Neues aus Wissenschaft und Naturschutz

06.05.2024, Veterinärmedizinische Universität Wien
Wildesel und Weidetiere – neue Studie zeigt Möglichkeiten zur Koexistenz
Die Populationen des Persischen Wildesels (Onager) im Iran sind stark gefährdet. Eine soeben veröffentlichte internationale Studie unter Beteiligung des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt nun, dass der Mensch und von ihm gehaltene Weidetiere Tiere nicht nur Konkurrenz und Gefahr sind. Demnach könnte unter bestimmten Bedingungen die Erhaltung eines gefährdeten Säugetiers mit der Viehzucht vereinbar sein – und sogar zum Schutz der Art beitragen.
Die Überlebensfähigkeit vieler gefährdeter Wildtierpopulationen hängt davon ab, ob die Interaktionen mit dem Menschen und seiner Landnutzung negativ, neutral oder positiv sind. Im Zentraliran haben Wissenschafter:innen nun das Zusammenleben der gefährdeten Onager (Equus hemionus onager) und mit dem dortigen Viehbestand analysiert. Dazu erhoben sie Vegetationsdaten in den Weidegebieten der Tiere, trackten neun Onager mit GPS-Telemetrie und bewerteten deren Nahrungsqualität anhand von Kotproben.
Nachteile während der Trockenzeit …
„Während der Trockenzeit verringerte der Viehbestand das Futterangebot für Onager im Vergleich zu den Zeiten vor der Beweidung. Das weist auf eine mögliche Verdrängung der Onager durch den Viehbestand hin, wenn die Ressourcen knapp sind“, so Studien-Co-Autorin Petra Kaczensky vom FIWI der Vetmeduni. Darüber hinaus verstärkten die Wildesel ihre Futtersuche während der Nacht, wenn kein Vieh vorhanden war, was darauf hindeutet, dass Onager die Weidetiere und ihre Hirten meiden.
… Vorteile während der Regenzeit
Während der Regenzeit hingegen verfügten die Onager, die nahe bei Viehherden waren, über eine hochwertigere Ernährung als jene, die fernab von Viehherden lebten. „Dies könnte darauf hindeuten, dass die Beweidung durch Viehherden die Futterqualität für Onager möglicherweise verbessert, oder aber, dass das Nahrungsangebot wo Viehherden weiden grundsätzlich besser ist. Folglich könnte eine Zusammenarbeit mit den Viehzüchtern, um die Standorte während der Trocken- und Regenzeit regelmäßig zu wechseln, die negativen Auswirkungen der Viehbeweidung auf die Onager abmildern,“ sagt Petra Kaczensky.
Chancen zur Populationserhaltung von Wildtieren durch ein kluges Miteinander
Laut den Wissenschafter:innen ist die nun präsentierte Studie die erste eingehende Untersuchung einer der weltweit verbliebenen Onager-Populationen und zeigt die Möglichkeit auf, dass die Erhaltung eines gefährdeten Säugetiers mit der Viehzucht vereinbar sein könnte, zumindest während der Regenzeit. Ein solch gedeihliches Miteinander wäre wichtig, weil Schutzgebiete zwar die Aussichten für die Erhaltung gefährdeter Arten verbessern können, oft aber auch eine kontrollierte menschliche Nutzung ermöglichen sollen. Wo ein Schutzgebiet auch menschliche Interessen berücksichtig, ist auch die Akzeptanz für Wildtiere meist deutlich höher.
Originalpublikation:
Der Artikel „Rainfall reduces the potential for competitive suppression of a globally endangered ungulate by livestock“ von Saeideh Esmaeili, Mahmoud-Reza Hemami, Petra Kaczensky, Kathryn A. Schoenecker, Sarah R.B. King, Bahareh Shahriari, Chris Walzer und Jacob R. Goheen wurde in „Biological Conservation“ veröffentlicht.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0006320724000375?via%3Dihub

07.05.2024, Georg-August-Universität Göttingen
Mehr Artenvielfalt durch Schutzgebiete und biodiversitätsfreundliche Landwirtschaft
Die anhaltenden Verluste an biologischer Vielfalt durch die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft sind dramatisch. In einem Meinungsartikel in der Fachzeitschrift Trends in Ecology and Evolution argumentieren Wissenschaftler der Universitäten Göttingen und Hohenheim sowie dem Centre for Ecological Research in Vácrátót in Ungarn, dass ein Mix aus Maßnahmen in der Landwirtschaft und für Schutzgebiete notwendig ist, um die Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern.
Schutzgebiete sind für die globale Artenvielfalt von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus braucht es aber auch Landschaften und Regionen, die eine Ausbreitung von Tieren und Pflanzen zwischen genutzten und natürlichen Flächen ermöglichen, um die Wahrscheinlichkeit lokalen Aussterbens zu verringern. Dies ist besonders wirksam in Landschaften mit kleinen Feldern mit einer diversen Fruchtfolge. Wird der Naturschutz hingegen nur auf große Schutzgebiete konzentriert, scheitert die Erhaltung einer Vielzahl von Arten in Agrarlandschaften, die wichtige Ökosystemleistungen wie Schädlingsbekämpfung, Bestäubung und kulturelle Leistungen erbringen.
„Mit diesem Artikel wollen wir einen Beitrag dazu leisten, die falsche Dichotomie der „land sparing versus land sharing“-Debatte zu überwinden“, sagen der Erstautor, der Göttinger Agrarökologe Prof. Dr. Teja Tscharntke und seine beiden Koautoren, Dr. Péter Batáry vom Centre for Ecological Research in Vácrátót, Ungarn, und Prof. Dr. Ingo Grass von der Universität Hohenheim. Bei dieser Debatte geht es darum, ob es eher eine Integration (land sharing) oder Segregation (land sparing) von Naturschutz-Maßnahmen und landwirtschaftlicher Produktion geben soll. Konkret wird vorgeschlagen, die Naturschutz-Politik auf eine umweltfreundliche Landnutzung zu konzentrieren (land sharing), was meist mit einer Reduzierung des Ertrags einhergeht. Dieser Vorschlag wird teils heftig von Vertretern des land sparing kritisiert, die für eine intensive Ackernutzung plädieren, um den gleichen Ertrag auf weniger Fläche zu erzielen. Auf diese Weise könnten landwirtschaftliche Flächen aus der Nutzung genommen und für mehr Naturschutz reserviert werden.
„Die Idee, den Naturschutz hauptsächlich auf den sparsamen Umgang mit Land zu beschränken und für eine Landwirtschaft mit hoher Intensität zu plädieren, ignoriert die Notwendigkeit multifunktionaler und komplexer Agrarlandschaften mit ihrem Beitrag für die Artenvielfalt und für wichtige biologische Leistungen wie die Schädlingsbekämpfung, Bestäubung und Bodengesundheit“, so die Autoren. Allerdings sollten biodiversitätsfreundliche Maßnahmen auf den Feldern so gestaltet werden, dass sie Ertragsverluste minimieren, wie das beispielsweise mit einer Verkleinerung und Diversifizierung der Felder auf effektive Weise möglich ist. So kann eine erhöhte Nachfrage nach Nahrungsmittelimporten aus biodiversitätsreichen Regionen verhindern werden, wobei grundsätzlich höhere sozial-ökologische Landnutzungsstandards für Importe durchgesetzt werden müssten, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.
Originalpublikation:
Teja Tscharntke, Péter Batáry, Ingo Grass. Mixing on- and off-field measures for biodiversity conservation. Trends in Ecology and Evolution 2024. https://doi.org/10.1016/j.tree.2024.04.003.

07.05.2024, Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.
Von den Seen in die Berge: Ein finnischer Bartgeier für Berchtesgaden
LBV und Nationalpark Berchtesgaden wildern Ende Mai zum 4. Mal 2 junge Bartgeier aus
Vögel stammen aus Österreich und Finnland
Dichte Wälder, tausende Seen und heiße Saunen: Das glücklichste Land der Welt hat viel zu bieten. Aus Finnland kommt in diesem Jahr auch gefiederter Zuwachs für Deutschlands Bartgeierprojekt. Auch 2024 wildern der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und der Nationalpark Berchtesgaden wieder zwei junge Bartgeier in Bayern aus. „Erstmals stammt einer unserer kleinen Bartgeier aus dem Zoo von Helsinki. Die Verstärkung aus Finnland für die alpine Geierpopulation zeigt, wie groß der Aufwand und wie beeindruckend die Vernetzung im europäischen Bartgeier-Zuchtnetzwerk der Vulture Conservation Foundation ist“, sagt der LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Der zweite Bartgeier stammt aus dem Richard-Faust-Zentrum im österreichischen Haringsee, in dem auch schon der 2023 ausgewilderte „Nepomuk“ geschlüpft ist. Ende Mai wird das gemeinsame Projekt-Team die beiden Jungvögel in die bewährte Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden setzen.
Das Küken des nördlichsten Bartgeierzuchtpaars Europas ist am 2. März zur Welt gekommen. „Wir kennen das Schlupfgewicht und das Geschlecht des Kükens bisher noch nicht. Da es in Helsinki meist sehr kalt ist, wollten die dortigen Experten den Jungvogel nicht aus dem warmen Nest der Eltern nehmen, um ihn zu untersuchen und eine Blutprobe zur Geschlechtsbestimmung zu entnehmen“, berichtet Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel. Der kleine Partakorppikotka, wie die finnische Bezeichnung für Bartgeier lautet, wird erst im Alter von etwa 90 Tagen genau in Augenschein genommen. Dann wird er für den Transport nach Berchtesgaden aus der elterlichen Voliere geholt und per Frachtflug von Helsinki nach Wien gebracht. Seine älteren Geschwister aus den Vorjahren wurden in Andalusien und auf Korsika ausgewildert.
Das am 3. März im Richard-Faust-Zentrum in Haringsee, der ältesten Bartgeierzuchtstation der Welt, geschlüpfte Küken, ist mit beeindruckenden 178 Gramm bisher der schwerste Jungvogel im bayerischen Wiederansiedlungsprojekt. „Eine frisch geschlüpfte Amsel wiegt gerade einmal sechs Gramm. Dieser Vergleich macht die gewaltigen Dimensionen eines Bartgeiers – sogar schon als Küken – deutlich“, staunt Toni Wegscheider. Der österreichische Junggeier wird nicht von seinen leiblichen Eltern, sondern von einem Ammenpaar aufgezogen. Seine biologischen Eltern kümmern sich schon um ein weiteres, zuvor geschlüpftes Bartgeierküken. Da Geschwisterküken bei Bartgeiern von Natur aus sehr aggressiv gegeneinander sind und immer nur das Stärkere überlebt, wurde das zweite Küken einem Paar ohne eigenen Nachwuchs untergeschoben. „Diese Adoptionen sind im Erhaltungszuchtprogramm üblich und sehr erfolgreich. Für dieses Ammenpaar ist es allerdings das erste Küken, entsprechend aufgeregt sind sowohl die Zieheltern als auch das Pflegepersonal vor Ort“, erklärt Ulrich Brendel. Bisher verläuft die Aufzucht reibungslos, sodass erwartet wird, dass der Jungvogel erfolgreich aufwächst.
Ende Mai werden die beiden neuen jungen Bartgeier in derselben Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert, in der bereits in den vergangenen Jahren ihre Artgenossen in die Wildnis der Ostalpen entlassen wurden. „Ab dem Sommer werden sie selbständig das Fliegen lernen und die Weiten der Alpen erobern, um dort in einigen Jahren hoffentlich zu brüten. So soll die zentraleuropäische, alpine Population dieser stark gefährdeten Vogelart gestärkt werden“, so Toni Wegscheider.
Neuer Rekord in Europa: 44 Bartgeier-Küken geschlüpft
Die ersten vier Bartgeier im Gemeinschaftsprojekt von LBV und Nationalpark Berchtesgaden stammten aus Spanien. Im Vorjahr kamen „Sisi“ und „Nepomuk“ in Österreich zur Welt. Mehr als 40 Zoos und spezialisierte Zuchtstationen haben sich der Nachzucht des früher in Europa weitestgehend ausgerotteten Bartgeiers verschrieben. Im Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wurden dieses Jahr 44 Küken ausgebrütet, ein neuer Rekord. Von diesen sind 25 für zehn verschiedene Auswilderungsplätze etwa in Spanien, Frankreich, der Schweiz und Berchtesgaden eingeplant. Die restlichen Vögel verbleiben zur weiteren Nachzucht im EEP.

08.05.2024, Technische Universität München
Wo Wildtiere willkommen sind
Wie stehen Stadtbewohner zu Tieren in ihrem unmittelbaren Umfeld? Eine aktuelle Studie der Technischen Universität München (TUM), der Universität Jena und der Technischen Universität Wien zeigt, wie unterschiedlich die Akzeptanz für verschiedene Wildtiere in urbanen Räumen ist. Wichtige Faktoren sind die Orte, an denen die Tiere vorkommen, sowie ihre Beliebtheit – Eichhörnchen und Marienkäfer liegen hier vorn. Für die Stadtplanung und den Naturschutz haben die Ergebnisse wichtige Auswirkungen.
Die Beziehung zwischen Stadtbewohnern und urbanen Tieren ist vielschichtig, wie die Studie zeigt. Die Forschenden ermittelten in einer Umfrage, wie Münchner Einwohner 32 städtische Tierarten bewerten und an welchen Orten in der Stadt sie diese bevorzugt sehen möchten. Generell mochten die Befragten die meisten Tiere. 23 der 32 Tierarten erhielten positive Zustimmungswerte. Ein Großteil der Vögel und Säugetiere waren sehr beliebt. Auch Gliederfüßer, Eidechsen und Frösche bewerteten die Befragten positiv. Ausnahmen bildeten Marder, Ratten, Wespen, Nacktschnecken und Stadttauben. Am Unbeliebtesten waren Kakerlaken. Eine neutrale Einstellung zeigten die Befragten gegenüber Ameisen, Spinnen und Schlangen.
Akzeptanz abhängig vom Tier und Ort
Laut der Befragung haben alle Tiere einen Platz in der Stadt – bis auf die sehr wenigen, sehr unbeliebten Arten. In der Umfrage konnten die Stadtbewohner aus verschiedenen Orten in unterschiedlicher Nähe zu ihrem Zuhause auswählen, an welchen davon die Tiere vorkommen sollten. Meist platzierten die Teilnehmenden die Tiere in städtischen Gebieten wie ihrer Nachbarschaft, Stadtparks, allgemein in der Stadt sowie im Umland. Ihre unmittelbare Wohnumgebung, etwa im Garten, auf dem Balkon oder in der Wohnung, nannten sie dagegen seltener. Einige Tiere, wie Eichhörnchen und Marienkäfer, setzten die Teilnehmenden an allen oder fast allen Standorten an. Viele Arten siedelten sie an mehreren Standorten an, während drei Arten oft gar nicht platziert wurden: Kakerlaken, Ratten und Nacktschnecken. „Es zeigt sich, dass die Präferenzen der Stadtbewohner für Orte klar mit ihren Einstellungen zu den Tieren korrelieren“, erklärt der Forscher Dr. Fabio Sweet. Die Tiere, die im Allgemeinen beliebter waren, brachten die Befragten im Durchschnitt näher am Zuhause unter.
Städte für Menschen und Tiere planen
Prof. Wolfgang Weisser, Leiter des Lehrstuhls für Terrestrische Ökologie, betont: „Zunehmende Urbanisierung macht es notwendig, Tiere in der Stadt aktiv zu fördern und die Stadtentwicklung entsprechend zu gestalten. Wenn wir wissen, wo die Menschen bestimmte Tiere bevorzugen oder ablehnen, können wir potenzielle Konfliktpunkte vorhersehen. So können wir Orte ermitteln, an denen Artenschutz in Städten von den Menschen akzeptiert wird.“ Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass in Stadtparks Mensch-Wildtier-Konflikte unwahrscheinlich sind, weil die Tiere dort von den meisten Menschen angenommen werden. Auch im weiteren Wohnumfeld werden Tiere geduldet. Umgekehrt könnte Wildtierschutz in unmittelbarer Nähe des Wohnraums, wie etwa dem Balkon, auf Widerstand stoßen.
Maßnahmen zur Förderung der städtischen Biodiversität sind am erfolgreichsten, wenn sie nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch sozial akzeptabel gestaltet sind. Es ist deshalb notwendig, die Erkenntnisse über die Lebensweise dieser Tiere und die Akzeptanz der Menschen für sie zu kombinieren. So kann die Stadtplanung gleichzeitig den Tierschutz in Städten fördern und Konflikte zwischen Mensch und Tier vermeiden.
Originalpublikation:
Fabio S T Sweet, Anne Mimet, Md Noor Ullah Shumon, Leonie P Schirra, Julia Schäffler, Sophia C Haubitz, Peter Noack, Thomas E Hauck, Wolfgang W Weisser, There is a place for every animal, but not in my back yard: a survey on attitudes towards urban animals and where people want them to live, Journal of Urban Ecology, Volume 10, Issue 1, 2024, juae006, https://doi.org/10.1093/jue/juae006

09.05.2024, Universität Wien
Wie grüßen sich afrikanische Elefanten?
Begrüßungsrituale unterscheiden sich je nachdem ob es Blickkontakt gibt oder nicht
Viele Forschungsarbeiten, die sich mit der Kommunikation von Tieren befassen, konzentrieren sich entweder auf Laute oder Gesten. Nun haben Tierverhaltensforscher*innen der Universität Wien in einer Studie umfassend untersucht, wie afrikanische Elefanten sich begrüßen und dabei alle Aspekte in Betracht gezogen. Sie konnten zeigen: Elefanten kombinieren Laute mit bewussten Gesten, wenn sie sich grüßen. Je nachdem ob Blickkontakt besteht oder nicht unterscheiden sich die Begrüßungen sogar. Die Ergebnisse wurden aktuell im Fachmagazin Communications Biology veröffentlicht.
Elefanten haben ausgefeilte Begrüßungsrituale, bei denen sie Laute von sich geben und sich bewegen. Bislang war aber unklar, ob es sich dabei um bewusste Gesten zur Kommunikation handelt oder um unbewusste Bewegungen. Die Verhaltensforscherin Angela Stöger konzentriert sich in ihrer Arbeit auf Lautforschung, die Doktorandin Vesta Eleuteri beschäftigt sich in ihrer Forschung mit Körpersprache von Tieren (Elefanten und Schimpansen) – zusammen haben die beiden Wissenschafterinnen der Universität Wien in ihrer neuen Studie nun gezeigt, dass afrikanische Elefanten Laute und Gesten sogar situationsabhängig kombinieren, wenn sie sich begrüßen.
Sie beobachteten neun afrikanische Savannenelefanten im Jafuta-Reservat in Simbabwe und fanden dabei heraus, dass Elefanten zur Begrüßung trompeten, brüllen oder Rumble-Laute produzieren – der sogenannte Rumble ist der häufigste Elefantenlaut und ähnelt einem tiefen Grollen. Neben diesen Lauten spielen bei Begrüßungen auch bewusste Gesten eine Rolle. Die Elefanten klappen beispielsweise die Ohren ein oder spreizen sie ab oder sie berühren einen anderen Elefanten mit dem Schwanz. Neben Lauten und Gesten setzen Elefanten sogar Gerüche zur Kommunikation ein, mittels Pheromone die zum Beispiel im Urin, aber auch im Sekret der Schläfendrüse enthalten sind. Gesten wie das Schwanzwedeln oder auch das Ohrenwackeln unterstützen vermutlich auch diese Kommunikation via Geruch.
Eine spannende Beobachtung des Teams war, dass die Elefanten sich unterschiedlich begrüßen, je nachdem ob sie Blickkontakt haben oder nicht. „Wenn ihr Partner sie beobachtet, strecken oder schwingen Elefanten den Rüssel oder strecken auch die Ohren ab. Gibt es hingegen keinen Blickkontakt berühren sie den anderen oder benutzen Gesten, die Geräusche produzieren – etwa klappen sie die Ohren ein und erzeugen so ein Klatschen. Unsere Beobachtungen deuten also darauf hin, dass die Elefanten in ihrer Kommunikation berücksichtigen können, ob es Blickkontakt mit dem begrüßten Elefanten gibt oder nicht“, erklärt die Erstautorin Vesta Eleuteri.
„Zudem haben wir herausgefunden, dass Elefanten spezifische Gesten und Laute kombinieren. Die häufigste Kombination ist der Rumble mit einer Ohrengeste, wie dem mehrfachen Ein- und Aufklappen der Ohren. Vor allem weibliche Elefanten verwenden diese Begrüßung untereinander“, sagt die Seniorautorin und Projektleiterin Angela Stöger.
Angela Stögers Buch „Elefanten“ wurde als Wissenschaftsbuch des Jahres 2024 in der Kategorie Naturwissenschaft und Technik ausgezeichnet.
Originalpublikation:
Eleuteri, V., Bates, L., Rendle-Worthington, J. et al. Multimodal communication and audience directedness in the greeting behaviour of semi-captive African savannah elephants. Commun Biol 7, 472 (2024).
DOI: 10.1038/s42003-024-06133-5

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