Der Wellensittich in Brehms Tierleben

Wellensittich (Brehms Tierleben)

Der Wellensittich (Melopsittacus undulatus, Psittacus und Nanodes undulatus, Euphema und Euphemia undulata), bis jetzt der einzig bekannte Vertreter seiner Sippe, der Singsittiche (Melopsittacus), gehört zu den kleineren Papageien; doch läßt ihn der lange Schwanz größer erscheinen, als er ist. Seine Länge beträgt zwanzig bis zweiundzwanzig, seine Breite sechsundzwanzig bis siebenundzwanzig, die Fittiglänge neun, die Schwanzlänge fast zehn Centimeter. Seine Gestalt ist höchst zierlich, der Leib schlank, der Schnabel höher als lang, seitlich und auf der Rückenfläche abgerundet, der Oberschnabel fast senkrecht herabgebogen und in eine weit überhängende Spitze ausgezogen, vor derselben tief ausgebuchtet, der Unterschnabel so hoch wie der obere und an der Dillenkante abgerundet, der Fuß dünn, schlank, verhältnismäßig hochläufig und mit langen Zehen und Nägeln ausgerüstet, der Fittig lang und spitzig, unter den Schwingen die zweite die längste, die Flügelspitze fast ebenso lang wie der Oberflügel, der lange Schwanz, dessen beide Mittelfedern die anderen erheblich überragen, stufig, so daß das äußerste Paar nur ein Dritttheil der Länge des mittelsten besitzt, das Gefieder außerordentlich weich und höchst ansprechen gezeichnet, nach dem Geschlechte kaum, nach dem Alter wenig verschieden. Stirn, Oberkopf, Zügel und die Gegend um den Unterschnabel sind schwefelgelb, seitlich begrenzt und geschmückt durch je vier hochblaue, die Spitzen verlängerter Federn einnehmende Flecke, von denen der auf den Wangen stehende der größte ist, während die drei übrigen wie runde Tüpfel erscheinen; Ohrgegend, Hinterkopf, Hinterhals, Mantel, Schultern und der größte Theil der Flügeldecken haben grünlichgelbe Färbung, jede Feder aber wird durch vier feine, schwarze Querlinien, welche auf Schultern und Flügeldecken auf zwei sich verringern und verbreitern, gezeichnet; Hinterrücken, Bürzel und obere Schwanzdecken sowie die Unterseite vom Kinn an sind prachtvoll grasgrün, die Handschwingen und deren Deckfedern düster grün, außen schmal gelb, innen schwärzlich gesäumt, auf der Mitte mit breiten, keilförmigen, gelblichen Flecken gezeichnet, die Armschwingen außen grün, schmal gelblich gerandet, innen gelb, an der Wurzel schwärzlich, die letzten Armschwingen und die letzten Schulterfedern braunschwarz mit breiten, gelben Endsäumen, die beiden Spießfedern des Schwanzes düster dunkelblau, die übrigen Steuerfedern grünblau mit breitem, citrongelbem Mittelfleck, welcher sich über beide Fahnen erstreckt, und breiten schwarzen Säumen an der Wurzel der Innenfahne. Das Auge ist blaßgelb, der Schnabel horngelb, an der Wurzel grünlichgrau, die Wachshaut dunkelblau, der Fuß bläulichgrün. Das etwas kleinere Weibchen unterscheidet sich vom Männchen dadurch, daß die Bartflecken nicht ganz so groß sind und die Wachshaut in der Regel graugrün gefärbt ist; der junge Vogel läßt sich an seiner düsteren Färbung, verloschenen Zeichnung und der Ausdehnung der Wellenlinien über die ganze Oberseite sowie dem Fehlen der blauen Tropfenflecke erkennen; auch sind die Brustseiten dunkel quergewellt.

Shaw war der erste Naturforscher, welcher den Wellensittich kennen lernte und beschrieb, Gould der erste Reisende, welcher uns einiges über das Freileben mittheilte. Gegenwärtig wissen wir, daß der Vogel in ungeheueren Scharen das ganze innere Australien und zwar hauptsächlich die mit Gras bewachsenen Ebenen bewohnt und hier von den Samen der Gräser sich nährt. Alle Beobachter, welche ihn im Freien sahen, sind ebenso einstimmig in ihrem Lobe wie die Liebhaber, welche ihn nur im Käfige beobachten konnten.

Als Gould im Anfange des December die Ebenen des Inneren besuchte, sah er sich von Wellensittichen umgeben und beschloß, längere Zeit an einer und derselben Stelle zu verweilen, um ihre Sitten und Gewohnheiten zu beobachten. Sie erschienen in Flügen von zwanzig bis hundert Stück in der Nähe einer kleinen Lache, um sich zu tränken, und flogen von hier zu regelmäßigen Zeiten nach den Ebenen hinaus, um dort die Grassämereien, ihre ausschließliche Nahrung, aufzunehmen. Am häufigsten kamen sie frühmorgens und abends vor dem Dunkelwerden zum Wasser. Während der größten Tageshitze saßen sie bewegungslos unter den Blättern der Gummibäume, deren Höhlungen gerade jetzt von brütenden Paaren bewohnt wurden. So lange sie sich auf den Bäumen ruhig hielten, waren sie schwer zu entdecken; wenn sie aber zur Tränke gehen wollten, setzten sie sich frei und in Massen auf die abgestorbenen Zweige der Gummibäume oder auf die zum Wasser herniederhängenden Aeste.

Ihre Bewegungen sind wundervoll. Der Flug ist gerade und reißend schnell, falken- oder schwalbenartig, dem anderer Papageien kaum ähneld, der Gang auf dem Boden verhältnismäßig gut, ihr Klettern im Gezweige wenigstens nicht ungeschickt. Im Fluge lassen sie eine kreischende Stimme vernehmen; im Sitzen unterhalten sie sich mit kosendem Gezwitscher, welches man nur deswegen nicht Gesang nennen kann, weil die einzelnen Töne der lautgebenden Vögel mit denen unzähliger anderer sich vermischen und hierdurch ein Wirrwarr von Tönen entsteht.

Auch während der Brutzeit halten sich die Wellenpapageien in Gesellschaften zusammen, obwohl die einzelnen Paare unter diesen, ihres treuinnigen Zusammenhanges wegen, leicht zu erkennen sind. Das Nest steht in den Löchern und Spalten der Gummibäume und enthält im Dezember vier bis sechs Eier von rein weißlicher Farbe und ziemlich rundlicher Gestalt. Ende December sind die Jungen gewöhnlich ausgeflogen und im Stande, sich selbst zu versorgen. Sie sammeln sich dann in großen Flügen, welche mit den ungepaarten Alten umherschweifen; denn diese schreiten, wenn man von dem Benehmen der Gefangenen schließen darf, zu einer zweiten und dritten Brut.

Nach Beendigung des Brutgeschäftes treten die Scharen ihre Wanderung an. Sie ziehen regelmäßig von Süden nach Norden und kehren erst dann wieder zu ihrem Brutorte zurück, wenn die Grassamen reif sind. In ganz Südaustralien erscheinen sie im Frühlinge, unserem Herbste also, mit gleicher Regelmäßigkeit wie unsere Zugvögel. Die Eingeborenen behaupten, daß sie zuweilen in Gegenden sich zeigen, in denen man sie früher nicht gesehen hatte, und dies ist bei ihrer Bewegungsfähigkeit recht wohl zu glauben.

Goulds Mittheilungen sind durch einen Bericht, welchen ich der Freundlichkeit Engelharts danke, wesentlich erweitert worden, und ich lasse denselben daher hier folgen, obgleich ich ihn bereits in den »Gefangenen Vögeln« veröffentlicht habe. »Zu den unstäten Gästen Südaustraliens gehört auch der hier wie überall so beliebte Muschel- oder Kanariensittich der Ansiedler, Ihr Wellensittich. Einer der bevorzugten Brutplätze, welcher Gegenstand meiner unmittelbaren Beobachtung wurde, ist jedenfalls Malleeshrub, ein köstlicher Eukalyptenwald, welcher sich gleichlaufend mit dem Murray von dessen Mündung bis zur ersten großen Biegung des Flusses zieht. Fällt in dieser unwirtsamen Gegend nach einem nassen Winter auch noch im Frühlinge, d.h. Ende September und im Oktober, reichlich Regen, so wächst hier das Gras zu einer ungeahnten Dichtigkeit und Höhe auf. Ganze Geviertmeilen, welche sonst das unverkennbare Gepräge einer trostlosen Sandwüste an sich tragen, bedecken sich plötzlich mit dem schönsten Kängurugrase, welches unter dem Einflusse der warmen Sonne Südaustraliens freudig bis zu Meterhöhe emporschießt. Rasch entwickelt sich die Blüte, und in etwa fünf bis sechs Wochen trägt die Aehre bereits Samen. Doch schon lange vorher haben sich unzählbare Scharen des niedlichen Sittichs eingefunden und betreiben eifrig das Brutgeschäft. Der eigenthümliche Wuchs des Mallee, welcher aus einem Wurzelstocke etwa acht bis zwölf sechs Meter hohe weißrindige Stämme mit dürftigen Laubkronen emportreibt, in denen sich unzählbare Astlöcher befinden, begünstigt dieses Geschäft in hohem Grade. Jeder hohle Stamm, jedes Astloch, im Nothfalle sogar jeder geeignete Raum im Wurzelstocke, wird zum Nestbaue benutzt. In wenigen Wochen ist alles lebendig von Sittichen. Der reiche Grassamen dient als vortreffliche Atzung für die Jungen. Wer um diese Zeit zufällig in eine solche Gegend sich verirren sollte, könnte leicht hunderte dieser letzteren mit den Händen fangen. In zahlreichen Scharen fliegen sie vor seinem Fußtritte von dem Rasen auf, setzen sich in langen Reihen auf die nackten Zweige, mit zwitscherndem Gesange sich unterhaltend, und sehen harmlos zu, wie der mordsüchtige Mensch seine Flinte nimmt, um ihnen eine Ladung zuzusenden, welche oft Dutzende auf einmal fällt. Endlich sind die Vorräthe an Sämereien aufgezehrt; vielleicht ist auch Wassermangel eingetreten, und der Wandertrieb regt sich in den prächtigen Vögeln und führt sie weiter. Ihr nächstes Ziel sind die Alexandrina- und Wellingtonseen, welche beide vom Murray durchströmt werden, ehe er in das Meer mündet. Ob hier die Sümpfe grasreichere Nahrung liefern, oder ob die Nähe des frischen Wassers sie lockt, mag unentschieden bleiben; jedenfalls ist dies der Platz, wohin alljährlich die Vogelfänger ziehen, um ihre Netze zu stellen, und wo sie viele tausende unserer Sittiche erbeuten.

Diese Schilderung gilt, wie nochmals zu bemerken, nur für die Jahre, in denen es reichlich regnet. In anderen dagegen, in denen der Regenfall hinter dem jährlichen Durchschnitte zurückbleibt, scheinen die Wellensittiche gänzlich verschwunden zu sein. Ohne Zweifel sind sie dann dem fernen Norden zugezogen, weil hier oft im heißen Sommer heftige Gewitterregen fallen und in kurzer Zeit aus einer vollständigen Sandwüste eine grasreiche Steppe zaubern. Es ist, als ob alle wandernden Papageien dies im voraus wüßten. Denn da, wo ihnen die Natur den Tisch gedeckt hat, ja man möchte fast sagen, da wo sie ihnen den Tisch decken wird, stellen sie sich ein.«

Nach Mittheilung eines anderen Deutschen, welcher viele Jahre in Australien lebte, werden die Wellensittiche gegen Abend in großen Beutelnetzen zu hunderten und tausenden gefangen, in rohe Kistenkä fige gesperrt und so den Händlern übermittelt. Nach Melbourne bringt man sie in unglaublicher Menge. Wenn ihrer viele auf dem Markte sind, kauft man das Paar im einzelnen mit ungefähr 2,5 Mark unseres Geldes, während bei Massenkäufen höchstens 1,5 Mark für das Pärchen gezahlt wird. Nach der Fangzeit füllt man mit ihnen alle größeren lichtvollen Räume der Schiffe, und mancher Kapitän tritt während der Heimreise von Australien nach Europa den Vögeln seine Kajüte ab. Noch vor zwei Jahrzehnten waren sie seltene Erscheinungen auf unserem Thiermarkte; gegenwärtig treffen sie alljährlich annähernd zu derselben Zeit in größerer oder geringerer Menge ein, je nachdem drüben der Fang günstig ausfiel, und ebenso, je nachdem ein Schiffsführer Glück oder Unglück mit ihnen gehabt hatte. Aufmerksamere Vogelhändler setzen sie in Australien gesellschaftsweise in kleine Käfige, deren Sitzstangen wie Treppenstufen hinter- und übereinander liegen, damit auf möglichst wenig Raum die größtmöglichste Anzahl von Vögeln Platz finden kann. Ein solches Reisegebauer gewährt ein überaus liebliches Bild. Die ganze Gesellschaft sitzt auf den Stangen in Reih und Glied, und eine Reihe Gesichter schaut über die Köpfe der anderen herüber; aller Augen richten sich nach dem Beschauer, und jedes scheint um Erlösung aus der engen Haft zu bitten. Streit und Zank, wie er bei anderen Papageien so häufig vorkommt, werden bei dem Wellensittich wohl auch, aber doch immer nur ausnahmsweise beobachtet. Bis zur Brutzeit leben tausende äußerst verträglich unter einander, und zwar die gleichen Geschlechter ebensowohl wie die Pärchen. Ich habe in London das große Zimmer eines Vogelhändlers, welcher eben eine neue Sendung der Wellensittiche erhalten hatte, mit mehr als tausend Paaren und große Zuchträume mit mehreren hunderten dieser Vögel erfüllt gesehen und auch hier dieselbe Eintracht bemerkt wie im Käfige.

Der Wellensittich gehört nicht zu denjenigen Papageien, welche aus Trauer über den Verlust ihres Gefährten oft dahinwelken und sterben, verlangt aber Gesellschaft und erklärlicherweise am liebsten die des entgegengesetzten Geschlechtes seiner eigenen Art. Im Nothfalle findet er auch in einem verschiedenartigen kleinen Papagei einen Ersatz; niemals jedoch behandelt er einen anderen Vogel mit jener liebenswürdigen Zärtlichkeit, welche er gegen seinesgleichen an den Tag legt. Es ist deshalb nothwendig, ihn immer paarweise zu halten; erst dann gibt er seine ganze Liebenswürdigkeit kund. Sollte einer der Gatten des Paares durch irgend welchen unglücklichen Zufall sein Leben verlieren, so ersetzt ein anderer Gefährte des betreffenden Geschlechtes den verlorenen rasch und vollständig wieder.

Ein wesentlicher Vorzug des Wellensittichs ist seine Genügsamkeit. Kein zweiter Stubenvogel verlangt so wenig Abwechslung in seinem Futter wie jener kleine Papagei. Ihm genügt ein und dieselbe Nahrung jahrelang. Wir ersetzen ihm die Grassämereien Australiens durch Hirse, Kanariensamen und Hanf: dabei befindet er sich wohl und zufrieden. Vielfache Versuche, ihn an andere Körner zu gewöhnen, haben keinen Erfolg gehabt. Dagegen nimmt er gern saftige Pflanzenblätter zu sich, vor allem Salat, Kohl, Kraut und ähnliches Grünzeug, Mäusegeschirr und dergleichen. Früchte, Zucker und andere Leckereien verschmäht er anfänglich gewiß, läßt sich jedoch nach und nach daran gewöhnen. Trotz seiner Liebhaberei für trockenes Futter trinkt er sehr wenig, zuweilen wochenlang nicht; demungeachtet darf man nicht versäumen, ihn fortwährend mit frischem Wasser zu versehen. Salz, Kalk und Sand gehören zu seinen unabweislichen Bedürfnissen. Es springt in die Augen, daß die Leichtigkeit der Erhaltung wesentlich dazu beiträgt, den Vogel beliebt zu machen.

Aber der Wellensittich versteht es auch noch in anderer Weise die Zuneigung des Menschen sich zu erwerben. An geistigen Begabungen steht er unzweifelhaft hinter den größeren Sittichen zurück, läßt jedoch diesen Mangel kaum merkbar werden. In seinen Bewegungen kommt er jedem seiner Ordnungsverwand ten gleich. Sein Gang ist ein geschicktes, rennendes, trotz der kleinen Schritte förderndes Laufen, sein Klettern ein vollendetes Turnen, sein Flug ein köstliches, jeden Beobachter begeisterndes Durcheilen der Luft. Man muß gesehen haben, wie ein freigekommener und entfliehender Wellensittich dahinjagt, um seine volle Fluggewandtheit beurtheilen zu können. Er jagt mit einem Falken um die Wette, führt die zierlichsten Wendungen, Schwenkungen und Biegungen im Fluge aus, versteht es, die größten und geringsten Entfernungen abzumessen, und läßt sich mit einem Worte nur den vollendetsten Fliegern an die Seite stellen. Erwirbt schon diese Beweglichkeit dem Vogel unsere Zuneigung, so bewahrt er sich dieselbe dauernd durch seine Stimme. Die meisten anderen Papageien, selbst jene Arten, welche wahre Menschenvögel genannt werden können, werden, so liebenswürdig sie sonst sind, zuweilen unerträglich durch ihre Stimme. Diejenigen unter ihnen, welche sich in Worten mit ihren Pflegern unterhalten, können ihrem angeborenen Hange zum Lärmen oft nicht widerstehen, und zwischen den nachgeschwatzten Worten der menschlichen Sprache gellt das abscheuliche Kreischen hindurch. Es gibt wenige Menschen, welche diese Ungezogenheit der Papageien auf die Dauer ertragen können. Ganz anders ist es bei den Wellensittichen. Auch sie haben reiche Stimmittel; aber sie verwenden diese niemals in lästiger, vielmehr in anmuthender Weise. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß der männliche Wellenpapagei den Singvögeln beigezählt werden muß; denn sein Geplauder ist mehr als ein Gezwitscher: es wird zu einem, wenn auch bescheidenen, so doch recht ansprechenden Liedchen. Für mich hat der Gesang dieses Prachtvogels etwas höchst angenehmes, und andere Thierzüchter sind nicht bloß derselben Meinung, sondern haben auch erfahren, daß der Wellensittich Lehre annimmt, die reichen Lieder anderer guter Sänger nämlich, welche er hört, bald täuschend nachahmt. Einzelne haben sogar gelernt, Worte nachzusprechen.

Der Thierzüchter, welcher Wellensittiche paarweise hält, sie entsprechend pflegt, möglichst wenig stört und ihnen passende Nisthöhlen schafft, wird fast ausnahmslos die Freude erleben, daß sich seine Gefangenen vermehren. Geschieht dies nicht, so liegt die Schuld in der Regel am Pfleger. Es handelt sich dabei keineswegs um geringe Versehen, sondern in den meisten Fällen um unverantwortlich grobe Fehler. Man läßt es dem Pfleglinge an dem nöthigsten fehlen und ist dann thöricht genug, ihm aufzubürden, was man selbst verschuldet. Am vortheilhaftesten ist es freilich, wenn man einen Schwarm dieser Vögel zusammenbringen und ihm einen größeren, womöglich freistehenden und luftigen Raum gewähren kann. Dann er regt ein Männchen das andere, die Eifersucht thut das ihrige und läßt die Liebe eher und stärker zum Durchbruche kommen. Ein kleines Zimmer, welches, ohne die Vögel zu stören, beliebig gelüftet und geheizt werden kann, dessen Fußboden mit Sand bestreut ist, und dessen Wände mit Nistkästen behangen sind, genügt allen Erfordernissen, welche die bescheidenen Wellensittiche an einen Aufenthaltsort stellen. Nicht gerade nöthig, aber doch sehr zu empfehlen ist, wenn der Nistbaum außerdem noch durch lebende und durchaus unschädliche Pflanzen geziert werden kann; denn diese bieten der munteren Schar geeignete Orte zum Ruhen und Versteckespielen. Eine dauernde Annehmlichkeit bietet man den Vögeln dadurch freilich nicht. Denn sie verwüsten, wie alle Papageien, grüne Zweige oder Gewächse in kürzester Frist. Allein solche sind ihrem Wohlbefinden entschieden förderlich, und man thut deshalb wohl, ihnen zu bieten, was man im Sommer leicht und ohne Schaden gewähren darf. Ein Bündel frisch abgeschnittener Weiden- oder sonstiger Baumzweige überhaupt wird mit ersichtlicher Befriedigung, um nicht zu sagen, dankbar angenommen und binnen kürzester Frist entblättert und entschält. Dabei fressen die Vögel Knospen, Blatt und Schalentheile und verschaffen sich so eine unbedingt zuträgliche Abwechselung in dem Einerlei ihrer täglichen Nahrung. Selbst im Winter kann man ihnen solche Annehmlichkeit verschaffen; denn auch entblätterte Zweige behagen ihnen sehr. Noch mehr lieben sie unreife Aehren unserer Getreidearten, vor allem Hafer, so lange die Körner noch milchig sind. Schneidet man ihnen davon ein Büschel ab, so stürzen sie sich mit wahrer Gier auf dasselbe und verlassen es nicht, bevor das letzte Korn ausgeklaubt und verzehrt worden ist. Zu den Nisthöhlen eignen sich am besten hohle Weidenbäume, deren inneren Raum man an mehreren Stellen durch Bretter abgetrennt hat, um das ganze Stück für mehrere Paare bewohnbar zu machen. Es genügt aber auch schon ein gewöhnlicher Nistkasten mit entsprechend engem Loche, welcher dem brütenden Weibchen erwünschte Sicherheit vortäuscht. Da sie nach Art der meisten Papageien überhaupt ihre Eier einfach auf den Boden legen, empfiehlt es sich, solchen seicht auszuhöhlen und mit grobem Sägemehle zu bestreuen. Sie sorgen dann selbst für Herstellung einer geeigneten Mulde, indem sie nach eigenem Belieben so viel von dem Sägemehle aus dem Kasten werfen, als ihnen erforderlich erscheint. Ein derartig ausgerüstetes Brutzimmer liefert die günstigsten Ergebnisse; doch genügt in den meisten Fällen auch schon ein mittelgroßer Bauer. Wer es über sich gewinnen kann, Wellensittiche im Zimmer frei umherfliegen zu lassen, kann einer besonderen Vogelstube gänzlich entbehren. »Ich kenne«, so schreibt mir Oberforstinspektor von Hinkeldey, »keinen Vogel, welcher sich so dazu eignet, in einem großen Wohnzimmer frei umherzufliegen wie der Wellensittich. Man hänge das Gebauer, in welchem man sie beherbergt, an einen beliebigen Ort im Zimmer, lasse nach wenigen Tagen die Käfigthüre offen, das Futter aber im Bauer stehen, und man wird bemerken, daß die Sittiche zwar sehr bald aus ihrem Gebauer heraus, aber nach einigen Rundflügen im Zimmer auch wieder in ihn zurückfliegen. Binnen wenigen Tagen gewöhnen sie sich, ihr Futter im Bauer zu nehmen, setzen sich niemals an einen anderen Ort, und die Folge davon ist, daß sie fast gar keinen Schmutz im Zimmer verursachen und durch ihren raschen Flug und ihre prächtigen Bewegungen dem Liebhaber neues Vergnügen gewähren. Noch nie flog ein Wellensittich bei mir gegen ein Fenster an oder zur offenen Stubenthüre hinaus. Unmittelbar an mein Wohnzimmer grenzt eine Schlafkammer, welche durch eine Doppelthüre getrennt ist. Diese ist stets offen und in der Kammer, ja sehr oft auch in der Stube, ein Fenster unverschlossen; es ist mir aber noch nie ein Wellensittich entflogen. In diesem Frühjahre ließ ich drei von ihnen, welche kürzlich zu Schiffe angekommen waren, in meinem Wohnzimmer fliegen, und sie gewöhnten sich sofort an die vorbeschriebene Lebensart. Die täglichen Geschäfte im Wohnzimmer beeinträchtigen die Vögel nicht im mindesten. Ihre Nistkästen hängen an der Wand.«

Ich habe zu vorstehendem nur das eine zu bemerken, daß nicht alle Wellensittiche offen stehende Fenster so unbeachtet lassen wie die von Hinkeldey geschilderten; im übrigen glaube ich gern, daß sie unter den erwähnten Umständen noch mehr Vergnügen gewähren als sonst.

Man muß selbst die liebenswürdigen Thiere gepflegt und ihre Fortpflanzung beobachtet haben, um die Begeisterung verstehen zu können, mit welcher alle wahren Liebhaber von ihnen sprechen. Je länger man sie kennt, um so mehr gewinnt man sie lieb. Die Beobachtung ihres Treibens und Lebens, ihrer Sitten und Gewohnheiten ist eine unversiegliche Quelle von Vergnügen und Genuß. Während der Paarungszeit wird eigentlich ihre ganze Liebenswürdigkeit erst kund und offenbar. »Das Männchen«, sagt Devon, »ist ein Muster von einem Gatten, wie das Weibchen das Muster einer Mutter ist. Jenes beschäftigt sich ausschließlich mit seinem erwählten und nie mit einem anderen Weibchen, welches etwa zugleich in demselben Raume sein möge; es ist stets eifrig aufmerksam glühend, ja sogar sinnlich gegen sein Weibchen. Auf einem Zweige vor der Oeffnung des Nestes sitzend, singt er ihr seine schönsten Lieder vor, und während sie brütet, atzt er sie mit ebensoviel Eifer als Vergnügen. Er ist niemals traurig, still oder schläfrig, wie so viele andere Papageien, sondern immer heiter und liebenswürdig.« Wer selbst Wellensittiche gepflegt hat, wird diesen Worten beistimmen. Alles, was man von der Zierlichkeit und Anmuth, der Liebenswürdigkeit, gegenseitigen Anhänglichkeit und Hingebung der Zwergpapageien sagen kann, gilt, und wohl in noch reicherem Maße, auch für die Wellensittiche. Das gegenseitige Benehmen beider Gatten ist das anmuthigste, welches man sehen kann. Jeder beeifert sich in ersichtlicher Weise, dem anderen zu Gefallen zu leben; insbesondere das werbende Männchen zeigt sich dem selten versagenden Weibchen gegenüber äußerst liebenswürdig. »Immer begehrlich«, sagt ein Liebhaber, »erzwingt es doch niemals seinen Willen wie andere Vögel, durch Verfolgung des Weibchens bis zu dessen Ermattung. Den Abweisungen der Gattin fügt es sich achtungsvoll und harrt geduldig, bis sich dieses seinen Zärtlichkeiten und Wünschen aus freiem Antriebe ergibt. Die Begattung selbst erinnert in ihrer Innigkeit an das Märchen der Alten von Leda und dem Schwane. Das Weibchen, den Kopf nach dem Männchen zurückgebogen und von demselben Schnabel in Schnabel erfaßt und mit seinen langen Schwingen umschlungen, empfängt seinen Eindruck in nachhaltiger Lust. In der Fütterung des Weibchens und in seiner Zärtlichkeit gegen dasselbe, wenn es auf Augenblicke die Nisthöhle verläßt, ist es unerschöpflich; aber freilich kommt seiner Zärtlichkeit auch seine Eifersucht gleich.«

Der Ausbau des Nestes ist ausschließlich Sache des Weibchens. Es arbeitet mit dem Schnabel so lange an dem Eingangsloche, bis dieses seinen Wünschen entspricht, nagt dann im Inneren größere oder kleinere Spänchen los und legt auf sie in Zwischenräumen von zwei Tagen seine vier bis acht kleinen, rundlichen, glänzend weißen Eier, welche das Gelege bilden. Dann brütet es sehr eifrig sechzehn bis zwanzig Tage, und während der ganzen Zeit wird es von dem Männchen gefüttert, verläßt deshalb auch nur seine Nisthöhle, um den dringlichsten Bedürfnissen zu genügen. Die Jungen, welche etwa dreißig bis fünfunddreißig Tage im Neste verweilen, verlassen letzteres erst dann, wenn sie ganz befiedert sind. Während der ganzen Zeit ist das Weibchen eifrig bemüht, das Nest rein zu halten; es kehrt wie eine ordentliche Hausfrau jeden Morgen sein Zimmer aus und putzt und reinigt seine Kinder mit unvergleichlicher Sorgfalt. Sofort nach dem Ausfliegen gehen die Jungen ans Futter, und wenige Tage später benehmen sie sich ganz wie die Alten; doch muß man um die Zeit des Ausfliegens eine gewisse Vorsicht anwenden, namentlich wenn man nur ein Paar Brutvögel im Käfige hat; denn die erwähnte Eifersucht des Vaters macht sich dann oft in unbegreiflicher Weise geltend. Derselbe Vogel, welcher seine Brut mit hingebender Zärtlichkeit fütterte, fällt zuweilen über die flügge gewordenen Kinder wüthend her, greift sie mörderisch an und verletzt sie nicht selten so, daß sie infolge der jetzigen Lieblosigkeit zu Grunde gehen. Noch unfreundlicher als die Männchen zeigen sich einzelne Weibchen, allerdings nicht gegen ihre eigenen, so doch ihresgleichen Kinder. Solche dürfen selbstverständlich nicht unter der Gesellschaft geduldet, sondern müssen sobald als möglich herausgefangen und verbannt werden.

Sofort, nachdem die erste Brut selbständig geworden ist, schreiten die Alten zu einer zweiten, und wenn diese ausgeflogen, gewöhnlich zu einer dritten und vierten; ja, Franz Schlegel, Vorsteher des Thiergartens zu Breslau, hat beobachtet, daß ein Paar ein volles Jahr lang ununterbrochen brütete! Solche Fälle gehören zu den Ausnahmen: zwei Bruten nacheinander aber scheinen nach meinen Erfahrungen Regel zu sein. Die letzten Jungen aber kann man ohne Sorge mit den Alten zusammenlassen, und dann darf man auch in den Käfig wieder die ersten Jungen einbringen. Diese zeigen sich gleich von Anfang an ebenso liebenswürdig wie die Eltern. Sie haben eine wahre Sucht, ihre jüngeren Geschwister zu pflegen, und füttern diese trotz der Alten. Dabei äffen sie sich gegenseitig alles nach: was der eine thut, unternimmt auch der andere, im Klettern, Fliegen, Fressen und Schwatzen. Der Lärm in solchen Kinderzimmern wird oft betäubend, und manchmal selbst den Alten zu toll, welche sich dann bemühen, ihm aus dem Wege zu gehen; und wenn nun erst ein ganzer Schwarm zusammengehalten wird, wenn vielleicht zehn Elternpaare zu gleicher Zeit Junge ausbrüten und in die Welt schicken, geht es meist lustig und erregt im Raume her. Dann wird auch der Frieden selten gestört; denn die Vorsicht des Männchens kommt kaum oder nicht zur Geltung, wahrscheinlich weil sie sich nicht auf einen Gegenstand richten kann, sondern auf hunderte richten müßte.

Wie nothwendig es ist, Wellensittiche paarweise zusammen zu halten, sieht man erst dann, wenn man längere Zeit zwei desselben Geschlechtes gepflegt hat. Wird zu solchen ein Genosse des anderen Geschlechtes gebracht, so gibt es augenblicklich ein Pärchen und brennende Eifersucht. Neubert, welcher zwei Paar Wellenpapageien besaß, verlor beide Männchen und erhielt erst nach geraumer Zeit Ersatz für eines von ihnen. Die beiden Wittwen hatten sich recht hübsch zusammen gefunden; sie waren munter und lebten gemüthlich miteinander, als ob sie Männchen und Weibchen wären. Als aber das neue Männchen in den Bauer gebracht wurde, änderte sich dieses schöne Verhältnis augenblicklich. »Die beiden Weibchen«, erzählt er, »saßen in der Höhe des Käfigs dicht beisammen, als das Männchen hineinflog, und beobachteten dasselbe sehr aufmerksam. Nach wenigen Augenblicken sah es zu ihnen empor, rühte sich aber nicht von der Stelle und gab einen eigenthümlichen Lockton von sich, welcher von dem einen Weibchen beantwortet wurde. Als es den Lockton wiederholte, schoß das antwortende Weibchen herab, und es gab jetzt eine Scene wie nach lang erwarteter Heimkehr. Das andere Weibchen sah ganz ruhig zu; als aber das Liebespärchen nach oben und in die Nähe der Wittwe kam, da wurde diese fast rasend, fuhr auf die beglückte Braut los, hing sich ihr an den Schwanz und zerrte so lange daran, bis die Federn ausgingen. Nun war es Zeit einzuschreiten. Sie wurden auseinander getrieben, die Xantippe gefangen und von ihrem neuen Herren, welcher sie vermählen wollte, mitgenommen. Spätere Nachrichten sagten aber, daß sie sich mit dem ihrer harrenden Bräutigam gar nicht in gutes Vernehmen setzten wollte, sondern, als seltene Ausnahme, ein sehr mürrisches Leben mit ihm führte.«

Wollte ich alle von mir und anderen gesammelten Beobachtungen über das Fortpflanzungsgeschäft der Wellensittiche hier wiedergeben, ich müßte noch mehrere Seiten füllen. Wer sich des genaueren hierüber unterrichten will, möge auf meine »Gefangenen Vögel« verwiesen werden. Sie enthalten alle Mittheilungen, welche angehenden Züchtern erwünscht sein mögen, auch Winke und Belehrungen, für welche das »Thierleben« nicht der Ort ist. Dafür will ich noch eine Beobachtung mittheilen, welche ich selbst an meinen Papageien machte. Das erste Pärchen, welches ich besaß, liebte sich ebenfalls sehr zärtlich, dachte aber nicht an die Fortpflanzung, weil die rechte Zeit hierzu noch nicht gekommen war. Es bewohnte einen großen Bauer und schien sich in demselben sehr wohl zu fühlen: die goldene Sonne aber, welche oft freundlich durch das Fenster hereinlachte, mochte doch in ihm Sehnsucht nach der Freiheit erweckt haben. Eines Tages hatte sich das Weibchen geschickt einen Ausgang zu verschaffen gewußt, und ehe wir es uns versahen, war es durch das Fenster hinaus ins Freie entflohen. Ich lernte es jetzt von einer ganz anderen Seite kennen als bisher; denn ich hatte Gelegenheit, den prachtvollen Flug zu beobachten. Und ich muß gestehen, dieser Flug entzückte mich so, daß mein Aerger über den wahrscheinlichen Verlust des Vogels mit jedem Augenblicke mehr zu schwinden begann. Das entflohene Weibchen stieg hoch auf in die Luft und schwirrte und schwebte mit unvergleichlicher Schnelligkeit über den benachbarten Garten dahin. Bald hatte es sich meinen Blicken gänzlich entzogen: aber siehe da, nach einigen Minuten war es wieder im Garten erschienen, wahrscheinlich infolge des eifrigen Rufens seines Gatten; denn diesen hatte ich selbstverständlich sofort ans Fenster gebracht. Jetzt antwortete es dem Genossen im Käfige und ließ sich dicht unter dem Fenster auf einem Baume nieder, eifrig rufend, lockend und zwitschernd. Dies hatte noch etwas anderes zur Folge, woran ich nicht gedacht. Der Liebhaber, welcher Wellenpapageien gehalten hat, wird erfahren haben, daß deren Lockton zuweilen täuschend dem unserer Sperlinge gleicht. Ich hatte früher darauf wenig geachtet, mußte dies aber jetzt wohl thun, weil mich neben dem Papagei bald auch die Sperlinge beschäftigten. Es war gerade Hochsommer und alle Dächer umher bedeckt mit jungen Spatzen. Unter ihnen nun zeigte sich sofort, nachdem der schöne Fremdling erschienen war, lebhafte Bewegung. Der Wellensittich hatte sich auf einem Pflaumenbaume unter dem Fenster niedergelassen und unterhielt sich von dort aus mit seinem Gatten. Die jungen Spatzen aber mochten meinen, daß sein lockendes »Tschilp« wohl ihnen gelten könne, und kamen in Scharen herbei, ungeachtet des warnenden und bedenklichen »Zerrrr« der älteren Weisen ihres Geschlechtes. Diese schienen allerdings auch verwundert zu sein, ließen sich jedoch als erfahrene Vögel durchaus nicht täuschen, sondern sahen sich zunächst den grünen Australier vor sich an; die jungen Sperlinge hingegen umringten ihn bald in Menge. Er beachtete sie nicht im geringsten; sie aber ließen sich deshalb nicht zurückhalten, wurden förmlich zudringlich, hüpften dicht an ihn heran, beschauten ihn scheinbar höchst erfreut und erwiderten sein »Tschilp« nach Kräften. Wenn er, ärgerlich hierüber, sich erhob und einem anderen Baume zuflog, folgte die ganze Rotte, und nur, wenn er einige seiner prächtigen Flugbewegungen ausführte, blieben die schwerfälligen Spatzen verdutzt unten sitzen. Dieses Schauspiel mochte wohl eine halbe Stunde währen, und der Garten war schließlich förmlich erfüllt von allen Sperlingen weit und breit, bis die Sehnsucht nach dem Gatten den Wellensittich bewog, ins Zimmer zurückzufliegen. Hier wurde er eingefangen, wieder in den Käfig gesperrt, höchst zärtlich von seinem Männchen begrüßt, und damit löste sich von selbst die Volksversammlung draußen im Garten.

Zum Schlusse will ich noch anführen, daß Wellenpapageien sich auch bei uns im Freien erhalten können. Auf dem Gute eines bedeutenden Thierliebhabers in Belgien entflogen im Frühlinge des Jahres 1861 zwei Paar Wellenpapageien aus einem Gebauer. Sie verloren sich alsbald in den Baumwipfeln einer großen Parkanlage und wurden längere Zeit gar nicht oder nur sehr flüchtig gesehen. Doch blieben sie in ihrem Gebiete wohnen, und wie sich später ergab, hatten sie hier sogar in Baumhöhlen genistet und eine Anzahl Junge erzogen. Der Besitzer überraschte im Herbste einen ganzen Flug von zehn bis zwölf Stück in einem Haferfelde, woselbst sie sich gütlich thaten. Von nun an wurden die Vögel durch vorsichtiges Füttern allgemach herbeigelockt und vor Eintritt des Winters zehn Stück von ihnen gefangen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Wellensittiche in unserem Klima vortrefflich gedeihen würden, und es erklärt sich daher, daß von dieser und jener Seite vorgeschlagen worden ist, ihre Einbürgerung bei uns zu Lande zu versuchen. Was aber würden wir damit gewinnen? Angenommen auch, daß die an das Wandern gewöhnten Vögel in einem ihnen sozusagen angewiesenen Gebiete während des Winters verbleiben und nicht, was wahrscheinlicher ist, davon und dem Süden zufliegen würden; angenommen ferner, daß die »erbärmlichen Flinten«, welche Buxtons Versuchen so hinderlich wurden, bei uns zu Lande nicht in Wirksamkeit treten sollten: würden wir in dem Wellensittiche einen zwar sehr schönen aber auch recht schädlichen Vogel uns erwerben und damit in noch höherem Grade als bisher das unverständige Geschrei unerfahrener Vielschreiber über schädliche und nützliche Vögel herausfordern.

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