Zur Familie der Raben rechnet man neuerdings auch den Hopflappenvogel (Heteralocha acutirostris und Gouldii, Neamorpha acutirostris, crassirostris und Gouldii), welcher mit verwandten Sippen eine besondere, auf Neuseeland beschränkte Gruppe bildet und mit ihnen an der Schnabelwurzel entspringende, mehr oder minder entwickelte buntfarbige Hautlappen gemein hat. Der Hopflappenvogel unterscheidet sich von seinen nächsten Verwandten und allen bekannten Vögeln überhaupt dadurch, daß der Schnabel des Weibchens von dem des Männchens wesentlich abweicht. Bei letzterem ist er etwa kopflang, auf der Firste fast gerade, der Breite nach flach gerundet, an der Wurzel hoch, seitlich stark zusammengedrückt, im ganzen aber gleichmäßig nach der Spitze hin verschmächtigt; bei dem Weibchen dagegen mindestens doppelt so lang als beim Männchen, verschmächtigt und verschmälert, merklich gekrümmt und in eine feine Spitze ausgezogen, der Oberschnabel auch über den unteren verlängert. Gegenüber diesen Merkmalen sind die übrigen Kennzeichen untergeordneter Art. Der hochläufige und langzehige Fuß ist mit äußerst kräftigen, starkgebogenen Klauen bewehrt, der Flügel lang, aber abgerundet, weil in ihm die fünfte bis siebente Schwinge die Spitze bildet, der Schwanz mittellang, breit, sanft abgerundet, das Kleingefieder reich, dicht und etwas glänzend. Die Länge des männlichen Hopflappenvogels beträgt etwa achtundvierzig, die des Weibchens funfzig, bei beiden die Fittiglänge etwa zwanzig Centimeter, die Schnabellänge dagegen beim Männchen vierzig, beim Weibchen sechsundneunzig Millimeter. Das Gefieder ist bis auf einen breiten weißen Endrand der Steuerfedern einfarbig schwarz, schwach grünlich scheinend, der Augenring tiefbraun, der Schnabel elfenbeinweiß, an der Wurzel schwärzlichgrau, der große winkelige Mundwinkellappen orangefarbig, der Fuß dunkel blaugrau. Junge Vögel unterscheiden sich nur durch die röthlich getrübte Färbung des Schwanzspitzenbandes und die weiß gerandeten Unterschwanzdeckfedern von den alten.
Die Berichte über das Freileben des Hopflappenvogels sind noch ungemein dürftig, so sehr dieser, die »Huia« der Maoris, die Beachtung aller Vogelkundigen und Ansiedler Neuseelands auf sich gezogen hat. Auf wenige Oertlichkeiten Neuseelands beschränkt und auch hier von Jahr zu Jahre seltener werdend, bietet er wenig Gelegenheit zu eingehenden Beobachtungen. Er lebt mehr auf dem Boden als im Gezweige, bewegt sich mit großen Sprüngen außerordentlich rasch, flieht bei dem geringsten Geräusche oder beim Anblicke eines Menschen so eilig als möglich dichten Gebüschen oder Waldstrecken zu und entzieht sich hier in der Regel jeder Nachstellung.
So erklärt es sich, daß man eigentlich nur angefangenen einige Beobachtungen sammeln konnte. In der Neuzeit sind Huias lebend auch nach London gelangt, soweit mir bekannt, über ihr Betragen Mittheilungen aber nicht veröffentlicht worden; ich vermag deshalb nur mitzutheilen, was Buller von denen berichtet, welche er einige Tage lang pflegte. Bemerkenswerth war die Leichtigkeit, mit welcher die im Freien so scheuen Vögel an die Gefangenschaft sich gewöhnen. Wenige Tage nach ihrer Erbeutung waren sie ganz zahm geworden und schienen den Verlust ihrer Freiheit nicht im geringsten zu empfinden. Schon am nächsten Morgen, nachdem sie in Besitz Bullers gekommen waren, fraßen sie begierig, tranken Wasser und begannen nunmehr, sich lebhaft und flüchtig zu bewegen, bald auch miteinander zu spielen. Ihre Bewegungen auf dem Boden wie im Gezweige waren anmuthig und fesselnd; besonders hübsch sah es aus, wenn sie ihren Schwanz fächerartig breiteten und in verschiedenen Stellungen unter leisem und zärtlichem Gezwitscher einander mit ihren Elfenbeinschnäbeln liebkosten. Mit letzterem untersuchten, behackten und bemeiselten sie alles. Sobald sie entdeckt hatten, daß die Tapeten ihres Zimmers nicht undurchdringlich waren, lösten sie einen Streifen nach dem anderen ab und hatten in kürzester Frist die Mauer vollständig entblößt. Besonders anziehend aber war für Buller die Art und Weise, wie sie bei Erbeutung ihrer Nahrung gegenseitig sich unterstützten. Da man verschiedene Erdmaden, Engerlinge und ebenso Samen und Beeren in dem Magen erlegter Stücke gefunden hatte, brachte Buller einen morschen Klotz mit großen, fetten Larven eines »Huhu« genannten Kerbthieres in ihren Raum. Dieser Klotz erregte sofort ihre Aufmerksamkeit; sie untersuchten die weicheren Theile mit dem Schnabel und gingen sodann kräftig aus Werk, um das morsche Holz zu behauen, bis die in ihm verborgenen Larven oder Puppen des besagten Kerbthieres sichtbar wurden und hervorgezogen werden konnten. Das Männchen war hierbei stets in hervorragender Weise thätig, indem es nach Art der Spechte meiselte, wogegen das Weibchen mit seinem langen, geschmeidigen Schnabel alle jene Gänge, welche wegen der Härte des umgebenden Holzes von dem Männchen nicht erbrochen werden konnten, untersuchte und ausnutzte. Mehrmals beobachtete Buller, daß das Männchen vergeblich sich bemühte, eine Larve aus einer bloßgelegten Stelle hervorzuziehen, dann stets durch das Weibchen abgelöst wurde und ihm den Bissen, welches letzteres leicht sich aneignete, auch gutwillig abtrat. Anfänglich verzehrten beide nur Huhularven, im Laufe der Zeit gewöhnten sie sich auch an anderes Futter, und zuletzt fraßen sie gekochte Kartoffeln, gesottenen Reis und rohes, in kleine Stücke zerschnittenes Fleisch ebenso gern wie ihre frühere Nahrung. Zu ihrem Badenapfe kamen sie oft, immer aber nur, um zu trinken, nicht aber, um sich zu baden. Ihr gewöhnlicher Lockton war ein sanftes und klares Pfeifen, welches zuerst langgezogen und dann kurz nach einander wiederholt, zuweilen in höheren Tönen ausgestoßen oder sanft vertönt oder in ein leises Krächzen umgewandelt wurde, zuweilen dem Weinen kleiner Kinder bis zum Täuschen ähnelte.
Ueber die Fortpflanzungsgeschichte der Huia vermag Buller nur die Berichte der Eingeborenen mitzutheilen, denen zufolge der Vogel in hohlen Bäumen nistet und wenige Eier legt.
Die Hauptursache des vereinzelten Auftretens und der stets fortschreitenden Abnahme des Hopflappenvogels ist darin zu finden, daß die Eingeborenen dessen Federn als Kopfschmuck verwenden, lebhaft begehren und theuer bezahlen, der Huia dementsprechend nachstellen, wo und wann immer sie können. Wahrscheinlich haben die neuseeländischen Forscher nicht Unrecht, wenn sie fürchten, daß infolge dieser Liebhaberei der Maoris der so überaus merkwürdige Vogel früher oder später das Loos anderer gefiederten Heimatsgenossen theilen, nämlich ausgerottet werden möge.