(Erstveröffentlichung am 11. August 2015)
Die deutsche Tierwelt ist einem Wandel unterzogen. Tiere, die früher einmal heimisch waren kehren (mit und ohne menschlicher Hilfe) zurück und Haustiere übernehmen die Aufgaben einst heimischer Tiere.
Aber nicht jeder ist begeistert von dieser (nicht überall merklichen) Rückeroberung der früheren Heimat.
Vor allem im Wolf wird das Problem gesehen, doch mit den wenigen Tieren, die es bisher gibt, dürfte ein Zusammenleben möglich sein. Ich sehe in Wildschweinen gefährlichere Tiere, aber das ist nicht Teil dieses Artikels, da Wildschweine weder in Deutschland ausgestorben sind, noch Unternehmungen unternommen werden, ihren Bestand zu vergrößern.
Auch Wisente gibt es wieder in Deutschland, bisher allerdings nur in einem übersichtlichen Gebiet. Wie der Deutsche auf die Anwesenheit der Rinder reagieren wird, wenn sich die Herde vergrößert und ausbreitet (sollte das jemals der Fall sein) wird man sehen.
Die Reaktionen auf Wölfe und Bären kennt man ja und kann sie regelmäßig in der Tagespresse lesen (jedenfalls soweit es Wölfe betrifft, Bären sind nach wie vor eher eine Seltenheit).
Rothirsch, Wisent, Wildpferd und Auerochse waren und sind die bekanntesten Säugetiere der deutschen MegaFauna. Heckrinder, Exmoor-Ponys oder Heckpferde treten teilweise an die Stelle ihrer Vorfahren und übernehmen (mehr oder weniger von Menschenhand kontrolliert) deren Aufgabe.
Mit dem Projekt Wisente im Rothaargebirge wurde am 11. April 2013 im Kreis Siegen-Wittgenstein eine Herde bestehend aus einem Bullen, fünf Kühen und zwei Jungtieren ausgewildert. Die Herde hatte schon seit März 2010 vor Ort in einem 80 Hektar großen Auswilderungsgehege gelebt. Zu den wissenschaftlichen und rechtlichen Vorgaben für die Auswilderung, deren Erfüllung in dieser Zeit überprüft wurde, zählte unter anderem, dass ein natürliches Fluchtverhalten und eine natürliche Fluchtdistanz erreicht werden mussten. Ende Dezember 2012 erteilte dann das Landesumweltministerium in Düsseldorf die Genehmigung zur Auswilderung in die freie Natur. Die Herde wurde für eine Übergangszeit von zwei bis fünf Jahren mit GPS-Sendern zur Ortung ausgestattet. Sie soll auf eine Größe von zunächst 25 Tieren anwachsen. Alle Tiere der Herde gehören der Flachland-Kaukasus-Linie an.
Im Mai und im Juni 2013 wurden in dieser Herde die ersten zwei Wisente seit Jahrhunderten in Deutschland in freier Wildbahn geboren. Die Herde hält sich weniger verborgen als erwartet und wurde schon in den ersten Wochen nach der Freisetzung mehrmals von Wanderern beobachtet.
Nachdem eine Herde in freier Wildbahn entlassen wurde, kam es zu Konflikten mit privaten Waldbesitzern im Stadtgebiet von Schmallenberg im Hochsauerlandkreis. Die frei lebende Wisentherde schälte dort Rotbuchen. Die Wisente sollten eigentlich auf dem Besitz von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit etwa 130 Quadratkilometer Wald im Kreis Siegen-Wittgenstein bleiben. Bis zum 3. September 2014 summierten sich die Schäden auf 16.000 Euro, welche von der Versicherung des Trägerverein beglichen wurden. Diesem war auch im September 2014 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichtes Schmallenberg zugegangen. In dieser sollte der Trägerverein verpflichtet werden, das Betreten von Wisenten eines privaten Grundstückes zu verhindern. Der Verein legte Widerspruch ein und ergriff bis dahin „geeignete Maßnahmen“ wie Patrouillen an der betreffenden Grundstücksgrenze, um die Tiere beim Übertritt auf das private Waldgelände zu hindern. Das Urteil des Amtsgerichtes Schmallenberg wird für den 2. Oktober 2014 erwartet.
In dem Konflikt geht es um die Frage, ob die frei lebende Wisent-Herde als herrenlos einzustufen sind. Der Verein sowie dessen Versicherung ist der Ansicht, dass dies so einzuschätzen sei. Daher hat die Versicherung die Zahlungen wegen Schälschäden eingestellt.
Um die ausstehenden Schäden zu bezahlen, planen das Land, der Bund und der Kreis einen Fonds einzurichten, welcher pro Jahr mit 50.000 Euro ausgestattet werden soll. Während der Kreis 10.000 Euro jährlich einzahlt, soll der Großteil vom Land stammen. Inzwischen summieren sich die Schäden an Bäumen auf knapp 70.000 Euro. Diese wurden jedoch nur von Waldbauern aus dem Schmallenberger Raum Schälschäden geltend. Die betroffenen Waldbesitzer im Kreis Siegen-Wittgenstein, der Landesbetrieb Wald und Holz NRW und die Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer, meldeten keinerlei Schäden. Am 27. März 2015 verkündete NRW-Landwirtschaftsminister Remmel die Einrichtung des Wildschädenfonds.
Der Wolf war bis 1770 im Sauerland und in der Eifel bis 1872 heimisch. Danach wird er als Zuwanderer aus den Ardennen eingestuft. Die Tiere sollen über den zugefrorenen Rhein auf die östliche Rheinseite gekommen sein und dann weiter bis nach Wittgenstein. Zuwanderer verzeichnete man in Westfalen noch bis 1861 und in der Eifel bis 1900. Die letzten Tiere sollen alle Rüden gewesen sein, die Fernwanderungen durchführten.
Über sein Auftreten in Pommern bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts liegen statistische Angaben vor.
Der auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik vor der Rückkehr der Wölfe vorläufig letzte freilebende Wolf wurde am 27. Februar 1904 in der Lausitz erschossen. Er war 160 cm lang, hatte eine Widerristhöhe von 80 cm und wog 41 kg. Da es in der Gegend lange Zeit keinen Wolf mehr gegeben hatte, vermutete man hinter dem gerissenen Wild erst ein ausgebrochenes Zirkustier, weshalb er den Spitznamen „Tiger von Sabrodt“ (Ort des ersten Auftauchens) erhielt.[56] In Niedersachsen wurde noch 1872 ein Wolf im Becklinger Holz erschossen. Als Würger vom Lichtenmoor wird ein fiktives Raubtier bezeichnet, das 1948 in Niedersachsen zahlreiche Haus- und Wildtiere rund um das Lichtenmoor nordöstlich von Nienburg/Weser gerissen haben soll.
Schon nach dem Zweiten Weltkrieg wanderten immer wieder Wölfe nach Deutschland ein, bis 1990 wurden in Deutschland mindestens 21 Wölfe geschossen oder mit Fallen gefangen. Auch nach 1990 sind immer wieder Wölfe über die polnische Grenze nach Deutschland eingewandert und hielten sich bevorzugt auf Truppenübungsplätzen auf.
Im Jahr 2000 wurde im sächsischen Teil der Lausitz erstmals seit mindestens 100 Jahren wieder eine erfolgreiche Reproduktion des Wolfes in Deutschland nachgewiesen. Seitdem hat der Bestand des Wolfes dort kontinuierlich zugenommen und das Verbreitungsgebiet hat sich beständig vergrößert. Ende Juli 2013 lebten in der Lausitz in Sachsen und Brandenburg vierzehn Rudel oder Paare. Außerhalb der Lausitz gibt es weitere territoriale Vorkommen: Drei reproduzierende Rudel in Brandenburg, zwei reproduzierende Rudel in Sachsen-Anhalt, ein reproduzierendes Rudel in Niedersachsen und mehrere stationäre Einzeltiere oder Paare in anderen Regionen Sachsen-Anhalts, Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Niedersachsens sowie in Schleswig-Holstein. In Thüringen wurde 2013 ein einzelner Wolf gesichtet. Ob die in Hessen und Bayern festgestellten Einzeltiere noch anwesend und am Leben sind, ist unklar. Vieles deutet aber darauf hin, dass sich in einigen Landkreisen Bayerns Wölfe aus Norditalien ansiedeln. Seit Ende 2014 ist er auch in Nordrhein-Westfalen heimisch.
Wenn die Gesamtpopulation wächst und er sich langsam weiter ausbreitet, kann man bei weiterem erfolgreichen Schutz davon ausgehen, dass der Wolf in Deutschland wieder dauerhaft ansässig wird. Obwohl in Deutschland streng geschützt und nicht jagdbar, wurden Wölfe wiederholt von Jägern geschossen. Seit 1990 wurden in Deutschland mindestens 15 Wölfe illegal getötet, neun alleine seit 2000. Bei einem dieser Tiere handelte es sich um einen Wolf, der nicht aus der deutsch-polnischen Population stammte, sondern aus der italienischen.
Mehrfach wurden weite Abwanderungen dokumentiert. Von drei im Frühjahr 2009 besenderten Wolfsrüden des Nochtener (zwei junge Rüden) bzw. Neustädter Rudels (ca. zwei bis drei Jahre alter Rüde) hatte ein junger Rüde nach einem über 1000 km langen Weg im Sommer 2009 Litauen erreicht. Ein im November 2012 in Nord-Dänemark tot aufgefundener Wolfsrüde wurde nachweislich 2008 oder 2009 in einem Wolfsrudel in der Lausitz geboren. Er legte 720 km Luftlinie wandernd zurück.
Seit den 1980ern begann man, Heckrinder gemeinsam mit anderen großen Weidetieren für die Landschaftspflege einzusetzen, da die wichtige Rolle von Pflanzenfressern in natürlichen Ökosystemen erkannt wurde. Der NABU in Nordrhein-Westfalen betreibt einige Beweidungsprojekte mit Heckrindern in extensiver Landwirtschaft. Heckrinder werden zur Beweidung u.a. der Emsauen eingesetzt, gemeinsam mit Koniks. Das Hutewaldprojekt im Naturpark Solling-Vogler setzt Heckrinder zusammen mit Exmoor-Ponys ein. Die Beweidung von Robustrindern wie dem Heckrind, oder auch Hochlandrinder oder Steppenrinder (u.a. im Nationalpark Neusiedler See), erfüllt neben Fleischvermarktung auch Naturschutzziele, da sie offene Flächen erhält, die Lebensraum für viele Kleintierarten sind. Auch das Schottische Hochlandrind und Galloway-Rinder finden in der Landschaftspflege Anwendung.
Zwischen 1918 und etwa 1960 war der Luchs in Westeuropa damit weitgehend ausgerottet. In großen Teilen Nord-, Ost- und Südosteuropas sowie in den meisten asiatischen Vorkommensgebieten konnte sich die Art jedoch halten, die westlichsten autochthonen Vorkommen gab es um 1960 in Südschweden, Ostpolen und der östlichen Slowakei.
Durch zahlreiche Auswilderungen sind heute einige Bereiche Westeuropas wie die Alpen, der Jura, die Vogesen, der Harz und der Böhmerwald wiederbesiedelt. In den Nordwestalpen sind mittlerweile nahezu alle geeigneten Lebensräume von Luchsen besetzt. Diese Wiederbesiedlungsprogramme sind in der Öffentlichkeit umstritten gewesen und ihre Durchführung erwies sich nicht immer als problemlos. Auf die spezifischen Probleme wird im Kapitel Menschen und Luchse eingegangen.
Führend in der Wiederansiedelung des Luchses war die Schweiz: Am 23. April 1971 wurden in der Schweiz im Areal des Jagdbannbezirks Huetstock bei Engelberg in der Nähe von Luzern die ersten zwei aus den Karpaten stammenden Luchse ausgesetzt. Bis 1976 wurden weitere Luchse wieder angesiedelt, die sich bis 1979 bereits über ein 4500 Quadratkilometer großes Gebiet verbreitet hatten. 1991 waren in den Schweizer Nordwest- und Zentralalpen 10.000 Quadratkilometer und im Jura 5000 Quadratkilometer wieder mit Luchsen besiedelt. In den in der Nordostschweiz gelegenen Kantonen St. Gallen, Zürich, Thurgau und beiden Appenzell wurden zwischen 2001 und 2003 insgesamt neun weitere Luchse ausgewildert, die auch dort eine tragfähige Population begründen sollten.
In Österreich wurden 1976 neun Luchse aus der Slowakei im Dreiländereck Steiermark-Kärnten-Salzburg ausgewildert, allerdings blieb die daraus resultierende Population bis heute klein. In den französischen Vogesen, wo man 1983 19 Luchse auswilderte, konnte sich dagegen anfänglich eine Population entwickeln, heute steht diese aber kurz vor dem Erlöschen.Die Nachkommen von drei in Slowenien ausgewilderten Luchspaaren besiedeln heute ein Verbreitungsgebiet von der slowenischen Grenze zu Italien und Österreich bis nach Bosnien-Herzegowina.
In Deutschland waren bereits in den 1950er Jahren einzelne Luchse vermutlich aus Tschechien in den Bayerischen Wald eingewandert. 1962 gab es die ersten gesicherten Hinweise auf Luchse im Elbsandsteingebirge, und 1969 wurden erstmals wieder Luchse in der Dübener Heide nördlich von Leipzig beobachtet. Mittlerweile gibt es in Deutschland neben der Population im Bayerischen Wald wieder Luchse in der Sächsischen Schweiz, im Pfälzerwald, im Fichtelgebirge und im Spessart. Im Nationalpark Harz läuft ein Auswilderungsprojekt, in dessen Rahmen seit dem Jahr 2000 insgesamt 24 Luchse ausgewildert wurden; 2002 kam es zur ersten Geburt freilebender Luchse seit der Wiedereinführung. Im Rahmen des Projektes „Luchsmonitoring“ wurde 2011 auch eine recht stabile Population vor allem in den waldreichen Landkreisen Nordhessens nachgewiesen, auch Nachwuchs wurde dabei in den Fotofallen beobachtet. Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser Population um Nachfahren der Harzer Tiere.
Einzelne, wahrscheinlich aus der Schweiz eingewanderte Luchse wurden auch schon im Schwarzwald gesichtet. Seit 2004 wurden in verschiedenen Teilen Deutschlands Luchse gesichtet, deren Herkunft häufig unklar ist, zum Beispiel im oberen Donautal, in der Eifel, im Teutoburger Wald, im Odenwald oder in Altengrabow. In einer Sturmnacht vom 18. auf den 19. Januar 2007 gelang einem Luchspärchen die Flucht aus dem Tierpark Suhl in den Thüringer Wald. Überlebenschancen haben diese Tiere allerdings nur, wenn sie die Fähigkeit besitzen, in der freien Wildbahn Beutetiere zu schlagen.
Einzelsichtungen sind allerdings noch kein Beleg dafür, dass Luchse eine Region wiederbesiedelt haben und sich dort fortpflanzen. In der Regel gründen Luchse Reviere nur dann, wenn diese territorialen Anschluss an benachbarte Luchsreviere haben.
Luchs, Wolf und Wisent sollen nur Beispiele sein für Tiere, die wieder in Deutschland heimisch gemacht werden sollen. Natürlich werden auch für vom Aussterben bedrohte Tiere Maßnahmen ergriffen.
Zahlreiche Zoos und Naturschutzorganisationen beteiligen sich an Wiedereinbürgerungsprogrammen beispielsweise für Steinkauz oder Nerz.