Zootier des Jahres 2019

Am 17.01.2019, wurde im Tierpark Berlin das neue „Zootier des Jahres“ bekanntgegeben: Es ist der Gibbon (oder die Gibbons)

Pressemitteilung der ZGAP
Sie spielen neben Gorillas, Schimpansen & Co. in der Öffentlichkeit nur eine kleine Rolle, dabei sind Gibbons genauso bedroht wie ihre größeren Verwandten. Weil ihre Wälder großflächig zerstört werden, weil die Gibbonmütter getötet werden, damit ihr Nachwuchs auf dubiosen Heimtiermärkten verkauft wird und weil sie gelegentlich sogar gegessen werden, sind alle der rund 20 Arten als „bedroht“ bzw. „gefährdet“ eingestuft. Um mehr Aufmerksamkeit auf die sogenannten kleinen Menschenaffen zu lenken, hat die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP) den Gibbon zum „Zootier des Jahres 2019“ gewählt. „In China sind allein in den vergangenen 20 Jahren zwei Arten für immer verschwunden, vom Menschen vollständig ausgerottet“, sagt Dr. Sven Hammer von der ZGAP. „Dieses Schicksal wollen wir den verbleibenden Gibbonarten unbedingt ersparen.“
Kräfte bündeln
Ziel der Kampagne ist es, die koordinierten Erhaltungszuchtbemühungen der Zoologischen Gärten und die Schutzprojekte in den südostasiatischen Ursprungsländern zu unterstützen. Dazu sammeln die beteiligten Partner Gelder, um mit konkreten Maßnahmen zum Erhalt der Gibbons beizutragen. Neben der federführenden Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP) arbeiten die Einrichtungen und Mitglieder der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG), des Verbandes der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) und der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ) eng zusammen. „Wir wollen unsere Kräfte bündeln, um möglichst viel bewirken zu können“, sagt Viktoria Michel, Projektkoordinatorin der „Zootier des Jahres“- Artenschutzkampagne. „Dazu haben wir zwei Projekte ausgewählt, die mit den gesammelten Mitteln den Schutz der Gibbons noch effektiver durchführen können.“
Nakai-Nam Theun, Laos – Weißwangen-Schopfgibbons
In Laos ist das Schutzgebiet Nakai-Nam Theun mit 3.500 Quadratkilometern Fläche eines der letzten großen zusammenhängenden Waldgebiete in Südost-Asien. Es beherbergt zahlreiche endemische und stark bedrohte Arten. Hier leben der Nördliche (Nomascus leucogenys) und der Südliche Weißwangen-Schopfgibbons (Nomascus siki). „Project Anoulak“ bietet Hilfe für die seltenen Tierarten in Laos. Um die Wilderei zu reduzieren, patrouillieren in sorgsam ausgewählten Bereichen 24 ausgebildete Ranger durch den Wald, die durch die lokale Regierungsbehörde unterstützt werden.
Kon Plong, Vietnam – Gelbwangen-Schopfgibbons
In Zentralvietnam leben noch etwa 800 der bedrohten Nördlichen Gelbwangen-Schopfgibbons (Nomascus annamensis). Hier ist es das Ziel, den Lebensraum der Gibbons großflächig unter Schutz zu stellen und so ein Überleben dieser Art dauerhaft zu sichern. Deshalb sollen zwei bestehende Schutzgebiete miteinander verbunden werden und ein weiteres großes und bislang weitgehend unerforschtes Waldgebiet angefügt werden. Als Ergebnis soll ein Gibbon-Schutzgebiet von über 120.000 Hektar Fläche entstehen.
Singende Kletterer
Gibbons leben in monogamen Familienstrukturen. Durch weittragende Gesänge grenzen die Paare bzw. Familien ihre Reviere im dichten Regenwald voneinander ab. Auf dem Boden sind sie selten zu finden und bewegen sich dann wie Menschen im aufrechten Gang fort. Das sind auf den ersten Blick einige Parallelen zu uns und dennoch haben Gibbons ein Imageproblem. Durch ihre geringe Körpergröße, die langen Arme und ihre versteckte Lebensweise in den Baumwipfeln werden sie von Laien nicht als Menschenaffen erkannt und von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.
Gibbons werden massiv durch Wilderei bedroht. Steigende Verkaufspreise für traditionelle chinesische Medizin oder den Heimtierhandel bewirken eine Intensivierung der Jagd auf seltene Wildtiere. Immer tiefer dringen die Wilderer in die Wälder vor, da viele Tierarten in den Randgebieten bereits ausgerottet sind. Außerdem werden die natürlichen Lebensräume der Gibbons durch Abholzung, Straßenbau sowie landwirtschaftliche Flächennutzung zunehmend vernichtet. Doch trotz großer Störungen wandern Gibbongruppen nicht einfach ab – und diese starke Bindung an ihr Territorium wird ihnen somit häufig zum Verhängnis.

Mehr über die ZGAP findet man hier (Beutelwolf-Blog) und hier (Webseite).

Es gibt insgesamt 20 Gibbonarten in vier Gattungen.

Verbreitung
Gibbons kommen in Südostasien vor, ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nordostindien, Myanmar und Südchina über Indochina und die Malaiische Halbinsel bis zu den indonesischen Inseln Borneo und Java. In früheren Zeiten waren Gibbons weiter verbreitet, noch in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends fand man sie beispielsweise in einem Großteil Chinas.
Beschreibung
Gibbons sind schwanzlose Primaten. Auffallend ist, dass die vorderen Gliedmaßen wesentlich länger als die hinteren sind. Dieses ermöglicht ihnen die im Tierreich einmalige Fortbewegungsform des Schwinghangelns (Brachiation). Ihr Daumen wurzelt nahe dem Handgelenk und ermöglicht so einen sicheren Griff um die Äste. Ihr dichtes Fell ist schwarz, grau oder braun gefärbt, ihre Schnauzen sind kurz und die großen Augen nach vorn gerichtet. Die Zahnformel entspricht mit 2-1-2-3 der der Menschenaffen. Einige Arten haben einen Kehlsack, der ihnen als Resonanzkörper beim Ausstoßen ihrer lauten Schreie dient. Gibbons erreichen eine Kopfrumpflänge von 45 bis 90 cm und ein Gewicht von 4 bis 13 kg, wobei der Siamang bei weitem die größte und schwerste Art darstellt.
Lebensweise
Der Name Hylobates (ὑλοβάτης) bedeutet wörtlich „Waldgänger“ (altgriechisch ὕλη hýlē „Wald“, βαίνω baínō, „ich gehe, wandere, laufe umher“). Gibbons sind tagaktive Waldbewohner, die mit ihren langen Armen und den weit unten ansetzenden Daumen perfekt an die hangelnde Lebensweise angepasst sind. Sie schwingen durch die Bäume und können mit einem einzigen Schwung 3 m zurücklegen. Auf dem Boden bewegen sie sich zweibeinig voran (Bipedie), wobei sie die Arme aus Balancegründen hoch in die Luft strecken. Ihr Verbreitungsgebiet sind in erster Linie Regenwälder, manchmal kommen sie auch in Gebirgswäldern bis 1800 m Höhe vor.
Gibbons leben monogam. Ein Paar und sein Nachwuchs leben in einem Revier, das sie gegen Eindringlinge verteidigen. Gelegentlich findet man auch Einzeltiere, meist junge Erwachsene, die ihre Familie verlassen mussten. Auf der Suche nach einem eigenen Partner verlassen Jungtiere ihre Eltern oder werden von diesen mit Gewalt verjagt. Die Suche nach einem geeigneten Partner kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Bei manchen Arten unterstützen die Eltern ihren Nachwuchs, indem sie ein freies Gebiet für ihn „reservieren“.
Gibbons sind streng territorial, das Revier eines Paares ist zwischen 25 und 50 ha groß. Es kommt selten zu Kämpfen mit Eindringlingen, vielmehr versuchen sie, ihr Territorium durch Schreie oder Drohgebärden (Hüpfen oder Abbrechen von Ästen) zu verteidigen. Sie kennen überhaupt ein großes Lautrepertoire, das von den Männchen, manchmal auch im Duett mit Weibchen, vorgetragen wird und verstärkt durch den Kehlsack zu einem eindrucksvollen Konzert wird.
Ernährung
Gibbons ernähren sich vorwiegend von Pflanzen und nehmen nur selten fleischliche Nahrung zu sich. Früchte machen 44 bis 72 % (im Mittel 65 %) der Nahrung aus, Blätter 3 bis 45 % (im Mittel 30 %). Tierische Nahrung macht im Mittel nur einen sehr geringen Anteil aus (0 bis 25 %).
Da ihre Hauptnahrung, Früchte, in verschiedenen Jahreszeiten reifen, können Gibbons diese Nahrung im ganzen Jahreszyklus auffinden und verwerten. Meist fressen sie reifes Obst. Gibbons wenden täglich rund 9 bis 10 Stunden für die Nahrungssuche auf. Entsprechend dem Blattanteil im Nahrungsspektrum der betreffenden Art sind die Backenzähne mehr oder weniger großflächig, um diese Nahrung angemessen zu kauen. Der voluminöse Blind- und Grimmdarm mit dem einkammerigen Magen sind in der Lage, den Blattanteil in ihrer Nahrung zu verdauen.
Durch ihre Nahrungszusammensetzung kommen sie eher mit Vögeln und Eichhörnchen in Konkurrenz als mit anderen Primaten.
Fortpflanzung
Es dürfte bei den Gibbons keine feste Paarungssaison geben. Alle zwei bis drei Jahre bringt das Weibchen ein einzelnes Jungtier zur Welt, Zwillingsgeburten sind selten. Das Neugeborene klammert sich als aktiver Tragling zunächst an den Bauch der Mutter, später beteiligt sich auch der Vater an dessen Aufzucht. Vollständig entwöhnt sind junge Gibbons erst mit eineinhalb bis zwei Jahren und die Geschlechtsreife tritt mit acht bis neun Jahren ein. Ihre Lebenserwartung in freier Wildbahn dürfte rund 25 Jahre betragen. In Zoos wurden einzelne Gibbons deutlich älter, mehr als 40 Jahre sind belegt.

Portrait: Silbergibbon

Zootier des Jahres 2018 waren die Scharnierschildkröten.

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