Der Beutelteufel in Brehms Tierleben

Beutelteufel (Brehms Tierleben)

Ungleich häßlicher und im höchsten Grade abstoßend und widerlich ist der nächste Verwandte des Beutelwolfes, der Teufel der Ansiedler (Dasyurus ursinus, Didelphys ursina, Sarcophilus und Diabolus ursinus). Diesen bedeutungsvollen Namen erhielt das Thier wegen seiner unglaublichen Wildheit und Unzähmbarkeit. Alle Beobachter sind einstimmig, daß man sich kaum ein ungemüthlicheres, tolleres, unsinnigeres und wüthenderes Geschöpf denken könne als diesen Beutelteufel, dessen schlechte Laune und Aerger niemals endet und dessen Zorn bei der geringsten Gelegenheit in hellen Flammen auflodert. Nicht einmal in der Gefangenschaft und bei der sorgfältigsten Pflege verliert er seine Eigenschaften, und niemals lernt er den kennen oder lieben, welcher ihn mit Nahrung versieht und Pflege angedeihen läßt, sondern greift auch seinen Wärter mit derselben Gehässigkeit und sinnlosen Wuth an wie jedes andere Wesen, welches sich ihm zu nahen wagt. Bei dieser widerwärtigen Grimmigkeit fällt die seinem Namen keineswegs entsprechende Dummheit und Trägheit unangenehm auf. Der Beutelteufel schläft entweder in dem dunkelsten Winkel seines Käfigs oder fletscht sein furchtbares Gebiß und beißt rasend und sich, sobald er glaubt, dem sich ihm Nähernden erlangen zu können. In diesen Zornesausbrüchen gibt er die einzige geistige Thätigkeit kund, deren er fähig zu sein scheint.

Die Merkmale der Marderbeutler (Dasyurus oder Diabolus), welche der Beutelteufel vertritt, sind folgende: Die Gestalt ist gedrungen, der Kopf sehr groß, plump, dick, breitschnauzig, das Ohr kurz, außen behaart, innen nackt und faltig, das Auge klein, der Stern rund, die Nase nackt, die Lippe mit vielen Warzen besetzt, der Schwanz kurz, kegelförmig, sehr dick an der Wurzel und sich rasch verschmächtigend, während die niedrigen, etwas krummen Beine unter sich ziemlich gleich erscheinen. Das Gebiß enthält einen Lückzahn weniger als das der Beutelwölfe. Der Pelz besteht aus kurzen, nirgends eigentlich verlängerten, straffen Haaren; die Schnurrhaare sind dick, borstig und kurz, nur die um die Wangen stehenden einigermaßen verlängert, alle wellig gebogen. Der Kopf ist wenig oder dünn behaart, und die röthliche Haut schimmert zwischen den schwarzen Haaren durch.

Auf der Brust des Beutelteufels stehen ein weißes Halsband und in der Regel zwei weiße Flecken; der ganze übrige Leib ist mit kohlschwarzem Pelze bekleidet. Die Gesammtlänge des Thieres beträgt ungefähr 1 Meter, wovon der Schwanz etwa 30 Centim. wegnimmt.

Im Anfange machte der Beutelteufel den Ansiedlern auf Vandiemensland viel zu schaffen, weil er ihre Geflügelzucht beinah vereitelte. Nach Marderart brach er allnächtlich in den Hühnerhof ein und wüthete hier mit einer Blutgier, wie sie sonst nur ein Marder zeigen kann. Er wurde daher von allem Anfange an grimmig gehaßt und auf das rachsüchtigste verfolgt, und dies um so mehr, als man sein Fleisch wohlschmeckend oder wenigstens genießbar gefunden hatte. Fallen aller Art wurden gelegt, große Jagden veranstaltet, und so kam es, daß auch dieser Teufel sehr bald die Herrschaft und den Verstand des Menschen erkennen und fürchten lernte und sich in die dicksten, unzugänglichsten Wälder in den Gebirgen zurückzog. In vielen Gegenden ist er bereits ausgerottet, und auch da, wo er noch vorkommt, wird er jetzt ziemlich selten bemerkt.

Er ist ein echtes Nachtthier und scheut das Tageslicht im gleichen Grade wie der Beutelwolf oder wie eine unserer Eulen. Das Licht scheint ihm wirklich Schmerzen zu verursachen; wenigstens hat man an Gefangenen beobachtet, daß sie, wenn man sie ins Helle brachte, augenblicklich mit einer gewissen Hast oder Aengstlichkeit die dunkelste Stelle ihres Käfigs aufsuchten, sich mit lichtabgewandtem Gesichte zusammenkauerten und auch hier noch durch beständiges Bewegen ihrer Nickhaut die Augen gegen die ihnen höchst unangenehme Einwirkung des Lichtes zu schützen suchten. Auch der Beutelteufel zieht sich, so lange die Sonne am Himmel steht, in die dunkelsten und tiefsten Höhlen im Geklüfte und unter Baumwurzeln zurück und fällt hier in einen fast todtenähnlichen Schlaf, aus welchem ihn nicht einmal der Lärm einer Jagd zu erwecken vermag. Nach Einbruch der Nacht verläßt er sein Lager und streift nun nach Raub umher; dabei zeigt er sich verhältnismäßig rasch und behend in seinen Bewegungen und ausdauernd in seinem Laufe, obgleich er an Gewandtheit und Gelenkigkeit noch immer unendlich weit zurücksteht hinter den altweltlichen Schleichkatzen und Mardern, welche er in Neuholland vertritt. Seine Haltung und manche Sitten erinnern an die des Bären. Beim Gange tritt er mit voller Sohle auf, im Sitzen ruht er wie ein Hund auf dem Hintertheile.

Mit seiner gewöhnlichen Wuth fällt er über alle Thiere her, welche er erlangen kann. Er sucht sich seine Beute ebensowohl unter den Wirbel- wie unter den niederen Thieren. Alles, was das im ganzen arme Land oder das Meer ihm bietet, ist ihm recht; denn seine Gefräßigkeit wetteifert mit seiner Wuth. Bei seinen Raubzügen läßt er auch seine Stimme vernehmen, welche zwischen einem hellen Bellen und Knurren ungefähr in der Mitte liegt. Seine Gefräßigkeit ist die Ursache, daß man sich seiner ziemlich leicht bemächtigen kann. Er geht ohne Besinnen in jede Falle und nimmt jeden Köder weg, gleichviel ob derselbe ein Stückchen Fleisch von Wirbelthieren oder aber eine Muschel oder ein anderes niederes Thier ist. Schwieriger soll seine Jagd mit Hunden sein; denn er entwickelt, wenn er sich verfolgt sieht, im Kampfe eine unglaubliche Wildheit und vertheidigt sich gegen jede Uebermacht bis zu seinem Ende. Die große Kraft seiner Kiefern, das furchtbare Gebiß und die rasende Wuth und Furchtlosigkeit machen ihn zu einem Feinde, welcher dem Hunde oft siegreich widersteht. Und wirklich gibt es kaum einen Jagdhund, welcher sich mit ihm in einen Kampf einläßt.

In der Gefangenschaft bleibt er sich beständig gleich, d.h. ist nach Jahren ebenso rasend und wüthend wie am ersten Tage, an welchem man ihn eingefangen hat. Ohne die geringste Ursache stürzt er zuweilen gegen die Stangen seines Käfigs und haut mit den Tatzen um sich, als wolle er den sich ihm Nähernden auf der Stelle zerreißen. Seine Zornesausbrüche sind zuweilen geradezu unbegreiflich, weil sie selbst bei der besten Pflege oder gegen die wohlwollendsten und unschuldigsten Thiere erfolgen. Von einer Freundschaft gegen den Pfleger oder auch nur eine Annäherung an denselben ist keine Rede, weil er an Stumpfheit und Dummheit den meisten seiner Verwandten nicht im geringsten nachsteht. Bei Tage bekommt man von ihm, falls in seinem Käfige ein Schlupfwinkel sich befindet, wenig zu sehen; denn er verschläft und verträumt den ganzen Tag. Es hält nicht eben schwer, ihn zu erwecken; aber er läßt sich auch dann noch nicht leicht von der Stelle bewegen, setzt vielmehr stets der Gewalt Widerstand entgegen und geräth dabei in der Regel in namenlose Wuth. Uebelgelaunt und gereizt scheint er überhaupt stets zu sein, und bei der geringsten Veranlassung gibt er seinem Aerger durch Knurren, Niesen, Schnaufen und unterdrücktes Brüllen, welches fast wie ein Stöhnen klingt, Ausdruck, sperrt dabei den Rachen auf und weist die Zähne. Erst nach vollkommen eingebrochener Nacht ermuntert er sich und entfaltet dann eine Behendigkeit, welche man ihm nicht zugetraut hätte. Er kann in der Gefangenschaft mit allerlei Futter erhalten werden, manchmal tagelang bloß mit Knochen, welche er mit seinem wundervollen Gebiß leicht zertrümmert.

Die Anzahl seiner Jungen soll zwischen drei und fünf schwanken. Man behauptet, daß das Weibchen sie lange mit sich herumtrage. Weiter weiß man nichts über die Fortpflanzung. Sein Fleisch soll dem Kalbfleische ähneln.

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