Charlotte Kerner: We are Volcanoes (Rezension)

Im Namen der Biene
Und des Schmetterlings
Und der Brise
Amen

Emily Dickinson (1830 – 1886)

„Wir sind Vulkane. Wenn wir Frauen unsere Erfahrungen als unsere Wahrheit, als menschliche Wahrheit, einbringen, verändern sich alle Landkarten. Es entstehen neue Berge. Das ist es, was ich will – ich will hören, wie ihr ausbrecht.“
Ursula K. Le Guin (1929 – 2018)
Rachel Louise Carson (* 27. Mai 1907 in Springdale, Pennsylvania; † 14. April 1964 in Silver Spring, Maryland) war eine US-amerikanische Zoologin, Biologin, Wissenschaftsjournalistin und Sachbuchautorin, deren Hauptwerk Silent Spring (Der stumme Frühling) aus dem Jahr 1962 häufig als Ausgangspunkt der US-amerikanischen Umweltbewegung bezeichnet wird. Rachel Carson gilt als eine der wichtigsten Personen des 20. Jahrhunderts.
Sie begann ihre berufliche Karriere als Biologin des U.S. Bureau of Fisheries. Der erste große schriftstellerische Erfolg Rachel Carsons war das 1951 erschienene Buch The Sea Around Us (Wunder des Meeres). Es wurde im Folgejahr mit dem US-amerikanischen National Book Award und der John-Burroughs-Medaille ausgezeichnet. Ihr nächstes Buch The Edge of the Sea (Am Saum der Gezeiten) sowie ihr wieder aufgelegtes Erstlingswerk Under the Sea-Wind (Unter dem Meerwind) wurden ebenfalls zu Bestsellern. Nach dieser Trilogie, die das Leben im Meer thematisierte, befasste sie sich zunehmend mit Problemen des Umweltschutzes. 1962 erschien ihr bis heute bekanntestes Buch Silent Spring (Der stumme Frühling), in dem sie die Auswirkungen eines rigorosen Pestizid-Einsatzes auf Ökosysteme thematisierte. Das Buch löste in den USA eine heftige politische Debatte aus und führte letztlich zum DDT-Verbot.
Rachel Carson wurde im Jahre 1980 postum mit der Presidential Medal of Freedom, der höchsten zivilen Auszeichnung der USA, ausgezeichnet.
Lynn Margulis (gebürtig: Lynn Petra Alexander; * 5. März 1938 in Chicago, Illinois; † 22. November 2011 in Amherst, Massachusetts) war eine US-amerikanische Biologin und Hochschullehrerin an der University of Massachusetts Amherst.
Margulis bekannteste wissenschaftliche Leistung ist die Wiederentdeckung und Weiterentwicklung der bereits 1883 von Andreas Franz Wilhelm Schimper postulierten und 1905 von Konstantin Sergejewitsch Mereschkowski erneut vorgeschlagenen Endosymbiontentheorie über den Ursprung von Plastiden und Mitochondrien als ursprünglich eigenständige prokaryotische Organismen. Dieser viel Zuspruch findenden Theorie nach gingen jene zu einem evolutionsgeschichtlich frühen Zeitpunkt eine symbiotische Beziehung mit anderen prokaryotischen Zellen ein, wodurch sich letztere zu eukaryotischen Zellen entwickelten. Diese These erklärt außerdem die besonderen Eigenschaften von Mitochondrien und Chloroplasten als Zellorganellen.
Ihre interdisziplinäre Arbeit beschreibt die rund 4 Milliarden Jahre währende Evolution mikrobieller Biozönosen von Prokaryoten bis zu Eukaryoten als polygenomische Wesen und hat zahlreiche Forschungsgebiete der Biologie nachhaltig beeinflusst. Als Evolutionsbiologin kritisierte Margulis das „Darwin-Wallace-Prinzip“, sie war eine „Vertreterin des Prinzips der Evolution durch Kooperation und Integration“ (Zit. Ulrich Kutschera, 2021). Sie betrachtete die Synthetische Evolutionstheorie als unzureichendes Konzept und strebte einen Paradigmenwechsel an, bei dem den Symbiosen und der Symbiogenese bei Neuentwicklungen in der Evolution der Lebewelt eine bedeutendere Rolle zuerkannt wird.
Lynn Margulis hat gemeinsam mit James Lovelock ab 1970 die Gaia-Hypothese (die Erde und ihre Biosphäre könne wie ein Lebewesen betrachtet werden, da die Biosphäre – die Gesamtheit aller Organismen – Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen) entwickelt und populär gemacht.
Donna Jeanne Haraway (* 6. September 1944 in Denver, Colorado) ist eine emeritierte US-amerikanische Professorin am Department für History of Consciousness und am Department für Feminist Studies an der University of California, Santa Cruz. Die Naturwissenschaftshistorikerin und Frauenforscherin wurde seit den frühen 1990er Jahren als Feministin und dem Postmodernismus nahestehend beschrieben („feminist, rather loosely a postmodernist“).
Sie ist Autorin einer Vielzahl von Büchern und Essays, welche sich mit dem Spannungsfeld aus sozialistischem Feminismus, Wissenschaft, Primaten, Cyborgs und Haustieren beschäftigen, beispielsweise A Cyborg Manifesto: Science, Technology, and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century (1985), Situated Knowledges: The Science Question in Feminism and the Privilege of Partial Perspective (1988), Simians, Cyborgs and Women: The Reinvention of Nature (1991) und The Companion Species Manifesto: Dogs, People and Significant Otherness (2003)

Charlotte Kerner: We are volcanoes
Ein ökologisches Triumfeminat bilden die Schriftstellerin Rachel Carson (1907-1964), die Forscherin Lynn Margulis (1938 – 2011) und die Philosophin Donna Haraway (*1944), von deren Leben und Werk dieses Buch erzählt. Diese Öko-Visionärinnen haben beschrieben, wie eng verflochten menschliches und mehr-als-menschliches Leben auf der Erde ist und schon früh Natur und Kultur neu und anders gedacht. Gegen viele Widerstände haben die drei Biologinnen Fachgrenzen überschritten, neue Verbindungen zwischen naturwissenschaftlicher Forschung, Philosophie, Soziologie und Evolutionstheorie geschaffen und Fragen aufgeworfen, die heute wichtiger sind denn je, wenn es um das Überleben in der Zukunft geht.

Drei bedeutende Frauen des 20./21. Jahrhunderts werden in We are volcanoes gewürdigt, vier sogar, wenn man Ursula K. Le Guin mitzählt, die nicht nur den Buchtitel inspirierte oder fünf wenn man die Vorliebe der drei Ökovisionärinnen für Emily Dickinson einfließen lässt und etwas weiter in die Zeit zurückgeht.
Charlotte Kerner stellt das Leben von Rachel Carson, Lynn Margulis und Donna Haraway vor und zeigt welche Bedeutung sie für ihre Zeit und weit darüber hinaus hatten und noch haben. Drei interessant geschriebene Kurzbiografien, jeder Frau für sich ist ein eigenes Kapitel gewidmet und am Ende zeigt die Autorin selbst im Stil einer Science-Fiction-Geschichte, wie die Menschheit trotz Klimawandel und Artensterben überleben und auch zu einer besseren Zukunft finden könnte.
Ein lesenswertes Buch, das die „Protagonistinnen“ in jeder möglichen Weise würdigt. Zumindest könnte es so sein, wenn sich diese nicht selbst zu Wort melden würden, in dem Kapiteln, in denen sie eigentlich nichts zu sagen haben. Das mag als Aufwertung des Buchs dienen, ich empfand es als störend und nervig zumal die Autorin dabei die Grenze von Fakt und Fiktion durchbrach. Mehrwert gab es für mich nicht, wenn Rachel Carson ihre Meinung zu einigen Bemerkungen von Donna Haraway macht, künstlerische Freiheit hin oder her.

(Rezensionsexemplar)

Dieser Beitrag wurde unter Rezension veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert