Das (Gold)Aguti in Brehms Tierleben

Goldaguti (Brehms Tierleben)

Der Aguti, Guti oder, wie er seines hübschen Felles wegen auch wohl heißt, der Goldhase (Dasyprocta Aguti), eines der schmucksten Mitglieder der ganzen Familie, hat dichte und glatt anliegende Behaarung; das rauhe, harte, fast borstenartige Haar besitzt lebhaften Glanz und röthlich-citronengelbe, mit Schwarzbraun untermischte Färbung, ist drei- bis viermal dunkel-schwarzbraun und ebenso röthlich-citronengelb geringelt und endet bald mit einem hellen, bald mit einem dunklen Ringe, wodurch eben die gemischte Färbung hervorgerufen wird. An einigen Leibesstellen waltet das Gelb vor, indem das Schwarz entweder gänzlich verschwindet, oder nur einen schmalen Ring bildet. So kommt es, daß die Gesamtfärbung sich verändert, ja nachdem das Thier sich bewegt, je nachdem die Beleuchtung eine verschiedene und endlich, je nachdem das Haar hier länger und dort kürzer ist. Das Gesicht und die Gliedmaßen [429] decken bloß kurze Haare, das Hintertheil längere und das Kreuz wie die Schenkel solche von fast 8 Centim. Länge; die Kehle ist nackt. Am Kopfe, Nacken, Vorderrücken und an der Außenseite der Gliedmaßen herrscht die röthliche Färbung vor, weil die Sprenkelung hier sehr dicht erscheint; am Hinterrücken und in der Kreuzgegend erscheint das Thier gelblicher, weil hier die Sprenkelung untergeordneter ist. Je nach den Jahreszeiten ändert sich die allgemeine Färbung ebenfalls; sie erscheint im Sommer heller und im Winter dunkler. Die Leibeslänge eines erwachsenen Männchens beträgt 40 Centim., die des Schwanzstummels bloß 1,5 Centim.

Guiana, Surinam, Brasilien und das nördliche Peru bilden die Heimat des Guti. An den meisten Orten ist er recht häufig, besonders an den Flußniederungen Brasiliens. Hier wie überall bewohnt er die Wälder, die feuchten Urwälder ebenso wie die trockeneren des innern Landes, treibt sich aber auch an den angrenzenden grasreichen Ebenen herum und vertritt dort die Stelle der Hasen. Im freien Felde kommt er nicht vor. Gewöhnlich findet man ihn über der Erde, in hohlen Bäumen nahe am Boden, und öfter allein als in Gesellschaft. Bei Tage liegt er ruhig in seinem Lager, und nur da, wo er sich vollkommen sicher glaubt, streift er umher. Mit Sonnenuntergang geht er auf Nahrung aus und verbringt bei guter Witterung die ganze Nacht auf seinen Streifzügen.

Er hat, wie Rengger berichtet, die Gewohnheit, seinen Aufenthaltsort mehrmals zu verlassen und wieder dahin zurückzukehren; hierdurch entsteht ein schmaler, oft hundert Meter langer Fußweg, welcher die Lage des Wohngebietes verräth. Bringt man einen Hund auf diese Fährte, so gelingt es, falls das Lager sich nicht im Dickichte befindet, fast regelmäßig, des Thieres habhaft zu werden. Die Hunde verbellen ihr Wild, und man kann es dann aus seiner Höhle hervorziehen oder ausgraben. Wird der Aguti aber die Ankunft der Hunde zeitig gewahr, so entfernt er sich augenblicklich, und seine Gewandtheit, sein schneller Lauf bringen ihn dann bald aus dem Bereiche seiner Verfolger. Das erste beste Dickicht nimmt ihn auf und schützt ihn sicher vor dem ihm nachsetzenden Feinde.

Der Aguti ist ein harmloses, ängstliches Thierchen und deshalb vielen Gefahren preisgegeben, so daß ihn eigentlich nur die außerordentliche Gewandtheit seiner Bewegungen und die scharfen Sinne vor dem Untergange retten können. Im Springen erinnert er an kleine Antilopen und Moschusthiere. Sein Lauf besteht aus Sprungschritten, welche aber so schnell aufeinander folgen, daß es aussieht, als eile das Thier im gestreckten Galopp dahin. Der ruhige Gang ist ein ziemlich langsamer Schritt. Unter den Sinnen scheint der Geruch am schärfsten entwickelt, aber auch das Gehör sehr ausgebildet, das Gesicht dagegen ziemlich blöde und der Geschmack keineswegs besonders fein zu sein. Die geistigen Fähigkeiten sind sehr gering. Nur ein gewisser Ortssinn macht sich bemerklich.

Die Nahrung besteht in den verschiedenartigsten Kräutern und Pflanzen, von den Wurzeln an bis zur Blüte oder zum Korn hinauf. Den scharfen Nagezähnen widersteht so leicht kein Pflanzenstoff, sie zerbrechen selbst die härtesten Nüsse. In bebauten Gegenden wird der Guti durch seine Besuche in den Zuckerrohranpflanzungen und Gemüsegärten lästig; doch nur da, wo er sehr häufig ist, richtet er merklichen Schaden an.

Ueber die Fortpflanzung der freilebenden Agutis fehlen noch genaue Nachrichten. Man weiß, daß sich das Thier ziemlich stark vermehrt, daß die Weibchen in allen Monaten des Jahres trächtig werden und gleichzeitig mehrere Junge zur Welt bringen können. Ein und dasselbe Thier soll zweimal im Jahre werfen, gewöhnlich im Oktober, d.h. zu Anfang der Regenzeit oder des Frühjahrs, das zweitemal einige Monate später, doch noch vor Eintritt der Dürre. Zu dieser Zeit sucht das Männchen ein Weibchen auf und jagt ihm nach unter Pfeifen und Grunzen, bis es das anfänglich sehr spröde Weibchen seinem Willen geneigt gemacht hat. Im entgegengesetzten Falle versucht es, das Ziel seiner Wünsche mit Gewalt zu erreichen; so schließe ich wenigstens aus einer Beobachtung, welche ich an Gefangenen machte. Ein Weibchen, welches ich zu zwei Männchen setzte, wurde von diesen so abgetrieben und derart zusammengebissen, daß ich es entfernen mußte, weil es sonst seinen Peinigern erlegen sein würde. Erst nach Wochen heilten die Wunden, welche die ungestümen Liebhaber ihm beigebracht hatten. Bald nach der Begattung lebt jedes Geschlecht einzeln für sich. Das Weibchen bezieht sein altes Lager wieder und richtet es zur Aufnahme der Jungen ein, d.h. polstert es möglichst dicht mit Blättern, Wurzeln und Haaren aus, bringt auf diesem weichen Lager die Jungen zur Welt, säugt sie mehrere Wochen mit großer Zärtlichkeit und führt sie schließlich noch einige Zeit mit umher, um sie bei den ersten Weidegängen zu unterrichten und zu beschützen. Gefangene Agutis pflanzen sich nicht selten fort. Schon Rengger erzählt, daß ein Pärchen, welches Parlet besaß, nach langem Werben und Versagen sich begattete, und daß das Weibchen nach sechswöchentlicher Tragzeit zwei, leider todte Junge warf. In London und Amsterdam und Köln hat man ebenfalls Junge gezüchtet. »Zweimal«, sagt Bodinus, »haben wir schon Junge von unseren Agutis gezogen, das erstemal zwei, das zweitemal nur eins. Ich hatte dabei Gelegenheit, zu beobachten, daß das Weibchen kein großes Zutrauen zu der Kinderliebe des Vaters hat. Die kleinen Thierchen liefen, obwohl etwas schwach auf den Füßen, bald nach der Geburt umher, ähnlich wie die neugeborenen Jungen vom Meerschweinchen. Nahten sie sich dem Vater, so stürzte die Mutter mit gesträubten Haaren auf sie zu, ergriff sie mit dem Maule und trug sie in eine Ecke – ein Verfahren, welches das besorgliche Thier mehrere Tage fortsetzte, bis die Kinder die Mutter zu kennen schienen und die gefährliche Nähe des Herrn Papa vermieden. Nach vier bis fünf Tagen schien der Vater an den Anblick der Kinder gewöhnt und die Gefahr beseitigt zu sein. Für gewöhnlich suchten sie sich in irgend einem Schlupfwinkel aufzuhalten und kamen, sobald sich Eßlust einstellte, mit quiekenden Tönen heran, mit zärtlichem Knurren begrüßt von der Mutter, welche, auf den Hinterfüßen sitzend, sie saugen ließ. Unvermuthetes Geräusch verjagte sie in ihren Schlupfwinkel, bis sie, mehr an die Umgebung gewöhnt, sich allmählich frei zu bewegen begannen und der Mutter folgten. Wenige Tage nach der Geburt benagten sie schon das Futter der Alten und wuchsen ohne irgend bemerkliche Umstände allmählich heran. Bei der Geburt tragen die Thierchen gleich das Gepräge der Alten und weichen nur unbedeutend in den äußeren Formen ab.

Von mir gepflegte Agutis haben wohl geboren, die Jungen aber sofort getödtet, aus welcher Ursache, vermag ich nicht zu sagen. Die Geburt erfolgte, ohne daß ich etwas ahnte, am 2. Februar bei ziemlich starker Kälte und wahrscheinlich im Innern der sehr geräumigen Höhle, welche meine Gefangenen nach eigenem Belieben und Ermessen innerhalb ihres Geheges sich ausgegraben hatten. Ich fand eines Morgens die getödteten Jungen mit zerbissenem Kopfe vor dem Eingange der Höhle liegen, und vermuthete, daß dieser Mord von anderen Gutis, welche in demselben Gehege wohnten, begangen worden war. Der Erwähnung werth scheint mir zu sein, daß meine gefangenen Gutis alle Leichen aus dem Innern des Baues heraus schleppten und vor ihrer Röhre ablegten. Wie die Jungen war auch ein alter Guti, welcher im Innern der Höhle verendet sein mochte, von den übrigen ins Freie gebracht worden. Dieses Verfahren der Thiere steht mit ihrer großen Reinlichkeitsliebe im innigsten Zusammenhange.«

Rengger erzählt, daß der Guti, jung eingefangen und sorgsam aufgezogen, fast zum Hausthier wird. »Ich habe«, sagte er, »mehrere Agutis gesehen, welche man frei herumlaufen lassen konnte, ohne daß sie entwichen wären; sogar mitten in großen Wäldern, ihrem Aufenthalte im freien Zustande, entweichen sie nicht, wenn sie einmal gezähmt sind. So sah ich in den Waldungen des nördlichen Paraguay in den Hütten einiger Einwohner zwei zahme Agutis, welche den Morgen und Abend im Walde, den Mittag und die Nacht bei den Indianern zubrachten. Es ist nicht sowohl die Anhänglichkeit an den Menschen, sondern die Angewöhnung an ihren Aufenthaltsort, welche bei ihnen den Hang zur Freiheit unterdrückt. Sie sind dem Menschen nur wenig ergeben, unterscheiden ihren Wärter keineswegs von anderen Personen, gehorchen nur selten seinem Rufe und suchen ihn nur dann auf, wenn sie der Hunger drängt. Auch lassen sie sich ungern von ihm berühren; sie dulden keinen Zwang, leben ganz nach ihrem eigenen Willen und können höchstens dazu abgerichtet werden, ihre Nahrung an einer bestimmten Stelle aufzusuchen. Uebrigens verändern sie im häuslichen Zustande ihre Lebensart in soweit, daß sie mehr bei Tage herumlaufen und bei Nacht ausruhen. Gewöhnlich wählen sie irgend einen dunklen Winkel zu ihrem Lager und polstern dasselbe mit Stroh und Blättern aus, zuweilen aber auch mit seidenen Frauenschuhen, Schnupftüchern, Strümpfen usw., welche sie in kleine Stücke zernagen. Sonst richten sie mit ihren Zähnen wenig Schaden an, außer wenn man sie einschließt, wo sie dann aus langer Weile alles zerstören, was für ihr Gebiß nicht zu hart ist. Ihre Bewegungen sind sehr leicht. Sie gehen entweder in langsamen Schritten, wobei sie bloß mit den Zehen auftreten und den Rücken stark wölben, oder sie laufen im gestreckten Galopp oder machen Sprünge, welche an Weite denen unseres Hasen nichts nachgeben. Laute geben sie selten von sich, außer wenn sie gereizt werden; dann lassen sie einen pfeifenden Schrei hören; doch knurren sie zuweilen, aber nur ganz leise, wenn sie an einem verborgenen Orte irgend etwas zernagen. Werden sie in Zorn oder in große Furcht gesetzt, so sträuben sie ihre Rückenhaare, und es fällt ihnen dann oft ein Theil derselben aus. Man ernährt sie mit allem, was im Hause gegessen wird. Sie lieben aber das Fleisch lange nicht so, wie Azara angibt, sondern fressen es bloß in Ermangelung geeigneter Nahrung. Eine Lieblingsspeise sind die Rosen. Sowie eine von diesen Blumen in ihre Wohnung gebracht wird, wittern sie dieselbe auf der Stelle und suchen sie auf. Die Nahrung ergreifen sie gewöhnlich mit den Schneidezähnen nehmen sie dann zwischen beide Daumenwarzen der Vorderfüße, indem sie sich wie das Eichhörnchen auf die Hinterfüße setzen. Zuweilen fressen sie auch in kauernder Stellung, gewöhnlich, wenn sie ganz kleine oder zu kleine Bissen vor sich haben. Ich sah sie nie trinken, jedoch sollen sie nach Dr. Parlets Beobachtungen das Wasser lappernd zu sich nehmen.«

Bodinus sagt mit Recht, daß die zierliche Gestalt, das schöne Aussehen und die Reinlichkeit die Agutis für alle Liebhaber sehr empfehlenswerth machen, und daß nur ihre große Nagesucht unangenehm werden kann. Die, welche von Bodinus gehalten wurden, waren so zutraulich geworden, daß sie dargereichte Leckerbissen aus der Hand nahmen und augenblicklich mit wahrhaft dankbarem Blicke auf den Geber verzehrten.

Andere Gefangene ergötzen hauptsächlich durch eine Eigenthümlichkeit, welche ich noch nirgends erwähnt gefunden habe. Sie pflegen nämlich einen guten Theil ihres Futters zu vergraben, um sich für den Nothfall zu sichern. Sobald ihnen Nahrung gereicht wird, fallen sie gierig darüber her, nehmen einige Bissen, wählen sich dann ein Stückchen Möhre oder eine ihnen gereichte Frucht, tragen sie im Maule weg, graben an irgend einer Stelle ein kleines Loch, legen ihren Schatz dahinein, streichen Erde darüber und schlagen und drücken dieselbe mit den Vorderpfoten fest. Dies bewerkstelligen sie so rasch, geschickt und ordentlich, daß Jedermann daran seine Freude haben muß. Sofort nach beendigtem Geschäft holen sie neue Zufuhr und verfahren, wie vorher. Aeußerst komisch sieht es aus, wie sorgsam sie dabei sich umschauen, und wie sorgfältig sie bemüht sind, ihre Schatzbergerei ungesehen zu verrichten. Naht sich ihnen ein anderes Thier, so sträuben sie sofort das Haar und gehen zornig auf den Störenfried los. Futterneidisch scheinen sie überhaupt im höchsten Grade zu sein; ihre schwächeren Mitgefangenen müssen sich jeden Bissen stehlen, welchen sie genießen wollen, und selbst stärkeren Wohnungsgenossen, Pakas und Murmelthieren z.B., machen sie die Nahrung streitig.

Die Reinlichkeitsliebe der von mir gepflegten Gutis zeigte sich bei jeder Gelegenheit. Sie hielten sich selbst fortwährend in Ordnung und schienen ängstlich besorgt, sich irgendwie zu beschmutzen. Ihre Baue waren stets vortrefflich im Stande. Sie verdankten dieselben eigentlich einem Murmelthiere, welches ich in ihr Gehege setzte. Bis zur Ankunft dieses Wohnungsgenossen hatten sie nicht daran gedacht, sich eigene Höhlen zu graben, sondern mit den für sie hergerichteten Schlupfwinkeln, welche mit Heu und Stroh wohl ausgepolstert waren, gern fürlieb genommen. Sobald das Murmelthier zu ihnen kam, änderte sich die Sache. Der Sohn der Alpen fand besagten Schlupfwinkel durchaus nicht nach seinem Geschmacke und machte von seiner Kunstfertigkeit sofort Gebrauch. Er begann zunächst eine schief nach unten führende Röhre zu graben und arbeitete diese im Verlauf der Zeit zu einem vielfach verzweigten Baue aus. Jedoch hatte er sich verrechnet, wenn er glaubte, für sich allein gearbeitet zu haben; denn die Gutis fanden den Bau nach ihrem Behagen und befuhren ihn gemeinschaftlich mit dem rechtmäßigen Besitzer; ja es schien, als habe dieser ihnen erst das Graben gelehrt: denn fortan arbeiteten auch sie mit Ausdauer und Eifer an der Vervollkommnung der unterirdischen Wohnung. Das Murmelthier setzte seine Belehrungen fort, indem es Heu und Stroh nach dem Innern der Höhle schleppte, die Gutis ahmten auch dieses nach, und binnen kurzer Zeit hatte sich die ganze Gesellschaft bestmöglichst eingerichtet. Ende September verschwand das Murmelthier den Blicken, wahrscheinlich weil es bereits in Winterschlaf gefallen war; es blieb somit wenigstens der größte Theil des Baues den Gutis zu unumschränkter Verfügung. Von nun an schleppten sie sehr viel Heu und Stroh in das Innere, misteten aber von Zeit zu Zeit wieder ordentlich aus, worauf sie neue Vorräthe eintrugen. Sie blieben den ganzen Winter hindurch in dieser angeeigneten Herberge, weil es mir unmöglich war, sie zu fangen. Als starke Kälte eintrat, zeigten sie sich nur auf Augenblicke, um zu fressen und zwar bei Tage ebensogut wie des Nachts; die Kälte schien ihnen zwar unangenehm, aber nicht schädlich zu sein, wenigstens hielten sie bedeutende Kältegrade zu meiner größten Ueberraschung vortrefflich aus. Erst der fallende Schnee wurde ihnen lästig und einem von ihnen verderblich.

Unter den vielen Feinden, welche den Aguti bedrohen, stehen die größeren Katzen und brasilianischen Hunde obenan; aber auch der Mensch ist dem schmucken Nager keineswegs wohlgesinnt, und der Jäger sieht in ihm nächst dem Kletterstachelschweine das verhaßteste Thier. »Kaum hat er«, schildert Hensel, »sich angeschickt, mit seinen Hunden die Berge zu besteigen, voll Hoffnung, aus einem Truppe Nasenbären auf einige Tage Fleischvorrath sich zu holen oder ein Rudel Bisamschweine in einer Höhle fest zu machen, im glücklichsten Falle sogar einen Tapir zu erlegen, da finden schon die Hunde eine Fährte und jagen laut und hitzig auf derselben die Lehne entlang, bis in der Ferne ihr Standlaut Nachricht gibt, daß sie das Wild festgemacht haben. Mit Ingrimm hat der Jäger bei dem ersten Laute der Hunde erkannt, welchem Wilde die Jagd gilt. Die Hunde zu erwarten wäre fruchtlos; fluchend folgt er der Jagd und steht endlich vor dem Stamme eines [433] Riesen des Urwaldes, welcher, im Innern ausgefault, auf dem Boden liegt und der Verwesung anheim fällt. Eine neue Welt von undurchdringlichen Rohrgewächsen erhebt sich, von Licht und Wärme gelockt, über dem Leichname des Riesen. Hier arbeiten die Hunde an allen Löchern und Rissen mit mehr Eifer als Erfolg. Noch widersteht das Holz des Stammes ihren Zähnen, und nur aus dem Innern hervor hört man das Knurren des Guti. Vergebens zieht der Jäger sein Waldmesser, und in ohnmächtiger Wuth beschließt er, wenigstens den Feind für immer unschädlich zu machen. Mit allen Kräften verkeilt er die Oeffnung des Stammes und gibt so das harmlose Thierchen einem qualvollen Hungertode Preis. Nicht ohne Mühe sind endlich die Hunde abgerufen, und der Jäger beginnt höher zu steigen, da entwickelt sich eine neue Jagd, und verzweifelnd verläßt jener das Revier; denn die besten Stunden für die Jagd sind schon verstrichen. Gelänge es aber auch, den Guti zu fangen, so unterläßt es doch der Jäger, um nicht dem Eifer der Hunde neue Nahrung zu geben. In den meisten Fällen ist es nicht möglich, das Thierchen fest zu machen. Der Guti kennt alle hohlen Stämme seines Gebietes und flüchtet vor den Hunden in den nächsten desselben, um ihn augenblicklich durch eine Oeffnung am entgegengesetzten Ende wieder zu verlassen. Bevor die Hunde den Ausgang finden, ist er schon längst in einem anderen Stamme, um dasselbe Spiel so lange zu wiederholen, bis die Hunde, entmuthigt und ermüdet, die Jagd aufgeben. Junge Hunde aber lassen sich immer von neuem wieder anführen. Man wird nun den Haß des Jägers begreifen. Es gibt Gegenden im Urwalde, in denen wegen der Menge der Gutis eine ordentliche Jagd gar nicht zu Stande kommt. Dabei ist das Fleisch dieser Wildsorte wenig geschätzt und wird höchstens aus Noth gegessen.«

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