Jan Haft: Wildnis (Rezension)

Was bedeutet eigentlich Wildnis? Der preisgekrönte Naturfilmer Jan Haft über einen Sehnsuchtsort für Naturliebhaber und ein wichtiges Konzept des Naturschutzes
Ein unberührter Wald voller alter, majestätischer, auch umgestürzter Bäume, eine Landschaft ohne Spuren von Zivilisation – so stellen wir uns Wildnis vor. Aber stimmt das Bild? Erhalten wir eine intakte, artenreiche Wildnis, wenn wir die Natur sich selbst überlassen? In nicht mehr bewirtschafteten Wäldern etwa lebt heute trotzdem nur ein Bruchteil der heimischen Tiere, Pflanzen und Pilze. Warum ist das so? Der Biologe und vielfach ausgezeichnete Naturfilmer Jan Haft hinterfragt in seinem neuen Buch unser Verständnis von Wildnis und entwirft einen neuen Wildnisbegriff. Am Ende steht die Botschaft, dass eine lebenswerte und klimafreundliche Landschaft mit großer Artenvielfalt einfach zu haben wäre, wenn wir es wollten: Wir brauchen wieder große Pflanzenfresser wie Pferde, Kühe und Wasserbüffel auf »wilden Weiden«.

Wikipedia zum Thema Wildnis:
Wildnis ist – wie Landschaft und Natur – kein naturwissenschaftlicher, sondern ein alltagssprachlicher Begriff für naturbelassene Landflächen mit unterschiedlichen, kulturell geprägten Bedeutungen. Es gibt zwei verschiedenartige Begriffsbestimmungen:
Nach der einen wird unter Wildnis eine vom Menschen weitgehend unbeeinflusste Naturlandschaft (Primärnatur) verstanden, die sich durch naturwissenschaftliche Parameter beschreiben und von Kulturlandschaften, Städten, Landwirtschaftsflächen, Forsten usw. abgrenzen lässt. In diesem Sinne kann man noch rund ein Viertel bis ein Drittel der Landoberfläche als Wildnis bezeichnen.
Die zweite Begriffsbestimmung ist mit einem Werturteil verbunden. Demnach wird ein Gebiet als Wildnis bezeichnet, wenn ihm die Bedeutung einer Gegenwelt zu irgendeinem kulturellen Ordnungsprinzip zugewiesen wird. Dabei kann die Bewertung sowohl positiv als auch negativ ausfallen: abwertend z. B. als „ungezähmte, unordentliche“ Natur im Gegensatz zur kultivierten Natur, aufwertend z. B. als „unverdorbene, unschuldige“ Urnatur.
Jan Haft ist bekannt für seine sehenswerten Dokumentarfilme und seine Bücher „Heimat Natur“ und „Die Wiese„.
WILDNIS unterscheidet sich von seinen früheren Büchern, es ist kein „Begleitbuch“ zu einem Film oder einer Serie, es kommt ohne Bilder aus, es ist schlicht Jan Hafts Sicht auf den Begriff „Wildnis“ und was er in der Moderne bedeuten kann (und muss). Und dadurch schafft er ein sehr ambitioniertes Werk, das zum Nachdenken anregt.
In seiner Rolle als offizieller Botschafter der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen zeigt Jan Haft was Wildnis heute bedeutet, sowohl für Mensch als auch für Flora und Fauna. Er beschreibt Wildnis als Hotspot der Artenvielfalt und gibt einige Beispiele für Beweidungsprojekte, die konträr zur normalen Viehbeweidung der Natur nützen, und nicht dem Menschen (jedenfalls nicht direkt). Die Döberitzer Heide bei Berlin, das Alperstedter Ried in Mittel-Thüringen … das sind nur einige Beispiele. Und da Wildnis wie man sie sich vorstellt nur noch an wenigen Stellen (und das sind wirklich wenige, vor allem wenn man vor der eigenen Haustür sucht) vorhanden ist, muss man auf die von Menschen geschaffene Wildnis zurückgreifen.
Jan Haft versucht in seinem Essay den Leser zum Umdenken zu animieren, die Natur und die „Wildnis“ mit anderen (neuen) Augen zu sehen, verklärt dabei aber nichts, sondern blickt kritisch auf das was der Mensch versucht zu schaffen oder (teilwiese aus veralteten Gründen) zu erhalten versucht. Leicht verständlich mischt er eigene Beobachtungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und bleibt dabei leicht verständlich, so wie man es von ihm kennt.
Ein Buch, das durch Worte punktet und dabei sowohl zum Nachdenken aber auch zum Entdecken animiert.

(Rezensionsexemplar)

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