Let’s talk about … Bone Wars

Bone Wars (dt.: „Knochenkriege“) ist ein in der US-amerikanischen Presse und populärwissenschaftlichen Literatur verwendeter Begriff, der die persönliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung der beiden US-amerikanischen Paläontologen Othniel Charles Marsh und Edward Drinker Cope gegen Ende des 19. Jahrhunderts beschreibt. Während der Fehde der beiden Männer wurden über 142 neue Dinosaurierarten entdeckt, darunter Arten wie Triceratops, Diplodocus, Stegosaurus, Allosaurus und Camarasaurus.

Othniel Charles Marsh

Othniel Charles Marsh war der Neffe des Industriellen und Bankiers George Peabody, der ihn finanziell unterstützte und förderte und ihm große Teile seines Vermögens vererbte. Diese Mittel ermöglichten ihm später, auf eigene Kosten Forschungsreisen durchzuführen und qualifizierte Mitarbeiter aus eigener Tasche zu bezahlen. Marsh studierte in Andover (Massachusetts) und in Yale. Auf seinen Vorschlag hin stiftete Peabody der Universität ein Museum (heute das Peabody Museum of Natural History), unter der Bedingung, dass Marsh eine Professur dort erhielt, die er 1866 antrat und bis zum Lebensende behielt. Marsh war seiner Ausbildung nach Geologe, kein Paläontologe, und besaß in Wirbeltieranatomie keine besonderen Kenntnisse. Er glich dies aus, indem er qualifizierte Paläontologen einstellte, wobei er diesen verbot, unter eigenem Namen zu publizieren, so dass alle Ergebnisse unter seinem eigenen Namen erschienen. Er wurde wegen seiner Energie und Tatkraft geachtet, war aber wegen seines Egoismus innerhalb der Paläontologie verhasst und besaß innerhalb des Fachs keine Freunde, seine früheren Assistenten wurden später ausnahmslos zu erbitterten Feinden von ihm.

Edward Drinker Cope

Edward Drinker Cope wurde in eine Quäker-Familie hineingeboren und religiös erzogen. Im Alter von 16 Jahren sollte er die elterliche Farm übernehmen, setzte aber nach vier Jahren wegen seiner wissenschaftlichen Interessen seine Ausbildung fort. Er wurde unter anderem durch den bedeutenden Paläontologen Joseph Leidy ausgebildet und arbeitete zeitweise an der Academy of Natural Sciences of Philadelphia. 1864 erhielt er eine Professur in Harvard, die er 1868 aufgab, um sich ausschließlich paläontologischer Forschung widmen zu können. Anders als sein Rivale Marsh besaß Cope auch persönlich einen guten Ruf als Wirbeltier-Paläontologe. Privat galt er als umgänglich und freundlich.

Marsh und Cope lernten sich persönlich bei einem Treffen Anfang der 1860er Jahre in Europa kennen. Fest steht, dass beide durchaus Respekt voreinander hatten und auch eine Freundschaft begründeten. Als beide wieder in den USA arbeiteten, taten sie dies anfangs oft gemeinsam. So forschten beide an einer Fundstätte an der Küste New Jerseys (bei Haddonfield), wo Cope begann, die Mergelgruben nach Fossilien zu durchforsten. Marsh las Copes Artikel hierzu und schlug dem Freund vor, die Grube gemeinsam unter die Lupe zu nehmen. Die Hochachtung unter beiden war so groß, dass sie sogar Funde nach dem jeweils anderen benannten. Cope nannte eine Echse Colosteus marshii, Marsh revanchierte sich mit Mosasaurus copeanus bei seinem Freund.
In dieser Zeit waren die beiden noch keine „Dinosaurierjäger“. Es wurde vor Marsh und Cope nur ein Dinosaurier in Nordamerika entdeckt: Ein Hadrosaurus durch Joseph Leidy (1858) in New Jersey. Cope entdeckte den zweiten Dinosaurier auch in New Jersey und nannte ihn Laelaps aquilunguis (heute nach Marsh Dryptosaurus). Die überwiegende Mehrzahl der spektakulären Fundstellen liegt aber im Westen des Kontinents, dessen Erforschung in dieser Zeit, nach dem Bau der Union Pacific Railroad, erst begann. Regierungsbehörden fingen in dieser Zeit an, wissenschaftliche Forschungen in den neu eroberten Territorien im Westen zu unterstützen, die dann später (1879) zum United States Geological Survey vereinigt wurden, was sowohl Marsh wie auch Cope nutzten. In den 1870er Jahren führte Marsh als Chef einer Forschungsgesellschaft aus Yale eine Reihe von Expeditionen in die Rocky Mountains durch, die er selbst bezahlte. Obwohl finanziell schlechter ausgestattet, konnte auch Cope hier forschen. Beide konnten dabei auf die Ressourcen und Unterstützung verschiedener staatlicher Forschungsteams zugreifen.
Marsh und Cope waren durch diese Entwicklung nun wissenschaftliche Rivalen in einem produktiven, neuen Forschungsfeld. Beide begannen, in hohem Tempo ihre Funde zu beschreiben, wohl auch, um dem Rivalen zuvorzukommen, dem ja ähnliches Material zugänglich war, wo also dieselben Arten entdeckt werden konnten. Marsh stand das in Yale herausgegebene American Journal of Science dafür exklusiv zur Verfügung. Um mithalten zu können, übernahm Cope die Herausgabe des American Naturalist und gründete später, um noch schneller zu sein, sein eigenes Journal Palaeontological Bulletin. Im Laufe der Zeit wurde das Verhältnis zwischen beiden immer gespannter, sie publizierten nun auch offen Polemiken und herabsetzende Berichte über die Ergebnisse des Konkurrenten.
Aufgrund seines Einflusses und der besseren Vernetzung in tonangebenden Kreisen war Marsh dabei in den 1870er Jahren zunächst weitaus erfolgreicher. Ihm gelang es, zum offiziellen Wirbeltierpaläontologen des US Geological Survey ernannt zu werden, dessen Mittel ihm nun exklusiv zur Verfügung standen. Parallel begann er seinen Einfluss zu nutzen, um die Publikation von Copes Forschungsergebnissen hinter den Kulissen zu hintertreiben. Da ihm staatliche Mittel durch Marshs Einfluss verwehrt blieben, versuchte dieser sich als Spekulant in Bergbauaktien, um Geld aufzutreiben, verlor aber dadurch den größten Teil seiner verbliebenen finanziellen Mittel. 1889 konnte er durch Annahme einer Professur an der University of Philadelphia den Ruin abwenden. Das Blatt wendete sich 1892, als Marsh wegen seiner finanziellen Extravaganzen seine Position beim Geological Survey und die damit verbundenen Mittel und Einflussmöglichkeiten verlor. Da auch seine immensen persönlichen Einkünfte nicht mehr ausreichten, um seinen aufwändigen Lebensstil und seine ehrgeizigen Publikationspläne zu finanzieren, musste er, erstmals im Leben, bei der Universität um ein Gehalt als Professor nachfragen. Copes Lage verbesserte sich parallel, als er am Lehrstuhl die Nachfolge Leidys antreten konnte, außerdem verkaufte er dem American Museum of Natural History für eine hohe Summe Teile seiner Fossiliensammlung.

Das Ende der Bone Wars endete mit Copes Tod, der 1897 an einem Nierenversagen verstarb. Marsh erlag 1899 einer Lungenentzündung. Die Auseinandersetzung fand zuvor bereits ein Ende, nachdem Marsh seine Position und seinen Einfluss, Cope damit zu schaden, verloren hatte, und dadurch ein wichtiger Grund der Feindschaft entfallen war.
Während der gesamten Zeit haben die beiden Forscher viele neue Arten entdeckt und wissenschaftlich beschrieben, insgesamt entdeckte Marsh 86 Dinosauriergattungen und Cope 56, dazu kamen Beschreibungen vieler weiterer Fossilien aus dem Mesozoikum. In einem Fall führte ein Fund zu 16 wissenschaftlichen Beschreibungen mit insgesamt 22 Namen.
Um dem anderen keine neuen Funde zu überlassen, wurden die angeheuerten Grabungshelfer auch für Sabotageaktionen eingesetzt. Dies ging so weit, dass man verlassene Fundorte als Abschlussarbeit von möglichen weiteren Fossilien bereinigte, indem diese zerstört wurden, um sie dem jeweiligen Kontrahenten vorzuenthalten. Es ist nicht auszumachen, wie viele Fossilien von wissenschaftlichem Wert hierdurch verloren gingen.
Spätere Forscher waren nach den Bone Wars noch Jahrzehnte damit beschäftigt, die Funde zu ordnen und ihnen gültige wissenschaftliche Namen zu geben. Durch die oft hastigen und übereilten Beschreibungen infolge der Fehde wurde die Forschung teilweise sogar behindert, viele wissenschaftliche Namen waren dadurch noch Jahrzehnte ungeklärt.

Eine fiktive Aufarbeitung der Bone Wars findet man in Michael Crichton posthum erschienenen Roman Dragon Teeth.

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