Robert E. Page: Die Kunst der Bienen (Rezension)

Die Parallelen zwischen Insektenvölkern und menschlichen Gesellschaften haben viele Soziobiologen beschäftigt. Der weltweit führende Bienenforscher Robert E. Page ergründet seit Jahrzehnten das komplexe Sozialsystem und die Arbeitsteilung von Honigbienen – ein „Gesellschaftsvertrag“, der über Millionen Jahre in deren DNA eingeschrieben ist. Page untersucht die Koevolution von Bienen und Blütenpflanzen, sieht sie als Ingenieure und Landschaftsgestalter, beschäftigt sich mit Honigbienenvölkern und als Superorganismus und mit dem Paarungsverhalten der Königinnen. Eine faszinierende Lektüre für alle, die sich tiefergehend mit der Bedeutung der Bienen für unsere Welt auseinandersetzen möchten.
Bei der Honigbiene hat sich wahrscheinlich über Millionen von Jahren der Evolution ein Szenario abgespielt, das so aussieht: Die ersten Arten waren Solitärnister. Die Weibchen gründeten ein Nest, das sie aus Pflanzenstängeln oder vielleicht auch Baumstämmen herausarbeiteten, sie versahen die Zellen mit Pollen, legten in jede ein Ei hinein und versiegelten sie dann. Die Blütezeiten mögen kurz gewesen sein, die Larven sich nur langsam entwickelt haben, und/oder die Weibchen lebten nicht lange und starben, bevor ihr Nachwuchs zu adulten Bienen geworden war. Später wanderten einige Arten vielleicht in Klimazonen mit längeren Blütezeiten ab (oder verbreiteten sich bis dorthin), wo die Entwicklung der Larven sich beschleunigt haben kann, oder die Weibchen lebten länger, so dass der Brut genügend Zeit blieb, zu schlüpfen und mit der Mutter einige Zeit im Nest zusammenzuleben. Einige Töchter blieben sogar auf Dauer und kümmerten sich um ihre Larvenschwestern. Der Rest der Geschichte würde erzählen von der Entwicklung größerer Nester, der Entstehung größerer Arbeiterinnenpopulationen und anatomischer Unterschiede zwischen Königinnen und Arbeiterinnen und so weiter.

Robert E. Page ist ein US-amerikanischer Evolutionsbiologe und einer der weltweit angesehensten Experten für Honigbienen-Genetik und Sozialverhalten von Insekten.
Seine Forschung hat stark dazu beigetragen zu verstehen, wie komplexe Insektengesellschaften entstehen und sich stabil organisieren.
DIE KUNST DER BIENEN ist nun ein populärwissenschaftliches Buch, das die Bienen in einem anderen Licht darstellen, beziehungsweise neben bekannten Tatsachen, die man in jedem Bienenbuch finden wird (man denke nur an den Schwänzeltanz und Karl von Frisch) auch einige interessante Fakten erwähnen, die vielleicht selbstverständlich sein mögen, über die man aber eher weniger nachdenkt. Und ich muss gestehen, dass ich bisher z. B. nicht wusste, dass Bienenvölker auch ohne Königinnen Eier (und Arbeiterinnen) produzieren können. Aber alltäglich ist das nicht. Aber so muss man nicht aufstöhnen, weil es SCHON WIEDER ein Bienenbuch gibt, weil es davon ja nicht schon genug gibt, und wenn es sich eher um die wissenschaftliche Darstellung handelt, meist auch die gleichen Informationen dargebracht werden.
Page zeigt die Honigbiene bzw. Bienenvölker nicht nur als Nutz- und Wildtier, sondern als Gestalterinnen unserer Umwelt – als „Künstlerinnen“ und „Ingenieurinnen“ zugleich. Schon der Titel DIE KUNST DER BIENEN bringt gut zum Ausdruck, dass Page über die reine Biologie hinausgeht und eine Art ästhetischen, philosophischen Blick auf Bienen und ihre Umwelt vorschlägt.
Anstatt lineare Lehrbuchstruktur zu verfolgen, ordnet er Themen um zentrale Konzepte herum – etwa „soziale Verträge“, „Superorganismus“, „Landschaftsgestaltung durch Bienen“. Das macht das Buch dem Laien zugänglicher und verständlicher. Leider ist vielleicht auch die breite Themenabdeckung einer der Schwachpunkte des Buchs. Der ambitionierte Ansatz führt dazu, dass manche Kapitel nur kurz bleiben oder Themen nur gestreift werden. Aber das Problem haben wohl viele populärwissenschaftliche Bücher. Aber wer will schon 800 eng beschriebene bilderlose Seiten lesen, die alle Aspekte des Bienenlebens erörtern. Ich nehme Wissenschaftler davon aus, aber der Laie … nun … bevor ich abschweife und über ein über 8000seitiges Buch über Asiatische Nashörner nachdenken muss (das ich seit einem Jahr lese) zurück zum Buch, mit dem Abschluss. DIE KUNST DER BIENEN ist ein Buch für alle bienenbegeisterte, die nicht unbedingt Imker oder Naturwissenschaftler sein müssen, die mehr über die Bienen erfahren möchten, einschließlich einiger neuer Denkanstöße.

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(Rezensionsexemplar)

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