüchtet, verarbeitet, verzehrt. Was hier auf den ersten Blick wie radikale Science-Fiction wirkt, entpuppt sich schnell als scharfsinnige Parabel über Konsum, Entmenschlichung und moralische Verdrängung. Die Massentierhaltung unserer Gegenwart wird in eine Zukunft übersetzt, in der der Unterschied zwischen Tier und Mensch unheimlich klein geworden ist, beziehungsweise man diesen Unterschied hinterfragen muss (und das in Bezug auf die Gegenwart). Gerade diese Nähe macht CARNIVORA so schwer erträglich – und so wirkungsvoll. Die Menschen in CARNIVORA essen keine Tiere, sie essen Menschen (und wie klein der Unterschied zwischen sapiens und cibus ist, macht Stadsbjerg sehr deutlich … und ist der Unterschied zwischen Mensch und Tier, oder Nichtmensch, so groß?).
CARNIVORA verzichtet weitgehend auf effekthascherische Action. Der Horror entsteht leise durch das Alltägliche des Grauens, durch die Nüchternheit der Worte, mit denen das Unvorstellbare beschrieben wird und die Ignoranz der Masse.
Gerade diese Zurückhaltung macht den Roman so intensiv. Stadsbjerg zwingt ihre Leser, die eigene Konsumethik mitzudenken und zu hinterfragen.
CARNIVORA ist eine kluge, beklemmende und hochaktuelle Dystopie, die weit über klassische Genregrenzen hinausgeht. Der Roman stellt unbequeme Fragen, ohne einfache Antworten zu liefern und genau darin liegt seine Stärke.
Er erschüttert nicht durch Gewalt, sondern durch Erkenntnis.
Die Schwäche des Romans, wenn man sich von seinen eigenen Gedanken und Grüblereien befreien kann ist die Handlung selbst, die, so genial ich das Buch auch finde, im Großen und Ganzen sehr einfach und schnörkellos ist. Aber die vorhersehbare Geschichte mag hier von Vorteil sein, es gibt keine Ablenkung vom alltäglichen Grauen.
Und ja, dieses Buch ist nichts für schwache Nerven. Man muss sich bewusst werden, dass es in gewisser Weise um Kannibalismus geht, das kann man nicht schönreden, und sollte es auch nicht. Es ist ein Buch das zum Nachdenken anregt und das dazu verleitet, die eigene Esskultur zu hinterfragen.
Mag sein, dass das Buch ScienceFiction ist, aber … der Gedanke ist allgegenwärtig: Was wäre wenn …

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(Rezensionsexemplar)

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