Konrad Lorenz: Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen (Rezension)

Konrad Lorenz (* 7. November 1903 in Wien; † 27. Februar 1989 in Wien) war ein österreichischer Zoologe, Medizin-Nobelpreisträger und einer der Hauptvertreter der klassischen vergleichenden Verhaltensforschung (Ethologie). Er selbst nannte dieses Forschungsgebiet bis 1949 „Tierpsychologie“. Lorenz wird im deutschsprachigen Raum als deren Gründervater angesehen.
Die Zeitschrift Der Spiegel bezeichnete Konrad Lorenz am 27. Februar 1989 als den „Einstein der Tierseele“. Ihm wurde 1973 gemeinsam mit Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin „für ihre Entdeckungen betreffend den Aufbau und die Auslösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern“ zugesprochen.
Zusammen mit Rupert Riedl und Gerhard Vollmer gilt Lorenz als Hauptvertreter der Evolutionären Erkenntnistheorie, für die sein Zeitschriftenbeitrag Kants Lehre vom Apriorischen im Lichte gegenwärtiger Biologie aus dem Jahre 1941 richtungweisend wurde. Im hohen Alter äußerte er sich zudem als zivilisatorisch-ökologischer Gesellschaftskritiker und wurde in Österreich zu einer Leitfigur der Grünen-Bewegung.
Am 28. Juni 1938 beantragte Lorenz die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai aufgenommen (Mitgliedsnummer 6.170.554).
Aus Lorenz’ Berufungsakte zum Professor in Königsberg geht hervor, dass er schon kurz nach seinem Beitritt zur NSDAP „Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP mit Redeerlaubnis“ war, also im Sinne des Nationalsozialismus agitieren durfte.
1939/40 hatte Lorenz zudem mehrere Aufsätze geschrieben, deren ideologische Nähe zum rassistischen Gedankengut des NS-Regimes derart auffällig war, dass sie schon damals von seinen „nächsten und treuesten Freunden“ als bewusste Anbiederung und als „Selbstgefährdung als Wissenschaftler“ empfunden wurden.
Die amerikanische Professorin für Philosophie und Wissenschaftsgeschichte Theodora J. Kalikow forschte in den 1970er-Jahren an der University of Massachusetts Dartmouth mit Unterstützung der National Science Foundation über den Einfluss anderer Theorien auf Lorenz’ Ethologie-Verständnis. Sie bezeichnete 1980 Lorenz’ ideologische Nähe zum NS-Regime als „bewussten Opportunismus“; dessen fachlich-biologisierende Basis beschrieb sie so: Lorenz habe „Veränderungen in den instinktiven Verhaltensmustern von domestizierten Tieren als Symptome des Verfalls gedeutet“. Zugleich habe er unterstellt, dass der gleiche Prozess von Domestikation und Niedergang auch auf den Menschen zutreffe, „dass die Zivilisation sich in einem Prozess des ‚Verfalls und Untergangs‘ befinde“. Schließlich habe Lorenz „die genannten Ansichten mit der Rassenpolitik und anderen Zügen des Naziprogramms“ verbunden. Die Durchsicht seiner Schriften habe Kalikow zufolge gezeigt, dass sowohl die Parallelsetzung der Domestikation von Tieren mit dem Verlauf der Zivilisation des Menschen als auch deren Einordnung als Verfallsprozess nach 1945 von Lorenz beibehalten wurde.

Konrad Lorenz wurde in den 1950er Jahren weit über die Grenzen seines Fachgebietes hinaus bekannt, als er seine Studien (u. a. an Graugänsen und Buntbarschen), verpackt in unterhaltsame und anekdotenreiche Tiergeschichten, auch für naturwissenschaftliche Laien, ja sogar für Kinder zugänglich machte.
Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen erschien 1949 und ist auch heute noch als amüsante Lektüre zu bezeichnen. Vor allem wenn man Vergleiche von heute und damals anstellen kann. Einiges an Lorenz Erzählungen zeigt wie es früher war und was heute nicht mehr möglich ist (das Entnehmen von Wildtieren aus der Natur z. B.), aber auch, was man damals schon erkannte und größtenteils bis in die jüngere Vergangenheit ignorierte (betreffend die Zootierhaltung). Amüsante Anekdoten berichten von Raubtieren in Aquarien (allerdings ist dabei die Größe bemerkenswert), Dohlen und natürlich Graugänsen (vielen dürfte Marina, die berühmteste aller Gänse, wohl noch ein Begriff sein, oder sollte es, denn immerhin ist Konrad Lorenz den meisten Laien wegen seiner Graugansforschung bekannt).
Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen beschreibt Lorenz auf liebevolle Art und Weise sein Leben mit Tieren, gibt dabei aber auch einen Einblick in die Denkweise von Mensch und Tier. Es ist ein Buch, das trotz des Alters auch heute noch von Tierfreunden gelesen werden kann und vermutlich auch zum Schmunzeln anregt, bei Stellen, die der Autor anders gedacht hat.

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