Seirian Sumner: Wespen – Eine Versöhnung (Rezension)


Wespen gelten als die Gangster der Insektenwelt, als geflügelte Mörder mit gewaltigen Stacheln, als biblische Strafe und Inspiration für Horrorfilme. Was hat zu diesem miserablen Image geführt? Und haben sie diesen Ruf verdient?
Die britische Entomologin und Verhaltensökologin Seirian Sumner hat jahrelang das Wesen der Wespen erforscht und bringt uns ihre Welt auf faszinierende Weise näher: Denn Wespen führen nicht nur ein hochentwickeltes (wie unterhaltsames) Sozialleben, sie sind auch natürliche Schädlingsbekämpfer; zum Beispiel gegen Raupen und Kleidermotten. Ohne ihre Bestäubung könnten wir keine Feigen ernten, mit ihrem Geruchssinn stellen sie jeden Spürhund in den Schatten, und Bestandteile ihres Gifts spielen bei der Bekämpfung von Krebszellen zunehmend eine Rolle.

Wenn man an Wespen denkt, denkt man an die Deutschen oder Gemeinen Wespen, deren einziger Sinn darin zu bestehen scheint, uns das Leben schwer zu machen und uns beim Grillen oder beim Frühstück auf dem Balkon das Vergnügen zu vermiesen. Wesen sind also genauso unnütz wie Mücken oder Fliegen. Und wenn wir schon mal dabei sind … gibt es ekligeres als Spinnen?
Okay, Spaß beiseite, jedes Tier hat auf irgendeiner Weise einen Sinn im Ökoysystem. Dazu gehört es definitiv nicht, dem Menschen das Leben zu erschweren. Und so zeigt Seirian Sumner in ihrem Buch zumindest was Wespen alles leisten.
Sumner ist Professorin für Verhaltensökologie am University College London (UCL), wo sie die Ökologie und Evolution sozialer Insekten untersucht. Sie hat mehr als siebzig Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht und zahlreiche Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten, darunter den L‘Oréal-UNESCO-Preis für Frauen in der Wissenschaft und die Silbermedaille der Zoologischen Gesellschaft von London. Von Wespen hat sie also Ahnung … und sie weiß, wie sie ihr Wissen dem Leser nahebringen kann ohne zu langweilen. Und nach der Lektüre von WESPEN – EINE VERSÖHNUNG sieht man Wespen mit anderen Augen. Offensichtlich sind meist nur die schwarzgelb gestreiften Vertreter der Gattung Vespula, die man allgemein mit Wespen gleichsetzt. Aber die Welt der Wespen hat noch viel mehr zu bieten: Und so mag es verwundern, dass Wespen vor Bienen und Ameisen existierten und sie (bzw. fossile Arten) als Vorläufer von Bienen und Ameisen gelten. Manche Wespen sind auffällig, andere weniger und nur wenige werden als lästig betrachtet, denn einige Arten lassen sich gut zur Schädlingsbekämpfung einsetzen. Und tatsächlich gibt es auch Wespen, die als Bestäuber dienen.
Sumner schreibt eine Liebeserklärung an die Wespen und kann mit ihrer Begeisterung den Leser mitreißen. Allerdings kommt sie hin und wieder vom Thema ab und ergießt sich in fiktive Gespräche mit sogenannten „Wespenflüsterern“ (Forschern der Vergangenheit, die sich mit Wespen auseinandersetzten). Das hätte man gerne kürzer fassen können vor allem ein ganzes Kapitel mit Aristoteles … das war schon etwas ermüdend, trotz des vermittelten Wissens.
Im Großen und Ganzen aber ist WESPEN – EINE VERSÖHNUNG ein Buch für alle, die Wespen mögen und solche, die ihre Abneigung gegen sie besiegen wollen. (Und es kann durchaus unterhaltsam sein eine Wespe auf dem Steak genauer zu betrachten)

(Rezensionsexemplar)

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