In seinem neuen Buch wartet David Quammen mit einem Thema auf, das viele Menschen nicht erst seit »Der weiße Hai« immer wieder fasziniert:Dem Zusammenspiel von Mensch und Raubtier. Erzählerisch meisterhaft und höchst kenntnisreich bürstet er dabei den Mythos vom »Menschenfresser« gegen den Strich und zeigt die fatalen Auswirkungen, die das Aussterben dieser Art nicht nur auf das Biosystem, sondern auch auf die kollektive Imaginationswelt hätte. Für Millionen von Jahren haben Löwen, Tiger und ihre menschenfressenden Artgenossen dafür gesorgt, dass wir Angst haben vor dunklen Wäldern, Gebirgen, Weltmeeren. Doch im Jahr 2150, so schätzt Quammen, wird es keine menschenfressenden Raubtiere in freier Wildbahn mehr geben, sondern nur noch hinter Gittern und Glas. Was würde der Verlust dieser so genannten Gipfelräuber für den Menschen bedeuten? Anhand von vier der so genannten »Menschenfresser «-dem Indischen Löwen,dem australischen Salzwasserkrokodil, dem rumänischen Braunbär und dem Sibirischen Tiger – geht Quammen den komplexen Wechselbeziehungen zwischen Raubtieren und Menschen nach. Er zeigt die vielfältigen damit verbundenen Konflikte auf und macht zugleich das hochempfindliche Gleichgewicht einer Koexistenz deutlich, die die Daseinsgrundlage von Tier und Mensch sichert. Denn das Aussterben von Tiger & Konsorten ist letztlich das Resultat einer fatalen Entwicklung und – so die provokante These des Autors-Zeichen eines unwiderbringlichen Verlustes. »Das Lächeln des Tigers« ist ein gelungener Brückenschlag zwischen Natur- und Kulturgeschichte und ein bewegender Abgesang auf einige Gipfelräuber, deren Verschwinden die Welt ärmer machen würde.
Okay … wirklich neu ist das Buch nicht. Das Lächeln des Tigers erschien bereits im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, aber viel hat es an Aktualität nicht verloren. Auf der einen Seite mag das gut erscheinen, auf der anderen Seite nicht unbedingt. Die Tiere, über die Quammen schreibt (Asiatische Löwen, Braunbären, Tiger und Australische Krokodile) gibt es immer noch. Manche Bestände haben sich erholt, andere sind nach wie vor rückgängig.
Quammen besucht die Lebensräume seiner „Protagonisten“, Bauern in Rumänien, Tigerjäger/pfleger (alles eine Frage der Sichtweise), Ranger, und schildert munter seine Erfahrungen mit diesen und den Tieren, um die es in seinem Buch geht. Nebenbei haben auch die Aliens aus den Filmen und Nicolae Ceaușescu mehr oder weniger längere Auftritte.
Quammen zeigt wie die Menschen mit den „Alpharäubern“ (heute würde man vermutlich Spitzenprädatoren sagen) zurechtkommen. Er zeigt die Sichtweise der Bauern und Jäger, aber auch die der Wissenschaftler, die diese Tiere zu retten versuchen.
Was man in diesem Buch allerdings nur am Rande entdeckt: Wahre Menschenfresser, denn der deutsche Titel „Von den letzten menschenfressenden Raubtieren der Welt“ ist etwas Irreführend. Ja, manchmal kommt es vor, dass die von ihm beschriebenen Arten Menschen fressen (aber das ist eher die Ausnahme und bei Braunbären wohl auch eher fraglich), das ist aber nicht der Grund warum dieses Buch existiert und vermutlich nur dem deutschen Verlag zu verdanken, der hoffte damit mehr Bücher verkaufen zu können. Menschenfressende Leistenkrokodile verkaufen sich vermutlich besser als Tiger, die dem Menschen aus dem Weg gehen.
Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) handelt es sich um ein interessantes Buch, das den Leser auf eine interessante Weltreise mitnimmt und auf unterhaltsame Art und ohne erhobenen Zeigefinger (aber doch hin und wieder zum nachdenken anregende Weise) auf seltene Tiere hinweist und die Menschen, die in ihrem Lebensraum leben.
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