Klasse: | Vögel (Aves) |
Ordnung: | Hühnervögel (Galliformes) |
Familie: | Fasanenartige (Phasianidae) |
Unterfamilie: | Raufußhühner (Tetraoninae) |
Gattung: | Haselhühner (Tetrastes) |
Art: | Haselhuhn (Tetrastes bonasia) |
Mit 35–36 cm Länge ist das Haselhuhn etwa so groß wie ein Rebhuhn (Perdix perdix). Die Gefiederzeichnung ist grau bis rotbraun auf der Oberseite und weißlich-schwarz gemustert auf der Unterseite. Die schwarz-weiße Musterung nimmt zur Kehle hin zu und geht dort in einen rotbraunen Farbton über. Der Schwanz ist relativ lang und schwach gerundet. Er trägt am Ende eine breitere, schwarze Querbinde, welche am Außenrand weiß gesäumt ist.
Bei Erregung können beide Geschlechter die Kopffedern zu einer charakteristischen „Holle“ aufstellen. Im Gegensatz zur Henne hat der Hahn im Brutkleid einen schwarzen Kehlfleck.
Frisch geschlüpfte Küken sind auf der Körperunterseite blassgelblich bedunt. An der Vorderbrust sind sie blass rostbraun und auf der Körperoberseite warm rostbraun. Der Scheitel, der Nacken und der Rücken sind braun. Die Kopfseiten sind gelblich mit dunkelbraunen, feinen Streifen.
Wie bei allen Hühnervögeln ist der Flug schnell und geräuschvoll. Nach dem Auffliegen fliegt das Haselhuhn zunächst eine Strecke geradeaus und ist dann, wenn eine ausreichend hohe Geschwindigkeit erreicht ist, in der Lage, im Gleitflug jäh zu wenden. Ein aufgeschrecktes Haselhuhn fliegt in der Regel nicht weiter als etwa 100 Meter.
Deckung suchen aufgeschreckte Haselhühner gewöhnlich in Nadelbäumen in einer Höhe zwischen fünf bis sieben Meter. Sie halten sich dann gewöhnlich in Stammnähe auf und verharren, von leichten Kopfdrehungen abgesehen, weitgehend unbeweglich, bis sie sich nicht mehr beunruhigt fühlen. Am Boden rennende Haselhühner strecken den Hals nach vorne und machen einen kleinen Buckel.
Das Haselhuhn bewohnt die Waldgebiete der europäischen und asiatischen Taiga, dringt aber auch bis in die Laubwaldgürtel Eurasiens vor. Die Nordgrenze des Verbreitungsgebietes ist durch die nördliche Grenze geschlossener Nadelwälder bestimmt. Es ist bis zur Südgrenze der Waldzone verbreitet und kommt örtlich auch in der Waldsteppe vor.
Das Haselhuhn benötigt unterholzreiche Wälder mit einer vielseitigen Artenzusammensetzung und mit einer reichen horizontalen und vertikalen Gliederung. Gute Haselhuhnbiotope weisen Laubbäume, eine nicht zu dichte Kraut-, Hochstauden- und Zwergstrauchschicht, die Beeren als Nahrung anbieten, sowie Dickichte auf. Ungeeignete Habitate sind durchforstete oder dicht geschlossene Altersklassenbestände.
In Mitteleuropa gibt es nur noch wenige große Vorkommen. Der Verbreitungsschwerpunkt des Haselhuhns liegt hier in den Alpen. Die zweitgrößte mitteleuropäische Population mit 2000 bis 4000 Paaren lebt im Bereich der Nationalparks Bayerischer Wald und Böhmerwald sowie angrenzender Forstgebiete. Aber auch in den Ardennen, im Ösling, in Lothringen, den Vogesen, dem Französischen Jura, den Beskiden, der Tatra und den Waldkarpaten ist das Haselhuhn ein regelmäßiger Brutvogel.
Andere natürliche Vorkommen in Mitteleuropa sind sehr klein. In Regionen, wo das Haselhuhn noch vor einigen Jahrzehnten heimisch war, laufen seit den letzten 20 Jahren aufwändige Wiederansiedelungsprojekte.
Auf Grund des großen Verbreitungsgebietes und ihrer jeweils unterschiedlichen klimatischen Bedingungen besiedelt das Haselhuhn unterschiedliche Waldformen. So ist es im Süden des Urals in reinen Eichenwäldern mit einem reichen Unterwuchs anzutreffen. In den sibirischen Gebirgen besiedelt es dagegen dichte Kiefern-Fichtenwälder. Im gesamten Verbreitungsgebiet ist das Haselhuhn am ehesten in bewaldeten Gebirgsflusstälern anzutreffen, in denen Fichten, Birken und Erlen dominieren. Nur im Süden des Verbreitungsgebietes kommt das Haselhuhn auch in reinen Kiefernwäldern vor, sofern diese einen dichten Unterwuchs an Farnen aufweisen. Im Süden Koreas und auf Hokkaidō kommt es auch in Bambusgrasland vor.
Das Haselhuhn ist ein ausgesprochener Standvogel, bei dem es nur kleinräumige Ortsveränderung in Abhängigkeit von Deckungsmöglichkeiten und der Verfügbarkeit von Nahrung gibt. In einer Studie lagen 90 % der Wiederfunde beringter Vögel weniger als 500 Meter vom ursprünglichen Beringungsort entfernt. Die Jugenddispersion beträgt maximal sieben Kilometer. Die Besiedelung von Regionen, die dieser Art wieder geeignete Lebensmöglichkeiten anbieten, finden deswegen gar nicht oder nur sehr langsam statt. Es gibt daher eine Reihe von Ansiedlungsversuchen, darunter im Harz und im Frankenwald in Thüringen.
In Regionen wie der südlichen Taiga, in der Haselhühnern Lebensräume finden, die ihren Anforderungen in besonderem Maße entsprechen, kann die Bestandsdichte bis zu 20 Paare pro Quadratkilometer betragen. Typischer ist jedoch eine Bestandsdichte von zehn bis 15 Paaren pro Quadratkilometer. In weniger geeigneten Lebensräumen leben pro Quadratkilometer zwischen 0,5 und 1,5 Brutpaare.
Die Nahrung des Haselhuhns ist überwiegend pflanzlich, wobei die Hauptbestandteile im Jahresverlauf wechseln. Im Frühjahr und Sommer frisst es überwiegend grüne Teile, Blüten und Samen von Stauden und Sträuchern und nutzt dabei eine große Anzahl von Nahrungspflanzen. Im Spätsommer und Herbst nimmt es überwiegend Beeren zu sich. Dagegen frisst es im Spätherbst und Winter sowie im zeitigen Frühjahr die Kätzchen, Knospen und Endtriebe von Laubbäumen und Sträuchern. Im größten Teil des Verbreitungsgebiets sind die wichtigsten Nahrungspflanzen im Winter Birken und Erlen.
Tierische Nahrung spielt in der Ernährung der Küken eine wichtige Rolle. Sie fressen zunächst überwiegend Spinnen, Käferlarven, Heuschrecken, Raupen und Ameisen. Ab etwa der dritten Lebenswoche beginnen sie auch kleinere Blätter sowie Samen zu fressen. Erst im Frühherbst besteht kein Unterschied mehr zur Ernährung der erwachsenen Vögel.
Das Haselhuhn ist monogam und während der Fortpflanzungszeit territorial. Im Herbst findet die Balz statt, bei der sich Paare bilden, die auch den Winter über zusammen bleiben können. Es kommt aber erst während der Frühjahrsbalz zur eigentlichen Paarung. Die Fortpflanzungszeit beginnt in den südlicheren Regionen des Verbreitungsgebiets in der ersten Märzwoche und zwei Wochen später in den nördlicheren Verbreitungsgebiet. Der Höhepunkt der Partnerwerbung fällt meist mit dem Ende Schneeschmelze zusammen.
Das Haselhuhn ist ein Bodenbrüter. Das Nest ist eine flache, vom Weibchen ausgeschiffte Mulde, die dürftig mit frischen oder trockenen Pflanzenteilen ausgelegt ist. Nester haben einen Durchmesser von ca. 20 Zentimetern, die Nistmulde ist vier bis fünf Zentimeter tief. Ihre Nester liegen sehr gut versteckt, z. B. unter Steinen oder Felsen, am Fuße eines Baumes oder unter umgestürzten Bäumen. So sind sie gut vor Räubern, aber auch Regen und Schnee geschützt. Dort werden innerhalb von 10–14 Tagen 5–10 Eier abgelegt. Die Eier sind spindelförmig mit einer glatten und glänzenden Oberfläche. Die gelblich-beigen Eier weisen zumeist eine Zeichnung von feinen rötlich-braunen Tupfen, Punkten und einigen größeren Klecksen auf. Der Legeabstand ist abhängig vom Alter des Weibchens und seiner körperlichen Fitness. Die Eier wiegen durchschnittlich 17,2 Gramm. Die Brut beginnt, sobald das Gelege vollständig ist. Es brütet nur das Weibchen, das Männchen hält sich aber bis zum Schlupf der Jungen in Nestnähe auf.
Nach einer Brutdauer von 21 bis 27 Tagen schlüpfen die Küken. Die Brutdauer ist von der jeweiligen Wetterlage beeinflusst, weil diese bedingt, wie intensiv das Weibchen brütet. Die Brutzeit ist umso kürzer, je intensiver das Weibchen vor allem in den ersten Tagen brütet. Der Schlupf aller Küken eines Geleges erfolgt innerhalb von etwa acht Stunden. Sind alle Küken geschlüpft, führt das Weibchen die Brut vom Nest weg. Sie halten sich in den ersten Tagen auf kleinen, von der Sonne beschienenen Waldlichtungen auf. Während der ersten Lebenstage werden die Küken vom Weibchen alle fünf bis sechs Minuten kurz gehudert. Als Nestflüchter sind die jungen Küken schon kurz nach dem Schlüpfen aktiv und erkunden ihre nähere Umgebung. Schon bald bewegen sie sich geschickt und wendig in der Umgebung und gehen auf Nahrungssuche nach Insekten. Sie können schon nach wenigen Lebenstagen flatternd fliegen. Ab der zweiten Lebenswoche ändert sich ihre wendige und schnelle Fortbewegung in ein langsames, bedächtiges Schreiten. Jetzt haben sie ihren Speisezettel fast vollständig von tierischer auf pflanzliche Nahrung umgestellt. Ab der dritten Lebenswoche baumen Jungvögel wie die erwachsenen Vögel zum Ruhen auf.
Die Henne führt den Sommer über ihre Küken an gute Nahrungsplätze. Am Anfang sind das Wald- und Wiesenränder mit relativ niedriger Bodenvegetation. Später findet die Familie ihr Futter in Heidelbeerbeständen, Himbeergebüschen und ähnlichem. Im Herbst, wenn die Familie auseinandergeht, stehen Vogelbeeren, Kätzchen und Knospen auf dem Speiseplan. Zudem werden Raupen aus dem Totholz von Kiefern gescharrt. Etwa in einem Alter von drei Monaten sind die Jungvögel so groß und so schwer wie die Altvögel.
Während des Winterhalbjahres verbringen die Vögel in schneereichen Regionen den größten Teil des Tages in Schneekammern. In der Oblast Leningrad verlassen Haselhühner bei einer Umgebungstemperatur von −10 °C bis −20 °C ihre Schneekammern entweder nur einmal während der Tageszeit für einen Zeitraum von 1,5 bis vier Stunden oder für zwei Stunden am Morgen und 30 bis 40 Minuten kurz vor Sonnenaufgang. Den übrigen Teil des Tages verbringen sie entweder in einer Schneekammer oder bei sonnigem Wetter in einer Schneemulde. 18 bis 21 Stunden des Tages ruhen sie. Bei wärmerem Winterwetter verbringen sie mehr Zeit mit der Nahrungssuche, ruhen zwischen solchen Phasen aber immer wieder für 40 bis 70 Minuten. In nördlicheren Regionen des Verbreitungsgebietes verlassen sie bei einer Umgebungstemperatur von −40 °C am Morgen und Abend jeweils für 30 bis 40 Minuten die Schneekammern. Es gibt Hinweise darauf, dass die Vögel bei noch ungünstigeren Wetterbedingungen ohne Nahrungsaufnahme bis zu zwei Tage in ihrer Schneekammer verbleiben.