Ordnung: | Sperlingsvögel (Passeriformes) |
Unterordnung: | Singvögel (Passeri) |
Familie: | Rabenvögel (Corvidae) |
Unterfamilie: | Corvinae |
Gattung: | Raben und Krähen (Corvus) |
Art: | Nebelkrähe (Corvus cornix) |
Die Nebelkrähe gleicht in der Gestalt der Rabenkrähe. Mit Ausnahme von Kopf, Kehle, Flügeln, Schwanz und Schenkelfedern, die schwarz und meist glänzend sind, ist das Gefieder der Nebelkrähe aschgrau. Der kräftige Schnabel und die Beine sind schwarz; die Iris dunkelbraun. Der ausgefranste schwarze Brustlatz variiert in der Größe. Im Herbst findet wie bei anderen Krähenarten nur eine Mauser statt. Männliche Nebelkrähen sind in der Regel größer als weibliche, obwohl die beiden Geschlechter ansonsten ähnlich aussehen. Ihr Flug ist langsam, schwer und normalerweise gerade. Die Länge der Nebelkrähe variiert zwischen 48 und 54 cm und ähnelt stark der Rabenkrähe. Ihre ausgebreiteten Flügel erreichen eine Spannweite von etwa einem Meter. Beim ersten Schlüpfen sind die Jungen schwärzer als die Eltern. Jugendliche haben ein stumpferes Gefieder mit bläulichen oder gräulichen Augen. Das Gewicht der ausgewachsenen Vögel beträgt etwa 400 bis 600 g bzw. durchschnittlich 510 g.
Die Nebelkrähe mit ihren kontrastierenden Grau- und Schwarztönen unterscheidet sich optisch sowohl von der Rabenkrähe als auch von der Saatkrähe, aber die kraa-Rufe der Nebelkrähe und der Rabenkrähe sind fast nicht zu unterscheiden.
Die Nebelkrähe besiedelt in Westeuropa Irland und Nord-Schottland und schließt am Kontinent an das Verbreitungsgebiet der Rabenkrähe an. Sie ist in ganz Skandinavien, Dänemark, Russland und Polen zu Hause. Weiterhin findet man sie im Osten Deutschlands, in der Tschechischen Republik und in Ostösterreich und südwärts des Alpenbogens in Italien und auf dem Balkan. In Zentral- und Ostasien schließt an die Ostgrenze des Nebelkrähenareals die Rabenkrähe an. Wo sich Raben- und Nebelkrähenareal in Europa treffen, ist ein stabiler maximal 150 km breiter Hybridgürtel ausgebildet (vereinzelt bis Hamburg, West-Niedersachsen, eventuell Hybrid-Nachfahren), in dem die beiden Ausgangsformen und fruchtbare Hybriden leben. Diese Mischzone reicht in Deutschland etwa von Ostmecklenburg, südwärts zur Elbe und an dieser entlang bis nach Tschechien.
Die IOC World Bird List der International Ornithologists’ Union (IOU) beschreibt heute vier Unterarten der Nebelkrähe:
C. c. cornix (Linnaeus, 1758) Die Art kommt in Europa von Teilen Großbritanniens, Irlands und Skandinaviens im Norden, über Teile Mittel- und Osteuropas bis nach Korsika im Süden vor.
C. c. sharpii (Oates, 1889) Sie wurde benannt nach dem englischen Zoologen Richard Bowdler Sharpe. Dies ist eine blasser graue Form, die von Westsibirien bis in die Kaukasusregion und dem Iran vorkommt.
C. c. pallescens (Madarász, 1904) Sie kommt vor in der Türkei und Ägypten, und ist eine blassere Form, wie der lateinische Name schon sagt.
C. c. capellanus (Sclater, PL, 1877) Sie wird manchmal als eigene Art betrachtet. Diese charakteristische Form kommt im Irak und im Südwesten des Iran vor. Sie hat ein sehr hellgraues Gefieder, das aus der Ferne fast weiß aussieht.
Die Nebelkrähe ist ein Allesfresser mit einer ähnlichen Ernährung wie die Rabenkrähe und ein ständiger Aasfresser. Sie ernähren sich von wirbellosen Tieren, Vogeleiern, Nestlingen, Amphibien, Mäusen, Beeren, Nüssen, Früchten und Sämereien, aber auch Abfall und Aas stehen auf ihrem Speiseplan.
Auf Küstenklippen stehlen sie die Eier von Möwen, Kormoranen und anderen Vögeln, wenn deren Besitzer abwesend sind. In städtischen Gebieten räumen sie auf der Futtersuche gern Mülltonnen aus. Ihre Funktion als Aasfresser ist elementar für ein gesundes Ökosystem. Ohne die Rabenvögel würden Tierkadaver zunehmend eine gesundheitliche Gefahr für andere Lebewesen darstellen. Nebelkrähen sind bekannt dafür, Muscheln und Krabben fallen zu lassen, um sie nach Art der Rabenkrähe zu zerbrechen.
Nebelkrähen halten sich gern in kleineren Gruppen und Familienverbänden auf. Sie führen monogame Dauerehen und brüten 1–2 Mal pro Jahr. Nebelkrähen beginnen allerdings erst im Alter von 3–5 Jahren zu brüten. Von März bis Juni bauen sie ihre Nester oft in höheren Baumlagen auf einem gepolsterten Nest. Die Nester stehen in der Regel einzeln, wenn auch wenig voneinander entfernt. Sie gleichen denen anderer Krähen und sind stets oben frei.
Es kommen aber auch Gebäudebruten, Bruten in Felsnischen und Bodenbruten vor. Während der Brut zieht sich das Vogelpaar in sein Revier zurück und verteidigt dies mit vollem Einsatz. Die Brutdauer beträgt etwa 17–20 Tage. Die Eier werden allein vom Weibchen bebrütet. Nach 30–35 Tagen verlassen die Jungvögel das Nest. Das Gelege besteht aus 3–5, selten 6 Eiern. Sehr selten findet man auch 7 Eier. Die braun gesprenkelten blauen Eier sind etwa 4,3 cm × 3,0 cm groß und wiegen durchschnittlich 19,8 g. Ein Jahr lang bleiben die Jungtiere bei ihren Eltern.
Die Nebelkrähen leben außerhalb der Brutzeit paarweise oder in kleinen Familienverbänden. Im Herbst und im Winter sieht man sie auch in großen Schwärmen. Sie können Fluggeschwindigkeiten von bis zu 50 km/h erreichen. Nebelkrähen scheuen die menschliche Nähe kaum. Nebelkrähen leben häufig in offenem Gelände. Sie brüten in Wäldern und Baumgruppen. Immer häufiger begegnet man ihnen auch in Parks und Gärten. Auf Feldern und Äckern findet man sie bei der Nahrungssuche. Hinsichtlich des Sozialverhaltens gibt es bei den Nebelkrähen eine Trennung der Population in Brutvögel, die Territorien besitzen, und locker zusammenhaltenden Nichtbrütertrupps. Letztere bestehen aus ein- bis fünfjährigen Vögeln. Im Alter von rund sieben Jahren rücken die Mitglieder der Nichtbrütertrupps in die Brutgesellschaft nach. Die nördlich lebenden Nebelkrähen sind Zugvögel, die in großer Zahl bei Beginn des Winters fortziehen.
Jelmer Poelstra und Mitarbeiter sequenzierten fast das gesamte Genom beider Arten verschiedener Populationen in unterschiedlichen Entfernungen von der Kontaktzone und fanden heraus, dass es nur wenige Unterschiede im Aufbau des Erbguts der Vögel gibt, was dafür spricht, dass ein erheblicher Genfluss zwischen beiden Rabenvögeln vorhanden ist. Nur in winzigen Regionen des Erbguts (< 0,28 %) fanden Poelstra und Mitarbeiter genetische Unterschiede zwischen Nebel- und Rabenkrähen. Die meisten Unterschiede fanden die Wissenschaftler auf einem Abschnitt des Chromosoms 18. Dort liegen Gene, die unter anderem für die Färbung des Gefieders zuständig sind, was dem Oberkörper der Nebelkrähe die hellere Gefiederfärbung verleiht. Diese Unterschiede im Genom reichten trotz der Paarungen in der Hybridisierungszone aus, um die beiden Phänotypen aufrechtzuerhalten, obwohl es in der Hybridisierungszone regelmäßig Paarungen zwischen Nebel- und Rabenkrähen gibt. Daher können die beiden Arten lebensfähig hybridisieren und tun dies gelegentlich in der Kontaktzone. Jedoch paaren sich die ganz schwarzen Rabenkrähen auf der einen Seite der Kontaktzone fast ausschließlich mit anderen ganz schwarzen Rabenkrähen. Das Gleiche gilt für die Nebelkrähen auf der anderen Seite der Kontaktzone. Poelstra und Mitarbeiter kamen zu dem Schluss, dass nur das äußere Erscheinungsbild der beiden Arten die Hybridisierung hemmt. Bei den Paarungen zwischen einer Raben- und einer Nebelkrähe entsteht beim Nachwuchs oft eine ungewöhnliche Gefiederfärbung. Diese macht die Vögel anscheinend unattraktiv. Sie finden schwieriger selbst wieder einen Partner, und ihre „Genmischung“ beziehungsweise ihr neuer Phänotyp setzt sich nicht durch. Durch Rückkreuzung entstehen teilweise Mischlinge, die äußerlich den Elternvögeln ähneln, also Raben- oder Nebelkrähe. Diese Vögel können dann Genmaterial über die Hybridisierungszone hinweg in die jeweils andere Population einbringen und sorgen so für die Durchmischung im Großteil des Genoms zwischen den Populationen.