Neues aus Wissenschaft und Naturschutz

11.01.2022, Universität des Saarlandes
Sechster Sinn entschlüsselt? Forscher kommen dem inneren Kompass von Lebewesen auf die Spur
Woher kennen Lachse die Route zu ihren Laichgründen? Wie finden Tiere ihr Ziel? Ein internationales Forschungsteam aus Oregon, Straßburg, Oldenburg und Saarbrücken ist dem inneren Kompass von Lebewesen auf der Spur und könnte den geheimnisvollen „sechsten Sinn“ entschlüsselt haben. Der Arbeitsgruppe von Professor Uwe Hartmann von der Universität des Saarlandes ist es erstmals gelungen, die „Kompassnadeln“ von Lachsen mit dem Mikroskop sichtbar zu machen. Das Forschungsteam veröffentlicht seine Erkenntnisse in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, PNAS.
Wie ist es möglich, dass Lachse zielsicher Tausende von Kilometern zu ihren heimatlichen Laichgründen in Oberläufen von Flüssen zurücklegen? Wie finden Meeresschildkröten quer über den Ozean den Strand, an dem sie selbst geschlüpft sind, um dort ihre Eier zu legen? Diese Art von Orientierung wird seit längerem einem „sechsten Sinn“ zugeschrieben, der auf sogenannter „Magnetorezeption“ beruhen soll, also der Fähigkeit, das Erdmagnetfeld wahrzunehmen. „Lebewesen mit Magnetsinn – dazu zählen bedeutend mehr als nur Meeresfische und -schildkröten – könnten sich das Magnetfeld für eine zielgenaue Navigation zunutze machen“, erklärt Physik-Professor Uwe Hartmann, der an der Universität des Saarlandes den Lehrstuhl für Nanostrukturforschung und Nanotechnologie innehat.
Bereits seit fast 50 Jahren ist bekannt, dass bestimmte Bakterien ihre Bewegungsrichtung am Magnetfeld orientieren. „Diese ‚magnetotaktischen‘ Bakterien besitzen in ihrem Innern sogenannte Magnetosomen, winzige Kristalle aus Eisenverbindungen, die ihnen durch das Erdmagnetfeld die Richtung vorgeben, in die sie sich bewegen“, erläutert Hartmann. Allerdings sind diese Bakterien, die zu den Einzellern ohne Zellkern (sogenannte Prokaryoten) gehören, lediglich passiv: Die Magnete geben die Richtung vor, ihr Verhalten wird durch auf sie wirkende Kräfte im Magnetfeld der Erde bestimmt.
Trotz jahrzehntelanger intensiver Bemühungen konnte bislang für Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern beinhalten (sogenannte Eukaryoten), also auch etwa bei Tieren, nicht aufgeschlüsselt werden, wie der Mechanismus der aktiven Orientierung am Erdmagnetfeld über Magnetosomen als sinnesphysiologisches Phänomen funktioniert. Dem Forschungsteam um Uwe Hartmann ist es gelungen, körpereigene „Kompassnadeln“ direkt sichtbar zu machen: „Durch höchstauflösende mikroskopische Abbildungen konnten wir nur wenige Nanometer große Eisenoxidpartikel im olfaktorischen Epithel von Lachsen zeigen. Über viele Jahre konnten magnetische Eigenschaften des Gewebes nur über Magnetisierungsmessungen an größeren Gewebeproben nachgewiesen werden. Es gelang jedoch bislang nie, die Magnetosomen einzelnen magnetisch sensitiven Zellen zuzuordnen“, erklärt der Experimentalphysiker und Experte für Nanoskopie.
Die Abbildungen der Saarbrücker Physiker geben erstmalig Einblick in die Beschaffenheit und Verteilung der Magnetitpartikel in den Zellen von Lachsen und weiteren Lebewesen. „Damit könnte ein großer Teil des Rätsels um den ‚sechsten Sinn‘ vieler Lebewesen, vielleicht auch des Menschen, gelöst sein“, sagt Hartmann.
Basierend auf diesen direkten Einblicken in die Orientierungsfähigkeit durch Magnetorezeption wurden unter Federführung einer Arbeitsgruppe der Oregon State University, Newport, USA und unter Beteiligung von Arbeitsgruppen des CNRS in Straßburg sowie der Universität Oldenburg umfangreiche weitere experimentelle und theoretische Analysen durchgeführt. Diese zeigen überraschenderweise eine genetische Verwandtschaft zwischen Einzellern ohne Zellkern (Prokaryoten) – also etwa den magnetotaktischen Bakterien – und Lebewesen, deren Zellen über einen Zellkern verfügen (Eukaryoten) – im vorliegenden Fall den Lachsen: in Form homologer Gene, die für die Biomineralisation der Magnetosomen maßgeblich sind. Dieses ist insofern überraschend, als dass die Prokaryoten vermutlich vor zwei bis drei Milliarden Jahren entstanden, die Kronen-Eukaryoten hingegen vor 1,2 bis 1,8 Milliarden Jahren. Damit stellt sich die fundamentale Frage, welche Bedeutung die Prokaryoten für die Entwicklung der Eukaryoten gespielt haben.
Am Beispiel der Magnetorezeption wirft nun die gemeinsame Arbeit von Genetikern, Sinnesphysiologen und Physikern ein völlig neues evolutionsbiologisches Licht auf das Zusammenspiel von Prokaryoten und Eukaryoten. Prokaryotische Gene, die für bestimmte Funktionalitäten zuständig sind – beispielsweise für die Magnetorezeption – wurden offensichtlich an eukaryotische Zellen vererbt, was zu einer deutlichen Expression dieser Gene in bestimmten Zellen einer Reihe heutiger Lebewesen führt.
Neben neuen Einblicken in den Magnetfeldorientierungssinn hat die Arbeit unter Beteiligung der Saarbrücker Physiker eine fundamentale evolutionsbiologische Bedeutung, indem sie Hinweise liefert, welche Rolle die Endosymbiose – also das Aufnehmen eines Prokaryoten durch eine eukaryotische Wirtszelle – für die Eukaryogenese spielen könnte.
Die Arbeit ist in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America erschienen: „Conservation of magnetite biomineralization genes in all domains of life and implications for magnetic sensing“.
M. Renee Bellinger, Jiandong Wei, Uwe Hartmann, Hervé Cadiou, Michael Winklhofer and Michael A. Banks.
Coastal Oregon Marine Experiment Station, Department Fisheries and Wildlife, Hatfield Marine Science Center, Oregon State University, Newport; Experimental Physics Department, Saarland University; Institut des Neurosciences Cellulaires et Intégratives (INCI), Centre National de la Recherche Scientifique Strasbourg, France; Institute of Biology and Environmental Science, University of Oldenburg and Research Center Neurosensory Science, University of Oldenburg.
DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2108655119

12.01.2022, NABU
Waldvögel zieht es in Gärten und Parks
Mehr als 146.000 Menschen haben ihre Sichtungen bei der „Stunde der Wintervögel“ bereits gemeldet
Bei der „Stunde der Wintervögel“, die am langen Wochenende vom 6. bis 9. Januar stattfand, haben inzwischen mehr als 146.000 Menschen ihre Vogelsichtungen dem NABU und seinem bayerischen Partner, dem LBV, gemeldet. Von über 103.000 Beobachtungspunkten, wie Gärten, Parks und Balkonen, wurden über 3,7 Millionen Vögel gesichtet. Diese Zahlen werden noch deutlich steigen, denn bis zum 17. Januar können Vogelfreundinnen und -freunde noch nachmelden. Erste Trends bei der diesjährigen Winterzählung zeichnen sich jetzt schon ab. „Es wurden etwa 36 Vögel und neun verschiedene Arten pro Garten gemeldet. Damit liegen die Zahlen leicht über denen des Vorjahres, aber deutlich unter dem Durchschnitt aus den elf Jahren, in denen unsere Mitmachaktion bereits stattgefunden hat“, so Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer. „Die Rangliste führt wie in vielen Jahren der Haussperling an. Als zweithäufigstes wurde die Kohlmeise gesichtet. Dann folgen Blaumeise, Amsel und Feldsperling.“
Mit 1,04 liegt der Grünfink nur knapp über seinem Vorjahreswert von 0,9 Vögeln pro Garten. Bei der Art kam es vermehrt zu Todesfällen durch den Befall mit einzelligen Erregern (Trichomonaden). „Grünfinken wurden zwar dieses Jahr etwas häufiger als 2021 beobachtet. Die Zahlen liegen aber immer noch weit unter dem Aktionsdurchschnitt von knapp zwei Vögeln pro Beobachtung“, so Miller. „Die Art scheint sich nur langsam zu erholen.“ Die Blaumeisen liegen erfreulicherweise über den Werten von 2021. Vermutlich konnten Verluste durch das in den Frühjahren 2020 und 2021 aufgetretene „Blaumeisensterben“, das durch das Bakterium Suttonella ornithocola verursacht wurde, teilweise durch vermehrte Bruten ausgeglichen werden. „Möglich ist aber auch, dass durch Zuzug aus anderen Gebieten mehr Vögel beobachtet werden konnten“, so Miller, „Hier werden die Ergebnisse der nächsten Vogelzählung im Mai weitere Erkenntnisse liefern.“ Die Zahlen der Amseln haben sich im Vergleich zum Vorjahr etwas verbessert, liegen aber auch noch leicht unter dem Aktionsdurchschnitt. Der Art hatte das Usutu-Virus zwischenzeitlich zugesetzt.
Auffällig bei der diesjährigen Zählaktion war, dass vor allem typische Waldarten wie Eichelhäher, Buntspecht und Kernbeißer häufiger beachtet wurden. Vermutlich sind sie wegen des Wetterumschwungs und vielleicht auch aufgrund einer geringeren Menge an Baumsamen besonders häufig in die Gärten und an die Futterstellen gekommen. Andere Arten, die auch als Wintergäste zu uns kommen und häufig in größeren Trupps unterwegs sind, wie Wacholderdrossel, Erlenzeisig und Schwanzmeise, wurden sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch im Aktions-Mittel weniger beobachtet. Auch der Seidenschwanz liegt, wie bereits im letzten Jahr, unter seinem Aktionsdurchschnitt. Dies könnten Folgen der milderen Winter in den Brutgebieten dieser Vögel in Nord- und Osteuropa sein. Miller: „Durch sich immer schneller verändernde Wetterbedingungen verändert sich auch das Zugverhalten. Es ist sehr wichtig, diese Entwicklungen weiter genau zu beobachten. Beim Arten- und Naturschutz gibt es also weiterhin viel zu tun.“
Die „Stunde der Wintervögel“ fand bereits zum zwölften Mal statt. Beobachtungen können noch bis 17. Januar gemeldet werden: per App unter www.NABU.de/vogelwelt, unter www.stundederwintervoegel.de oder unter www.NABU.de/onlinemeldung.
Die nächste Vogelzählung finden vom 13. bis 15. Mai mit der „Stunde der Gartenvögel“ statt.
Infos zur Aktion

13.01.2022, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Weltweit größtes Fischbrutgebiet in der Antarktis entdeckt
Forschende weisen etwa 60 Millionen Nester antarktischer Eisfische auf 240 Quadratkilometern im Weddellmeer nach
Nahe dem Filchner-Schelfeis im Süden des antarktischen Weddellmeers hat ein Forschungsteam das weltweit größte bislang bekannte Fischbrutgebiet gefunden. Ein Kamerasystem fotografierte und filmte tausende Nester von Eisfischen der Art Neopagetopsis ionah am Meeresboden. Die Dichte der Nester und die Größe des gesamten Brutgebiets lassen auf eine Gesamtzahl von etwa 60 Millionen Eisfischen schließen, die während der Untersuchungen dort nisteten. Dies unterstützt den Vorschlag, ein Meeresschutzgebiet im atlantischen Sektor des Südlichen Ozeans einzurichten. Ihre Ergebnisse veröffentlichen Autun Purser vom Alfred-Wegener-Institut und sein Team in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Current Biology.
Die Freude war groß, als Forschende im Februar 2021 auf den Monitoren an Bord des Forschungsschiffs Polarstern unzählige Fischnester sahen, die ihr geschlepptes Kamerasystem vom Meeresboden in 535 bis 420 Metern Wassertiefe des antarktischen Weddellmeeres live an Bord übermittelte. Je länger der Einsatz dauerte, desto mehr wuchs die Begeisterung und endete schließlich in Ungläubigkeit: Nest reihte sich an Nest, und die spätere genaue Auswertung zeigte, dass es durchschnittlich eine Brutstätte pro drei Quadratmeter gab, maximal fand das Team sogar ein bis zwei aktive Nester pro Quadratmeter.
Die Kartierung des Gebietes lässt auf eine Gesamtausdehnung von 240 Quadratkilometern schließen, das entspricht ungefähr der Größe der Insel Malta. Hochgerechnet auf diese Gebietsgröße ergibt sich eine geschätzte Gesamtzahl von etwa 60 Millionen Fischnestern. „Die Vorstellung, dass ein solch riesiges Brutgebiet von Eisfischen im Weddellmeer bisher unentdeckt war, ist total faszinierend“, sagt Dr. Autun Purser, Tiefseebiologe am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Hauptautor der aktuellen Veröffentlichung. Schließlich erforscht das Alfred-Wegener-Institut mit seinem Eisbrecher Polarstern das Gebiet bereits seit Anfang der 1980er Jahre. Bislang konnten hier nur einzelne Neopagetopsis ionah oder kleinere Ansammlungen von deren Nestern nachgewiesen werden.
Die einzigartigen Beobachtungen gelangen mit einem sogenannten OFOBS. Die Abkürzung steht für Ocean Floor Observation and Bathymetry System, also Ozeanboden Beobachtungs- und Bathymetriesystem. Dieser Kameraschlitten wurde entwickelt, um den Meeresboden in Extremumgebungen wie eisbedeckten Regionen zu untersuchen. Dazu wird das System an einem speziellen Glasfaser- und Stromkabel normalerweise mit einer Geschwindigkeit von einem halben bis einem Knoten (0,9 bis 1,8 Stundenkilometer) etwa eineinhalb Meter über dem Meeresboden geschleppt. „Nach der spektakulären Entdeckung der vielen Fischnester haben wir uns an Bord eine Strategie überlegt, wie wir am besten herausfinden können, wie groß die Ausmaße des Brutgebiets sind – es war ja im wahrsten Wortsinn kein Ende abzusehen. Die Nester hatten einen Durchmesser von einem dreiviertel Meter – sind also viel größer als die teils nur zentimetergroßen Strukturen und Lebewesen, die wir normalerweise mit dem OFOBS aufspüren“, berichtet Autun Purser. „Deshalb konnten wir die Höhe über Grund auf etwa drei Meter und die Schleppgeschwindigkeit auf maximal drei Knoten heraufsetzen und so die untersuchte Fläche vervielfachen. Wir haben eine Fläche von 45.600 Quadratmetern abgefahren und dabei unfassbare 16.160 Fischnester auf dem Foto- und Videomaterial gezählt“, berichtet Autun Purser.
Anhand der Aufnahmen konnte das Team die runden, etwa 15 Zentimeter tiefen und 75 Zentimeter im Durchmesser großen Fischnester eindeutig identifizieren, die sich durch eine runde zentrale Fläche aus kleinen Steinen vom ansonsten schlammigen Meeresboden abhoben. Es wurde zwischen mehreren Arten von Fischnestern unterschieden: aktive Nester, in denen zwischen 1500 und 2500 Eier lagen und die in dreiviertel der Fälle ein erwachsenerer Eisfisch der Art Neopagetopsis ionah bewachte oder die unbewachte Eier enthielten; außerdem gab es ungenutzte Nester, in deren Nähe entweder nur ein Fisch ohne Eier zu sehen war oder ein toter Fisch. Die Verteilung und Dichte der Nester erfassten die Forschenden mithilfe der weiter reichenden aber weniger hochauflösenden Seiten-Sonare des OFOBS, die über 100.000 Nester aufzeichneten.
Kombiniert haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Ergebnisse mit ozeanographischen und biologischen Daten. Ergebnis: Das Brutgebiet stimmt räumlich mit dem Einstrom von warmem Tiefenwasser aus dem Weddellmeer auf den höher gelegenen Schelf überein. Mithilfe besenderter Robben gelang es dem multidisziplinären Team außerdem nachzuweisen, dass die Region auch ein beliebtes Ziel von Weddellrobben ist. 90 Prozent der Robben-Tauchaktivitäten fanden in der Region aktiver Fischnester statt, wo sie vermutlich auf Nahrungssuche gingen. Kein Wunder, kalkulieren die Forschenden die Biomasse der Eisfischkolonie dort auf 60 Tausend Tonnen.
Dieses riesige Brutgebiet ist mit seiner Biomasse ein äußerst wichtiges Ökosystem für das Weddellmeer und nach aktuellem Stand der Forschung wahrscheinlich die räumlich umfangreichste zusammenhängende Fischbrutkolonie, die bisher weltweit entdeckt wurde, berichten die Experten in der Veröffentlichung in Current Biology.
Hierzu erklärt Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger: „Ich gratuliere den beteiligten Forscherinnen und Forschern zu ihrem faszinierenden Fund. Die deutsche Meeres- und Polarforschung hat damit nach der MOSAIC-Expedition einmal mehr ihre herausragende Bedeutung unter Beweis gestellt. Die deutschen Forschungsschiffe sind schwimmende Labore der Umweltforschung. Sie sind in den Polargebieten und auf den Ozeanen fast pausenlos als Plattformen für die Wissenschaft unterwegs, um wichtige Erkenntnisse für den Umwelt- und Klimaschutz zu gewinnen. Durch die Förderung des Bundesforschungsministeriums verfügt die deutsche Meeres- und Polarforschung über eine der modernsten Forschungsflotten weltweit. Der Fund kann einen wichtigen Beitrag für die Umweltschutzaufgaben in der Antarktis leisten. Hierfür wird sich das BMBF auch im Rahmen der UN-Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung, die noch bis 2030 läuft, weiter einsetzen.“
Für AWI-Direktorin und Tiefseebiologin Prof. Antje Boetius ist die aktuelle Studie ein Zeichen dafür, wie dringend die Einrichtung von Meeresschutzgebieten in der Antarktis ist. „Diese erstaunliche Entdeckung wurde durch eine spezielle Untersuchungstechnologie unter dem Eis ermöglicht, die wir im Rahmen meines ERC Forschungsprojektes entwickelt haben. Sie zeigt, wie wichtig es ist, unbekannte Ökosysteme untersuchen zu können, bevor wir sie stören. Wenn man bedenkt, wie wenig wir über das Leben im antarktischen Weddellmeer wissen, unterstreicht dies um so mehr die Notwendigkeit internationaler Bemühungen, ein Meeresschutzgebiet (MPA) einzurichten“, ordnet Antje Boetius die Ergebnisse der Studie ein, an der sie nicht direkt beteiligt war. Ein Vorschlag für ein MPA wurde unter der Leitung des Alfred-Wegener-Instituts erarbeitet und seit 2016 von der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten sowie weiteren unterstützenden Ländern in der internationalen Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) vertreten.
Antje Boetius ergänzt: „Leider ist das MPA im Weddellmeer immer noch nicht einstimmig von der CCAMLR verabschiedet worden. Aber jetzt, da der Standort dieser außergewöhnlichen Brutkolonie bekannt ist, sollten Deutschland und andere CCAMLR-Mitglieder dafür sorgen, dass dort auch in Zukunft keine Fischerei und ausschließlich nicht-invasive Forschung stattfindet. Bisher haben die Abgeschiedenheit und die schwierigen Meereisbedingungen in diesem südlichsten Bereich des Weddellmeeres das Gebiet geschützt, aber angesichts des zunehmenden Drucks auf die Ozeane und die Polarregionen sollten wir beim Meeresschutz viel ehrgeiziger sein.“
Originalpublikation:
Autun Purser, Laura Hehemann, Lilian Boehringer, Sandra Tippenhauer, Mia Wege, Horst Bornemann, Santiago E. A. Pineda-Metz, Clara M. Flintrop, Florian Koch, Hartmut H. Hellmer, Patricia Burkhardt-Holm, Markus Janout, Ellen Werner, Barbara Glemser, Jenna Balaguer, Andreas Rogge, Moritz Holtappels, Frank Wenzhoefer: Icefish Metropole: Vast breeding colony discovered in the southern Weddell Sea, Current Biology (2022). DOI: 10.1016/j.cub.2021.12.022 (https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(21)01698-5)

13.01.2022, Universität Bremen
Klimawandel bedroht die Artenvielfalt in Hecken
In Nord- und Westeuropa prägen oftmals Heckenlandschaften die landwirtschaftlich genutzten Gebiete. Sie haben eine lange Tradition – als lebende Zäune, Holz- und Nahrungslieferanten sowie als Windschutz. Zudem sind sie für Naturschutz, Erholung und kulturelle Identität wichtig. In einer europaweiten Studie unter Beteiligung der Universität Bremen wurde jetzt der Einfluss von Klima und Pflege auf die Artenvielfalt in diesen Hecken untersucht. Fazit: Der Klimawandel macht sich auch hier bemerkbar.
Heckenlandschaften durchziehen wie ein dichtes Netz die oft waldarme Landschaft in Nord- und Westeuropa. Sonst isolierte Lebensräume wie Wälder werden durch die Hecken miteinander verbunden. Viele Waldpflanzenarten – etwa Busch-Windröschen, Große Sternmiere oder Gefleckter Aronstab – finden in den Heckenlandschaften einen wichtigen Lebensraum, weil diese waldähnliche Bedingungen aufweisen. In vielen europäischen Gegenden sind die Heckenlandschaften seit Jahrhunderten wichtig. Sie sind lebende Zäune sowie Holz- und Nahrungslieferanten; sie bieten einen effizienten Windschutz, haben einen hohen Wert für den Naturschutz und die Erholung. Und auch kulturell sind Heckenlandschaften bedeutend, beispielweise in England oder Nordfrankreich, wo sie besonders prägend für die Landschaft sind.
Aber die Heckenlandschaften sind in Gefahr. Klimawandel und unpassende Pflege haben erhebliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt in den Hecken. Das ist das Ergebnis einer Studie, bei der Forscherinnen und Forscher aus vier europäischen Ländern einen bisher einzigartigen Datensatz zusammentragen haben. Er umfasst die Vegetationsdaten aus mehr als 1.000 Heckenkartierungen entlang einer Linie von Südschweden bis Nordfrankreich. Zusätzlich wurden Informationen über das regionale Klima, die umgebende Landschaft und die Heckenpflege gesammelt, um die Anzahl und Häufigkeit von Waldpflanzen damit in Zusammenhang zu bringen.
Hecken – ein wichtiger Ersatzlebensraum für viele Arten
„Wir haben zunächst gezeigt, dass tatsächlich eine große Vielfalt an Waldpflanzenarten in europäischen Hecken leben kann. Hecken bieten somit – besonders in waldarmen Gegenden – einen wichtigen Ersatzlebensraum für viele Arten“, sagt die Ökologin Kathrin Litza von der Universität Bremen. Sie forscht im Institut für Ökologie zum Verbreitungsmuster von krautigen Pflanzen, besonders in Wäldern und verwandten Habitaten. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit konzentriert sie sich auf krautige Arten in Wallhecken (Knicks) in Schleswig-Holstein und der Veränderung ihrer Artenzusammensetzung im Laufe der Zeit. „In unserem übergreifenden Projekt haben wir nachgewiesen, dass die Artenzusammensetzung je nach Region variiert. Übergeordnete Muster wurden aber trotzdem gefunden.“
So sind häufig vorkommende Waldarten besonders gut darin, sich über weite Strecken auszubreiten, beispielsweise durch Tiere oder Wind. Sie können außerdem starke Störungen (etwa durch Pflegemaßnahmen) sowie hohe Temperaturen besser vertragen als seltene Arten. Zudem zeigte sich, dass die Nutzung der angrenzenden Flächen relevant für die Artenvielfalt ist. Bei intensiver landwirtschaftlicher Nutzung – beispielsweise als Ackerfläche – wurden weniger Arten gefunden als wenn Wege oder sogar Wälder angrenzten.
Das regionale Klima spielt nachweislich eine wichtige Rolle für die Artenvielfalt. So wurden in warmen Gegenden weniger Waldarten in den Hecken gefunden. Besonders aufschlussreich war der große Einfluss von Extremwetterereignissen. Hecken, die über vergangene Jahre extremer Dürre oder Hitze ausgesetzt waren, sind nachweislich artenärmer. „Da solche Wetterereignisse durch den Klimawandels noch zunehmen werden, befürchten wir, dass noch mehr Hecken zukünftig Arten verlieren könnten“, erklärt Kathrin Litza.
Breitere Hecken als Reaktion auf den Klimawandel
Da Hecken im Vergleich zu Wäldern schmal sind, schwanken die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit in ihrem Inneren stärker. Durch die Breite der Hecken kann man diesen Effekt allerdings beeinflussen: „In breiten Hecken ist das innere Klima nachweislich stabiler als in schmalen“, so die Bremer Ökologin. Der positive Einfluss von breiten Hecken wurde bereits häufig in regionalen Studien nachgewiesen. Nun ergab auch die europaweite Studie, dass die breiten Hecken deutlich mehr Waldarten beherbergen. Weil extreme Wetterereignisse zukünftig zunehmen werden, fordern die Forschenden, dass Pflegemaßnahmen und Managementstrategien auf europäischer Ebene angepasst werden. Kathrin Litza: „Es ist unerlässlich, dass die Breite der Hecken als Schlüsselelement für die Artenvielfalt berücksichtigt wird.“
Weitere Informationen:
Litza, K. et al. (2022). Hedgerows as a habitat for forest plant species in the agricultural landscape of Europe. Agriculture, Ecosystems & Environment, 326: 107809. https://doi.org/10.1016/j.agee.2021.107809
Die Publikation ist bis zum 27. Januar 2022 kostenfrei abrufbar zum Lesen und Download unter:
https://authors.elsevier.com/a/1eD8ZcA-IgJnC

13.01.2022, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Städte können ein Rückzugsgebiet für Fledermäuse sein, zeigen Citizen-Science-Daten aus Berlin
Verstädterung stellt eine erhebliche Bedrohung für Fledermauspopulationen auf der ganzen Welt dar, insbesondere durch künstliches Licht während der Nacht und die Verringerung des Lebensraums und Nahrungsangebots. Unter bestimmten Voraussetzungen können jedoch Flächen innerhalb von Ballungsräumen für Fledermäuse geeignet sein, so dass ein entsprechender Umgang mit diesen Flächen zum Fledermausschutz beitragen kann. Ein Wissenschaftsteam des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung identifizierte mit der Unterstützung von mehr als 200 Berliner Bürgerwissenschaftler:innen diese Bedingungen und erforschte, wie sie sich auf die Verbreitung und Häufigkeit von Fledermausarten auswirken.
Das Team des Leibniz-IZW kommt zu dem Schluss, dass bereits ein geringes Maß an nächtlichem künstlichem Licht für alle Fledermäuse in Städten nachteilig ist, für viele ist darüber hinaus der Zugang zu Vegetation und Gewässern wichtig. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind in der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“ veröffentlicht.
Der Verlust der biologischen Vielfalt gefährdet wichtige Ökosystemfunktionen und damit die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen in einer Größenordnung, die mit anderen Prozessen des globalen Wandels wie dem Klimawandel vergleichbar ist. Zu den Hauptursachen für den Verlust biologischer Vielfalt gehören der Verlust und die Verschlechterung von Lebensräumen. Hier spielen Landwirtschaft und Holzeinschlag eine wichtige Rolle, aber auch die Verstädterung, die eine dramatische Umwandlung von natürlichen in extrem vom Menschen überformte (anthropogene) Landschaften bewirkt. Diese Prozesse haben schwerwiegende nachteilige Auswirkungen auf viele der über 1.400 Fledermausarten, die einen erheblichen Anteil der gesamten Säugetiervielfalt ausmachen. „Für den Fledermausschutz ist es wichtig, mehr über die Bedingungen zu erfahren, die sich positiv oder negativ auf Fledermäuse in diesen unterschiedlichen Ökosystemen – auch in Städten – auswirken“, sagt Daniel Lewanzik, Wissenschaftler in der der Leibniz-IZW-Abteilung Evolutionäre Ökologie. Lewanzik und seine Kolleg:innen arbeiteten mit mehr als 200 Bürgerwissenschaftler:innen zusammen, um die Ultraschallrufe von fünf Fledermausarten bis zu sechs Mal im Laufe von zwei Jahren an 600 Stellen in Berlin aufzuzeichnen. „Mit diesem großen Datensatz konnten wir untersuchen, welche Eigenschaften der urbanen Landschaft die Anwesenheit von Fledermäusen beeinflussen. Darüber wollten wir verstehen, wie man diese Umgebungen so verbessern kann, dass Fledermauspopulationen selbst in Stadtlebensräumen bestehen können“, erklärt Christian Voigt, Leiter der Leibniz-IZW-Abteilung für Evolutionäre Ökologie und Seniorautor der Untersuchung.
Die Ergebnisse untermauern den Verdacht, dass sich künstliches Licht in der Nacht negativ auf alle Fledermausarten auswirkt und sogar das Vorkommen von Arten verringert, die bisher als „lichttolerant“ galten. Mückenfledermäuse erwiesen sich als besonders lichtempfindlich: Bereits bei mittlerer Beleuchtungsstärke wurden sie nur noch selten im Stadtlebensraum entdeckt, bei höherer Beleuchtungsstärke verschwanden sie ganz. Außerdem kamen Mückenfledermäuse fast viermal häufiger in Gebieten mit weißen Laternen als in Gebieten mit orangefarbenen Laternen vor, während Rauhautfledermäuse und Mausohrfledermäuse keine Vorliebe für eine bestimmte Lichtfarbe zeigten. Zusätzlich zeigte sich bei Mausohrfledermäusen ein Einfluss der Jahreszeiten: sie reagierten im Sommer negativ auf zunehmende künstliche Beleuchtung bei Nacht, im Herbst jedoch nicht.
Vegetation, die Anwesenheit offener Gewässer sowie das Ausmaß der durch Straßen und Gebäude versiegelten Flächen hatten ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf einige Arten, in Abhängigkeit von deren Nahrungsgewohnheiten. Arten, die entlang von Vegetationsrändern (z. B. Zwergfledermäuse) nach Nahrung suchen, benötigen in der Regel Baumreihen, Arten die direkt über Wasserflächen (z. B. Wasserfledermäuse) nach Nahrung suchen, sind auf offenes Wasser angewiesen. Die meisten untersuchten Arten, insbesondere solche, die im offenen Luftraum jagen, mieden stark versiegelte Flächen mit einem hohen Anteil an umliegenden Gebäuden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, das künstliche Licht in der Nacht auf das für menschliche Aktivitäten absolut notwendige Minimum zu reduzieren und, wo immer möglich, Optionen zum Dimmen von Beleuchtung im Außenbereich einzusetzen, zum Beispiel über Bewegungssensoren“, fassen Lewanzik und Voigt zusammen. Sie empfehlen außerdem, bestehende Biotope unbedingt zu erhalten und zudem neue zu schaffen, wo immer dies möglich ist, und diese Fragmente durch ununterbrochene Vegetation und Dunkelkorridore (z. B. Wohngärten und Baumreihen) miteinander und mit Gewässern zu verbinden. Die Untersuchung zeigt, dass auch Städte geeignete Lebensräume für geschützte und bedrohte Arten bieten können, wenn diese Voraussetzungen beachtet werden.
Das gemeinsame Sammeln von Daten mit Bürgerwissenschaftler:innen („Citizen Scientists“) war eine positive Erfahrung, sagen die Autoren. „Die Zusammenarbeit mit mehr als 200 hochmotivierten Helferinnen und Helfern ermöglichte es, zeitgleich Daten im gesamten Stadtgebiet Berlins zu erheben“, sagt Miriam Brandt, Leiterin des Leibniz-IZW-Wissenschaftsmanagements und Leiterin des Projekts „WTimpact“. WTimpact ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung von 2017 bis 2021 gefördertes Verbundprojekt, in dessen Rahmen die Forschungsarbeiten zu Fledermäusen in Berlin durchgeführt wurden. „Gleichzeitig konnten wir interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen meist kaum wahrgenommenen Teil der Stadtnatur nahebringen – viele Teilnehmende waren überrascht, Fledermäuse in urbanen Gegenden zu finden, wo sie sie nicht vermutet hätten.“
Originalpublikation:
Lewanzik D, Straka TM, Lorenz J, Marggraf L, Voigt-Heucke S, Schumann A, Brandt M, Voigt CC (2021): Evaluating the potential of urban areas for bat conservation with citizen science data. Environmental Pollution. https://doi.org/10.1016/j.envpol.2021.118785

14.01.2022, Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
Licht ins Dunkel: unbekannte Insektenvielfalt in Deutschland
In Deutschland gibt es wohl viel mehr noch unentdeckte Fliegen- und Mückenarten als bisher angenommen. Dies zeigen neue Ergebnisse des nationalen DNA-Barcoding-Projekts „German Barcode of Life III“ (GBOL III), welches gezielt bisher unbekannte Arten, sogenannte “Dark Taxa”, in unserer heimischen Fauna aufgespürt. Wissenschaftler:innen der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) veröffentlichten die Resultate ihrer Studie kürzlich im Fachjournal Insects.
Wie viele noch unbekannte Tierarten gibt es in Deutschland? Dies erforschen Wissenschaftler:innen im Rahmen des DNA-Barcoding-Projekts „German Barcode of Life“ (GBOL) an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM). Die Zoolog:innen nehmen an, dass in Tiergruppen wie Insekten und Spinnentieren selbst in der heimischen Fauna noch Tausende unbekannter Arten zu entdecken sind. Eine neue genetische Studie zeigt nun, dass vor allem in der großen Insektengruppe der Zweiflügler (Diptera), zu denen Fliegen und Mücken gehören, hierzulande tausende von Arten existieren, die bisher nicht bekannt sind. In Deutschland kennt man bisher rund 9.500 Fliegen- und Mückenarten. Mindestens 1800-2200 Arten aus dieser Insektengruppe warten in Deutschland noch auf ihre Entdeckung, schätzen die Forscher:innen der ZSM. Die Wissenschaftler:innen bezeichnen diese Arten als “Dark Taxa” – gemeint sind damit Arten, die noch keinen wissenschaftlichen Namen haben.
„Der hohe Anteil unentdeckter Artenvielfalt in einem vermeintlich gut untersuchten Land hat uns überrascht. Wir kennen in Deutschland etwa 33.000 Insektenarten. Doch unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass es viel mehr Insektenarten bei uns gibt, als wir kennen. Mit „GBOL III: Dark Taxa“ schaffen wir eine wichtige wissenschaftliche Grundlage, um den Rückgang der Insekten insgesamt in Deutschland besser zu verstehen“, so Dr. Stefan Schmidt, einer der Leiter der DNA-Barcoding-Projekte an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM).
Für die Studie wurden 48.000 Insekten genetisch untersucht. Die Proben wurden über einen Zeitraum von sechs Jahren an verschiedenen Standorten im Bayerischen Wald, den Allgäuer Alpen, und im städtischen Bereich auf dem Gelände der Zoologischen Staatssammlung München gesammelt. Die Gensequenzierung der Insekten erfolgte im Rahmen des nationalen Verbundprojektes „GBOL III: Dark Taxa“. Die DNA-Barcoding-Methode eignet ganz besonders für die Untersuchung von artenreichen, taxonomisch schwierigen Insektengruppen. Dabei werden genetische Kennsequenzen ermittelt, anhand derer sich unbekannte Arten entdecken lassen und mit denen bekannte Arten zuverlässig und schnell bestimmt werden können. Zu den beteiligten Institutionen gehören das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn, das Staatliche Museum für Naturkunde in Stuttgart, die Universität Würzburg sowie die Entomologische Gesellschaft Krefeld. In dem Projekt sollen Methoden entwickelt werden, um die Erfassung und Identifizierung bisher unbekannter Insektenarten in der deutschen Fauna drastisch zu beschleunigen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Die Ergebnisse des Projekts werden in einer globalen Online-Bibliothek Fachleuten und der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt. Ziel der Initiative ist es, eine Datenbank zu schaffen, mit der jedes unbekannte Tier, das in Deutschland gefunden wird, anhand seiner DNA bestimmt werden kann. Bisher wurden von den Münchener Forschern genetische Kennsequenzen von weltweit etwa 50.000 Tierarten erstellt.
Originalpublikation:
Chimeno C, Hausmann A, Schmidt S, Raupach MJ, Doczkal D, Baranov V, Hübner J, Höcherl A, Albrecht R, Jaschhof M, Haszprunar G, Hebert PDN. Peering into the Darkness: DNA Bar-coding Reveals Surprisingly High Diversity of Unknown Species of Diptera (Insecta) in Ger-many. Insects. 2022; 13(1):82. https://doi.org/10.3390/insects13010082

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