Neues aus Wissenschaft und Naturschutz

29.07.2024, Deutsche Wildtier Stiftung
Mehr Futter für Falter!
Vermeintliches Unkraut ist überlebenswichtig für schillernde Schmetterlinge
Sommerzeit ist Schmetterlingszeit. Ob Perlmuttfalter oder Kaisermantel, Jägerhütchen oder Mondvogel – viele der rund 3700 Tag- und Nachtfalterarten in Deutschland haben nicht nur klangvolle Namen und ein schillerndes Aussehen, sie erfüllen auch eine wichtige Aufgabe im Ökosystem. „Alle Schmetterlinge sind wertvolle Bestäuber von Pflanzen und Bäumen“, sagt Bettina Lebuser, Artenschützerin der Deutschen Wildtier Stiftung. Unter den vielen tausend Schmetterlingsarten zählen 189 Arten zu den Tagfalterarten. Laut Rote-Liste-Zentrum Deutschlands gelten rund 42 Prozent der 189 Tagfalterarten in Deutschland als „bestandsgefährdet“ oder „ausgestorben.“ Denn Schmetterlinge sind sensible Spezialisten. Vor allem Feuchtwiesen, Mager- und Trockenrasen mit heimischen Wildpflanzen, sowie strukturierte Gebüsch- und Waldränder sind ihre Lebensräume – aber allzu häufig dominiert nur noch monotones Einheitsgrün unsere Landschaft.
Dann fehlt es den Sommerboten an passenden Pflanzen. „Finden Falter nicht die für sie geeignete Futterpflanze, um dort ihre Eier abzulegen, aus denen dann der Nachwuchs schlüpft, bleiben sie weg und pflanzen sich nicht fort“, sagt Lebuser. „Ein bunter Garten oder Balkon mit verschiedensten heimischen Pflanzenarten ist dagegen eine Einladung für eine Vielzahl an Schmetterlingen. Sie profitieren auch davon, wenn der Rasenmäher mal länger nicht im Einsatz ist“, so die Schmetterlingsexpertin. Sie erklärt, welcher Tagfalter welche Wirtspflanze benötigt:
Der Distelfalter (Vanessa cardui) legt seine Eier auf Pflanzen wie Disteln, Malven, Kletten und Brennnesseln.
Das Große Ochsenauge (Maniola jurtina) bevorzugt verschiedene Gräser, insbesondere Rispengräser als Nahrungsquelle für seine Raupen.
Der Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus) nutzt neben Hauhechel auch Hornklee sowie weitere Kleearten.
Das Kleine Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus) ernährt sich von Gräsern, wobei Rispengräsern wie Poa und Anthoxanthum besonders wichtig sind.
Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) legt seine Eier fast ausschließlich auf Brennnesseln.
Der Kleine Kohl- oder Grünader-Weißling (Pieris rapae bzw. Pieris napi) bevorzugt Pflanzen wie Kohl, Kapuzinerkresse, Reseda und ähnliche Arten.
Der Rostfarbige Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus) nutzt eine Vielzahl von Gräsern, darunter Rotes Straußgras, Fieder-Zwenke, Land-Reitgras und Gewöhnliches Knäuelgras.
Das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) legt seine Eier auf Pflanzen der Rötegewächse, vor allem auf Labkrautarten.
Der Große Perlmuttfalter (Argynnis aglaja) bevorzugt verschiedene Veilchenarten.
Das Tagpfauenauge (Aglais io) schließlich legt seine Eier fast ausschließlich auf Brennnesseln.
Die Deutsche Wildtier Stiftung schützt Lebensräume für Tagfalter, zum Beispiel auf ihren Flächen des Nationalen Naturerbes in Mecklenburg-Vorpommern. In einem aktuellen Monitoring konnten die Artenschützer hier eine Reihe von Schmetterlingsarten entdecken, darunter auch den bedrohten Wegerich-Scheckenfalter (Melithea cinxia). Er fliegt auf Spitzwegerich (Plantago lanceolata) – der wie Brennnesseln und so manches Gras für viele Menschen als Unkraut gilt. „Wer in seinem Garten das vermeintliche Unkraut stehen lässt wird vielleicht mit Beobachtungen der Flugschönheiten belohnt“, sagt Artenschützerin Lebuser.

31.07.2024, Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
Hummel-Challenge: Erstmals Tonerdhummel-Königin in Deutschland nachgewiesen
Bisher waren die Alpen eine natürliche Barriere für die Wildbienenart Bombus argillaceus aus dem südlichen Europa. Eine Königin hat nun offensichtlich den Sprung über die Alpen geschafft. Ob sich die auffällige Hummelart dauerhaft in Deutschland ansiedelt, müssen weitere Studien zeigen.
Wissenschaftlicher Erfolg für das Citizen-Science-Projekt Hummel-Challenge: Während der bundesweiten Challenge wurde erstmals eine Tonerdhummel (Bombus argillaceus) in Deutschland nachgewiesen. Das Thünen-Institut und der BUND Naturschutz in Bayern (BN) hatten auch in diesem Jahr gemeinsam bundesweit dazu aufgerufen, Hummeln über die kostenlose Bestimmungs-App ObsIdentify zu melden.
Die Tonerdhummel ist eine wärmeliebende Hummelart. Das bisherige Verbreitungsgebiet der Tonerdhummel erstreckt sich über die Mittelmeerländer und Schwarzmeeranrainerstaaten wie der Ukraine bis hin zum Iran. Bereits seit längerem wurde aufgrund von Sichtungen in den Nachbarländern Österreich und Schweiz vermutet, dass die Tonerdhummel den Sprung über die Alpen nach Deutschland machen könnte.
Veränderte Verbreitungsgebiete können ein Hinweis auf die Folgen des Klimawandels sein
„Die Entdeckung könnte auf eine Veränderung des Verbreitungsgebietes über die Alpen hinweisen. Das Gebirge ist für viele Arten eine natürliche Barriere. Dauerhafte Zuwanderungen von Arten aus wärmeren Regionen können mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen“, erklärt Dr. Sophie Ogan, Projektverantwortliche am Thünen-Institut. Obwohl der Nachweis der Tonerdhummel-Königin ein erster Hinweis auf eine mögliche Ausbreitung ist, bleibt abzuwarten, ob sich die Art dauerhaft in Deutschland etabliert. „Entwicklungstrends von Populationen lassen sich erst anhand langfristiger Daten erkennen, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren oder Jahrzehnten erhoben werden“, erläutert Ogan.
Die Königin wurde von Thomas Guggemoos, langjähriges BN-Mitglied, im Rahmen der Hummel-Challenge in Ohlstadt im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen fotografiert. Bombus argillaceus zeichnet sich durch zwei auffällig gelbe Querbinden auf dem Thorax und ein vollständig schwarzes Abdomen (Hinterleib) bei den Königinnen aus. Diese Eigenschaften unterscheiden sich deutlich von den Merkmalen ähnlicher Arten wie der Garten-, Feld- oder Unterirdischen Hummel.
„Dass durch die Hummel-Challenge 2024 ein Erstnachweis der Tonerdhummel-Königin gelungen ist, zeigt einmal mehr die Relevanz von Citizen-Science-Projekten für die Wissenschaft. Die Wahrscheinlichkeit für solche Funde erhöht sich, je mehr Menschen mitmachen. Deshalb freuen wir uns, dass bei der Hummel-Challenge im Sommer dieses Jahr etwa 3.500 Teilnehmer*innen Hummeln gemeldet haben“, sagt Martina Gehret, Projektverantwortliche des BUND Naturschutz.
Nun gilt herauszufinden, ob es sich um einen Einzelfund handelt oder es weitere, bisher nicht publizierte Meldungen der Tonerdhummel in Deutschland gibt. Eine wissenschaftliche Publikation zum Erstnachweis ist derzeit in Arbeit und wird in Kürze in der „Ampulex“ (www.ampulex.de) erscheinen.
Zum Hintergrund: Citizen-Science-Projekt Hummel-Challenge
Die Hummel-Challenge ist ein Gemeinschaftsprojekt des Thünen Instituts, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, des BUND Naturschutz in Bayern (BN) und Observation.org. Sie findet jährlich im Frühjahr und im Sommer statt. Der Projektzeitraum für die Challenge im Sommer war der 20. Juni bis 3. Juli 2024. Zusammen wollen die Partner ein Bewusstsein für Hummeln schaffen und mehr über Verbreitung und Vorkommen verschiedener Arten herausfinden. Mitmachen kann jede*r über die kostenlose App ObsIdentify oder über die Webseite der Naturbeobachtungsplattform Observation.org. Ziel ist es, Fotos von möglichst vielen verschiedenen Hummeln auf unterschiedlichen Pflanzen zu machen.

01.08.2024 14:26
Neue Erkenntnisse über einen der ältesten Dinosaurier Europas
Meike Rech Presse
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart
Eine umfassende Neubeschreibung von Plateosaurus trossingensis liefert wertvolle Informationen über die Evolution, die Lebensweise und den Stammbaum der frühen Dinosaurier. Bei dieser Analyse wurden Knochenverletzungen entdeckt, die Paläontologen genauer untersuchten.

Der Pflanzenfresser Plateosaurus trossingensis ist dank zahlreicher Funde in Mitteleuropa entscheidend für das Verständnis und die Erforschung früher Dinosaurier. Das erste vollständige Skelett dieser Art aus dem baden-württembergischen Trossingen wurde 1912 von Eberhard Fraas entdeckt und bildete die Grundlage für die detaillierte Erstbeschreibung der Art im Jahr 1926. Joep Schaeffer, Paläontologe am Naturkundemuseum Stuttgart, hat dieses Fossil von Plateosaurus trossingensis erneut untersucht und wichtige Details zu den Merkmalen dieser bekannten Dinosaurierart, ihrer Biologie und den Beziehungen zu anderen frühen Dinosauriern geliefert. Diese umfassende Neuuntersuchung des Holotypus von Plateosaurus trossingensis, also des Referenzfossils für die Artbeschreibung, ist die erste nach fast 100 Jahren. Die Publikation wurde im „Journal of Systematic Palaeontology“ veröffentlicht und bildet eine wichtige Grundlage für die zukünftige Dinosaurierforschung.

Bei der Analyse mehrerer Skelette aus verschiedenen Sammlungen von Plateosaurus trossingensis fielen dem Paläontologen vor allem Knochenverletzungen am Schwanz auf. Gemeinsam mit einem internationalen Wissenschaftlerteam untersuchte Joep Schaeffer diese Verletzungen genauer, um die möglichen Ursachen zu erforschen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der Fachzeitschrift „PLOS ONE“ publiziert.

Einer der größten Dinosaurier aus der späten Trias:
Plateosaurus lebte vor rund 210 Millionen Jahren in der späten Triaszeit. Dieser frühe Dinosaurier konnte bis zu zehn Meter lang werden und bis zu vier Tonnen wiegen. Eine der wichtigsten Fundstellen für Plateosaurus-Skelette ist Trossingen in Baden-Württemberg. Die meisten der dort gefundenen Fossilien befinden sich in den Sammlungen des Naturkundemuseums Stuttgart, so auch der Holotypus von Plateosaurus trossingensis. Insgesamt gibt es bereits über 250 Funde von Plateosaurier-Individuen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich.

Basis für die zukünftige Dinosaurierforschung:
Die letzte umfassende Beschreibung des Holotypus von Plateosaurus trossingensis stammt aus dem Jahr 1926 und von dem Paläontologen Friedrich von Huene. Seitdem gibt es Diskussionen darüber, ob Plateosaurus trossingensis die einzige Art der Gattung ist. „Anhand neuer Funde und Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte konnte ich neue Aspekte in meiner Analyse berücksichtigen und wichtige Details zur Anatomie des Schädels und des restlichen Skeletts liefern. Außerdem habe ich die Position von Plateosaurus trossingensis im Stammbaum überprüft und aktualisiert sowie die Verwandtschaftsbeziehungen dieses frühen Dinosauriers mit anderen aufgezeigt. Die Neubeschreibung ist eine wichtige Grundlage für zukünftige Fragestellungen in der Dinosaurierforschung und für die Bewertung anderer fossiler Funde“, so Joep Schaeffer.
Dinosaurierforscher untersuchen Knochenpathologien:
Eine Verletzung an den Schwanzknochen des Dinosauriers erregte das Interesse des Wissenschaftlers und anderer Paläontologen. Drei der Hämalbögen des Holotypus von Plateosaurus schienen verletzt worden zu sein, als das Individuum noch jünger war. Dies veranlasste ein Forschungsteam aus Paläontologen und einem Veterinärmediziner dazu, weitere Skelette zu analysieren. Fast 15 Prozent der untersuchten Plateosaurus-Fossilien wiesen diese Verletzungen auf, die zwar nicht zum Tod der Tiere führten, aber erhebliche Schäden hinterließen. „Wir wissen bereits viel über Plateosaurier, zum Beispiel wie schwer sie wurden, was sie aßen oder auch wann sie geschlechtsreif wurden. Auch über ihren Lebensraum wissen wir dank der Analyse der Gesteine, in denen die Fossilien gefunden wurden, schon sehr viel. Jedes Puzzlestück hilft uns, mehr über die Biologie und Ökologie der Tiere zu erfahren. Deshalb ist es für uns besonders spannend, die Verletzungen zu identifizieren und die Ursache herauszufinden“, so Joep Schaeffer. Die Wissenschaftler ziehen verschiedene Szenarien für den Ursprung der Pathologien in Betracht. Eine Möglichkeit ist, dass die Tiere im Schlamm stecken geblieben sind und sich die Verletzungen zugezogen haben, als sie sich mit dem Schwanz aus dem Schlamm befreien wollten. Eine zweite Möglichkeit ist, dass sich die Dinosaurier bei sozialen Interaktionen den Schwanz stießen. Angriffe von Raubtieren sind eine weitere Hypothese.
Waren Raubtiere die Ursache für die Verletzungen des Plateosaurus?:
„Ein Raubtier, das die Verletzungen verursacht haben könnte, ist der fleischfressende Dinosaurier Liliensternus, aber angesichts seiner Größe könnte er nur junge Plateosaurus-Individuen verletzt haben. Andere potenzielle Fressfeinde waren Phytosaurier und Krokodilvorfahren. Diese Krokodilverwandten griffen ihre Opfer in der Regel von unten und von hinten an, was zu den Verletzungen an den Knochen passen würde, obwohl keine Zahnabdrücke hinterlassen wurden. Bislang wurden in Trossingen jedoch keine Fossilien dieser Krokodilverwandten entdeckt. Allerdings sind einige Exemplare von anderen Fundorten bekannt. Um diese Frage zu klären, müssen wir also weitere Funde abwarten“, so Dr. Eudald Mujal, Paläontologe mit den Schwerpunkten Fossilerhaltung und Paläoökologie am Naturkundemuseum Stuttgart.
Originalpublikation:
Joep Schaeffer: Osteological redescription of the holotype of Plateosaurus trossingensis (Dinosauria: Sauropodomorpha) from the Upper Triassic of SW Germany and its phylogenetic implications. Journal of Systematic Palaeontology.
DOI: https://doi.org/10.1080/14772019.2024.2335387
Veröffentlichungsdatum: 24.05.2024
Joep Schaeffer, Ewan Wolff, Florian Witzmann, Gabriel S. Ferreira, Rainer R.
Schoch, Eudald Mujal: Paleobiological implications of chevron pathology in the
sauropodomorph Plateosaurus trossingensis from the Upper Triassic
of SW Germany. PLOS ONE.
DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0306819
Veröffentlichungsdatum: 31.07.2024

01.08.2024, Georg-August-Universität Göttingen
Neue Perspektiven für den Einsatz von Korallen in der Klimaforschung
Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen erweitert Anwendungsbereiche der Sauerstoffisotopenanalyse
Um die Entwicklung des Klimas besser zu verstehen, untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche Temperaturen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit geherrscht haben. Meerestemperaturen werden meist rekonstruiert, indem das Verhältnis von zwei verschiedenen Sauerstoffisotopen in den Kalziumkarbonatresten von Fossilien analysiert wird. Die Isotopenzusammensetzung wird jedoch nicht nur durch Temperatur beeinflusst, sondern auch durch eine Kombination biologischer Prozesse. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen hat nun gezeigt, wie die Häufigkeit eines dritten, sehr seltenen Sauerstoffisotops Aufschluss darüber geben kann, ob die Isotopenzusammensetzung ausschließlich durch die Temperatur beeinflusst wurde oder ob auch biologische Prozesse eine Rolle spielten. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Geochemical Perspective Letters veröffentlicht.
Die harte Struktur der Korallen, das so genannte „Korallenskelett“, besteht aus Kalziumkarbonat, demselben Material, aus dem auch Kalksteine bestehen. Korallen nehmen, wie alle Meeresorganismen, selektiv verschiedene Formen von Sauerstoffisotopen auf. Einige sind leichter und andere schwerer. Bei niedrigeren Wassertemperaturen wird eine größere Menge des schweren Sauerstoffisotops in die Karbonatstrukturen eingebaut. Durch die Analyse des Verhältnisses zwischen dem schweren Sauerstoff-18-Isotop und dem leichten Sauerstoff-16-Isotop in Karbonaten können Forschende die Umgebungstemperaturen des Meerwassers in der fernen Vergangenheit der Erde berechnen.
Einige Karbonate, wie zum Beispiel Korallenskelette, führen in der Analyse jedoch zu irreführenden Ergebnissen, da ihre Sauerstoffisotopenzusammensetzung auch durch biologische Prozesse beeinflusst wird. Die Forschenden haben nun entdeckt, dass ein drittes, sehr seltenes Isotop (Sauerstoff-17) verwendet werden kann, um diese biologischen Prozesse zu korrigieren. Dadurch können die Forschenden nun die Temperaturen der Ozeane in der Vergangenheit genauer bestimmen und erhalten außerdem bessere Einblicke in die Biomineralisierungsprozesse der verschiedenen Korallenarten. Die Messung dieses seltenen Sauerstoff-17-Isotops in Karbonaten, in der Wissenschaft als Triple-Sauerstoffisotopenanalyse bekannt, ist sehr kompliziert. Das Labor für stabile Isotope an der Universität Göttingen gehört zu den wenigen weltweit, die solche Analysen durchführen können. Das Labor nutzt dafür ein hochmodernes Instrumentarium, die sogenannte abstimmbare Diodenlaser-Absorptionsspektroskopie.
„Wir haben Korallen für unsere Studie verwendet, da wir ziemlich viel über die Prozesse wissen, mit denen sie ihre Skelette aufbauen“, sagt Dr. David Bajnai vom Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen, der die Studie geleitet hat. „Wir freuen uns darauf, dieses Konzept auf andere Organismen anzuwenden, die üblicherweise zur Erforschung des vergangenen Klimas auf der Erde verwendet werden. Wir hoffen, dass Triple-Sauerstoffisotopenanalysen bisher unbrauchbare Datensätze für die Paläoklimaforschung erschließen und genauere Klimarekonstruktionen ermöglichen, die weiter in die Vergangenheit zurückreichen.“
Professor Dr. Daniel Herwartz von der Universität Bochum fügt hinzu: „Wir konnten auch zeigen, dass dreifache Sauerstoffisotopenanalysen Aufschluss über die verschiedenen Prozesse geben können, die wir unter dem Begriff ‚biologische Prozesse‘ zusammenfassen. Für Korallen können wir nun bestätigen, dass der Hauptprozess mit einem chemischen Prozess namens CO2-Absorption zusammenhängt, den wir unabhängig davon in Experimenten untersucht haben. Solche fortschrittlichen Techniken helfen uns, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie Organismen ihre härteren Strukturen aufbauen.“
Originalpublikation:
Bajnai, D. et al. „Correcting for vital effects in coral carbonate using triple oxygen isotopes“ Geochemical Perspectives Letters 2024. Doi: https://doi.org/10.7185/geochemlet.2430

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