Neues aus Wissenschaft und Naturschutz

26.04.2021, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Überraschung in der Tiefsee
Forschende entdecken Schwammpfade auf dem Meeresboden
Sie gelten als eine der primitivsten Formen tierischer Lebewesen, denn sie weisen weder Fortbewegungsorgane noch ein Nervensystem auf: Schwämme. Jetzt hat ein internationales Team um die Tiefseeforscherin Antje Boetius entdeckt, dass Schwämme in der arktischen Tiefsee Spuren am Meeresboden hinterlassen. Sie schließen daraus, dass die Tiere sich aktiv fortbewegen könnten – wenn auch nur mit wenigen Zentimetern pro Jahr. Diese einmaligen Erkenntnisse veröffentlichen sie jetzt in der Zeitschrift Current Biology.
Die Überraschung war groß, als Forschende sich hochauflösende Aufnahmen vom Meeresgrund der arktischen Tiefsee detailliert anschauten: Pfadähnliche Spuren auf dem Meeresboden endeten dort, wo Schwämme saßen. Die Spuren führten in alle Richtungen, sogar bergauf. „Wir schließen daraus, dass die Schwämme sich aktiv über den Meeresboden bewegt haben könnten und als Ergebnis Ihrer Bewegung Spuren hinterlassen“, berichtet die Schwammforscherin Dr. Teresa Morganti vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Das sei deshalb besonders spannend, weil die Wissenschaft bisher davon ausgegangen war, dass die meisten Schwämme am Meeresboden festsitzen oder passiv von Meeresströmungen bewegt werden und in der Folge gegebenenfalls Hänge hinab rutschen.
„In der arktischen Tiefsee treten keine starken Strömungen auf, die die vorgefundenen Strukturen am Meeresboden erklären könnten,“ erläutert die Expeditionsleiterin Prof. Dr. Antje Boetius, die mit dem Tiefseebiologen Dr. Autun Purser vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- Meeresforschung (AWI) im Rahmen der Helmholtz-Max-Planck-Tiefseegruppe zusammenarbeitet. Die jetzt veröffentlichten Aufnahmen entstanden bei 87°N, am etwa 350 Kilometer vom Nordpol entfernten Karasik Seamount mit dem Forschungseisbrecher Polarstern im Jahr 2016 mit einem geschleppten Kamerasystem OFOBS (Ocean Floor Observation and Bathymetry System). „Mit dem OFOBS können wir 3D-Modelle aus der Tiefsee erstellen. Der Gipfel des Seamounts war dicht mit Schwämmen besiedelt. 69 Prozent unserer Bilder wiesen Spuren aus Schwammnadeln auf, von denen viele zu lebenden Tieren führten“, berichtet Autun Purser.
Aus diesen Beobachtungen erwachsen viele Fragen: Warum bewegen sich die Schwämme? Und wie orientieren sie sich? Mögliche Gründe für die Fortbewegung könnten Nahrungssuche, die Vermeidung ungünstiger Umweltbedingungen oder die Verbreitung der Nachkommen sein. Gerade die Nahrungssuche spielt in nährstoffarmen Ökosystemen wie der arktischen Tiefsee eine große Rolle. Dort haben die Schwämme ohnehin eine wichtige Funktion, denn als Filtrierer können sie Partikel und gelöste organische Substanzen verwerten und sind mit Hilfe ihrer bakteriellen Symbionten intensiv am Nährstoffrecycling beteiligt. Außerdem bilden Schwämme mit ihren Strukturen einen Lebensraum für arktische Fische und Garnelen. Den Mechanismen der Fortbewegung müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch noch weiter nachgehen.
Originalpublikation:
Teresa M. Morganti, Autun Purser, Hans Tore Rapp, Christopher R. German, Michael V. Jakuba, Laura Hehemann, Jonas Blendl, Beate M. Slaby, Antje Boetius: In situ observation of sponge trails suggests common sponge locomotion in the deep central Arctic. Current Biology (2021); DOI: 10.1016/j.cub.2021.03.014

26.04.2021, Georg-August-Universität Göttingen
Die faszinierende Innenwelt des Meereswurms: Forschungsteam beschreibt erstmals Vorgänge innerhalb von Ringelwürmern
Der Meereswurm Ramisyllis multicaudata lebt in den inneren Kanälen eines Schwammes. Er ist eine von nur zwei Arten, die einen verzweigten Körper mit einem Kopf und mehreren hinteren Enden besitzen. Ein internationales Team unter Leitung der Universitäten Göttingen und Madrid hat nun erstmals die innere Anatomie dieses faszinierenden Tieres beschrieben. Die Forscherinnen und Forscher entdeckten, dass sich der komplexe Körper dieses Wurms weit in den Kanälen seiner Wirtsschwämme ausbreitet.
Das Team beschreibt die anatomischen Details und das Nervensystem der ungewöhnlichen Fortpflanzungseinheiten. Diese bilden ein eigenes Gehirn, wenn sie sich zur Befruchtung ablösen, welches es ihnen ermöglicht, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Journal of Morphology erschienen.
Die Forscherinnen und Forscher fanden die Wirtsschwämme und ihre Gastwürmer in einem abgelegenen Gebiet im australischen Darwin. Sie sammelten Proben, von denen sich einige heute in den Sammlungen des Biodiversitätsmuseums der Universität Göttingen befinden. Sie untersuchten Gewebeproben mittels verschiedener Mikroskopietechniken und chemischer Verfahren. Dadurch war es möglich, dreidimensionale Bilder sowohl von den verschiedenen inneren Organen der Würmer als auch vom Inneren der Schwämme, die sie bewohnen, zu erhalten. Das Team konnte zeigen, dass sich bei der Teilung des Körpers dieser Tiere auch alle inneren Organe teilen, was bisher noch nie beobachtet wurde.
Die dreidimensionalen Modelle machten zudem eine neue anatomische Struktur sichtbar, die es nur bei diesen Tieren gibt. Sie besteht aus Muskelbrücken, die sich zwischen den verschiedenen Organen kreuzen, wenn der Körper eine neue Verzweigung bildet. Diese Muskelbrücken bestätigen die Hypothese, dass der Verzweigungsprozess nicht in frühen Lebensstadien stattfindet, sondern sobald die Würmer erwachsen sind – und dann während ihres gesamten Lebens. Zudem macht der einzigartige „Fingerabdruck“ der Muskelbrücken es theoretisch möglich, bei jeder Verzweigung des komplexen Körpernetzwerks den ursprünglichen Zweig vom neuen zu unterscheiden.
Das Team untersuchte in dieser Studie auch die Anatomie der Fortpflanzungseinheiten, die sich an den hinteren Enden des Körpers entwickeln, wenn diese Tiere kurz vor der Fortpflanzung stehen. Solche Stolone sind charakteristisch für diese Familie der Ringelwürmer, die Syllidae. Die Stolonen bilden ein neues Gehirn und verfügen über eigene Augen. Dies ermöglicht es ihnen, sich in ihrer Umgebung zu orientieren, wenn sie zur Befruchtung vom Körper abgetrennt werden. Das Gehirn ist mit dem Rest des Nervensystems verbunden.
„Unsere Forschung löst einige der Rätsel, die diese kuriosen Tiere seit der Entdeckung des ersten verzweigten Ringelwurms Ende des 19. Jahrhunderts aufgeworfen haben“, erklärt Dr. Maite Aguado von der Universität Göttingen, die die Studie mit leitete. „Allerdings ist es noch ein weiter Weg, um vollständig zu verstehen, wie diese faszinierenden Tiere in freier Wildbahn leben. Zum Beispiel hat diese Studie ergeben, dass der Darm dieser Tiere zwar funktionstüchtig sein könnte, aber es wurde noch nie eine Spur von Nahrung darin gesehen. Es ist immer noch ein Rätsel, wie sie ihre riesigen verzweigten Körper ernähren können“, so Aguado. „Auch ist bislang ungeklärt, wie die Blutzirkulation und die Nervenimpulse durch die Verzweigungen des Körpers beeinflusst werden.“
Originalpublikation:
G Ponz-Segrelles et al. “Integrative anatomical study of the branched annelid Ramisyllis multicauda-ta (Annelida, Syllidae)”, 2021 Journal of Morphology. DoI: https://doi.org/10.1002/jmor.21356

26.04.2021, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen
Gläserner Fisch ohne Schädeldach
Senckenberg-Wissenschaftler Ralf Britz hat mit gemeinsam mit US-amerikanischen Forschern die evolutionäre Skelettentwicklung von Danionella dracula, einem winzigen, durchsichtigen Fisch untersucht. Den Fischen fehlen mehrere Knochen – unter anderem das Schädeldach – und gleichzeitig besitzen sie hochspezialisierte Kommunikationsorgane. Aufgrund dieser Eigenschaften wird Danionella gerade zu einem wichtigen Modellorganismus in der neurophysiologischen Forschung. Die Studie erscheint im Fachjournal „Developmental Dynamics“ und ziert dort das Titelbild.
Was würde sich für neurophysiologische Wirbeltierforschung besser eignen, als ein Organismus, dessen Kopf durchsichtig ist und so im lebenden Zustand den Blick auf sein Gehirn freigibt? Genau diese Eigenschaften erfüllen die Arten der Gattung Danionella – nur zwischen 11 und 17 Millimeter große Fische aus der Familie der Karpfenähnlichen, von denen die untersuchte Art Danionella dracula erst 2009 entdeckt und beschrieben wurde.
„Der zwergenhafte Fisch ist durchsichtig, besitzt kein Schädeldach und erlaubt so die Untersuchung des Gehirns am lebenden Tier“, erklärt Dr. Ralf Britz von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und fährt fort: „Die Miniaturisierung von Danionella und das Fehlen vieler Knochen, einschließlich derer die das Gehirn normalerweise bedecken, sind eine Folge der sogenannten Heterochronie, ein vom deutschen Zoologen Ernst Haeckel geprägter Begriff.“
Wenn sich die zeitliche Abfolge von Entwicklungsschritten in der Evolution verändert, kann sich der Beginn oder das Ende eines Entwicklungsvorgangs verschieben oder sich die Geschwindigkeit eines solchen Vorgangs ändern. Bei Danionella dracula führt diese Heterochronie unter anderem zu einer Beschleunigung der Geschlechtsreife, so dass die Fische – obwohl sie anatomisch Larven ähneln – mit etwa 10 Millimetern erwachsen sind und sich fortpflanzen können.
Anhand einer Serie von 43 Stadien dieser Art hat Britz, gemeinsam mit Erstautor Kevin Conway und seinem Kollegen Kole Kubicek von der Texas A&M Universität, die Entwicklung der Tiere von frischgeschlüpften Larven von 3,4 Millimeter Länge bis hin zu ausgewachsenen Tieren mit Längen von 16 Millimetern untersucht.
„Wir konnten zeigen, dass den Fischen im Vergleich zu ihren nahen Verwandten, dem Zebrabärbling Danio rerio, mehr als 40 Knochen fehlen!“, erläutert Britz und ergänzt: „Im Gegensatz dazu sind andere Teile ihres Skelettes außergewöhnlich gut entwickelt. Besonders hervorzuheben ist hier der ‚Webersche Apparat’, der für die innerartliche Kommunikation der Tiere verantwortlich ist.“
Mit Hilfe von drei kleinen Knochen, die den Mittelohrknöchelchen des Menschen ähneln, erhöht der „Webersche Apparat“ das Hörvermögen der Fische und leitet Schallwellen von der Schwimmblase zu deren Innenohr weiter. Männliche Tiere von Danionella produzieren mit diesem Hörapparat aber auch verschiedene Laute mit Amplituden von 140 Dezibel und 60 bis 120 Hertz, um mit ihren Artgenossen zu kommunizieren. „Gerade dieser Teil des Skelettes von Danionella, hat sich in der Entwicklung nicht nur normal, sondern sogar beschleunigt ausgebildet“, ergänzt der Dresdner Ichthyologe. Das Tier vereint demnach sowohl die Eigenschaften eines larvalen Zebrafisches – kleines Gehirn, fehlende Knochen und Pigmentierung der Haut, als auch die neuronale Komplexität von erwachsenen Tieren, was Hören und innerartliche Kommunikation angeht.
„Dieser enorme Unterschied in der Entwicklungsgeschwindigkeit verschiedener Organsysteme innerhalb ein und desselben Organismus ist sehr ungewöhnlich für Wirbeltiere. Genau dieses anatomische Resultat – larval und dennoch hochspezialisiert – hat Danionella zum Modelltier für die Neurophysiologie gemacht“, fasst Britz zusammen.
Originalpublikation:
Conway, KW, M. Kubicek, K, Britz, R. Extreme evolutionary shifts in developmental timing establish the miniature Danionella as a novel model in the neurosciences. Developmental Dynamics. 2021; 250: 601– 611. https://doi.org/10.1002/dvdy.280

26.04.2021, Naturhistorisches Museum Wien
Massensterben, Sumpfwälder und fliegende Fische von Lunz
Neues Projekt des Naturhistorischen Museums Wien erforscht Massensterben vor 233 Millionen Jahren in Niederösterreich.
Ein internationales Team um den NHM Wien-Paläontologen Dr. Alexander Lukeneder erforscht in den kommenden zwei Jahren eine der größten Umweltkatastrophen der Erdgeschichte. Ein weltweiter Klimawandel führte vor 233 Millionen Jahren zu einem gigantischen Massensterben in den Meeren des Mesozoikums. Die unter dem Namen „Karnische Krise“ bekannte Phase kann auch bei Lunz am See beobachtet werden.
Zwei Projekte – ein Ziel
Hauptziel der vielfältigen und modernen Untersuchungen ist ein Gebiet nördlich von Lunz am See. In diesem Bereich der Nördlichen Kalkalpen sind überwiegend Gesteine der sandigen Lunz-Formation aufgeschlossen. Diese sind durch das Auftreten der triassischen Lunz-Flora weltweit bekannt. Unter diesen kohleführenden Ablagerungen treten die feingeschichteten Reingrabener Schichten auf. Diese schwarzen, tonigen Ablagerungen beinhalten eine Konservat-Lagerstätte von Weltruf.
Konservat-Lagerstätten zeichnen sich durch besonders gute, vollständige Erhaltung der eingeschlossenen Fossilien aus. „Es ist faszinierend, die feinsten Strukturen dieser urzeitlichen Tiere und Pflanzen wie Schachtelhalme oder Borstenwürmer sehen zu können“, freut sich Lukeneder. In den vom Land Niederösterreich (Wissenschaft und Forschung) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Geo/Hydro Sciences) finanzierten Projekten soll nun diese einzigartige Fossilfundstelle erforscht werden.
Seit über 140 Jahren ist die Gegend um Lunz für ihren Fossilreichtum bei Wissenschafter*innen, aber auch bei Citizen Scientists bekannt. Auf der Suche nach Kohle wurden schon im späten 19. Jahrhundert, um 1880, Stollen in das Gestein getrieben. Die Entdeckung von Fossilien in diesen Stollen war also ein Nebenprodukt der Kohlegewinnung.
Die Geologische Bundesanstalt und das Naturhistorische Museum Wien veranlassten daraufhin Grabungen zur Fossilgewinnung. Tausende Fossilien konnten so gewonnen werden, wurden aber nur teilweise bearbeitet und bilden somit die Grundlage der heutigen Untersuchungen.
In den Meeresablagerungen der späten Triaszeit konnten ausgezeichnet erhaltene Ammoniten, Tintenfische, Muscheln, Schnecken, Krebse, Borstenwürmer, verschiedenste Fische und auch ein Lungenfisch entdeckt werden. Die große Diversität der entdeckten Fauna wie auch die fantastische Erhaltung der Fossilien dieser Lagerstätte machen diesen Fundpunkt zur einzigartigen Möglichkeit, die Umwelt der späten Triaszeit bestmöglich zu erforschen und so neue Erkenntnisse zum Klima dieser Zeit zu gewinnen.
Die karnische Krise – der Zusammenbruch
Im Untersuchungsgebiet wurde eine Zeit grundlegender ökologischer Veränderungen während der
zwei Millionen Jahre andauernden, globalen Karnischen Krise überliefert. Während dieser Phase kam es zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme. Nach heutiger Sicht führte gewaltiger Vulkanismus in Kanada und in den USA nicht nur zur Ablagerung einer mehr als tausend Meter dicken Schicht aus Basalt, sondern auch zu einem enormen Anstieg von CO2 in der Atmosphäre. Das wiederum führte in der späten Triaszeit zu einer starken Klimaerwärmung mit wesentlich feuchterem Klima. Weltweit spülten die monsunartigen Regenfälle Sediment in die Meere und die Riffe erstickten im Schlamm. Die Geochemie der Sedimente und der darin erhaltenen Fossilien erlaubt Rückschlüsse auf Sauerstoffgehalt, Wasserchemie und Meerestemperatur und ermöglicht eine Rekonstruktion der ehemaligen Lebensräume.
So dokumentieren die Gesteine um Lunz am See das dramatische Absterben von Korallenriffen, das Entstehen von sauerstoffarmen Meereswüsten und das Erblühen von dichten Sumpfwäldern als Folge einer drastischen Klimaänderung.

27.04.2021, Universität zu Köln
Biodiversität in den Ozeanen: Studie weist erstmals enorme Artenvielfalt in der Tiefsee nach
Neues Forschungsverfahren kombiniert unterschiedliche Datentypen / Tiefseebecken im Atlantischen und Pazifischen Ozean weisen einzigartige Artengemeinschaften auf, die durch wirtschaftliche Nutzung bedroht sind.
Kölner Ökologinnen und Ökologen am Institut für Zoologie der Universität zu Köln haben erstmalig die enorm hohe und zudem sehr spezifische Artenvielfalt der Tiefsee in einem Vergleich von 20 Tiefseebecken des Atlantischen und Pazifischen Ozeans nachgewiesen. Über 20 Jahre hat das Kölner Forschungsteam um Professor Dr. Hartmut Arndt am Institut für Zoologie ein Datenmaterial erarbeiten, das jetzt erstmalig einen Vergleich der Vielfalt der vorhandenen Eukaryoten – den Organismen mit einem Zellkern – ermöglicht. Sedimentproben aus Tiefen von 4.000 bis 8350 Metern, die Kultivierung und Sequenzierung von Populationen, die ausschließlich in der Tiefsee vorkommen, und schließlich die molekulare Analyse im Hochdurchsatzverfahren ergeben ein umfassendes Bild über die Biodiversität in den Tiefen der Ozeane. Darüber berichten die Forscher in der neuesten Ausgabe des renommierten Nature-Journals „Communications Biology“ in dem Artikel „High and specific diversity of protists in the deep-sea basins dominated by diplonemids, kinetoplastids, ciliates and foraminiferans“.
Der Tiefseeboden in mehr als 1.000 Metern Wassertiefe bedeckt über 60 Prozent der Erdoberfläche und stellt damit den größten Teil der Biosphäre. Dennoch ist noch immer wenig über die Vielfalt, die Verteilungsmuster und die funktionelle Bedeutung der Organismen in diesem extremen und gigantischen Lebensraum bekannt. Sicher ist, dass sich bereits jetzt der Klimawandel – etwa durch Erwärmung, Versauerung oder Sauerstoffentzug – auf dieses sensibel reagierende Ökosystem auswirkt. Außerdem steht die Tiefsee unter dem Druck des wachsenden Interesses an Rohstoffgewinnung.
Man ging in der Wissenschaft bisher davon aus, dass die Tiefseebecken, die alle von der gleichen niedrigen Temperatur (0-4°C), dem gleichen Salzgehalt (ca. 3,6 Prozent), einem hohen Druck (300-500bar in Abhängigkeit von der Tiefe) und sehr ähnlichem Sediment gekennzeichnet sind, nur eine relativ geringe und zudem gleiche Artenvielfalt aufweisen. Die meisten Tiefseestudien konzentrierten sich bisher zudem auf spezielle Lebensräume wie hydrothermale Schlote und Salzwasserlinsen. Bisher fehlten Daten zur Vielfalt der Tiefseeebenen, die den mit Abstand größten Teil des Meeresbodens ausmachen. „Durch die Verwendung eines neuen Ansatzes kombinierter molekularbiologischer und kultivierungsbasierter Untersuchungen haben wir große lokale hochspezifische Unterschiede der Organismengemeinschaften festgestellt, die wenig Überschneidung zu den Organismengemeinschaften der Küstenregionen aufweisen“, sagt Dr Alexandra Schönle, Erstautorin der Studie.
Unter den Organismen dominierten die Einzeller (Protisten), die in aktuellen Tiefsee-Nahrungsnetzmodellen meist übersehen wurden. Neben den in Studien traditionell betrachteten kalkschaligen Kammerlingen (Foraminiferen), deren Ablagerungen weite Bereich des Weltozeans bestimmen, dominierten winzige nackte Protisten, darunter bakterienfressende und parasitische Geißeltierchen und Wimpertiere, deren Vielfalt die der vielzelligen Tiere deutlich übertraf. Erstaunlich war auch der hohe Anteil von parasitischen Formen (10 bis 20 Prozent), der in dieser Größenordnung bisher unbekannt war. Viele von ihnen dürften Tiere wie Krebse oder Fische, andere aber auch Einzeller befallen.
„Unsere Ergebnisse weisen auf die Tatsache hin, dass organische Stoffe auf dem Tiefseeboden über verschiedene und bislang meist ignorierte Stufen des Nahrungsnetzes der Mikrofauna verwertet und im Nahrungsgewebe weitergeleitet werden. Das ist für unser Verständnis des globalen Kohlenstoffflusses von entscheidender Bedeutung“, erläutert Professor Dr. Hartmut Arndt. „Angesichts der signifikanten Unterschiede in der Artenvielfalt der einzelnen Tiefseebecken und deren Bedeutung im globalen Kontext erscheint die wirtschaftliche Nutzung und abzusehende Verwüstung einzelner Tiefseebecken und die Schonung anderer Tiefseebecken absurd.“
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1038/s42003-021-02012-5

27.04.2021, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Verlust der Tierwelt in tropischen Wäldern bedroht UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung
Eine neue Untersuchung von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und des Lund University Centre for Sustainability Studies (LUCSUS) betrachtet den Zusammenhang zwischen zunehmend tierleeren Tropenwäldern und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung. In der Fachzeitschrift „Ambio“ zeigen sie auf, wie der Verlust einer reichhaltigen und vielfältigen Tierwelt die Ernährungssicherheit untergräbt, das Risiko des Ausbruchs von Infektionskrankheiten erhöht, die Kapazität für die Kohlenstoffspeicherung verringert und somit Grundpfeiler der nachhaltigen globalen Entwicklung schwächt.
Der gegenwärtige Verlust biologischer Vielfalt ist beispiellos und die Geschwindigkeit des Artensterben übersteigt vergleichbare natürliche Prozesse um ein Vielfaches. Maßgeblich verursacht durch menschliche Eingriffe ist dieser Verlust an Fülle und Vielfalt der Tierwelt in den Tropen besonders ausgeprägt, obgleich nicht darauf beschränkt. Eine neue Untersuchung von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und des Lund University Centre for Sustainability Studies (LUCSUS) betrachtet nun den Zusammenhang zwischen zunehmend tierleeren Tropenwäldern und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung. In der Fachzeitschrift „Ambio“ zeigen sie auf, wie der Verlust einer reichhaltigen und vielfältigen Tierwelt die Ernährungssicherheit untergräbt, das Risiko des Ausbruchs von Infektionskrankheiten erhöht, die Kapazität für die Kohlenstoffspeicherung verringert und somit Grundpfeiler der nachhaltigen globalen Entwicklung schwächt. Aufgrund dieser Einsichten drängen sie darauf, der „Defaunation“ mehr Aufmerksamkeit in der interdisziplinären Forschung, der Forstpolitik und dem Naturschutz zu schenken.
Die sogenannte „Defaunation“ ist ein schleichender, unbemerkter Prozess in tropischen Wäldern. Er bezeichnet den Verlust der Vielfalt in der Tierwelt durch regionales oder globales Aussterben von Arten und die erheblichen Bestandsrückgänge zahlreicher Arten, so dass diese ihre ökologischen Funktionen nicht mehr ausreichend ausfüllen können. „Ein leerer Wald unterscheidet sich fundamental von einem Wald mit einer gesunden Tiergemeinschaft. Was unter dem Kronendach der verbleibenden Tropenwälder der Welt passiert, ist von größter Bedeutung für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen“, sagen Torsten Krause vom LUCSUS und Andrew Tilker vom Leibniz-IZW. Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Verlust der Tierwelt in den Tropen und vier der 17 Nachhaltigkeitsziele der VN und analysierten die sozialen und ökologischen Auswirkungen der „Defaunation“ auf lokaler und globaler Ebene. Sie zeigten, dass dieser Prozess kritische ökologische Funktionen bedroht und das menschliche Wohlbefinden auf vielen Ebenen gefährdet:
– Ernährung sichern (Ziel 2): Wildfleisch ist eine wichtige Nahrungsquelle für die lokale Bevölkerung, die innerhalb oder in unmittelbarer Nähe von Tropenwäldern leben und häufig darauf angewiesen sind. Der Verlust an Fauna erhöht die Wahrscheinlichkeit von Hunger, verstellt den Zugang zu sicherer, nahrhafter und ausreichender Nahrung während des ganzen Jahres und befördert die Unterernährung von Kindern – eine Situation, dessen Beendigung in den Teilzielen von Ziel 2 formuliert wurden. „Dies ist insofern besonders wichtig, weil diese Abhängigkeit von Wildfleisch auch als Treiber für den Raubbau an der Waldfauna wirken kann“, sagt Tilker.
Die tropischen Waldtiere spielen zudem eine Schlüsselrolle bei der Bestäubung, so dass ein Verlust von Insekten, Fledermäusen oder Vögeln den Ertrag von Nicht-Holz-Waldprodukten wie Früchten oder Nüssen bedrohen kann – eine weitere, wenig erforschte Säule für Nahrungssicherheit und Gesundheit in den Tropen.
– Gesundes Leben für alle (Ziel 3): Die vergangenen 18 Monate haben gezeigt, wie relevant der Wildtierhandel und Verzehr von Wildtieren für die öffentliche Gesundheit weltweit sein können: Wildtiere sind Wirte von und können zahlreiche, für Menschen schädliche und potenziell tödliche Krankheitserreger übertragen. „Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass der Verlust der Tropenwaldfauna die Ausbreitung von Wirts-, Parasiten- und Vektorspezies signifikant erhöht und damit einen besseren Kontakt zu Menschen und eine größere Häufigkeit von Ausbrüchen von Infektionskrankheiten ermöglicht“, erklärt Krause. „Für die globale Gesundheit ist es deshalb von zentraler Bedeutung, dass Wildtiergemeinschaften in tropischen Wäldern gesund sind und relativ ungestört bleiben.“ Eine artenreiche und widerstandsfähige Waldfauna ist häufig von hoher kultureller Bedeutung für die lokale Bevölkerung und dient als Inspirationsquelle in Kunst und Literatur – und trägt dazu bei, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden im Sinne von Ziel 3 zu fördern.
– Klimawandel und seine Folgen (Ziel 13): Wälder sind eine der wichtigsten terrestrischen Kohlenstoffsenken der Welt. Der Erhalt und Schutz gesunder Waldökosysteme ist daher entscheidend für die Abschwächung des Klimawandels. Die Intaktheit der Tierartengemeinschaften spielt für diese Funktion von Waldökosystemen eine entscheidende Rolle, da es eine Vielzahl ökologischer Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Tieren gibt. „Der Verlust der tropischen Waldfauna beeinträchtigt diese Wechselwirkungen. Leere Wälder sind viel weniger widerstandsfähig, weil es zum Beispiel keine Samenverbreiter gibt“, erklärt Tilker. Jüngste Untersuchungen hätten einen direkten Zusammenhang von Tierartenvielfalt und der Fähigkeit von CO2-Bindung nachgewiesen: Wenn die Zahl der Bäume mit großen Samen, die nur von Tieren verbreitet werden, abnimmt, speichern Wälder weniger Kohlenstoff. „Gibt es weniger Tiere und Tierarten im Wald, stellt dies eine indirekte, aber signifikante Bedrohung für die Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels dar.“
– Landökosysteme schützen (Ziel 15): Der Verlust der Fauna in den Tropenwäldern der Welt steht in direktem Zusammenhang mit der Fähigkeit, terrestrische Waldökosysteme und deren Biodiversität zu schützen und in Zukunft nachhaltig zu nutzen. Die „Defaunation“ ist also eine direkte Bedrohung für die Unterziele 15.2 (nachhaltige Bewirtschaftung aller Art von Wäldern fördern, die Entwaldung stoppen, degradierte Wälder wiederherstellen und die Aufforstung und Wiederaufforstung weltweit erheblich steigern) und 15.5 (Maßnahmen ergreifen, um die Degradierung natürlicher Lebensräume zu verringern, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, bedrohte Arten zu schützen und ihr Aussterben zu verhindern). „In diesem Kontext ist tatsächlich das primäre Ziel der Stopp der Verluste des Tierreichtums tropischer Wälder und damit ein grundlegender Pfeiler für die nachhaltige globale Entwicklung“, so Krause und Tilker.
Angesichts dieser Einsichten müsse dem Verlust der Tierwelt in den Tropenwäldern in der Forschung, der Umweltpolitik und im Naturschutz auf globaler und lokaler Ebene mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, schlussfolgern die Wissenschaftler. Da die Folgen der Verarmung der Tierwelt in den Tropen weitreichend, einzigartig und komplex sind – wie das Wildfleisch-Dilemma verdeutlicht – ist mehr interdisziplinäre Forschung notwendig, um die Auswirkungen des Prozesses vollständig zu verstehen. „Der Verlust der Tropenwaldfauna hat zahllose ökologische, evolutionäre, sozioökonomische und kulturelle Auswirkungen und untergräbt das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele. Daher ist es wichtig, dass Wissenschaftler*innen, die die Biodiversität der Tropenwälder untersuchen, erkennen, dass Wälder von Natur aus sozial-ökologische Systeme sind“, sagt Tilker. Es sollten also ganzheitliche, ortsbezogene Schutzansätze entwickelt werden, um die „Defaunation“ abzuschwächen oder zu stoppen. Die lokale Bevölkerung und ihre Wirtschaft müssten eine wichtige Rolle in der Ausgestaltung von Schutzstrategien spielen. „Defaunation“ wurde auch in der Forstpolitik bisher weitgehend übersehen und sollte in den Strategien zur Waldbewirtschaftung häufiger direkt angesprochen werden, zum Beispiel durch die Einbeziehung der Fauna in die waldbezogene globale Klimafinanzierung. Nicht zuletzt seien wirksame Maßnahmen zur Eindämmung und Kontrolle des kommerziellen Handels mit tropischen Wildtieren ein wichtiger Eckpfeiler, um einen weiteren Niedergang von Tierdiversität und -häufigkeit in Waldökosystemen zu bekämpfen, so Krause und Tilker.
Originalpublikation:
Krause T, Tilker A (2021): How the loss of forest fauna undermines the achievement of the SDGs. Ambio. DOI: 10.1007/s13280-021-01547-5

29.04.2021, Universität Heidelberg
Korallen, die Algen spucken
Eine alte Immunantwort reguliert die Entstehung von vorteilhaften Symbiosen
Mikroalgen aus der Gruppe der Dinoflagellaten sind bekannt für ihre Fähigkeit, in anderen tierischen Zellen zu überleben. Auch mit Korallen gehen diese winzigen Einzeller seit Urzeiten wechselseitig vorteilhafte Beziehungen ein. Indem sie lebenswichtige Nährstoffe an ihre Wirte weitergeben, ermöglichen es Dinoflagellaten den Korallen etwa, auch in kargen Regionen zu gedeihen. Ein Forschungsteam vom Centre for Organismal Studies (COS) der Universität Heidelberg hat nun herausgefunden, dass solche Symbiosen innerhalb der Zelle entscheidend von der Fähigkeit der Algen abhängen, das Immunsystem ihrer Wirtszelle zu unterdrücken und so die Beseitigung durch „Ausspucken“ zu vermeiden. Gleichzeitig fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Hinweise darauf, dass es sich bei dieser Immunantwort um einen evolutionär alten Abwehrmechanismus handelt, der weiter verbreitet ist als bisher angenommen.
Bei diesem Mechanismus handelt es sich um die sogenannte Vomozytose. Entgegen bisheriger Annahmen werden von Korallen aufgenommene Mikroalgen nicht von der Zelle verdaut, wenn sie sich nicht als Symbionten – als Teil einer Symbiose – eignen, sondern im Rahmen der Vomozytose wieder „ausgespuckt“. Spezielle Dinoflagellaten sind in der Lage, diese Immunantwort ihrer Wirtszelle gezielt zu unterdrücken, um so in der Zelle zu verbleiben. Wie ihnen das gelingt, zeigt eine Studie, die unter der Leitung der Zellbiologin Prof. Dr. Annika Guse am COS durchgeführt wurde. „Die Herausforderung für die Korallen besteht darin, zwischen nützlichen und potenziell schädlichen Mikroorganismen zu unterscheiden. Die Algen wiederum müssen die Immunantwort der Wirtszelle umgehen, eine intrazelluläre Nische etablieren, in der sie überleben können, und die eigenen Zellfunktionen so auf die ihres Wirtes abstimmen, dass Nährstoffe effizient ausgetauscht werden können“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Bislang konnte für keine der gängigen Theorien, die diese Vorgänge zu erklären versuchen, ein experimenteller Beweis erbracht werden. Das Team um Prof. Guse hat nun anhand des Modellsystems Exaiptasia diaphana (Aiptasia) aus der Gattung der Seeanemonen nachvollzogen, wie die Immununterdrückung durch den Symbionten dazu beiträgt, dass die Wirtszelle geeignete Mikroalgen erkennt und langfristig aufnimmt. Die Larven der Seeanemone Aiptasia nehmen die Symbionten aus der Umwelt in gleicher Weise auf wie Korallenlarven. Außerdem eignen sich die Larven der auch als Glasrosen bekannten Seeanemonen aufgrund ihrer Größe und Transparenz hervorragend für hochauflösende Bildgebung und zellbiologische Untersuchungen.
Aus der Umwelt nimmt Aiptasia kontinuierlich unterschiedliche Partikel auf, ohne dabei zwischen geeigneten und ungeeigneten Teilchen oder Lebewesen zu unterscheiden. Nicht kompatible Partikel werden anschließend innerhalb eines bestimmten Zeitraums wieder „ausgespuckt“. Symbionten vermeiden diesen Vorgang der sogenannten Vomozytose, vermutlich indem sie die Signalwege der Toll-like-Rezeptoren (TLR) der Wirtszelle unterbrechen. Diese Rezeptoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung des zelleigenen Abwehrsystems und sorgen dafür, dass unerwünschte Eindringlinge erkannt und entfernt werden. Bei den meisten Tieren werden die Toll-like-Rezeptoren von dem Gen MyD88 gesteuert. „Wir konnten nachweisen, dass Algen-Symbionten MyD88 unterdrücken, um die Symbiose zu initiieren. So schaffen sie es, der Vomozytose zu entgehen“, erläutert Prof. Guse.
Gleichzeitig deuten die Erkenntnisse der Heidelberger Wissenschaftler darauf hin, dass es sich bei der Vomozytose um einen Mechanismus handelt, der weiter verbreitet ist als vermutet. Bislang wurde angenommen, dass das „Ausspucken“ von schädlichen Eindringlingen selbst initiiert wird, um den teilweise sehr spezialisierten Immunantworten der potenziellen Wirtszelle zu entkommen. Die Studie mit dem Aiptasia-Modell legt jedoch nahe, dass dieser Vorgang auch von der Wirtszelle ausgelöst werden kann. Die Forscherinnen und Forscher nehmen daher an, dass es sich bei der Vomozytose um einen evolutionär alten Abwehrmechanismus handelt, den sich Korallen oder Nesseltiere wie Aiptasia zunutze machen, um geeignete Symbionten zu selektieren. Prof. Guse: „Die Vermutung liegt nahe, dass die Vomozytose ein wichtiger Prozess ist, der überhaupt erst zur Entstehung des intrazellulären Lebenswandels der Korallen-Symbionten geführt hat.“
Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „Nature Microbiology“ veröffentlicht. Finanziert wurden die Forschungsarbeiten unter anderem aus Mitteln des Horizon 2020-Programms der Europäischen Union und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Originalpublikation:
M. R. Jacobovitz, S. Rupp, P. A. Voss, I. Maegele, S. G. Gornik, A. Guse: Dinoflagellate symbionts escape vomocytosis by host cell immune suppression. Nature Microbiology (29 April 2021), https://dx.doi.org/10.1038/s41564-021-00897-w

29.04.2021, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
Artenvielfalt in Nebelwäldern schwindet – auch in Schutzgebieten
Die Fläche der tropischen Bergnebelwälder wird weltweit kleiner. Dies hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL zum ersten Mal mithilfe von Satellitendaten nachweisen können. Mit der Abnahme ist ein immenser Verlust an Pflanzen und Tieren verbunden, die in diesen Wäldern vorkommen. Schutzgebiete zeigen dabei kaum Wirkung.
Bergnebelwälder zählen zu den artenreichsten Lebensräumen der Welt. Doch die Fläche dieser nur in den Tropen vorkommenden Wälder nimmt stetig ab, und damit auch die Vielfalt an Pflanzen und Tieren, die auf diesen einzigartigen Lebensraum angewiesen sind. Ein internationales Forschungsteam der WSL Birmensdorf und des Yale Center for Biodiversity and Global Change, USA, konnte den Rückgang zum ersten Mal mithilfe von Satellitendaten nachweisen. Die Resultate, die die Forschenden in der Fachzeitschrift Nature Ecology and Evolution1 veröffentlichten, zeigen, dass die Abnahme auch vor geschützten Gebieten nicht haltmacht.
WSL-Biologe Dirk Karger, Erstautor der Studie, und seine Kollegen aus der Schweiz, Deutschland und den USA kombinierten den hochaufgelösten Klimadatensatz CHELSA, der an der WSL betreut wird, mit Daten zur globalen Wolkenbedeckung. Damit konnten die Forschenden abschätzen, wo die Nebelwälder auf der Welt theoretisch vorkommen sollten, denn Daten zur globalen Verbreitung der Nebelwälder fehlten bislang. Sie verglichen diese Vorkommen mit Satellitendaten, um herauszufinden, wie sich die Fläche der Wälder innerhalb von 18 Jahren verändert hatte. Es zeigte sich, dass zwischen 2001 und 2018 weltweit insgesamt etwa 2,4 Prozent der Gesamtfläche der Bergnebelwälder verloren gingen, in einigen Regionen waren es gar 8 Prozent.
Die tropischen Bergnebelwälder sind vor allem durch menschliche Aktivitäten bedroht wie das Abholzen der Bäume für den Anbau von Nutzpflanzen, den kleinräumigen Ackerbau oder das Holzsammeln. Zwar zeigen Schutzgebiete Wirkung, doch nur, wenn sie nicht zugänglich sind und weit weg von menschlichen Siedlungen liegen. Rund 40 Prozent der Abnahme geschieht weiterhin in geschützten Gebieten.
Karger, der bereits seit seiner Doktorarbeit in den Nebelwäldern der Welt unterwegs ist, hat schon vieles erlebt. «Wenn Gebiete unter staatlichen Schutz gestellt wurden, ging die Abholzung oftmals erst richtig los, vorher war der Zutritt zu den privat verwalteten Wäldern oft verboten. Im Gegensatz zu privaten Firmen fehlen den Naturschutzbehörden in vielen Ländern, in denen Nebelwälder vorkommen, oft die finanziellen Mittel, diese Gebiete auch ausreichend zu schützen», so Karger. Solche «Papier Parks», also Schutzgebiete, die nur auf dem Papier bestehen, seien keine Seltenheit. Dass der Schutz so wenig bringe, habe ihn trotzdem überrascht.
Ein Leben im Nebel
Tropische Nebelwälder zeichnen sich durch eine hohe Feuchtigkeit aus und finden sich auf einer Höhe zwischen 1500 und 2500 m ü. M., dort wo Wolken auf die Berge treffen. Schätzungen gehen davon aus, dass hier die weltweit grösste Vielfalt an Epiphyten, Moosen, Farnen, Flechten und Orchideen zu finden ist und damit wiederum eine Vielzahl an Tieren, die sich von diesen Organismen ernähren oder die Wälder als Lebensraum nutzen. «Tropische Nebelwälder weisen wahrscheinlich die weltweit grösste Konzentration von Arten an Land auf. Die Gebiete sind heute schon klein und isoliert und verlieren weiterhin an Fläche, mit dramatischen Folgen für die Biodiversität und ihre Funktionen», sagt Walter Jetz, Mitautor der Studie und Direktor des Yale Center for Biodiversity and Global Change. «Der Schutz der Wälder hat zwar den Rückgang verlangsamt, es braucht aber noch mehr Engagement im Naturschutz und Unterstützung für die Nationen, die Verwalter dieses einzigartigen Ökosystems sind.»
Doch nicht nur der unzureichende Schutz lässt die Wälder verschwinden, auch der Klimawandel. Mit ihm verschiebt sich auch die Wolkenuntergrenze je nach Gebiet nach unten oder nach oben, die Wälder können so ihre Wasserzufuhr verlieren2. Zudem verstärkt der Klimawandel Extremereignisse wie Feuer, Stürme oder Dürren. «Um die Nebelwälder als einen Hort unvergleichlicher Biodiversität zu erhalten, braucht es daher neue, globale Initiativen, die all diesen Aspekten gerecht werden», fordert Karger.
Originalpublikation:
Karger, D.N., Kessler, M., Lehnert M., Jetz, W. (2021) Limited protection and ongoing loss of tropical cloud forest biodiversity and ecosystems worldwide. Nature Ecology & Evolution: https://dx.doi.org/10.1038/s41559-021-01450-y

29.04.2021, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
16 Wirbeltier-Referenzgenome veröffentlicht: Leibniz-IZW und BeGenDiv beteiligt an neuer Ära in der Genomsequenzierung
In einem Spezialheft der führenden Fachzeitschrift „Nature“ und in begleitenden Artikeln, die zeitgleich in weiteren Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, gab das Vertebrate Genomes Project (VGP) heute die vollständige und nahezu fehlerfreie Sequenzierung von 16 Wirbeltier-Referenzgenomen bekannt. Dieser Schritt zu einer neuen Qualität und Größenordnung in der Genomsequenzierung der biologischen Vielfalt – das größte Genom im Projekt umfasste 5 Gigabasen – wird neue Entdeckungen und Erkenntnisse aus der Vielfalt des Lebens ermöglichen. Ermöglicht wurde dies durch eine jahrzehntelange Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen aus aller Welt. Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und das Berliner Zentrum für Genomik in der Biodiversitätsforschung (BeGenDiv) trugen zu dieser Gemeinschaftsleistung bei, indem sie zu der Entwicklung der entscheidenden bioinformatischen Auswertungswerkzeuge („Assemblierungspipeline“) beitrugen, drei Referenzgenome vom Zweifingerfaultier (Choloepus didactylus), dem Südlichen Nasenbär (Tamandua tetradactyla) und der Grünen Meeresschildkröte (Chelonia mydas) erstellten und an der Ausbildung von Bioinformatik-Studenten für die Erstellung von Referenzgenomen beteiligt waren. Weitere Publikationen, die auf diesen drei Genomen basieren, sind in Vorbereitung.
Der Beitrag von Leibniz-IZW und BeGenDiv zu dieser Initiative wird von Dr. Camila Mazzoni koordiniert. Mazzoni ist Wissenschaftlerin in der Leibniz-IZW-Abteilung für Evolutionsgenetik und seit 2011 Leiterin der Bioinformatik am BeGenDiv. Sie wurde kürzlich zur ersten Vorsitzenden des “European Reference Genome Atlas”-Konsortiums (ERGA) gewählt, welches auf Initiativen wie das Vertebrate Genomes Project (VGP) und vergleichbaren Konsortien wie dem Earth Biogenome Project (EBP), dem Darwin Tree of Life, Bird 10K Genomes (B10K), Bat1K und dem Catalan Biogenome Project aufbaut. Das Ziel von ERGA ist die Sequenzierung der Genome aller Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen in Europa (mindestens 200.000 Arten) und der Aufbau einer kooperativen und koordinierten Genomforschung in Form von Genomkonsortien in Europa. Die verschiedenen Initiativen werden ihre Zusammenarbeit weiter ausbauen, um das gesamte Erbgut von Individuen, Populationen und Gemeinschaften zu untersuchen. „Die Genomforschung ist eine Disziplin, die für alle Bereiche der Biowissenschaften von entscheidender Bedeutung ist. Nur mit diesem Grundlagenwissen können wir dem globalen Wandel und der anhaltenden Krise des Massensterbens angemessen begegnen”, sagt Mazzoni.
Originalpublikation:
Rhie, A., McCarthy, S.A., Fedrigo, O. et al. Towards complete and error-free genome assemblies of all vertebrate species. Nature 592, 737–746 (2021). https://doi.org/10.1038/s41586-021-03451-0

29.04.2021, Veterinärmedizinische Universität Wien
Persönlichkeit von Rhesusaffen wirkt auf Glück und Wohlbefinden
Beim Menschen ist durch Studien belegt, dass individuelle Persönlichkeitsmerkmale mit dem eigenen Glück und Wohlbefinden in Verbindung stehen. Doch wie sieht dies bei Tieren aus? Ein internationales Wissenschaftsteam unter Leitung der Vetmeduni Vienna ging dieser Frage nun anhand von Makaken (Rhesusaffen) nach. Die Studie zeigt, dass auch bei Rhesusaffen ein direkter Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und individuellen Persönlichkeitsmerkmalen besteht. Weiters zeigte sich, dass die Bewertung von Verhaltenszuständen durch Beobachtung ein valides Instrument ist, um das Wohlbefinden von Primaten zu beurteilen – eine auch aus Kostenaspekten wichtige Erkenntnis für den Tierschutz.
In ihrer Studie untersuchten die WissenschafterInnen anhand von 44 im California National Primate Research Center lebenden Rhesusaffen, inwieweit das individuelle Wohlbefinden eines Tieres mit individuellen Unterschieden in der Persönlichkeit zusammenhängt. Dazu verwendeten die ForscherInnen einen 16-Punkte-Erhebungsbogen zum Wohlbefinden, einen 4-Punkte-Erhebungsbogen zum subjektiven Wohlbefinden und einen 54-Punkte-Erhebungsbogen zur Persönlichkeit, wobei Letzterer dazu verwendet wurde, um die Stellung der Makaken in sechs – bereits in einer früheren Studie identifizierten – Persönlichkeitsbereichen zu definieren: Vertrauen, Offenheit, Dominanz, Freundlichkeit, Aktivität und Angst.
Mittels Focal Animal Sampling („Fokus-Tier-Methode“), einer Beobachtungsmethode der Verhaltensforschung, bei der Aktionen und Interaktionen eines Tieres („Fokus-Tier“) erfasst werden, gelang es den WissenschafterInnen, Maßgrößen für das Verhalten zu gewinnen. „Wir fanden Hinweise auf eine Übereinstimmung für alle Dimensionen des Wohlbefindens, alle bis auf einen Punkt aus dem Erhebungsbogen zum subjektiven Wohlbefinden und alle bis auf vier Punkte aus dem Erhebungsbogen zur Persönlichkeit“, so Erstautorin Lauren M. Robinson vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni Vienna.
Tierschutz: Beobachterbewertungen sind eine valide Methode
Mithilfe der Hauptkomponentenanalyse – ein Verfahren der multivariaten Statistik, das dazu dient, umfangreiche Datensätze zu strukturieren, zu vereinfachen und zu veranschaulichen – zeigte sich, dass sich die Ergebnisse zum Wohlbefinden und zum subjektiven Wohlbefinden auf eine einzelne Komponente reduzieren ließen. Makaken, die in dieser Hinsicht eine höhere Bewertung hatten, erfuhren weniger Aggressionen und zeigten ein geringeres Maß an sogenannten Übersprungbewegungen wie z. B. Kratzen und wurden hinsichtlich Vertrauen, Offenheit, Dominanz und Freundlichkeit höher eingestuft.
Kostengünstige und vergleichsweise einfache Untersuchungsmethode
„Die Ergebnisse unserer Studie stimmen mit Berichten über Schimpansen und braune Kapuzineraffen überein und sind ein weiterer Beleg dafür, dass Beobachterbewertungen auf objektiv beobachtbaren Verhaltenszuständen beruhen, was darauf hindeutet, dass Beobachterbewertungen eine psychometrisch gültige Methode zur Beurteilung des Wohlbefindens von Primaten darstellen“, betont Robinson. Diese Erkenntnis ist deshalb von Bedeutung, da Beobachterbewertungen eine Methode mit vergleichsweise geringem Aufwand und geringen Kosten sind. Allerdings werden Beobachterbewertungen im Tierschutz erst seit wenigen Jahren eingesetzt, weshalb die nun belegte Validität dieser Untersuchungsmethode eine wichtige Bestätigung für ihren Nutzen ist. Je mehr darüber bekannt ist, wie sich Unterschiede in der Persönlichkeit von Tieren auf deren Wohlbefinden und Wohlergehen auswirken, umso besser kann die Pflege auf individuelle Bedürfnisse angepasst und ihre Lebensqualität verbessert werden.
Originalpublikation:
Der Artikel „Happiness, welfare, and personality in rhesus macaques (Macaca mulatta)“ von Lauren M. Robinson, Natalie K. Waran, Ian Handel, Matthew C. Leach wurde in „Applied Animal Behaviour Science“ veröffentlicht. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168159121000551?via%3Dihub

30.04.2021, Universität Bayreuth
Internationale Studie: Der Mensch beschleunigt den Wandel der Biodiversität
Der Mensch hat die Biodiversität in allen Klimazonen der Erde erheblich beeinflusst. Dies zeigt eine jetzt in „Science“ veröffentlichte Studie. Unter der Leitung von Prof. Dr. Manuel Steinbauer an der Universität Bayreuth und Dr. Sandra Nogué an der University of Southampton hat ein internationales Team untersucht, wie sich die Pflanzenwelt auf 27 Inseln in verschiedenen Weltregionen seit 5.000 Jahren entwickelt hat. Fast überall löste die Ankunft des Menschen in vorher unbeeinflussten Ökosystemen eine deutlich beschleunigte Änderung der Artenzusammensetzung aus. Diese Dynamik war auf Inseln, die innerhalb der letzten 1.500 Jahre besiedelt wurden, besonders stark ausgeprägt.
Für die Studie wurden 27 Inseln ausgewählt, die niemals eine Verbindung zum kontinentalen Festland hatten und vom Menschen erst innerhalb der letzten Jahrtausende besiedelt wurden. In den Sedimenten von Seen oder Mooren dieser Inseln haben sich Pollen abgelagert, die von windbestäubenden Pflanzen stammen, insbesondere von Bäumen, Büschen und Gräsern. In technisch anspruchsvollen Verfahren wurden die Pollen aus den Sedimentschichten herausgelöst, datiert und den jeweiligen Pflanzenarten zugeordnet.
„Für jede der 27 Inseln haben wir in unserer Studie gezeigt, wie sich die Artenzusammensetzung ihrer Pflanzenwelt in den letzten 5.000 Jahren verändert hat. Innerhalb dieses Zeitraums wurden die Inseln von Menschen besiedelt. Wir können daher am Beispiel dieser Inseln nachverfolgen, wie sich eine natürliche, ungestörte Vegetation infolge der Ankunft des Menschen verändert. Die Transformation von einem natürlichen Zustand zu einem von Menschen dominierten Ökosystem lässt sich nur auf Inseln beobachten, weil wir Menschen die ökologischen Systeme auf den Kontinenten schon seit sehr langer Zeit umfassend verändern. Wie hier ein natürliches Ökosystem aussehen würde, können wir oft nicht mehr sagen“, erklärt Steinbauer.
Die Forscher*innen haben die durch Pollenanalysen gewonnenen Daten mit archäologischen Befunden verglichen, die darüber Auskunft geben, wann die Inseln erstmalig von Menschen besiedelt wurden. Das Ergebnis ist eindeutig: Auf 24 der 27 untersuchten Inseln bedeutete die Ankunft des Menschen eine Zäsur in ihrer Vegetationsgeschichte. Denn von diesem Zeitpunkt an änderte sich die Artenzusammensetzung der Pflanzenwelt mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit, im Durchschnitt sogar mit elffacher Geschwindigkeit.
Besonders dynamisch veränderte sich die Artenzusammensetzung auf Inseln, deren erstmalige Besiedlung in den vergangenen 1.500 Jahren stattgefunden hat, wie etwa auf den Galapagos-Inseln und auf der vor Chile liegenden Robinson Crusoe-Insel. Lag die erstmalige Besiedlung hingegen länger zurück, beschleunigte sich der Wandel der Artenzusammensetzung nicht so stark. Die Autor*innen der Studie halten es für wahrscheinlich, dass dieser Unterschied mehrere Gründe hat: Vor allem das steigende technische Know-how der Landwirtschaft hat dazu geführt, dass der Mensch immer tiefer in die Biodiversität eingegriffen hat. Zudem könnten die Menschen infolge ihrer zunehmenden Mobilität pflanzliche Arten vom Festland eingeschleppt haben, von denen die auf den Inseln einheimischen Pflanzen zurückgedrängt wurden.
„Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen die umfassenden Veränderungen, die wir Menschen in ökologischen Systemen verursachen. In den Analysen der Pollendaten zeigen sich vor allem die Auswirkungen der Landnutzung vergangener Jahrtausende. Seit Beginn des Industriezeitalters hat sich die Transformation ökologischer System durch uns Menschen nochmals vervielfältigt. Hinzu kommt, dass die untersuchten Inselsysteme, genau wie alle anderen ökologischen Systeme, heute zusätzlich durch die von uns verursachten Klimaänderungen beeinträchtigt werden“, erklärt Prof. Dr. Manuel Steinbauer, korrespondierender Autor der Studie. Er ist Mitglied des Bayreuther Zentrums für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER), einer zentralen Einrichtung der Universität Bayreuth. Hier befasst er sich hier seit langem mit Einflüssen des Menschen auf ökologische Systeme. In diesem Zusammenhang leitet er ein DFG-Projekt, das die Einflüsse der Evolution und des erdgeschichtlichen Klimawandels auf das Aussterberisiko von Tierarten untersucht.
Originalpublikation:
Sandra Nogué et al.: The human dimension of biodiversity changes on islands. Science (2021), DOI: https://dx.doi.org/10.1126/science.abd6706

Dieser Beitrag wurde unter Wissenschaft/Naturschutz veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert