Ausgestorbene Hunderassen 2 (Archiv)

(Erstveröffentlichung am 4. März 2015)

Ich habe schon vor einiger Zeit einige ausgestorbene Hunderassen vorgestellt. Die Liste ist aber noch viel länger und so werden hier ein paar weitere Hunderassen vorgestellt.
Und wenn jemand Informationen über ausgestorbene Hauskatzenrassen besitzt, würde ich mich freuen, wenn man mir das zukommen lassen würde. Es sind nicht nur Hunderassen, die ausgestorben sind, auch alle anderen Haustierarten sind davon betroffen.

Mâtin (Georges-Louis Leclerc de Buffon)

Mâtin (Georges-Louis Leclerc de Buffon)

Mâtin
Der Mâtin ist eine vermutlich im 19. Jahrhundert ausgestorbene Hunderasse aus Frankreich, die unter anderem von Buffon ausführlich beschrieben wurde und als hypothetischer Vorfahre einiger großer Hunderassen gilt. Er wies sowohl Schäferhund- als auch Windhund-Merkmale auf.
In der Kynologie (die Lehre von Rassen, Zucht, Pflege, Verhalten, Erziehung und Krankheiten der Haushunde) spielt der Mâtin besonders darum eine Rolle, weil sein Name in englischen und deutschen Übersetzungen von Buffons Werken oft fälschlich als Mastiff übersetzt wird.

Old English Black and Tan Terrier
Auch der Old English Black and Tan Terrier gilt als ausgestorbene Hunderasse. Zum letzten Mal wurde ein Vertreter diese Rasse im Jahr 1900 ausgestellt. Er gilt oft als der wichtigste Vorfahr des Welsh Terriers, da im Zusammenhang mit diesem oft der Name Black and Tan Terrier genannt wird, und sowohl Welsh Terrier als auch Old English Wire Haired Black and Tan Terrier vom Englischen Kennel Club als eine Rasse geführt wurden. Es wird vermutet, dass das Verschwinden des Old English Black and Tan Terrier mit der zunehmenden Beliebtheit des Welsh Terriers im Zusammenhang steht. Zusammen mit dem Old White English Terrier gilt er als ein Vorläufer des Fox Terriers und damit des Jack Russell Terriers bzw. Parson Russell Terriers. Des Weiteren wird vermutet, dass der Old English Black and Tan Terrier auch einen Beitrag für die Zucht des Airedale Terriers leistete.

Olde White English Terrier (Bylandt)

Olde White English Terrier (Bylandt)

Old White English Terrier
Der Old White English Terrier (auch White English Terrier) ist eine Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ausgestorbene Hunderasse. Als wichtiger Erbgutlieferant flossen seine Gene in zahlreiche englische Terrierrassen ein, wie zum Beispiel den Bullterrier. Grund für das Aussterben war eine Tierschutzmaßnahme: 1895 wurde das Kupieren der Ohren in England verboten. Kupierte Hunde wurden nicht mehr zu Ausstellungen des Kennel Clubs zugelassen, zudem gefiel den Käufern das unkupierte Ohr nicht. Die Züchter wandten sich so anderen Rassen zu. 1902 wurde bei Crufts der letzte Champion gekürt.

Rastreador Brasileiro
Der Rastreador Brasileiro (port. für Brasilianischer Spürhund) oder Urrador Americano (Amerikanischer Heuler) war eine von der FCI anerkannte brasilianische Hunderasse (ehemals Gruppe 6, Standard-Nr. 275).
Die Hunderasse wurde in den 1950er Jahren von Oswaldo Aranha Filho in Brasilien als Jagdhund für die Jagd auf Jaguare und Wildschweine entwickelt. Ein dafür geeigneter Hund sollte das Wild in die Enge treiben und bis zum Eintreffen des Jägers festhalten können, über eine gute Nase für die Fährtenarbeit verfügen, spurlaut und gut an das heiße Klima und lokale Terrain angepasst sein. Dazu kreuzte er unter anderem American Foxhounds, Black and Tan Coonhounds, Petits Bleus de Gascogne und Bluetick Coonhounds, von denen einige eigens zum Entwickeln der neuen Rasse nach Brasilien importiert wurden.
1967 wurde die Rasse von der FCI als erste brasilianische Hunderasse anerkannt. Sie wurde mit der Standard-Nummer 275 in die Gruppe 6 eingeteilt.
Bereits 1973 wurde die Rasse von der FCI für ausgestorben erklärt und wieder aus ihren Listen gestrichen: Alle Hunde im Zwinger von Oswaldo Aranha Filho, wo die meisten Hunde dieser Rasse gehalten wurden, waren an der durch Zecken übertragenen Piroplasmose erkrankt. Die Zwingeranlagen und Hunde wurden daraufhin mit einer zu hohen Dosis von Akariziden behandelt, woran die Hunde starben.
Heute gibt es in Brasilien Bemühungen, die Rasse neu zu beleben. Zu diesem Zweck wurde der Grupo de apoio ao resegate do Rastreador Brasileiro gegründet, der allerdings weder von der FCI noch vom brasilianischen Dachverband anerkannt wird.
Der Rastreador Brasileiro war ein mittelgrosser Jagdhund mit kurzem, hartem Fell, der in den Farben Blaugesprenkelt (Bluetick), Weiß mit schwarzen und/oder braunen Flecken sowie in Schwarz und Loh gezüchtet wurde. Der Kopf war flach, mit mittellanger Schnauze und langen Ohren, der Nacken kräftig, der Rücken gerade und in der Lendengegend sehr muskulös, die Brust tief und kräftig, die Rute säbelförmig. Der Charakter wird als unabhängig und voller Energie beschrieben.

Als Tributzahlung werden dem König Hyänen (oben, erkennbar am Schwanz) und Windhunde überbracht

Als Tributzahlung werden dem König Hyänen (oben, erkennbar am Schwanz) und Windhunde überbracht

Tesem
Als Tesem wird eine Hundeform bezeichnet, die aus Abbildungen aus dem Alten Ägypten erhalten ist. Der leichte, windhundartig gebaute Hund mit Stehohren und Ringelrute ist einer der ältesten bekannten Hundetypen und ähnelt mehreren modernen Hunderassen aus dem Mittelmeerraum, die unter dem Podenco-Typ zusammengefasst werden. Antike Seefahrer, wie zum Beispiel die Phönizier und Karthager, sollen für seine Verbreitung verantwortlich gewesen sein. Insbesondere der Podenco Ibicenco von den Balearen sowie der Kelb tal-Fenek von Malta werden oft als seine Nachfahren betrachtet; letzterer wird von der FCI sogar offiziell als Pharaonenhund (Pharaoh Hound) bezeichnet. Ob es aber tatsächlich eine direkte Verbindung zwischen dem Tesem und diesen modernen Rassen gibt, ist wissenschaftlich nicht belegt.
Aus der prädynastischen Zeit (4. Jahrtausend v. Chr.) stammt die bislang älteste Darstellung eines ringelschwänzigen, windhundartigen Hundes, die auf einer Schale in Ägypten gefunden wurde. Auch später, zur Zeit der Könige, finden sich immer wieder Darstellungen dieses Hundetyps bei der Gestaltung von Jagdszenen in Gräbern und auf Alltagsgegenständen. Seine Ursprünge könnten in der Sahara liegen, die damals noch nicht überall den heutigen Wüstencharakter hatte, sondern wo Steppen bzw. Savannen vorherrschten und es in Randbereichen vereinzelte Wälder gab. Möglicherweise gehörten dort die noch heute in weiten Teilen Afrikas verbreiteten Pariahunde zu seinen Vorfahren. Der Basenji aus Zentralafrika weist noch heute gewisse Ähnlichkeiten mit dem Tesem auf, beispielsweise die charakteristische Ringelrute.
Die Schreibweise Tesem ist phonetisch nicht korrekt. In Anlehnung an die ägyptologische Behelfsaussprache müsste der Hund auf Deutsch als Tjesem transkribiert werden (Aussprache: Tschesem); in der wissenschaftlichen Kynologie wird jedoch traditionell die Schreibweise Tesem verwendet.

Torfhund
Der Torfhund, auch Torfspitz war ein prähistorischer Haushund. Er wurde 1861 vom Schweizer Zoologen Ludwig Rütimeyer erstmals beschrieben, nach Funden in Schweizer Pfahlbausiedlungen der Jungsteinzeit (daher auch Pfahlbautenspitz).
Der Hund hat gemäß der Erstbeschreibung ein Aussehen ähnlich dem rezenten Wolfsspitz. Deswegen wurde einige Jahrzehnte lang vermutet, dass er der direkte Ahnherr aller nordischen Hunde, der Deutschen Spitze und über verschiedene Stufen auch anderer Hunderassen sei. Diese Urrassen-Theorie geht auf den Kynologen Theophil Studer zurück und ist heute überholt.
Die Schädellänge des Torfhundes war mit 135-150 mm bereits deutlich kleiner als die eines Wolfschädels. Einige Funde von Torfhunden, deren Schädel Spuren eines gewaltsamen Todes aufweisen, lassen auf eine frühe Zuchtwahl schließen, da angenommen werden kann, dass nicht der ganze Wurf aufgezogen wurde, sondern nur einzelne Individuen. Es wird vermutet, dass er (zumindest am Anfang) ähnlich lebte wie die Pariahunde heute, also am Rande der Siedlungen, in großen Teilen Selbstversorger. Er begleitete wahrscheinlich die Menschen bei ihren Jagden, bewachte Häuser und Siedlungen und zog im hohen Norden vielleicht auch ihre Lasten.
In Siedlungen der Urgeschichte wurden immer wieder Knochen dieses Hundetyps gefunden, mit einem Schwerpunkt in der Jungsteinzeit und Bronzezeit. Die Funde erstrecken sich über ganz Europa, bis hin nach Asien und Nordafrika. Die Beschreibung als eigenständige Rasse bzw. Unterart geht auf Funde in Pfahlbausiedlungen am Bielersee (Fundplatz Schafis) zurück. Schon um 1880 wurden auch Funde vom Dümmer und den Watten im Oldenburger Land bekannt und dem Torfspitz zugerechnet.
In der bandkeramischen Siedlung von Zschernitz in Sachsen wurde im Jahre 2003 ein vollständig erhaltener Torfhund geborgen. Das bei seinem Tode etwa zwei Jahre alte Tier wurde zusammen mit einem toten Welpen in einer Erdgrube bestattet. Der Hund von Zschernitz hatte eine Schulterhöhe von etwa 45 cm, was mit der Größe des heutigen Spitzes verglichen wird.
Ein nahezu vollständig erhaltenes Exemplar wurde 1953 mit dem Torfhund von Burlage in einem niedersächsischen Moor, gefunden. Es wurde lange Zeit als bronzezeitlich vermutet. Neuen Radiokohlenstoffdatierungen zufolge starb dieser Hund jedoch erst in der Neuzeit, zwischen 1477 und 1611.

Turnspit Dog
Als Turnspit Dog (engl. für Spießdrehhund) wird ein Hundetyp bezeichnet, der speziell zum Drehen eines Bratenspießes mittels einer Tretmühle gezüchtet wurde. Andere Namen für den Turnspit Dog sind Kitchen Dog, Cooking Dog, Underdog und Vernepator. In Carl von Linnés Klassifikation der Hunde aus dem 17. Jahrhundert ist der Turnspit Dog als Canis vertigus aufgeführt. Der Turnspit Dog ist heute ausgestorben, da er mit dem Aufkommen von handlichen Feder- und Elektromotoren als Küchenhilfe überflüssig wurde. Er genoss auch kein besonderes Prestige, sodass eine Weiterzucht nach Wegfall seiner Hauptaufgabe nicht erfolgte. Einige Autoren betrachten den Turnspit Dog als einen Vorfahren des Glen of Imaal Terrier.
Die Aufgabe des Turnspit Dog bestand darin, über eine Tretmühle den Bratenspieß über dem Feuer zu drehen, so dass das Kochgut gleichmäßig gegart wurde. Die Hunde mussten für diese Arbeit sowohl mutig (um neben dem Feuer zu arbeiten) als auch gehorsam und loyal (um das Fleisch nicht selbst zu fressen) sein. Da die Arbeit körperlich sehr anstrengend war, wurden in einer Küche oft mehrere Hunde gehalten, die in Schichten zum Einsatz kamen.
Erhaltene Abbildungen von Turnspit Dogs erinnern im Aussehen an Corgis, zeigen allerdings Hunde mit Hängeohren. Aus den Abbildungen schließt man auf eine Schulterhöhe von 35 bis 40 cm bei einem Gewicht von 10 bis 15 kg. Of English Dogs beschreibt die Hunde als „lang im Körperbau, krummbeinig und hässlich, mit misstrauischem, unglücklichem Blick“. Viele der erhaltenen Abbildungen zeigen die Hunde mit einer weißen Blesse.

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2 Antworten zu Ausgestorbene Hunderassen 2 (Archiv)

  1. Thomas Liedtke sagt:

    Hallo, ich hätte gerne einen Quellen-Nachweis für die Tributszene beim Tesem. Wer (Nubier?) übergibt wem (Pharaoh?) diese Jagdhunde. Welche Dynastie etc., danke. Das wäre wichtig, die Herkunft der Hunde näher zu beleuchten, weil es Vermutungen der Kynologen gab, der Tesem sei aus Asien eingeführt worden. Wenn aber der Ursprung in Afrika liegt, muß es auch eine Abkunft in Afrika geben.

    • Martin sagt:

      Ich fürchte, dass ich da leider wenig weiter helfen kann. Der Artikel ist etwas älter und durch diverse Übertragungen auch nicht mehr so wie er früher einmal war. Ich bin auch kein guter Quellenbewahrer und lasse sie gerne aus. Auch wenn ich mir immer wieder denke, dass ich sie nennen sollte, aber dann bekommt der Blog einen zu wissenschaftlichen Geschmack und das ist eigentlich nicht beabsichtigt.
      Aber vielleicht sollte ich meine Ansicht überdenken.
      Zum Thema Tesem.
      Vielleicht hilft das hier weiter:
      http://www.jstor.org/stable/pdfplus/1155195.pdf

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