Ordnung: | Unpaarhufer (Perissodactyla) |
Familie: | Pferde (Equidae) |
Gattung: | Pferde (Equus) |
Art: | Wildpferd (Equus ferus) |
Unterart: | Tarpan (Equus ferus ferus) |
Das rekonstruierte Aussehen des Tarpans basiert auf genetischen, osteologischen und historischen Befunden. Genetische Untersuchungen zeigen, dass bei europäischen und russischen Wildpferden die Grundfarbe Braun überwog. Während des Mesolithikums entstand bei Wildpferden auf der iberischen Halbinsel zusätzlich ein Gen für eine schwarze Fellfarbe. Diese Farbe breitete sich weiter nach Osten aus, erreichte Sibirien jedoch nie und blieb gegenüber der braunen Farbe in der Minderheit unter den untersuchten Wildpferd-Genotypen. Des Weiteren wurde bei prähistorischen Wildpferden der Tigerschecken-Komplex nachgewiesen, der für eine schwarz gescheckte weiße Grundfarbe verantwortlich ist, wie man sie bei Knabstruppern und einigen Norikern finden kann. Das Vorkommen des Dilute-Gens, das bei falben Pferden eine Aufhellung der Grundfarbe bewirkt, wurde bislang bei Wildpferden noch nicht getestet. Es wird jedoch für wahrscheinlich gehalten, dass Wildpferde zumindest in offeneren Lebensräumen falben waren, da sowohl das Przewalski-Pferd als auch viele Wildesel allesamt braunfalben gefärbt sind und die helle Grundfarbe für steppenartige Habitate vorteilhaft ist. Die Grundfarben Braun und Schwarz ergeben mit Falbe Braunfalbe bzw. Schwarzfalbe. Darüber hinaus wird vermutet, dass ein eventueller Verlust des Falbgens wiederum im mittleren und westlichen Teil Europas von Vorteil gewesen wäre, da dunkler gefärbte Pferde (in diesem Fall phänotypisch braun und schwarz) in bewaldeten Gebieten besser getarnt gewesen sein könnten. Helle Körperunterseite (Pangare) und Mehlmaul sind Charakteristika, die ebenfalls bei europäischen Wildpferden vorkommen konnten, da sie bei allen anderen wilden Equinen (mit Ausnahme der Zebras) ein fester Bestandteil der Fellfarbe sind und historische Berichte eine helle Bauchseite teilweise erwähnen. Sehr wahrscheinlich wiesen falbe Wildpferde auch die so genannten „primitiven Markierungen“ auf, wozu neben Aalstrich auch Fesselstreifen und Schulterkreuz gehören. Höhlenmalereien, die Wildpferde des Pleistozäns in Europa darstellen, zeigen sowohl braune, schwarze als auch falbe und weiß-gepunktete Tiere.
In einer Vielzahl historischer Quellen werden wildlebende Pferde in Europa beschrieben. Diese sind oft jedoch ungenau, sodass über die Natur der jeweiligen Pferdepopulationen Unklarheit bezüglich ihres Status als Wildpferde oder verwilderte Hauspferde besteht. So ist weiter auch unklar, ob mit „mausfarben“ eine mausgraue oder mausbraune Färbung gemeint ist.
Herodot beschrieb im fünften Jahrhundert vor Christus helle Wildpferde, die auf dem Gebiet der heutigen Ukraine vorkamen. Albertus Magnus berichtet im 12. Jahrhundert nach Christus von Wildpferden auf deutschem Gebiet, die mausfarben und mit dunklem Aalstrich versehen waren.
Belsazar Hacquet, Arzt bei der österreichischen Armee während des Siebenjährigen Krieges, schilderte die Wildpferde im Tierpark Zamość als klein, schwarzbräunlich gefärbt, mit großen und dicken Köpfen, mit kurzen dunklen Mähnen und Schweifhaaren sowie einem „Bart“. Die Wildpferde seien absolut unzähmbar gewesen und verteidigten sich hartnäckig und mutig gegen Raubtiere. Auch Kajetan Kozmian beschreibt die Wildpferde von Zamość als klein und sehr kräftig, mit robusten Gliedmaßen und einheitlicher dunkler Mausfarbe.
Eine weitere wichtige Beschreibung wilder Pferde lieferte Samuel Gottlieb Gmelin im Jahre 1768, der Populationen in Woronesch sah. Laut ihm waren die Wildpferde sehr klein, trugen spitze Ohren und eine kurze krause Mähne. Der Schwanz war ebenfalls kürzer als bei Hauspferden. Die Farbe war typischerweise mausfarben, der Bauch heller gefärbt, die Beine gingen ins Schwarze über. Allerdings wurde auch von weißen und Grauschimmeln berichtet. Das Fell war lang und dicht. Die Wildpferde waren sehr schnell und scheu und flüchteten beim leisesten Geräusch. Angeführt wurden die Herden von einem Leithengst. Diesen genauen Berichten zum Dank wurde das europäische Wildpferd von Antonius nach Gmelin benannt.
Peter Pallas lieferte ebenfalls wertvolle Beschreibungen über wilde Pferde im südlicheren Russland, die er auf einer Reise im Jahre 1768 sichtete. Seiner Meinung nach handelte es sich bei den von ihm gesehenen Pferden jedoch nicht um Wildpferde, sondern um verwilderte Hauspferde, die während Kriegswirren entkamen. Sie waren jedoch wichtige Jagdtiere für die Tataren und lebten in Herden von fünf bis zu 20 Tieren und zeigten einen wildpferdeartigen Körperbau: kleine Statur, dicke Köpfe, kurze krause Mähnen und kurze Schweifhaare sowie spitze Ohren. Die Farbe wurde als fahl-braun, hier und da dunkelbraun oder schwarz beschrieben. Des Weiteren berichtet Pallas von solchen mit deutlichen Anzeichen von Vermischung, wie etwa hell gefärbten Beinen oder Grauschimmel.
Charles Hamilton Smith berichtet in The Natural History of Horses, with Memoir of Gesner, dass Tarpane in Herden von einigen bis zu hundert Tieren angetroffen werden konnten, die von einem Leithengst angeführt wurden. Oft waren diese Herden mit Hauspferden vermischt, und neben reinerbigen Herden gab es ebenso wilde Hauspferd-Herden bzw. Hybridherden. Die Farbe der reinen Tarpane wird als einheitlich braun, creme-farbig oder mausfarben beschrieben. Die kurze krause Mähne wurde als schwarz beschrieben, genauso wie der Schweif und die Fesseln. Die Ohren seien entweder lang oder kurz gewesen und setzten hoch am Schädel an. Die Augen waren klein. Die Lautäußerungen des Tarpans seien schriller und lauter als die von Hauspferden gewesen, und generell machte das Wildpferd eine Maultier-ähnliche Erscheinung. Der Tarpan soll laut Hamilton Smith jahreszeitliche Wanderungen unternommen haben, während des Sommers wanderten sie nordwärts und zogen sich im Herbst wieder in den Süden zurück.
Dem europäischen Wildpferd bzw. Tarpan wird heute oft eine Stehmähne zugesprochen. Alle überlebenden Wildpferdearten weisen eine Stehmähne auf, so hielt man Hängemähnen für ein Domestikationsmerkmal. Historische Berichte beschrieben jedoch nie eindeutig Stehmähnen für europäische Wildpferde, und es ist wahrscheinlich, dass bei diesen eine kurze Hängemähne vorkam. Denn dieses Merkmal ist in niederschlagsreichen Regionen von Vorteil, da es Regenwasser und Schnee von der Hals- und Gesichtsregion abhält und den Wärmeverlust reduziert. Mumifizierte sibirische Wildpferde weisen ebenfalls eine Hängemähne auf.
Tadeusz Vetulani nahm an, dass die zunehmende Bewaldung in Mitteleuropa nach der Würm-Kaltzeit zu einem an Wälder angepassten Wildpferdetypus führten, den er als „Waldtarpan“ gegenüber dem „Steppentarpan“ abgrenzte. Die meisten historischen Quellen bezeugen jedoch keine nennenswerten Unterschiede zwischen den verschiedenen Populationen, sodass etliche Autoren diese als eine Unterart führen.
Allerdings wird von C. H. Smith berichtet, dass es in Westeuropa einen stämmigen Wildpferdetyp gab, der Wälder und Hochländer bewohnte. Zu finden war dieser in Spanien, den Pyrenäen, der Camargue, den Ardennen, Großbritannien und dem südschwedischen Hochland. Der Kopf dieser Wildpferde war bullig und mit einem starken Unterkiefer versehen, sie hatten einen robusten und starken Körper, schwere Mähnen mit Stirnlocken und einen langen buschigen Schweif. Die Farbe wurde als blass, gelblich-braun mit Aalstrich und Fesselstreifen oder gänzlich schwarzen Fesseln beschrieben. Die Flanken und der Schulterbereich konnten gesprenkelt sein, und einige wiesen eine Tendenz zu einer Aschfarbe auf. Sie lebten in hügeligen, felsigen Habitaten und zeigten sich intelligent und „arglistig“. In den Sümpfen der Niederlande soll es weiters schwarze Wildpferde gegeben haben, die einen großen Schädel mit kleinen Augen und borstiger Schnauze aufwiesen. Die Mähne war opulent, die Zehen breit und trugen starke Fußlocken. Diese Form war bis zum Harz verbreitet. Möglicherweise stellte es auch nur ein verwildertes Pferd dar.
Sehr wahrscheinlich handelt es sich nicht bei allen beschriebenen wilden Pferden um tatsächliche Wildpferde, sondern um verwilderte Hauspferde oder Hybriden. U.a. wurde von manchen polnischen Autoren aus dem 19. Jahrhundert beschrieben, die wilden Pferde des Landes hätten Hufprobleme, was zu verkrüppelten Beinen führte, weshalb sie annahmen, dass es sich um verwilderte Hauspferde handelte. Andere zeitgenössische Autoren wie etwa Pallas gingen noch weiter und behaupteten, sämtliche wilden Pferde von der Wolga bis zum Ural seien verwilderte Hauspferde. Andere, wie Hamilton Smith, hielten dies für zu spekulativ und gingen von der Fortexistenz wilder, undomestizierter Pferde im 19. Jahrhundert aus.
Tatsächlich wurden nach Kriegen des Öfteren Schlachtpferde in die Wildnis entlassen, da sie nicht mehr benötigt wurden. Auch entführten Wildhengste oft Hausstuten und töteten konkurrierende Haushengste. Nicht selten wurde im 18. und 19. Jahrhundert von wilden Pferden mit abweichenden Fellfarben sowie Herden, in denen sich eindeutige Hausstuten befanden, berichtet. Pallas beschrieb zwar einerseits Pferde mit Wildmerkmalen wie großen Köpfen, spitzen Ohren, kurzer krauser Mähne und Schweif, aber auch Farben wie Grau, Schimmel und helle Gliedmaßen.
Aufgrund dessen hielt bzw. hält eine Vielzahl von Autoren die Tarpane der letzten beiden Jahrhunderte für eine wilde Mischlingspopulation oder gar verwilderte Hauspferde, andere betrachten diese Frage als nicht abschließend zu klären. Nur wenige gehen von allen historisch als Tarpan bezeichneten Tieren als reine, echte Wildtiere aus.
Das einzige bekannte Exemplar der wildlebenden osteuropäischen Pferde, das photographisch dokumentiert wurde, ist der sogenannte Cherson-Tarpan, der in der Steppe nahe Novo-Voroncowka 1866 als Fohlen gefangen wurde. Er starb 1887 im Moskauer Zoo. Die Natur dieses Pferdes war bereits damals umstritten, da es nahezu keines der typischen Wildpferd-Merkmale aufwies. Heute geht man davon aus, dass es sich um ein wildes Hauspferd oder einen Hybriden handelte, jedoch nicht um ein echtes Wildpferd.
In prähistorischer Zeit hatte Equus ferus ein durchgehendes Verbreitungsgebiet von Westeuropa bis Alaska, und auch historische Befunde legen ein Vorkommen in weiten Teilen des Holozänen Europas nahe (mit Ausnahme von großen Teilen Skandinaviens, Islands und Irlands) und Teilen der eurasischen Steppe. Das vom Menschen verursachte Aussterben des Tarpans begann in den stärker zivilisierten Regionen, also Südeuropa.
In Dänemark kamen bis zum 12. Jahrhundert noch Wildpferde in großer Zahl vor, die aufwändig gejagt wurden. Im 15. und frühen 16. Jahrhundert wurde in ostpreußischen Provinzen noch von Wildpferden berichtet. Im Laufe des 16. Jahrhunderts verschwanden die Wildpferde aus weiten Teilen des Festlands in Westeuropa und wurden auch in Osteuropa zusehends seltener, da sie begehrtes Jagdwild des Adels darstellten. Für die wilden Pferde Großbritanniens siehe Exmoor-Pony.
Im Tierpark Zamość überlebten die Wildpferde recht lange, bis sie 1806 aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten an umliegende Bauern der Biłgoraj -Region verteilt wurden und in deren Hauspferden aufgingen. Kozmian schreibt im Weiteren, dass die Pferde kurz zuvor in freier Wildbahn in Polen ausgerottet wurden, da sie Heuvorräte für Nutzvieh beschädigten.
In den südrussischen Steppen überlebte das europäische Wildpferd am längsten. Um 1880 waren die Tarpane, die wahrscheinlich bereits großteils Hybride waren, auch in Südrussland bereits sehr selten. 1879 wurde das letzte wissenschaftlich belegbare Exemplar getötet. Für danach sind Sichtungen zweifelhafter Authentizität überliefert. Das letzte in Gefangenschaft gehaltene Pferd, das als Tarpan bezeichnet wurde, starb 1918.
Der Mensch nutzte Wildpferde bereits seit der Altsteinzeit als Jagdbeute. Auch in historischer Zeit dienten die Tarpane vielen Kulturen als wichtiger Fleischlieferant. Wie viele Großherbivoren handelte es sich beim Wildpferd jedoch um einen ausgesprochenen Kulturflüchter, und die zunehmende Zivilisation des Kontinents verkleinerte durch Siedlungs- und Ackerbau den Lebensraum der Tiere. Darüber hinaus wurden sie verfolgt, da sie Heuvorräte beschädigten und des Öfteren Hausstuten von Weiden entführten. Auch war die Vermischung mit Wildpferden unter Landwirten nicht geschätzt, da sehr hartnäckiger Nachwuchs die Folge war.