Ausgestorbene Säugetiere seit 1500 – Insektenfresser, Tenrekartige und Fledertiere (Archiv)

(Erstveröffentlichung am 22. Dezember 2011)

Karibische Spitzmäuse

Die Karibischen Spitzmäuse sind eine im 2. Jahrtausend ausgestorbene Säugetierfamilie. Knochenreste dieser Tiere, vor allem in den Gewöllen von Eulen, wurden auf Kuba, den Kaimaninseln, Hispaniola und Puerto Rico gefunden. Es werden neun Arten unterschieden, die alle in der Gattung Nesophontes eingeordnet werden.
Karibische Spitzmäuse erreichten vermutlich eine Körperlänge von fünf bis 15 Zentimetern. Sie besaßen eine lange, biegsame Schnauze, einen langgezogenen, schlanken Kopf, der Schwanz war ebenso lang wie der Körper.
Vermutlich starben die Tiere nach der Ankunft der Europäer in der Karibik in der Mitte des 2. Jahrtausends aus. Knochenreste wurden gemeinsam mit Ratten- und Mäuseskeletten gefunden, diese Tiere wurden von den Europäern eingeschleppt. Man vermutet daher, dass die Nahrungskonkurrenz durch die Neozoen wesentlich zum Aussterben der Karibik-Spitzmäuse beitrug, eine weitere Rolle dürften die Waldrodungen und die Umwandlung ihres Lebensraumes in Plantagen gespielt haben. Frische Überreste deuten möglicherweise an, dass manche Arten bis ins 19. oder frühe 20. Jahrhundert überlebt haben könnten.
Die nächsten Verwandten der Karibischen Spitzmäuse sind die Schlitzrüssler, die ihnen ähneln, aber deutlich größer werden, und heute noch auf Kuba und Hispaniola leben.
Aus Kuba sind die Arten Nesophontes longirostris, Nesophontes major, Nesophontes micrus, Nesophontes submicrus und
Nesophontes superstes bekannt.
Auf Hispaniola lebten Nesophontes hypomicrus, Nesophontes paramicrus und Nesophontes zamicrus.
Auf Puerto Rico kam Nesophontes edithae vor, die größte Art der Familie.

Spitzmäuse

Die Weihnachtsinsel-Spitzmaus erreichte eine Kopf-Rumpf-Länge von 65 bis 82 mm, eine Schwanzlänge von 63 bis 75 mm, eine Hinterfußlänge von 13 bis 17 mm und ein Gewicht von 4,5 bis 6,0 Gramm. Das dicht behaarte Fell war hell- oder rötlichbraun bis dunkelgrau.
Die Weihnachtsinsel-Spitzmaus war ein Regenwaldbewohner. Sie lebte in Felslöchern oder unter Baumwurzeln und ernährte sich hauptsächlich von Käfern. In der Nacht ertönte ein schriller, quietschender Ruf, der schon von weitem zu hören war.
Bei ihrer Entdeckung in den 1880er-Jahren wurde die Weihnachtsinsel-Spitzmaus als häufig und weitverbreitet beschrieben. Dies änderte sich jedoch, als Ende des 19. Jahrhunderts die Wälder auf der Weihnachtsinsel gerodet wurden. Mit den Siedlern kamen Hausratten auf die Insel, die den Trypanosomen-Erreger einschleppten. Die Trypanosomen gelten als Hauptursache für das Aussterben der Maclear-Ratte und der Weihnachtsinsel-Ratte und auch die Weihnachtsinsel-Spitzmaus wurde 1908 für ausgestorben gehalten. Abgesehen von einer unbestätigten Sichtung im Jahre 1958, kam es 1985 zur Wiederentdeckung. Zwei Exemplare wurden gefangen, die jedoch später starben. Zwischen 1996 und 1998 soll es mehrere unbestätigte Sichtungen gegeben haben. Bei intensiven Suchen im Jahre 2000 konnte jedoch kein Exemplar mehr nachgewiesen werden. Das Verschwinden dieser Spitzmaus in jüngster Zeit könnte mit der Gelben Spinnerameise (Anoplolepis gracilipes) zusammenhängen, die für viele Tierarten auf der Weihnachtsinsel eine tödliche Bedrohung darstellt.
Die Weihnachtsinsel-Spitzmaus wurde zeitweise als Unterart der Wimpernspitzmaus  beziehungsweise der Südostasiatischen Weißzahnspitzmaus betrachtet. Morphologische Unterschiede zwischen den Taxa und die weiten Entfernungen zwischen den Verbreitungsgebieten deuten jedoch eher auf eine eigenständige Art hin.

Weitere ausgestorbene Spitzmäuse:
Die Glacier-Bay-Wasserspitzmaus ist nur von zwei männlichen Exemplaren aus dem Jahre 1899 und einem weiteren Männchen aus dem Jahre 1970 bekannt.
Das letzte Exemplar von Crocidura wimmeri wurde im Jahre 1976 nachgewiesen.
Die Sherman-Kurzschwanzspitzmaus wurde ursprünglich als Unterart der Südlichen Kurzschwanzspitzmaus betrachtet und sind nur vom Holotypus aus dem Jahre 1955 bekannt.

Goldmulle

Zwei Vertreter der Goldmulle sind vermutlich ebenfalls ausgestorben:
Der De-Winton-Goldmull ist nur von drei Exemplaren bekannt, während Chrysochloris visagiei nur vom Holotypus aus dem Jahre 1949 bekannt ist.

Flughunde

Der Guam-Flughund war auf der Insel Guam in den Marianen endemisch.
Die Maße basieren auf einem Männchen (Holotypus), das im August 1931, und einem Weibchen (Paratypus), das im März 1968 gesammelt wurde. Das Männchen hat eine Unterarmlänge von 95 mm. Das Weibchen hat eine Kopf-Rumpf-Länge von 225 mm, eine Unterarmlänge von 95 mm, eine Schienbeinlänge von 70 mm und eine Ohrenlänge von 20 mm. Das Gewicht beträgt 151,8 g. Der Bauch und die Flügel sind braun bis dunkelbraun mit vereinzelten weißen Haaren. Der Mantel und die Nackenseiten variieren von braun bis hell goldfarben. Der Oberkopf ist gräulich bis gelblich braun. Kehle und Kinn sind dunkelbraun. Neben den adulten Tieren existiert der Schädel eines weiteren, noch nicht ausgewachsenen, Männchens in der Sammlung des American Museum of Natural History.
Der Guam-Flughund galt bei den einheimischen Insulanern als Delikatesse und wurde daher intensiv gejagt. Das letzte Weibchen wurde im März 1968 an seinem Schlafplatz auf der Tarague-Klippe gesammelt. Es wurde von einem Jungtier begleitet, das dem Fang entkommen konnte. Eine unbestätigte Sichtung soll es im Juni 1974 gegeben haben. Befragungen von örtlichen Jägern in den 1970er-Jahren erbrachten das Ergebnis, dass diese Art extrem selten ist. Während einer Expedition im Jahre 1987 wurde kein Exemplar mehr nachgewiesen, sondern nur noch der größere Marianen-Flughund. Eine weitere mögliche Aussterbeursache könnte die Nachstellung durch die in den 1950er-Jahren eingeführte Braune Nachtbaumnattergewesen sein.

Der Rauchgraue Flughund lebte auf Réunion und Mauritius.
Der Naturforscher George Clark beschrieb die Art 1859 als etwa rattengroß mit einer Flügelspannweite von 61 Zentimetern. Der Kopf, der Nacken und die Schultern waren hell rötlichbraun. Der Steiß war weißlichgelb. Der übrige Körper war dunkelgrau. Die Ohren waren kaum sichtbar. Charakteristisch war ein dichtes Fell und eine Fettschicht, was die Vermutung nahe liegt, dass der Rauchgraue Flughund an kühlere Temperaturen in höheren Höhenlagen angepasst war, als der ebenfalls auf Réunion ausgestorbene Maskarenen-Flughund.
Der Rauchgraue Flughund war streng nachtaktiv. Der Forschungsreisende Jean Baptiste François de Lanux berichtete, dass diese Flughunde in den Höhlen morscher Bäumer schliefen. Eine Schlafkolonie bestand aus über 400 Weibchen und Jungtieren, die von einem Männchen begleitet wurden. Die Nahrung bestand aus Früchten und Blütennektar. Die Jungen wurden im September geboren.
Sowohl der Maskarenen-Flughund als auch der Rauchgraue Flughund waren eine beliebte Jagdbeute im späten 18. Jahrhundert. Die fetten Tiere waren eine willkommene Delikatesse. Lebensraumverlust, insbesondere aufgrund der Zerstörung der Bergwälder auf Mauritius, gilt als weitere Ursache für das Verschwinden des Rauchgrauen Flughundes. Der Maskarenen-Flughund starb gegen 1800 auf Réunion aus, während er auf Mauritius überlebt hat. Der Rauchgraue Flughund wurde 1860 zuletzt auf Réunion und 1864 zuletzt auf Mauritius gesammelt.

Der Weichhaar-Flughund oder Palau-Flughund war auf den Palau-Inseln endemisch.
Er war etwa mittelgroß. Das Fell war allgemein braun mit langen weichen silbrigen Bauchfellhaaren. Er erreichte eine Flügelspannweite von 60 Zentimeter. Diese Art ist nur durch zwei Exemplare bekannt, die vor 1874 auf den Palau-Inseln gefunden wurden. Das frühere Exemplar befindet sich, in Alkohol eingelegt, im Natural History Museum in London. Der Schädel wurde zu Studienzwecken entnommen und ist so stark zerbrochen, dass er zur Erklärung dieses Individuums nichts mehr beitragen kann. Es ist lediglich bekannt, dass dieses Tier ziemlich jung gewesen sein muss.
Umfangreiche Suchen nach dieser Art scheiterten im Jahre 1931. Warum der Weichhaar-Flughund ausstarb, ist bis heute nicht ganz klar, zumal eine weitere Flughund-Art, der Marianen-Flughund, heute noch auf Palau existiert. Der Hauptgrund könnte möglicherweise die Überjagung durch die Palau-Insulaner gewesen sein.

Der Percy-Island-Flughund erreichte eine Länge von 210 mm, eine Unterarmlänge von 118 mm und ein Gewicht von 200 Gramm. Die Ohrenlänge betrug zwei Zentimeter. Das Fell war fast überall ziemlich kurz. Die Flughaut zwischen den Oberschenkeln (Interfemoral-Haut) war in der Mitte sehr schmal und durch das Fell verdeckt. Die unbehaarten Ohren waren dreieckig und stumpf zugespitzt. Am Kopf, Rücken, Brust und Bauch war das Fell gelblich braun. Am Nacken war es etwas heller. Die Flügel waren schwarzgrau.
Der Percy-Island-Flughund ist nur vom Holotypus bekannt, der 1859 auf der nordöstlich von Queensland gelegenen Insel Percy Island gesammelt wurde. Das Taxon wird in der Roten Liste der IUCN und dem australischen Endangered Species Protection Act von 1992 als ausgestorben gelistet. Jedoch herrscht bis heute Unklarheit, ob die Art australischer Herkunft ist und es gibt Zweifel an der Validität, zumal der Percy-Island-Flughund der Art Pteropus scapulatus sehr ähnlich sieht.

Pteropus allenorum und Pteropus coxi sind nur von je einem Museumsexemplar bekannt, die erst 2009 wissenschaftlich beschrieben wurde. P. allenorum befand sich seit 1856, P. coxi seit 1840 im Museumsbestand. Beide Flughundarten stammen aus Samoa,
Der Okinawa-Flughund ist nur von drei Exemplaren bekannt, die im Jahre 1870 beschrieben wurden.

Neuseelandfledermäuse

Die Große Neuseelandfledermaus wurde bei der wissenschaftlichen Erstbeschreibung im Jahre 1962 noch als Unterart der Kleinen Neuseelandfledermaus angesehen; 1985 erhielt sie aufgrund der morphologischen Unterschiede zwischen den beiden Taxa den Status einer eigenständigen Art (Hill & Daniel 1985).
Die Art ist subfossil und fossil von der Nordinsel und der Südinsel bekannt, wo sie zu Zeiten der Besiedelung Neuseelands durch die Māori weit verbreitet war. Im 20. Jahrhundert kam sie nur noch auf den südlich der Südinsel gelegenen Inseln Stewart Island, Big South Cape und Solomon vor, wo sie 1965 zuletzt gesehen und vermutlich bis 1967 durch eingeschleppte Ratten ausgerottet wurde. Die Große Neuseelandfledermaus war größer als die nahe verwandte, heute noch existierende Kleine Neuseelandfledermaus. Weitere Unterscheidungsmerkmale waren die kürzeren und breiteren Nasenlöcher, die kürzeren Flügel und der kräftigere Gaumen. Die Länge (einschließlich Schwanz) betrug 90 Millimeter, die Unterarmlänge 46,6 bis 48,3 Millimeter, die Schienbeinlänge 19,0 bis 19,7 Millimeter und die Ohrenlänge 18,8 bis 19,1 Millimeter. Das Körpergewicht betrug 25 bis 35 Gramm.
Neuseelandfledermäuse haben kräftige Beine, mit denen sie geschickt und flink über den Boden krabbeln können. Die Große Neuseelandfledermaus flog langsam und stieg dabei nie mehr als zwei oder drei Meter über dem Boden. Sie ernährte sich vornehmlich von Insekten, die sie am Boden fing, aber auch von Küken des Dunklen Sturmtauchers. Als Schlafplatz benutzte sie die Bruthöhlen von Sturmtauchern. Die Paarungszeit war von April bis Mai.

Glattnasen

Pharotis imogene ist eine möglicherweise ausgestorbene Fledermausart, die auf Neuguinea vorkam. Sie ist die einzige Art der Gattung Pharotis und eng mit den Australischen Langohrfledermäusen (Nyctophilinae) verwandt. Pharotis imogene ist lediglich von 45 Exemplaren bekannt, die 1890 in Kamali (Zentralprovinz, Papua-Neuguinea) aufgesammelt wurden. Alle gefangenen Individuen waren Weibchen aus einer einzigen Kolonie. 1985 wurde eine Fledermaus gefangen, die möglicherweise die Art repräsentieren könnte. Jedoch wurde versäumt, das Exemplar genauer zu untersuchen und 1992 ging es durch Zerstörung verloren. Mit der Hoffnung eine neue Population wiederzuentdecken, wird sie von der IUCN gegenwärtig in die Kategorie „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.
Pharotis imogene war kleiner als die Nyctophilus-Arten in Neuguinea. Sie hatte ein relativ kurzes Gesicht, längere Ohren und ein größeres Nasenblatt. Die Kopf-Rumpflänge betrug 47 bis 50 mm, die Schwanzlänge 42 bis 43 mm, die Unterarmlänge 37,5 bis 36,6 mm, die Schienbeinlänge 17,5 bis 18,4 mm, die Hinterfusslänge 7,8 bis 9,3 mm und die Ohrenlänge 24,4 bis 25,0 mm.

Murina tenebrosa ist eine vermutlich ausgestorbene Fledermausart, die nur durch ein älteres Weibchen bekannt geworden, das 1962 auf der japanischen Insel Tsushima gefunden wurde.
Die Kopf-Rumpf-Länge des Holotypus beträgt 50,5 mm, die Unterarmlänge 34,4 mm und die Ohrenlänge 16 mm. Das Fell ist sehr weich, wellig, wollig und glänzend. Es besteht aus kurzen und langen Haaren. Das Rückenfell ist dunkelbraun mit graugelben Spitzen. Die Schnauze und der Vordernacken sind braun. Die Haare an der Unterseite sind heller als die dorsalen Fellhaare; dunkelbraun an den Flanken und hell gelblich braun am Bauch. Die Oberfläche der Flughaut zwischen den Hintergliedmaßen (Uropatagium) ist nahezu unbehaart. Die langen, röhrenförmigen Nasenlöcher stehen nach außen etwas hervor. Sie sind kürzer als bei den anderen japanischen Taxa der Röhrennasenfledermäuse.
Das Typusexemplar wurde in einer Höhle entdeckt. Jedoch ist es möglich, dass diese Art auch in Baumhöhlen gelebt hat. Sie war auf große Wälder angewiesen und ernährte sich von Insekten. Mehr ist über ihre Lebensweise nicht bekannt.
Die IUCN listet Murina tenebrosa in die Kategorie vom Aussterben bedroht mit dem Zusatz vermutlich ausgestorben. Die Waldfläche auf Tsushima ist stark gerodet. Suchen in Höhlen sowie Bemühungen, diese Fledermaus mit gespannten Japannetzen zu fangen, blieben bisher ergebnislos. Ein 1919 auf Yakushima gefundenes Exemplar, das 1920 von Glover Morrill Allen als Murina ussuriensis betrachtet wurde, könnte diese Art repräsentieren.

Weitere vermutlich ausgestorbene Glattnasen:
Weihnachtsinsel-Zwergfledermaus: 2008 wurden nur noch 20 Exemplare gezählt. Bei einer intensiven Suche im Jahre 2009 wurde kein Exemplar mehr nachgewiesen.
Myotis insularum: zweifelhafte Art, die nur vom Holotypus bekannt geworden ist. Sie stammt aus Samoa.
Lord-Howe-Großohrfledermaus: subfossil von einem Schädel bekannt, der 1973 beschrieben wurde. Daneben existiert ein Reisebericht von Robert Etheridge aus dem Jahre 1889, in dem eine Fledermaus erwähnt wird, die größer ist als Chalinolobus morio.
Von der Armenischen Bartfledermaus wurden bisher nur Weibchen gefunden. Der letzte Nachweis war in den 1980er-Jahren.

Ausgestorbene Säugetiere seit 1500 – Beuteltiere
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