Neues aus Wissenschaft und Naturschutz


16.02.2025, Deutsche Wildtier Stiftung
Das sind Europas beste Naturfilme 2025
Das sind Europas beste Naturfilme 2025 / Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank bei der Preisverleihung / Auszeichnungen für Deutschland, Finnland und Irland
Schlafende Riesen, Wälder im Wandel und die Varianz irischer Vogelstimmen – diese Themen sind preiswürdig: Fünf Filme über Europas Natur tragen seit Samstagabend den Titel „Bester europäischer Naturfilm 2025“. Die Filmemacher aus Deutschland, Finnland und Irland nahmen in der Hamburger HafenCity die erstmals verliehenen Trophäen der European Wildlife Film Awards (EWFA) und Preisgelder in Höhe von insgesamt 47.500 Euro entgegen. Initiator des neuen, höchstdotierten europäischen Naturfilmpreises ist die Deutsche Wildtier Stiftung, die selbst zwei der Preise stiftete.
245 Filme waren im ersten Rennen um den besten Naturfilm eingereicht worden. Bei der feierlichen Preisverleihung in der Botschaft der Wildtiere erhielten die Sieger in fünf Kategorien jeweils eine Eulentrophäe aus Eichenholz und ein Preisgeld. Der mit 15.000 Euro höchstdotierte Preis in der Kategorie Tierwelt ging an den Regisseur Marko Röhr aus Finnland. Seine Dokumentation „Tale of the Sleeping Giants“ (dt.: Die Geschichte der schlafenden Riesen) zeigt das mystische Lappland mit seinen Bergen, Seen, Flüssen – und deren tierischen Bewohnern.
Mit jeweils 10.000 Euro wurden zwei deutsche Produktionen prämiert: In der Kategorie Biodiversität konnte sich Jan Haft mit seinem Film „Unsere Wälder – Mut zur Lücke“ durchsetzen. In der Kategorie Naturschutz überzeugte Christian Heynen die Jury mit der Dokumentation „Gute Nachrichten vom Planeten – Wie wir Moor, Heide und Wiese schützen“. Der Preis für die beste Story ging nach Irland an die Regisseurin Kathleen Harris für ihren Film „Birdsong“. Bester Kurzfilm wurde „Pepe taucht ab“, ein Film des Kieler Filmemachers Sven Bohde.
„Die Deutsche Wildtier Stiftung bringt mit dem Naturfilmpreis selten gezeigte Einblicke in die Welt der Wildtiere auf die Leinwand und schenkt der Stadt damit ein einzigartiges Naturbildungserlebnis. Besonders in den Kategorien Biodiversität und Naturschutz wird dabei deutlich, wie wichtig auch die filmische Auseinandersetzung mit dem Klimawandel ist. Wir müssen das Klima schützen, weil es uns schützt. Und nur, wenn wir die Biodiversität und Artenvielfalt erhalten, werden wir auch das Klima schützen und uns an die veränderten klimatischen Bedingungen anpassen können. Ich ermutige alle Hamburgerinnen und Hamburger, in den nächsten Wochen im Naturfilmkino vorbeizukommen und sich von diesen faszinierenden Filmen begeistern zu lassen“, sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank in ihrem Grußwort.
Professor Dr. Klaus Hackländer, Wildtierbiologe und Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, würdigte vor allem die Arbeit der Menschen hinter den Filmen: „Naturfilmerinnen und Naturfilmer machen die beeindruckende Welt der Wildtiere für jeden zugänglich. Mit den European Wildlife Film Awards möchten wir Filmemacher in Europa anspornen, weiterhin mit außergewöhnlichen Einblicken zu überraschen und zu begeistern.“
Maike Juraschka, Leiterin des Filmwettbewerbs bei der Deutschen Wildtier Stiftung, hob die Rolle Hamburgs in der Naturfilmszene hervor: „In der Hansestadt wird der erste europäische Naturfilmpreis im ersten Naturfilmkino Deutschlands verliehen – wie passend: Denn neben London und Wien ist Hamburg schon lange einer der Hauptproduktionsorte für spektakuläre Naturdokumentationen. Mit dem Kino der Wildtiere gibt es nun einen festen Ort für Naturfilme mitten in Hamburg.“
Ab dem 19. Februar zeigt das Kino der Wildtiere jeden Mittwoch einen der 50 für die EWFA ausgewählten Naturfilme. Oft sind die Filmemacher vor Ort und beantworten nach der Vorführung Fragen der Zuschauer. Die Kinobesucher können die Filme bewerten – und damit über den Publikumspreis entscheiden, der dann als sechste Kategorie der EWFA erstmals im Februar 2026 vergeben wird.
Über die European Wildlife Film Awards (EWFA)
Die EWFA sind der erste Naturfilmwettbewerb, der ausschließlich Dokumentationen über die europäische Tier- und Pflanzenwelt auszeichnet. Präsentiert von der Deutschen Wildtier Stiftung, gibt es insgesamt sechs Preiskategorien. Bereits für diesen ersten Wettbewerb wurden 245 Filme eingereicht. Eine Jury mit Experten aus Naturschutz, Medien, Wissenschaft und Kultur kürte die Gewinner in den Kategorien Tierwelt, Biodiversität, Naturschutz und Storytelling. Aber auch die Kinobesucher haben die Möglichkeit, die Filme zu bewerten. Sie wählten den besten Kurzfilm, und sie bestimmen über den Publikumspreis, der erstmals 2026 vergeben wird.
Über die Botschaft der Wildtiere
Die Botschaft der Wildtiere in der Hamburger HafenCity beherbergt eine Ausstellung, eine Lernwerkstatt und ein Naturfilmkino. In der 2.200 Quadratmeter großen, multimedialen Dauerausstellung tauchen Besucher in die Lebenswelten der heimischen Wildtiere ein und erfahren, welchen Herausforderungen sie sich in unserer Kulturlandschaft stellen müssen. In der Lernwerkstatt, die sich vor allem an Grundschüler richtet, erforschen Kinder die heimische Tierwelt auf spielerische Weise. Und das Kino der Wildtiere, Deutschlands einziges Naturfilmkino, zeigt regelmäßig faszinierende Dokumentationen. Im angeschlossenen Restaurant sorgen Naturmaterialien für eine besondere Atmosphäre.

17.02.2025, Georg-August-Universität Göttingen
Gemeinsam für mehr Naturschutz: Erfolgreiche Strategien zum kooperativen Artenschutz
Wie lässt sich der Verlust von Arten und Lebensräumen in Agrarlandschaften stoppen? Bisher wurden Maßnahmen dazu meist von einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben umgesetzt. Im Gegensatz dazu bieten Agrarumweltmaßnahmen, die betriebsübergreifend auf Landschaftsebene geplant werden, größere Potenziale für unterschiedliche Arten passende Lebensräume als Mosaik in der Landschaft zu schaffen. Erfolgreicher Agrarnaturschutz auf Landschaftsebene erfordert aber auch die Zusammenarbeit der landwirtschaftlichen Betriebe und weiterer Beteiligter aus Gemeindeverwaltung, Politik und Naturschutz.
Deshalb zeigen Forschende der Universität Göttingen essenzielle Schlüsselfaktoren, die einen gelungenen Agrarnaturschutz auf Landschaftsebene begünstigen. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift People and Nature erschienen.
Die Studie basiert auf dem „KOOPERATIV“-Projekt der Universitäten Göttingen und Rostock sowie des Landvolks Northeim-Osterode. 41 Landwirtinnen und Landwirte haben auf einer Gesamtfläche von 250 Hektar in 31 Landschaften mehrjährige Blühflächen angelegt, die nicht nur als Lebensraum für Arten der Agrarlandschaft dienen, sondern auch die Vernetzung von Lebensräumen fördern. „Die Zusammenarbeit ermöglicht es, ökologische Effekte auf einer viel größeren Skala zu erzielen, als es durch Einzelmaßnahmen möglich ist“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Catrin Westphal von der Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität und Agrarökologie der Universität Göttingen. Aus den Projekterfahrungen leiten die Forschenden drei zentrale Schlüsselfaktoren für einen langfristigen Erfolg solcher Initiativen ab: Brückenstrukturen, also „Runde Tische“, sind essenziell für den Ideenaustausch; regionale Koordinatorinnen und Koordinatoren – sogenannte „Kümmerer“ – vernetzen die Beteiligten und unterstützen mit landwirtschaftlichem Fachwissen; die Berücksichtigung von Bedürfnissen wie vereinfachte Verwaltungsprozesse und finanzielle Anreize steigern die Motivation.
Die Vorteile des Projekts gehen weit über den Biodiversitätsschutz in Agrarlandschaften hinaus. Die intensive Zusammenarbeit stärkt auch das soziale Miteinander in ländlichen Regionen: „Die Landwirtinnen und Landwirte schätzen es sehr, dass sie aktiv in den Austausch mit der Bevölkerung treten können“, betont Dr. Stefan Schüler von derselben Abteilung, Koordinator des Projekts KOOPERATIV. „Zugleich werden Brücken zwischen unterschiedlichen Interessengruppen aufgebaut, was gegenseitiges Vertrauen und Verständnis stärkt.“
KOOPERATIV wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert. Es gilt als Leuchtturmprojekt für die transdisziplinäre Zusammenarbeit und Umsetzung von Agrarnaturschutzmaßnahmen auf Landschaftsebene und zeigt, wie lokale Initiativen zu europaweiten Vorbildern werden können, wenn sie auf Kooperation, Vertrauen und gemeinsamer Verantwortung basieren.
Originalpublikation:
Stefan Schüler et al. Initiating agri-environmental collaboration at landscape scale requires bridging structures, regional facilitators and addressing the expectations of actors. People and Nature (2025). DOI: https://doi.org/10.1002/pan3.10782

17.02.2025, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Warum Flussfische viele und unordentliche Kinderzimmer brauchen
Forschenden der niederländischen Universität Wageningen und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) untersuchten, welche Lebensräume der Fischnachwuchs am Niederrhein nutzt. Dazu werteten sie eine dreijährige Datenreihe von 1,4 Millionen Fischlarven und Jungfischen in 18 renaturierten Auen aus. Mehr als 60 % der Fischarten wechselten während ihrer Entwicklung zwischen 5 Lebensraumtypen, die im Fluss und in der Aue eigentlich zur Verfügung stehen sollten – jedoch haben menschliche Eingriffe die europäischen Flusslandschaften drastisch verändert und vereinheitlicht. Die positive „Unordnung“ und Vielfalt sollte daher in den Aufwuchsgebieten wiederhergestellt werden.
„Bei der Renaturierung von Fließgewässern ist es mitunter nicht gelungen, die Fischlebensgemeinschaften nachhaltig zu stärken. Wir konnten zeigen, dass Flussfische vernetzte Auen als Kinderstube brauchen. Besonders Jungfische sind während ihres Wachstums auf verschiedene Lebensräume angewiesen, die zugänglich sein müssen“, sagt der leitende Wissenschaftler Dr. Twan Stoffers, der die Studie an der Universität Wageningen begonnen und am IGB abgeschlossen hat.
Renaturierung: Mosaik verschiedener Lebensräume lässt Fische gedeihen:
In der Studie am Niederrhein identifizierten die Forschenden fünf Haupttypen von Lebensräumen für junge Flussfische: (1) exponierte Bereiche mit schnell fließendem Wasser und grobem Substrat; (2) nicht fließende Bereiche mit hoher Trübung und hohem Chlorophyll-Gehalt – was auf Kleinstalgen als Nahrungsgrundlage hinweist; (3) flache, bewachsene Lebensräume mit Wasserpflanzen und Ufervegetation; (4) tiefere, geschützte Lebensräume mit struktureller Komplexität; und (5) flache, langsam fließende Bereiche.
Die Nutzung der verschiedenen Lebensräume veränderte sich im Laufe der Entwicklung der einzelnen Fischarten deutlich: Fischlarven bevorzugten im Allgemeinen flache Lebensräume unter 50 Zentimeter Tiefe, entweder in langsam fließenden Bereichen (z. B. Rapfen, Orfe) oder in Zonen mit Wasserpflanzen (z. B. Ukelei, Bitterling, Brasse und Zander). Größere Jungfische nutzten zunehmend tiefere Lebensräume und bevorzugten schnell fließende Bereiche (z. B. Rapfen, Barbe, Orfe) oder tiefere, nicht fließende Lebensräume (z. B. Brasse, Zander).
Für Renaturierungen besonders relevant: Mehr als 60 Prozent der untersuchten Fischarten wechselten während ihrer Entwicklung zwischen allen fünf Lebensraumtypen. Plötze und Zander beispielsweise beginnen ihr Leben in pflanzenreichen Flachwasserbereichen, bevor sie in tiefere Bereiche mit vielen Versteckmöglichkeiten abwandern. Einige gefährdete Arten wie Nase und Barbe sind dagegen stark auf bestimmte Aufwuchsgebiete angewiesen – flache, fließende Gewässer mit grobem Substrat. „Renaturierungsmaßnahmen sollten daher ein Mosaik von Lebensräumen schaffen“, sagt Twan Stoffers.
Flussabschnitte mit vernetzten Auen sind artenreicher:
Die Studie unterstreicht auch die Bedeutung der Verbindung zwischen Auen und Fluss sowie zwischen verschiedenen Lebensräumen. In den Auen, die das ganze Jahr über mit dem Hauptstrom verbunden sind, lebten mehr Fische und viele verschiedene Arten. Auch viele renaturierte Auen verlieren diese Verbindung jedoch bei Niedrigwasser im Sommer – ein Engpass für die Entwicklung der Jungfische. „Jungfische brauchen Zugang zum Hauptfluss, sobald sie stark genug sind, um zu wandern“, sagt Leo Nagelkerke, Co-Leiter der Studie von der Universität Wageningen. Der Verlust dieser Verbindung kann die Wirkung von Renaturierungsmaßnahmen für die Fischgemeinschaften stark beeinträchtigen.
Anpassung an den Klimawandel:
Die Studie zeigt auch, wie wichtig es ist, Renaturierungsvorhaben und Klimaanpassungsmaßnahmen gemeinsam zu denken. Steigende Temperaturen und häufigere extreme Wasser- und Abflussschwankungen schränken die Rolle der Auen als Laich- und Aufwuchsgebiet für Fische ein, zeitgleich brauchen diese aber auch tiefere Passagen als Rückzugsort, wenn das Wasser knapp wird. Naturnahe, vielfältige und mit dem Fluss vernetzte Auen sind deshalb wichtige Vorsorgemaßnahmen für die Tiere und dienen zeitgleich dem natürlichen Wasserrückhalt in der Landschaft – ein Mehrwert für Natur, Klima und Menschen gleichermaßen.
Originalpublikation:
Stoffers, T., Buijse, A.D., Poos, J.J., Verreth, J.A.J. and Nagelkerke, L.A.J. (2025), Ontogenetic shifts by juvenile fishes highlight the need for habitat heterogeneity and connectivity in river restoration. Limnol Oceanogr. https://doi.org/10.1002/lno.12797

20.02.2025, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Die dunkle Seite des Lichts: Beleuchtung in der Nacht bedroht Insekten
Eine aktuelle Studie belegt die dramatischen Auswirkungen künstlicher nächtlicher Beleuchtung auf Insekten. Die Forschenden untersuchten die Zuckmücken-Art Chironomus riparius und stellten fest, dass Lichtverschmutzung tiefgreifende Veränderungen in 1564 Genen der Larven verursacht. Die Folgen sind besorgniserregend: verzögerte Entwicklung, erhöhter oxidativer Stress und eine drastisch reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit. In der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“ warnen die Forschenden vor weitreichenden ökologischen Konsequenzen und fordern Maßnahmen zur Reduzierung von Lichtverschmutzung, um die Biodiversität und die Stabilität der Ökosysteme zu schützen.
Wo Menschen leben, gibt es Licht: Beleuchtete Wohnungen, Häuser, Straßen, Werbetafeln, Baustellen, Bürogebäude oder lokale Wahrzeichen. Vor allem in Städten wird so die Nacht zum Tag gemacht. „Uns wird geraten Bildschirme vor dem zu Bettgehen zu meiden, um unseren Schlafrhythmus nicht zu stören. Vor diese Wahl werden Insekten nicht gestellt. Künstliches Licht hat aber nicht nur einen negativen Einfluss auf uns Menschen, sondern auch auf diese Tiere“, erzählt Studienleiter Prof. Dr. Markus Pfenninger vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt.
Pfenninger hat mit einem Team aus Senckenberg-Forschenden und von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz die Auswirkung von künstlichem nächtlichem Licht auf die Zuckmücken-Art Chironomus riparius untersucht. Die Insekten mit einer Körperlänge von 7 bis 8 Millimetern sind eine ökologisch äußerst wichtige Art, da viele Tiere im Wasser, an Land und in der Luft auf die Mücken als Nahrungsquelle angewiesen sind. „Der kurze Lebenszyklus von etwa 30 Tagen macht Zuckmücken zudem zu einem idealen Studienobjekt für öko-evolutionäre Experimente“, erklärt Doktorandin und Erstautorin der Studie Linda Eberhardt und fährt fort: „In unserer Studie haben wir modernste Genexpressionsanalysen mit detaillierten Lebenszyklus-Experimenten kombiniert, um die Folgen von Lichtverschmutzung für Zuckmücken-Populationen aufzuzeigen und deren zugrundeliegende molekulare Mechanismen zu verstehen.“
Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend: Die Larven von Chironomus riparius, die in der Nacht künstlichem Licht ausgesetzt waren, zeigten in 1564 ihrer Gene Veränderungen. „Wir haben eine deutliche Abweichung in der Genexpression von Genen festgestellt, die für grundlegende biologische Prozesse verantwortlich sind. Beispielsweise solche, die zuständig für den circadianen Rhythmus, die Häutung und den oxidativen Stress sind“, erklärt Eberhardt. „Dies deutet darauf hin, dass künstliches Licht in der Nacht tiefgreifende Auswirkungen auf die Physiologie – die Lebensvorgänge in den Zellen, Geweben und Organen – der Insekten hat.“
Die Erhöhung des oxidativen Stresses führt außerdem zu einer veränderten Entwicklung der Larven, einer verlängerten Entwicklungszeit und vor allem zu einer drastisch reduzierten Fortpflanzungsfähigkeit, heißt es in der Studie. „Die Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit sind dabei besonders besorgniserregend. Die Populationswachstumsrate sank in unseren Experimenten unter dem Einfluss von nächtlicher Beleuchtung erheblich“, betont Pfenninger und warnt: „Eine Reduktion der Fruchtbarkeit kann zu einem deutlichen Rückgang der Populationsgröße führen und somit das gesamte Ökosystem beeinflussen.“
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Bedeutung des natürlichen Hell-Dunkel-Zyklus für Insekten und zeigen die potenziell weitreichenden Folgen der Lichtverschmutzung. „Angesichts der zentralen Rolle von Insekten in Nahrungsnetzen, könnten die Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf Insektenpopulationen Kaskadeneffekte im gesamten Ökosystem auslösen. Wir empfehlen dringend Maßnahmen zu ergreifen, die zur Reduzierung von Lichtverschmutzung führen, um die negativen Auswirkungen auf Insekten und die Umwelt zu minimieren.“
Originalpublikation:
Linda Eberhardt, Halina Binde Doria, Burak Bulut, Barbara Feldmeyer, Markus Pfenninger (2025): Transcriptomics predicts artificial light at night’s (ALAN) negative fitness effects and altered gene expression patterns in the midge Chironomus riparius (Diptera:Chironomidae). Environmental Pollution, Volume 369, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0269749125002003

21.02.2025, Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
Neue Sauropodenfunde in Rumänien revolutionieren Wissen über inselbewohnende Saurier Europas
Das Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren markierte den dramatischen Untergang der Dinosaurier. Doch unser Verständnis dieses Massenaussterbens wurde bisher stark von Fossilien aus Nordamerika geprägt. Eine aktuelle Studie unter der Leitung von Verónica Díez Díaz vom Museum für Naturkunde Berlin zeigt nun auf Grundlage zweier neuer Dinosaurierfunde aus Rumänien, wie bedeutend Europas Fossilienfunde für ein umfassenderes Bild dieser Aussterbeperiode sind.
Die Forschenden berichten über zwei neue Sauropodenarten, Petrustitan hungaricus und Uriash kadici, die im fossilreichen Hațeg-Becken in Westrumänien entdeckt wurden. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Vielfalt dieser pflanzenfressenden Langhalssaurier in Europa während der Kreidezeit weit größer war als bisher angenommen. Vor 15 Jahren waren nur fünf Sauropodenarten bekannt, inzwischen sind es mindestens elf – ein deutlicher Kontrast zu Nordamerika, wo in derselben Epoche nur eine einzige Sauropodenart nachgewiesen wurde.
„Die außergewöhnliche Vielfalt in einem kleinen geografischen Gebiet wie der Insel Hațeg überrascht uns“, erklärt Díez Díaz. „Hier lebten Sauropoden unterschiedlichster Größen nebeneinander: von Riesen über 10 Meter Länge und acht Tonnen bis hin zu Zwergen von nur 2,5 Metern und weniger als einer Tonne Gewicht. Dies gibt spannende Einblicke in die Umweltbedingungen und das Zusammenleben verschiedener Arten.“
Traditionell nahm man an, dass die Dinosaurier der Insel Hațeg aufgrund ihres begrenzten Lebensraums kleiner wurden – ein Phänomen, das als Inselverzwergung bekannt ist. Doch die Entdeckung des großen Sauropoden Uriash stellt diese Annahme infrage. „Die lokale Evolution war komplexer als gedacht und zeigt, dass nicht alle Arten ihre Größe reduzierten“, ergänzt Zoltán Csiki-Sava von der Universität Bukarest.
Die Studie beleuchtet auch die Verbindungen zwischen europäischen Dinosauriern und ihren Verwandten in Afrika, Asien und Südamerika. Einwanderungen, die durch kurzfristige Landbrücken oder sogar lange Schwimmstrecken von über 500 Kilometern ermöglicht wurden, könnten zu dieser Vielfalt beigetragen haben, erklärt Paul Upchurch vom University College London. Philip Mannion, sein Institutskollege und Ko-Autor der Studie ergänzt: „Einige dieser Dinosaurier waren Nachkommen früherer Faunen, während andere erst spät in die Region gelangten“.
Obwohl diese Arbeit das Wissen über europäische Titanosaurier erweitert hat, bleibt noch viel zu entdecken. „Neue Fundstellen liefern stetig neues Material, das uns hilft, die Vergangenheit besser zu verstehen“, betont Díez Díaz. „Mit finanzieller Unterstützung durch Institutionen wie die Royal Society und die Jurassic Foundation können wir diesen spannenden Weg fortsetzen.“
Die aktuelle Studie wurde in der Fachzeitschrift Journal of Systematic Palaeontology veröffentlicht. Díez Díaz und ihr Team sind überzeugt: Europas Fossilienfunde werden auch in Zukunft die Paläontologie der Kreidezeit revolutionieren.
Publikation: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14772019.2024.2441516

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