30.09.2025, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Zu wenig Lebensraum für Bestäuber: EU-Ziel zum Artenschutz reicht nicht aus
Das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie zum Anteil naturnaher Flächen in der Landwirtschaft reicht nicht aus, um Bestäuber wie Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge nachhaltig zu schützen. Das zeigt eine neue Studie in Science, an der Forschende der Universität Freiburg beteiligt waren.
Wildlebende Bestäuber benötigen mindestens 16 bis 37 Prozent natürlichen oder halbnatürlichen Flächenanteil – deutlich mehr als das EU-Ziel von 10 Prozent.
Neben mehr Fläche ist auch eine höhere Qualität und ein langfristiger Erhalt der Lebensräume entscheidend, so die Forschenden.
Durch die Bestäubung von Nutzpflanzen leisten Insekten einen wichtigen Beitrag zur Lebensmittelproduktion und Ernährungssicherheit. Doch die Populationen von Bestäuberinsekten sind seit Jahren rückläufig. Ein Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie ist daher, bis 2030 auf mindestens zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen Landschaftselemente mit großer biologischer Vielfalt zu schaffen. Das soll helfen, den Biodiversitätsrückgang im Allgemeinen und besonders den Verlust von Bestäuberinsekten aufzuhalten.
Diese Zielvorgaben reichen jedoch nicht aus, wie eine neue Studie unter der Leitung der Universität Wageningen mit Beiträgen der Universität Freiburg zeigt, die nun in Science veröffentlicht wurde. Die Forschenden werteten insgesamt 59 Studien aus 19 Ländern aus und kamen zu dem Schluss, dass Insekten mindestens 16 bis 37 Prozent natürlichen oder halbnatürlichen Lebensraum in landwirtschaftlichen Gebieten benötigen, um ihren wirksamen Schutz zu gewährleisten. Entscheidend sei aber nicht nur die Größe der Flächen, sondern auch die Qualität der Lebensräume, so die Forschenden.
Es braucht mehr naturnahe Flächen und eine bessere Qualität der Lebensräume
Die Studie untersuchte, wie die Flächenanteile und die Qualität von natürlichen Lebensräumen die Populationen wilder Bestäuberinsekten wie Wildbienen, Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlingen beeinflussen. Das Ziel der Forschenden war es, angesichts des besonders in Agrarlandschaften starken Biodiversitätsverlustes faktenbasierte Zielvorgaben zu ermitteln, mit denen Bestäuberpopulationen effektiv geschützt werden können. In die Studie flossen auch Daten ein, die Dr. Vivien von Königslöw im Rahmen ihrer Promotion an der Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg erhob.
Für alle Artgruppen wurde dieselbe Beziehung festgestellt: Je mehr natürlicher Lebensraum vorhanden ist, desto mehr Bestäuber gibt es in landwirtschaftlichen Gebieten. Die Mindestflächenanteile für den Erhalt von Populationen unterschieden sich dabei zwischen den Artgruppen. Für stabile Bestände von Schwebfliegen genügt es, wenn sechs Prozent der Flächen natürliche und halb-natürliche Lebensräume bieten, während Schmetterlinge 37 Prozent benötigen. Die für die Bestäubung von Nutzpflanzen besonders wichtigen Wildbienen und Hummeln brauchen 16 bis 18 Prozent natürliche Flächenanteile. Diese Mindestwerte für das Populationswachstum liegen höher als die meisten politischen Vorgaben.
Ist eine Vergrößerung der naturnahen Flächen nicht möglich, sind deutliche Verbesserungen der Habitatqualität – das heißt vor allem mehr und vielfältigere Blütenpflanzen – notwendig, um vergleichbare positive Effekte zu erzielen. So konnten die Forschenden zeigen, dass in Lebensräumen mit mehr Blütenpflanzen mehr Bestäuber vorkommen als in Gebieten mit wenig Blüten. „Doch es reicht auch nicht aus, Bestäubern nur Blüten, also Nahrung, anzubieten, ohne ihnen einen dauerhaften Wohnort zum Nisten und Überwintern zu geben“, sagt Dr. Felix Fornoff, Co-Autor der Studie und wissenschaftlicher Assistent an der Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg. Zudem hat die Verbesserung der Lebensraumqualität nur anfangs einen starken positiven Effekt auf die Insektenpopulationen; dieser flacht bei weiteren Verbesserungen ab. „Deshalb ist es besser, zunächst die Fläche natürlicher Lebensräume zu vergrößern, statt viele kleine Lebensräume zu bewirtschaften – auch wenn sie viele Blüten enthalten“, sagt Erstautorin Gabriella Bishop von der Universität Wageningen.
Landwirtschaft muss für langfristigen Erhalt von Lebensräumen entlohnt werden
Der Schutz von Bestäubern in Europas Agrarlandschaft konzentriert sich aktuell stark auf vorübergehende Maßnahmen auf kleinen Flächen, wie beispielsweise Blühstreifen entlang von Feldern. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass dies zu einem vorübergehenden Anstieg der Insekten- und Bestäuberpopulationen führt. Die neue Studie zeige, dass viel mehr Lebensraum benötigt wird und dass die Qualität der neuen Lebensräume langfristig gewährleistet sein muss, so Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Co-Autorin der Studie, Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg sowie Principal Investigator des Exzellenzclusters Future Forests: „Um wirklich einen Unterschied zu machen, sollten Landwirt*innen für die Schaffung und den langfristigen Unterhalt von natürlichen Lebensräumen belohnt werden. Idealerweise für mindestens 20 Jahre, denn dies bietet Landwirt*innen Sicherheit und gewährleitet einen größeren Nutzen für Bestäuber.“
Originalpublikation: Gabriella A. Bishop et al., Critical habitat thresholds for effective pollinator conservation in agricultural landscapes. Science 389, 1314-1319 (2025). DOI: 10.1126/science.adr2146 (https://www.science.org/doi/10.1126/science.adr2146)
29.09.2025, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Hunde- und Katzenartige navigieren unterschiedlich: die einen haben Standardstrecken, die anderen nicht
Globale Analyse der GPS-Aufnahmen von über 1.200 Tieren widerlegt lange gültige Annahmen über Tierbewegungen
Bei einer Untersuchung der Bewegungsdaten von Tieren aus der Familie der Katzen (18 Arten) und Hunde (16 Arten) entdeckte ein internationales Team überraschende Unterschiede bezüglich des Navigationsstils in freier Wildbahn. Wölfe und Füchse nutzen häufiger sogenannte Routenwege als Rotluchse, Löwen und Leoparden. Noch deutlicher wurde der Unterschied, als Arten der beiden Familien verglichen wurden, die wie Kojoten und Pumas zusammenleben.
Das Projekt wurde von Experten der Universität Maryland (USA) und des Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) geleitet. Die Ergebnisse der bisher größten vergleichenden Studie zur Bewegungsökologie von Raubtieren wurden im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (DOI: 10.1073/pnas.2401042122) veröffentlicht.
Der Hund sucht immer wieder die gleichen Orte im Garten auf? Die Katze erkundet bei jedem Ausflug ein anderes Gebiet? Es zirkulieren unzählige Anekdoten zum unterschiedlichen Verhalten der beiden Haustierarten, deren Essenz die Wissenschaft nun auf die Schliche gekommen ist. „Wir haben herausgefunden, dass sich wildlebende Hunde- und Katzenartige auf grundlegend unterschiedliche Weise durch ihre Heimatgebiete bewegen, auch wenn sie häufig ähnlich groß sind, ähnliche Habitate bewohnen und ähnliche Beutetiere bevorzugen“, so Dr. Justin M. Calabrese, Leiter der Forschungsgruppe für Erdsystemwissenschaften am CASUS und Hauptautor der Veröffentlichung. „Hundeartige verlassen sich viel stärker auf regelmäßig genutzte Strecken, sogenannte Routenwege. Im Gegensatz dazu neigen Katzenartige dazu, sich ungleichmäßiger durch die Umgebung zu bewegen, was dazu führt, dass deutlich weniger solche Routenwege identifiziert werden.“
„Wir vermuten, dass diese Beobachtung auf grundlegende evolutionäre Unterschiede zurückgeht, wie sich diese Arten orientieren und in ihrer Umgebung zurechtfinden“, erklärte Dr. William F. Fagan, Professor für Biologie an der Universität Maryland in den USA und leitender Autor der Publikation. „Hundeartige verfügen im Vergleich zu Katzenartigen über bessere olfaktorische Fähigkeiten, die ihnen möglicherweise dabei helfen, bevorzugte Strecken zu etablieren und wiederzufinden.“
„Eine so große Datensammlung ist naturgemäß in vielerlei Hinsicht uneinheitlich. Umso erstaunlicher ist es, dass die gefundenen Unterschiede so deutlich und so konsistent sind”, sagt Calabrese, der auch außerordentlicher Professor an der Universität Maryland ist. „Wir konnten zudem ausschließen, dass die familienspezifischen Unterschiede auf einige typische Störfaktoren zurückgehen.” Interessanterweise wurden die Differenz zwischen Hunde- und Katzenartigen noch deutlicher, als die Forscherinnen und Forscher ihre Analysen auf einzelne Landschaftstypen beschränkten, in denen Arten beider Familien gemeinsam untersucht werden konnten. Somit kann zum Beispiel ein Einfluss der Umgebung auf die Bewegungsmuster der Tiere ausgeschlossen werden. Konkret ergaben die Daten von in den östlichen Rocky Mountains lebenden Kojoten und Pumas mehr und häufiger genutzte Routenwege für Kojoten.
Bedeutung für mathematische Modellierung, Wildtierschutz und Evolutionsbiologie
Die vorgestellten Ergebnisse widersprechen dem bisherigen Wissensstand über die Bewegungsökologie von Raubsäugetieren. Bis jetzt ging die Forschung davon aus, dass sich Raubtiere – unabhängig von ihrer taxonomischen Zugehörigkeit – beliebig in ihrem Gebiet bewegen. Diese Annahme ist weit verbreitet und wurde bereits in mathematische Standardmodelle aufgenommen. Die neuen Erkenntnisse zeigen jedoch, dass Fleischfresser aus der Familie der Hunde dazu neigen, ein System von „Autobahnen“ zu schaffen, um sich durch Teile ihres Verbreitungsgebiets zu bewegen.
Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge sind diese Erkenntnisse sowohl für die Theorie der Tierbewegungen als auch für die Wildtierschutz-Praxis bedeutsam. Im ersten Fall gilt es, Modelle von Begegnungsprozessen zwischen sich bewegenden Tieren zu verbessern – ein Schwerpunkt der ökologischen Forschung am CASUS. Die neuen Modelle von zum Beispiel Räuber-Beute-Beziehungen und Krankheitsübertragungen könnten dann womöglich besser zu den Beobachtungsdaten passen. Bezüglich des Wildtierschutzes helfen ein besseres Verständnis und eine genauere Vorhersage der Bewegungsmuster der Tiere, Begegnungen zwischen Mensch und Wildtier zu reduzieren und Schutzgebiete gefährdeter Arten besser zu planen.
Enorme Anstrengungen zahlen sich aus
„Diese Forschungsarbeit war ein gewaltiges Unterfangen, das mit einer Vielzahl von E-Mails während der COVID-Pandemie begann“, erinnert sich Fagan. Mit 177 Beteiligten aus 150 Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt entwickelte sich das Projekt zur größten vergleichenden Studie zur Bewegungsökologie von Raubtieren, die jemals durchgeführt wurde. Der gesammelte Datensatz umfasst GPS-Halsbanddaten der Bewegungen von 1.239 einzelnen Raubtieren über ungefähr ein Jahrzehnt. Insgesamt 34 Arten von sechs Kontinenten wurden berücksichtigt. „Das Projekt hat gezeigt, wie moderne GPS-Technologie und ausgefeilte Analysemethoden faszinierenden Aspekte des Tierverhaltens aufdecken können. Noch vor ein paar Jahren hätte man diese Erkenntnisse nicht erlangen können“, fügte Fagan hinzu.
Originalpublikation:
William F. Fagan et al.: Wild canids and felids differ in their reliance on reused travel routeways, in Proceedings of the National Academy of Sciences, 2025 (DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2401042122)
30.09.2025, Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
Unbekannte Schnecken und digitale Daten
Im Nationalpark Cuc Phuong im Norden Vietnams untersuchten Wissenschaftler:innen des Museums für Naturkunde Berlin als Teil eines internationalen Forschungsteams die Landschneckenfauna. Die nun veröffentlichte Auswertung dokumentiert eine enorme Vielfalt unterschiedlicher Schneckenarten. Viele davon sind noch unbeschrieben. Das gesammelte Material samt zugehöriger, digital verfügbarer Daten bildet eine wichtige Grundlage für weitere Forschung zur Biodiversität der Region.
In den tropischen Wäldern Vietnams gibt es noch viel zu entdecken. Der Nationalpark Cuc Phuong liegt im Norden des Landes, südwestlich der Hauptstadt Hanoi. In dem Nationalpark, der von dicht bewaldeten Erhebungen aus Kalkstein geprägt ist, führte ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Wissenschaftler:innen des Museums für Naturkunde Berlin im Jahr 2019 eine Erfassung der Biodiversität verschiedener Organismengruppen durch. Die im Rahmen des deutsch-vietnamesischen Forschungs- und Ausbildungsprojekts VIETBIO vorgenommene Bestandsaufnahme umfasste auch die Untersuchung der landlebenden Schnecken des Nationalparks. Nun wurde in der Fachzeitschrift Biodiversity Data Journal eine detaillierte Auswertung dieser Schnecken-Erfassung veröffentlicht. Die Publikation legt dar, dass bei der Untersuchung im Nationalpark insgesamt 116 Schneckenarten aus 23 Familien nachgewiesen wurden. Darunter sind millimetergroße bis faustgroße Arten, solche mit flachen, runden oder lang gestreckten Gehäusen ebenso wie Nackt- und Halbnacktschnecken. „Von den gefundenen Arten konnten wir 47 keiner bekannten Spezies zuordnen; bei den meisten davon dürfte es sich um bislang unbeschriebene Arten handeln“, erklärt der Erstautor der Studie, Schneckenforscher Parm von Oheimb vom Berliner Naturkundemuseum.
In ihrer Veröffentlichung fassen die Autor:innen der Studie zudem bisherige Untersuchungen über die Landschnecken des Nationalparks zusammen. Auf dieser Grundlage konnten sie die Gesamtzahl der für den Park nachgewiesenen Arten nun mit insgesamt 159 beziffern. „Viele der in dem Schutzgebiet lebenden Schnecken kommen nur in diesem Teil Nordvietnams und nirgendwo sonst vor“, ergänzt Katharina von Oheimb, ebenfalls Schneckenforscherin am Berliner Naturkundemuseum. „Der Vergleich mit anderen Regionen zeigt, dass der Nationalpark Cuc Phuong für Landschnecken weltweit zu den artenreichsten bislang untersuchten tropischen Wäldern zählt.“
Während der knapp zweiwöchigen Feldforschung ist eine umfangreiche Sammlung von Leergehäusen und in Alkohol konservierten Tieren zustande gekommen, die in Zukunft weiterführende wissenschaftliche Untersuchungen erlaubt. Die Sammlung wurde aufgeteilt und befindet sich am Museum für Naturkunde Berlin und dem Institute of Ecology and Biological Resources in Hanoi. Für eine langfristige Konservierung von Gewebeproben, etwa für molekulargenetische Untersuchungen, wurde zudem entsprechendes Material in der Gewebesammlung des Museums für Naturkunde Berlin eingelagert. Detaillierte Daten zur Sammlung, beispielsweise zu Konservierung, Bestimmung, Fundort und Lebensraum, wurden im Rahmen der Veröffentlichung in digitaler und maschinenlesbarer Form zugänglich gemacht und sollen die zukünftige Forschung mit dem Material erleichtern. Darunter sind auch Fotos lebender Tiere, die vor Ort aufgenommen wurden. Darüber hinaus beinhaltet die Publikation auch zahlreiche Fotos des neuen Sammlungsmaterials, darunter auch erstmals solche, die mit der in den letzten Jahren zur Digitalisierung der Weichtiersammlung des Museums für Naturkunde Berlin neu entwickelten DORA-Station erstellt wurden.
Die nun veröffentlichten Daten lassen für die Schnecken unterschiedliche Verbreitungsmuster innerhalb des Nationalparks erkennen, die gemeinsam zur hohen Gesamtartenzahl beitragen. Dazu erläutert Parm von Oheimb: „Längst nicht alle Arten sind an den gleichen Standorten im Park anzutreffen. Manche kommen nur in einigen Bereichen vor und treten nicht gemeinsam mit bestimmten anderen Arten auf. Und auch Arten mit überlappenden Verbreitungsgebieten bewohnen vielfach unterschiedliche Teillebensräume, sind beispielsweise Felsspezialisten oder Bodenbewohner.“
Die Schnecken wurden im Nationalpark teils in großer Individuenzahl gefunden. Der Kalkstein liefert den Tieren das für ihre Gehäusebildung nötige Calcium. Allerdings waren keineswegs alle Schneckenarten häufig. Von einem erheblichen Teil konnten nur wenige Individuen gefunden werden und von rund 15% der Arten sogar jeweils nur ein einziges Exemplar. Da viele Schneckenarten im Nationalpark offenbar selten oder ungleichmäßig verbreitet sind, gehen die Forschenden davon aus, dass ein Teil der Artenvielfalt bei bisherigen Erhebungen noch gar nicht dokumentiert wurde. Unter Berücksichtigung der Resultate einer früheren Erfassung der Schneckenfauna und der von ihnen erhobenen Daten konnten sie eine statistische Abschätzung der Gesamtartenzahl der Schnecken im Nationalpark vornehmen. Demnach sind im Park nicht weniger als rund 184 Arten von Landschnecken zu erwarten. Diese Schätzung übertrifft die momentan bekannte Gesamtartenzahl deutlich und unterstreicht einmal mehr die hohe Biodiversität der Region. Schutzgebiete wie der Nationalpark Cuc Phuong sind für ihren Erhalt von großer Bedeutung.
Originalpublikation:
Oheimb, P.V. von; Sulikowska-Drozd, A.; Dinh, T.D.; Lentge-Maaß, N.; Do, T.V. & Oheimb, K.C.M. von (2025): Terrestrial Mollusca of Cuc Phuong National Park, Vietnam – Results from the 2019 VIETBIO inventory work. Biodiversity Data Journal, 13, e163277. https://doi.org/10.3897/BDJ.13.e163277
02.10.2025, Deutsche Wildtier Stiftung
Hier wird die Natur sich selbst überlassen: Mehr als 500 Hektar Moor-Wildnis im Aschhorner Moor, ermöglicht durch den Wildnisfonds
Knorrige Birkenstämme ragen aus dem Wasser, am Ufer wiegen sich Seggen im Wind. Im Dickicht der Halme finden Moorfrosch und Kreuzotter Verstecke und Nahrung. Der Sonnentau, eine fleischfressende Pflanze, lauert hier auf Fliegen, und der schillernde Hochmoor-Perlmuttfalter saugt Nektar an der Glockenheide: Das Aschhorner Moor in Niedersachsen ist ein perfekter Lebensraum für bedrohte Arten.
Seit vier Jahren ist die Deutsche Wildtier Stiftung für eine 472 Hektar große ehemalige Torfabbaufläche verantwortlich. Jetzt kommen weitere 35 Hektar Wald und Grünland hinzu. Damit entsteht im Aschhorner Moor mit mehr als 500 Hektar das erste Hochmoor-Wildnisgebiet Deutschlands im Sinne der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt (NBS). Ermöglicht wird dies durch den Wildnisfonds, ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN).
Wildnisgebiete sind große, kompakte Flächen, die sich dauerhaft ohne Steuerung durch den Menschen und ohne vorgegebene Ziele entwickeln dürfen. Mindestens zwei Prozent der Landesflächen sollen, so das Ziel der NBS, als Wildnisgebiete dauerhaft aus der Nutzung genommen werden. Wichtig ist dies aus vielen Gründen: Wildnis leistet einen wertvollen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt, ermöglicht ungestörte natürliche Prozesse und bietet Rückzugsräume für Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig sind insbesondere Moore wie das Wildnisgebiet Aschhorner Moor auch für den Klimaschutz ein Gewinn: Sie speichern große Mengen Kohlenstoff, wirken bei Extremwettern wie ein Schwamm für Starkregen und tragen bei Hitze zur Abkühlung der Umgebung bei.
„Im Wildnisgebiet Aschhorner Moor finden in den kommenden Jahren noch initiale Maßnahmen zur Wildnisentwicklung statt, wie zum Beispiel Wiedervernässungen, damit wieder ein natürlicher Moorlebensraum entsteht“, sagt Petra Riemann, Flächenmanagerin der Deutschen Wildtier Stiftung. „Anschließend überlassen wir die weitere Entwicklung der Fläche der Natur.“
So kann sich die besondere Moorlandschaft Stück für Stück erholen und wertvollen Lebensraum für Wildtiere und Pflanzen bieten, die andernorts nicht existieren könnten. Schon bald könnten sich dort etwa seltene Libellen wie die Nordische Moosjungfer ansiedeln, die auf Moorgewässer mit Torfmoosen angewiesen sind. „Wir werden regelmäßige Monitorings zu Brutvögeln, Amphibien und Libellen durchführen, die uns einen Überblick über die Artenvielfalt und die positiven Veränderungen im Gebiet geben“, sagt Riemann.
