Portrait: Blauracke

Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Rackenvögel (Coraciiformes)
Familie: Racken (Coraciidae)
Gattung: Coracias
Art: Blauracke (Coracias garrulus)

Blauracke (Erlebniszoo Hannover)

Blauracken erreichen eine Größe von 31–32 Zentimetern; ihr Gewicht liegt zwischen 130 und 160 Gramm. Sie sind damit geringfügig kleiner und leichter als ein Eichelhäher. Es besteht kein Größen- oder Gewichtsdimorphismus. Weibchen und Männchen gleichen sich in der Farbverteilung, Weibchen sind jedoch insgesamt blasser gefärbt.[ Als einzige Rackenvögel sind sie in ihrem paläarktischen Verbreitungsgebiet unverwechselbar, nur im äußersten Südosten überlappen die Verbreitungsgebiete der Hinduracke und der Blauracke etwas. Die Hinduracke ist jedoch durch das Vorherrschen von Grüntönen und die bräunliche Brust gut zu unterscheiden.
Blauracken wirken großköpfig und kurzhalsig. Sie ähneln im Habitus einer kleinen Krähe, betont wird dieses Erscheinungsbild durch den mächtigen, deutlich gerundeten und leicht gehakten Schnabel. Türkisfarbene, azurbraune und tiefblaue Farbelemente überwiegen, wobei die türkisen der Sonne zugewandt hellblau erscheinen, im Schatten dagegen türkisgrün.
Kopf, Hals und die gesamte Unterseite sind türkis. Stirn und Kinn sind weißlich-grau, hinter den Augen befindet sich eine kleine, unbefiederte schwarze Region. Der obere Rücken und die Schultern sind rötlich-zimtfarben, der untere Rücken violettblau, die Oberschwanzdecken ultramarinblau. Die beiden mittleren Steuerfedern sind dunkel-olivgrün, die anderen türkis-azurblau mit dunkleren Basen. Die beiden äußersten Steuerfedern sind geringfügig verlängert und dunkel gerandet. Die Handschwingen sind mehrheitlich braunschwarz, zu den Armschwingen hin im basalen Bereich türkis; die Armschwingen zu 3/5 braunschwarz und im basalen Bereich türkis. Die türkisen Bereiche sind auf der Oberseite farbintensiver; auf der Unterseite können die dunklen Schwingen je nach Lichteinfall purpurn schimmern. Die Kleinen Oberflügeldecken sind intensiv purpurblau, die übrigen wie auch die Unterflügeldecken mehrheitlich türkis. Die kurzen und schwachen Füße sind matt ockergelb, die Iris ist haselnussbraun, der Schnabel schwarzbraun.
Jungvögel ähneln adulten im Schlichtkleid. Verwaschene Brauntöne überwiegen, die türkisen und blauen Farbelemente sind kontrastärmer und blasser.

Blaurackenflügel (Albrecht Dürer)

Kurz nach dem Ausfliegen vermausern die Jungvögel das Kleingefieder und einige oder alle Steuerfedern. Die Schwingenmauser erfolgt im Überwinterungsgebiet. Einjährige und ältere Blauracken wechseln nach der Brut noch im Brutgebiet das Kleingefieder und die inneren vier Handschwingen. Die Mauser der restlichen Schwingen sowie die der Steuerfedern erfolgt sehr langsam im Überwinterungsgebiet und ist erst kurz vor dem Heimzug abgeschlossen.

Während der Balz und der Revierabgrenzung sind Blauracken akustisch recht auffällig, in der Brutzeit und danach jedoch kaum zu hören. Der Erregungs- und Störungsruf der Blauracke ist ein raues Rak, das oft mehrmals wiederholt wird und knarrende oder krächzende Klangeigenschaften aufweist. Der Balzflug wird in der Aufstiegsphase von einzelnen Rak-Rufen begleitet, die im Sturzflug in ein rätschendes Rärrärrärrärrärr… übergehen Schrecklaut ist ein krähenhaftes Kraaah, mit einem grellen, lauten Ärrrrr warnen Blauracken. Auch Perkussionslaute gehören zu ihren Lautäußerungen, wie zum Beispiel Schnabelschlagen gegen einen schwingenden Ast.

Neue Untersuchungen zeigen, dass die übwiegende Mehrzahl der Blauracken zwischen 20° und 25° Süd überwintert.
Die Blauracke ist eine wärmeliebende Art, die während der Brutmonate Mai, Juni und Juli möglichst trockene und warme Witterungsverhältnisse benötigt. Die Nominatform ist vor allem im östlichen, südlichen und südöstlichen Europa verbreitet. Ebenso ist die Art im westlichen Nordafrika (Maghreb), in weiten Teilen Spaniens sowie an der französischen Mittelmeerküste und einigen der großen Mittelmeerinseln vertreten. Auf Korsika und auf Kreta erscheint sie jedoch nur als Durchzieher. In Nordosteuropa brütet die Blauracke in Ostpolen und vereinzelt in den baltischen Staaten sowie im europäischen Russland. Im Gebiet des Ladoga-Sees erreicht sie mit ungefähr 60° nB ihre nördlichste Verbreitung. Weiter ostwärts weicht die Verbreitungsgrenze nach Süden und folgt im Wesentlichen der nördlichen Verbreitungsgrenze der Stieleiche. In Asien erreichen die Vorkommen das südliche Mittelsibirien, sowie unter Auslassung der zentralasiatischen Steppengebiete den Nordwesten Irans. Die Unterart semenowi brütet im südwestlichen sowie den südlichen Teilen Zentralasiens, nach Osten hin bis Xinjiang.

Die Blauracke nistet vor allem am Rande sehr lichter Waldbestände, bevorzugt in alten Eichenwäldern und lichten Kiefernbeständen, die an insektenreiche Heidekrautbestände oder Wiesen, Weiden und andere extensiv genutzte Flächen grenzen. Zuweilen nutzt sie auch Streuobstwiesen und größere Parkgelände. Brutstandorte in Gewässernähe werden bevorzugt. Weiter südlich brütet sie in flussbegleitenden Gehölzen, und in Gehölzinseln in ansonsten weitgehend baumlosen Regionen. Als Höhlenbrüter ist sie auf das Vorhandensein von natürlichen Bruthöhlen oder alten Spechthöhlen angewiesen bzw. muss Sand-, Lehm- oder Lössabbrüche vorfinden, um Bruthöhlen selbst graben zu können. Um erfolgreich jagen zu können, benötigt sie Ansitze, von denen aus sie die Freiflächen nach Beute absucht. Wenn sie nicht verfolgt wird, meidet sie die Nähe des Menschen und menschlicher Siedlungen nicht.

Die Blauracke lebt im Tiefland und in Hügellandschaft. Die bisher höchstliegenden bekannten Brutgebiete befinden sich auf etwa 2000 Metern im Atlas.
Zurzeit werden zwei nur schwach differenzierte Unterarten beschrieben, die räumlich relativ gut voneinander getrennt sind, da C. g. garrulus am südlichen Rand seines Verbreitungsgebietes nur in geringen Zahlen vorkommt.
Coracias garrulus garrulus Linnaeus, 1758; kommt im weitaus größten Teil des Verbreitungsgebietes vor.
C. g. semenowi Loudon & Tschusi, 1902: Vom südlichen Jordantal ostwärts über Irak und Iran bis ins Kaschmirgebiet und Xinjiang. Die Racken dieser Unterart sind etwas größer, die Grün- und Blautöne sind insgesamt blasser, der Rücken eher kastanienbraun.

Blauracke (Weltvogelpark Walrode)

Alle Populationen und beide Unterarten sind Zugvögel, die meisten von ihnen obligate Langstreckenzieher mit reinen Zugdistanzen zwischen etwa 4000 und 8000 Kilometern. Die Überwinterungsgebiete liegen in der Dornbusch- und Akaziensavanne vor allem des südlichen Afrika, vornehmlich zwischen 20° und 25° Süd. In bedeutend geringerer Dichte überwintern Blauracken in geeigneten Habitaten weiter nördlich. Reine Wüsten, baumlose Halbwüsten sowie geschlossene tropische Waldgebiete werden nicht dauerhaft aufgesucht. Abhängig vom Nahrungsangebot streifen Blauracken in den Überwinterungsgebieten kleinräumig umher. Während des Herbstzuges, der meist nach einem kleinen Zwischenzug Mitte August voll einsetzt, legen die Westpopulationen am Südrand des nördlichen Savannengürtels längere Zugpausen ein, während die östlich über das Mittelmeer ziehenden Vögel vor allem im Sudan, im Bereich des Tschadsees, aber auch schon an der südlichen Mittelmeerküste längere Pausen machen. Auch der Anfang März beginnende Frühjahrszug wird mehrmals, aber nur für kürzere Stopovers unterbrochen; der nördliche Savannengürtel, zum Teil auch die südliche Mittelmeerküste sind die Hauptrastgebiete.

Die meisten Blauracken ziehen in breiter Front. Die im südwestlichen Spanien brütenden Racken folgen lange der afrikanischen Atlantikküste nach Süden, bis sich die Zugfront im Savannengürtel nach Osten hin breit auffächert. In breiter Front überqueren die übrigen spanischen und französischen Racken die Sahara, die meisten in annähernd gerader Nord-Süd-Richtung; einige wenige wählen jedoch sofort eine südöstliche Richtung; sie treffen im unteren Niltal auf die Ostzieher. Die östlichen Populationen überqueren sowohl das Mittelmeer als auch die Sahara in breiter Front, doch wurden an Engstellen, wie zum Beispiel dem Niltal oder der somalischen Nordostküste an einzelnen Tagen Zugdichten von mehreren zehntausend Ziehern beobachtet. Der Heimzug der Westbrüter erfolgt auf denselben Routen wie der Wegzug, doch wird die Zugdistanz geradliniger und mit kürzeren Pausen zurückgelegt. Die meisten Ostbrüter ziehen jedoch in einer Zugschleife, wobei vor allem in Nordosteuropa brütende Vögel weit nach Osten hin ausweichen und über die Arabische Halbinsel hinweg in die Brutgebiete zurückkehren. Dieser gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Schleifenzug wurde auch bei verschiedenen Würgerarten, zum Beispiel dem Rotkopfwürger beobachtet. Mit durchschnittlichen Tagesstrecken von etwa 67 Kilometern verläuft der Wegzug etwas langsamer als der Heimzug, bei dem im Durchschnitt 110 Kilometer zurückgelegt werden.

Mit dem Wegzug beginnen die mitteleuropäischen Altvögel Mitte August, Mitte September ist er abgeschlossen. Der Heimzug erfolgt ab Anfang März, die meisten mitteleuropäischen Blauracken kommen in der ersten Maidekade in ihr Brutgebiet zurück.

Die Nahrung der Blauracke besteht meist aus Insekten und anderen Gliederfüßern, wobei solche Beutetiere bevorzugt werden, die am leichtesten erreichbar sind und zumindest eine Größe von einem Zentimeter aufweisen.Nur auf dem Zug nimmt sie auch pflanzliche Nahrung (Weintrauben, Feigen) zu sich. Große Käfer dominieren, doch gehören andere Insekten wie Heuschrecken, Libellen, Grillen, Zikaden, Schmetterlinge und Raupen ebenfalls zu ihren Beutetieren. Sie verzehrt auch Arten, die sich durch Abwehrstoffe schützen, offenbar ohne Schaden (Wanzen, Laufkäfer). Daneben werden aber auch – quantitativ allerdings nicht bedeutend – kleinere Säugetiere, Amphibien und Reptilien erbeutet.

Als Wartenjäger sitzt die Blauracke auf ihrem Ansitz (Pfahl, Leitungsdraht). Erspäht sie ein lohnendes Beutetier, lässt sie sich im Gleitflug fallen, ergreift die Beute am Boden und kehrt zu ihrer Warte zurück. Dort wird das Beutetier oft gegen eine harte Unterlage geschlagen und zuweilen auch in die Luft geschleudert, bevor es verschluckt wird. Fliehende Beutetiere werden überhaupt nicht oder nur kurz hüpfend verfolgt. Flugjagden kommen vor, sind aber nur bei Massenauftreten von Fluginsekten, wie zum Beispiel Termitenschwärmen, häufiger zu beobachten.

Die Blauracke ist tagaktiv mit zwei ausgeprägten Aktivitätsgipfeln am frühen Morgen und am späten Nachmittag. Dazwischen sitzt sie meist ruhig auf ihrem Ansitz. Außerhalb von Brut und Balzzeit ist ihre Anwesenheit wenig auffällig. Ihr Flug ist ein schnell fördernder, krähenartiger Ruderflug. Zu Fuß bewegen sich Blauracken kaum fort. Sie baden, indem sie im Flug kurz ins Wasser eintauchen.

Blauracken sind mäßig gesellig, können aber in aufgelockerten Kolonien brüten. Auf dem Zug und im Überwinterungsgebiet kommt es zu größeren Konzentrationen, wobei aber die Individualabstände von 100–200 Metern eingehalten werden. Sie behaupten im Brutgebiet ein Territorium, das vor allem im Umkreis des Höhlenbaumes gegenüber Artgenossen energisch verteidigt wird. Dabei kann es auch zu Berührungskämpfen kommen. Gegenüber Höhlenkonkurrenten ist die Blauracke sehr häufig unterlegen.

Jungvögel legen ihren Kot in der Bruthöhle ab, ohne dass jedoch häufig sehr stark verschmutzte Höhlen beobachtet wurden. Bei Gefahr erbrechen sie ein sehr übelriechendes Magensekret in die Bruthöhle, das sie möglicherweise für potenzielle Prädatoren als Beute unattraktiver macht.

Das Bruteintrittsalter ist nicht genau bekannt, dürfte aber auf Grund der regelmäßigen Anwesenheit nichtbrütender Einjähriger im Brutrevier bei zwei Jahren liegen. Blauracken führen eine monogame Saisonehe. Möglicherweise erlischt die Paarbindung auch außerhalb der Brutzeit nicht, sodass mehrjährige Partnerschaften vorkommen. Auch die große Brutortstreue beider Geschlechter dürfte zu häufigen Wiederverpaarungen letztjähriger Brutpartner führen. Die Balz und Paarbildung erfolgt bereits im Überwinterungsgebiet oder auf dem Heimzug. Wesentlichste Balzelemente sind anhaltende wechselseitige Verbeugungen begleitet von langen Rufreihen, Beuteübergaben und Verfolgungsflüge mit Höhlenzeigen. Die spektakulären Sturzflüge der Männchen im Brutrevier dienen vor allem der Revierabgrenzung.

Blauracken sind Höhlenbrüter, also auf das Vorhandensein von Spechthöhlen (meist Schwarzspecht oder Grünspecht) oder natürlichen Höhlungen in Bäumen angewiesen. Sie graben auch 50–60 Zentimeter tiefe Niströhren in Sandstein-, Lehm- oder Lössabbrüche. Gelegentlich kommen Gebäudebruten vor, in weitgehend baumlosen Gebieten wie in Inneranatolien brüten Blauracken in Erdhöhlen.Nistkästen werden angenommen. Nistmaterial wird nicht eingetragen, vorhandenes sogar entfernt.

Blauracke (Zoo Plzen)

Als Höhlenbäume kommen alle Baumarten der Niederungen in Frage, in Europa besteht eine gewisse Präferenz für Kiefern und Eichen. Die verbliebenen Blauracken in Ostösterreich brüten in Buchen, alten Obstbäumen und zunehmend in Nistkästen. Die Höhlen liegen meist recht hoch, im Durchschnitt bei etwa 8 Metern.
Blauracken brüten einmal im Jahr. Über Nachgelege bei Gelegeverlust liegen keine Angaben vor. Legebeginn ist in Südeuropa frühestens Mitte Mai mit einem Gipfel in der ersten Junihälfte; in nördlicheren Brutgebieten ein bis zwei Wochen später. Ein Gelege besteht aus 4–6 (2–7) reinweiß glänzenden, kurzovalen Eiern mit den durchschnittlichen Maßen von 35,80 × 28,26 Millimetern. Sie werden in einem Abstand von 48 Stunden gelegt und ab dem letzten Ei fest bebrütet. Beide Partner brüten, mehrheitlich jedoch das Weibchen, das auch die Küken anfangs hudert und in dieser Zeit vom Männchen mit Nahrung versorgt wird. Die Brutdauer variiert zwischen 18 und 19 (17–20) Tagen. Die Küken schlüpfen nackt und blind. Nach 26–28 (25–30) Tagen verlassen die Nestlinge die Höhle und werden noch eine gewisse Zeit von den Eltern geführt.  Zur Dismigration liegen keine Daten vor. Ihren ersten Wegzug beginnen die Jungvögel 1–2 Wochen nachdem die Altvögel das Brutrevier verlassen haben.
Angaben zum Bruterfolg sind spärlich. Offenbar ist die Reproduktionsrate der am Nordrand des Verbreitungsgebietes brütenden Populationen mit 1,5–1,8 flüggen Jungvögeln zu gering, um den Bestand auf Dauer sicherstellen zu können. Dem steht eine Ausfliegerate von im Mittel 5,4 Jungvögeln in den expandierenden mediterranen Brutgebieten Frankreichs gegenüber.

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