Portrait: Weißkopfruderente

Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Ruderenten (Oxyurinae)
Gattung: Ruderenten (Oxyura)
Art: Weißkopfruderente (Oxyura leucocephala)
Weißkopfruderente (Wilhelma Stuttgart)

Weißkopfruderente (Wilhelma Stuttgart)

Wie alle Ruderenten zeichnet sich auch die Weißkopfruderente durch einen im Verhältnis zum Körper auffällig dicken Kopf mit einem breiten, etwas aufgetriebenen Schnabel aus. Der etwa 46 cm lange Körper ist gedrungen, und der Schwanz ist lang und wie für Ruderenten typisch steiffedrig. Er wird von beiden Geschlechtern auch außerhalb der Balzzeit häufig hochgestellt. Trotz der kleinen, gewölbten Flügel gelten Weißkopfruderenten als geschickte und schnelle Flieger. Beide Geschlechter wiegen circa 700 Gramm.
Die Beine sind im Vergleich zu anderen Entenarten, die nicht zu den Ruderenten gehören, sehr weit hinten am Körper angesetzt. Sie liegen damit deutlich hinter dem Körperschwerpunkt. Die Weißkopfruderente ist dadurch in der Lage, sehr kraftvoll zu schwimmen und zu tauchen. An Land wirkt sie eher unbeholfen.
Brut- und Ruhekleid des Männchens
Wie bei den meisten Entenarten gibt es auch bei der Weißkopfruderente einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus. Beim Männchen im Brutkleid sind die Kopfseiten weiß, auf der Kopfplatte und am Nacken befindet sich eine schwarze Gefiederzeichnung, die bei den einzelnen Individuen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Durch diese Kopffärbung ist die Weißkopfruderente auch am einfachsten von der nahe verwandten nordamerikanischen Schwarzkopfruderente zu unterscheiden. Bei dieser ist nur das Wangenfeld weiß; ihre Körperbefiederung ist außerdem ein intensiveres Kastanienbraun.

Das Körpergefieder der Weißkopfruderente ist rotbraun mit einer sehr feinen schwarzen Zeichnung. Auffällig ist während der Balz- und Brutzeit der leuchtend hellblaue Schnabel.
Im Ruhekleid ist das Körpergefieder beim Männchen etwas blasser rotbraun, der Schnabel ist dann dunkelgrau.
Ihr Brut- und Balzkleid tragen die Männchen von Ende Februar, Anfang März bis September.
Beim Weibchen ist der Schnabel dagegen dunkelgrau und deutlich weniger aufgeworfen. Ihr Körpergefieder ist ganzjährig dunkler als beim Männchen. Im unteren Wangenfeld ist sie gleichfalls weiß befiedert, und unterhalb des Auges verläuft ein leicht bogenförmiger, weißer Unteraugenstreif. Mit diesem Körpergefieder ähnelt das Weibchen dem der Schwarzkopfruderente. Der Unteraugenstreif ist beim Weibchen der Schwarzkopfruderente allerdings gradliniger.
Die Küken haben ein an der Oberseite des Körpers dunkel sepiabraunes Gefieder. Die Brust und der Bauch sind dagegen rahmweiß. Auffällig ist die Kopfzeichnung. Die Küken haben einen sepiabraunen Backenstreifen, der von einem hell rahmfarbenen Unteraugen- und Bartstreifen eingefasst ist. Im Jugendkleid ähneln die Jungenten beider Geschlechter den Weibchen. Bei Jungerpel tritt der blaugefärbte Schnabel bereits im Herbst auf; das vollständige Prachtkleid tragen sie das erste Mal kurz vor Vollendung des ersten Lebensjahres.

Die Weißkopfruderente ist eine weitgehend stumme Entenart. Gelegentlich sind von ihr harte und tief knarrende, grunzende und glücksende Laute zu hören. Das Männchen gibt während der Balz ein rhythmisch hartes „krr-krr-k…“ von sich sowie hohe Pfeiflaute, die sich lautmalerisch mit „düdü“ umschreiben lassen. Vom Weibchen sind dagegen ein tiefes „gagaga…“ und ein kurzes, weiches „geh“ zu hören. Zur Balz gehört auch ein geräuschhaftes, lautes Wasserspritzen.

Weißkopfruderenten sind Brutvögel, die ein sehr disjunktes Brutareal in Nordwestafrika, in Vorder- und Mittelasien sowie stellenweise in Süd- und Südwesteuropa haben. So findet man diese Entenart in Teilen Russlands, Kasachstan, Usbekistan, der Mongolei, Armenien, Aserbaidschan, dem Iran, Afghanistan, der Türkei, Albanien, dem südlichen Spanien, Algerien und Tunesien.
Im Herbst und Winter sammeln sich die Weißkopfruderenten an größeren Gewässern. Sie sind dann gelegentlich auch mit anderen Tauchenten vergesellschaftet und halten sich häufiger auf offenem Wasser auf als während der Brutzeit. Während die spanischen Brutvögel überwiegend Standvögel sind, sind die Brutvögel im Südosten Europas Zugvögel. Zu den wichtigen Überwinterungsgebieten zählen die Steppenseen in Kasachstan und der Burdur-See in der Türkei.
Für Mitteleuropa gibt es von Ungarn abgesehen nur sporadische Brutnachweise. Bei den neuesten Beobachtungen handelt es wahrscheinlich um Gefangenschaftsflüchtlinge.

Weißkopfruderenten leben bevorzugt an flachen Seen mit ausgeprägten Riedzonen. Sie ziehen dabei schwach brackiges salzhaltiges Wasser reinem Süßwasser vor. An stärker salzhaltigen Seen brütet die Weißkopfruderente dagegen nicht, da hier die Rieddickichte fehlen. Die Brutgebiete liegen außerdem alle in Regionen, die eine hohe Sommertemperatur sowie eine intensive Sonnenbestrahlung aufweisen.

Weißkopfruderente, weiblich (Zoo Prag)

Weißkopfruderente, weiblich (Zoo Prag)

Obwohl keine Bestandszahlen aus früheren Jahrhunderten für diese Ente vorliegen, wird davon ausgegangen, dass die Art in Südeuropa früher wesentlich häufiger vertreten war und dass ihre Zahl aufgrund von Entwässerungsprojekten und Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion zurückging. Weißkopfruderenten sind auf seichte Gewässer angewiesen. Diese sind jedoch im 19. und 20. Jahrhundert kontinuierlich trockengelegt worden, so dass dieser Art der Lebensraum zunehmend fehlt. Damit erklärt man sich auch die inselartigen Vorkommen in Südeuropa und Nordafrika. Die Rückgänge im asiatischen Verbreitungsgebiet sind auf Verluste von Lebensraum und Bejagung zurückzuführen.
Seit den 1950er Jahren wird insbesondere in Großbritannien die nah verwandte nordamerikanische Schwarzkopfruderente als Ziergeflügel gehalten. Spätestens in den 1960er Jahren sind aus der Haltung Vögel entwichen, die sich als sogenannte Gefangenschaftsflüchtlinge stark vermehrten. Ihre Population umfasste 1993 3.500 Tiere, die in Europa brüteten und sich bis nach Südeuropa und Nordwestafrika ausbreiteten. 2003 betrug der Bestand allein in Großbritannien 6.000 Individuen dieser Art, die damit schon eine größere Populationsdichte als die in Europa beheimatete Weißkopfruderente aufweist. In vielen Gebieten ist es zu Vermischungen mit ansässigen Weißkopfruderenten gekommen, so dass deren reliktartige Populationen in Europa bedroht sind und die Wiederansiedelungsversuche gefährden. Die Männchen der Schwarzkopfruderenten sind aggressiver als die der Weißkopfruderenten, so dass sie die Weißkopfrudererpel aus dem Brutrevier vertreiben und Kopulationen mit deren Weibchen erzwingen können. Aus den Paarungen gehen fortpflanzungsfähige Hybriden hervor. Viele Vogelschützer befürchten, dass die Schwarzkopfruderente letztlich die Weißkopfruderente völlig verdrängen wird, wenn nicht weitgehende Maßnahmen ergriffen werden.

Die Balz beginnt mit der Rückkehr in die Brutareale im April. Zur Balz des Erpels gehört unter anderem ein ruckartiges Aufrichten des Schwanzes und ein Auf- und Abschnellen des Kopfes. Dieses Verhalten wechselt mit zwei Formen von Demonstrationsschwimmen. Bei der einen Form umschwimmt der Erpel schnell in weiten Kreisen die Ente und liegt dabei hoch auf dem Wasser. Der Schwanz liegt dabei waagrecht auf dem Wasser, der Kopf des Erpels ist häufig der Ente zugewendet. Bei der zweiten Form schwimmt der Erpel tief eingetaucht mit auf dem Rücken abgelegten Kopf in der Nähe der Ente auf und ab.
Das Entenweibchen zeigt während dieses Werbens des Erpels häufig kein auffälliges Verhalten. Sie verfällt aber gelegentlich übersprungsartig in ein auffälliges Putzverhalten.

Weißkopfruderente (Vogel- und Naturschutztierpark Herborn)

Weißkopfruderente (Vogel- und Naturschutztierpark Herborn)

Die Nester werden bevorzugt im Rieddickicht angelegt. Dabei werden häufig die Nistinseln von Rallen und Tauchenten genutzt. Als der Wildfowl Trust in den 1970er Jahren mit der Erhaltungszucht der Art begann, machte man die Erfahrung, dass balzende Entenpaare sich nur dann fortpflanzten, wenn man ihnen in ihrer Voliere künstlich solche Nisthilfen anbot.
Das Gelege besteht aus etwa sechs bis dreizehn Eier mit rauer Schale, die anfangs hellgrün gefärbt sind und dann zunehmend eine schmutzig weiße Färbung annehmen. Die Ente bebrütet das Gelege allein. Bei Störungen taucht die Ente direkt am Nest ins Wasser und taucht erst in weiter Entfernung vom Nest wieder auf. Sie bleibt dabei bis zu zwei Minuten unter Wasser. Häufig kommt sie in der Nähe des Erpels wieder an die Wasseroberfläche. Da man aufgrund dieses Fluchtverhaltens selten Enten auf dem Nest beobachtete, findet man in der Literatur gelegentlich noch die Behauptung, dass Weißkopfruderenten die Eier nur einige Tage anbrüten und sie sich aufgrund ihrer Eigenwärme „fertigbrüten“. Die Erfahrungen aus der Zoohaltung haben diese Ansicht widerlegt.
Der Erpel hält sich zum Schlupf der Küken in der Nähe der Nestes auf. Er verlässt dann das Revier und bildet gemeinsam mit anderen Erpeln Mausergruppen.
Die Küken schlüpfen nach etwa 23 bis 25 Tagen. Sie werden nur durch die Ente geführt, die sich tagsüber mit ihrem Nachwuchs entlang der Röhrichtzone aufhält. Abends ist sie gelegentlich auch mit den Küken auf offener Wasserfläche zu beobachten.
Die Küken sind nach etwa 60 Tagen flugfähig. Geschlechtsreif sind die Jungvögel in ihrem zweiten Lebensjahr.
Weißkopfruderenten leben überwiegend von Wasserpflanzen, von denen sie sowohl das junge Grün als auch die Samen fressen. Kleinlebewesen werden dabei nur zufällig aufgenommen. Die Küken und Jungenten fressen dagegen nahezu ausschließlich Wasserinsekten, Kleinkrebse und Wasserschnecken.

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