(Erstveröffentlichung am 17.07.2017)
Ich habe keine Ahnung, um welche Ameisenart es sich handelt, aber das Schauspiel war schon gigantisch: Ameisen beim Hochzeitsflug.
Der Hochzeitsflug ist der Ausflug staatenbildender Insekten aus der Elternkolonie zur Gründung einer neuen Kolonie. Er wird unternommen von den geschlechtsreifen Weibchen (Königinnen) sowie den Männchen der Kolonie.
Sind die Jungköniginnen und Männchen geschlüpft (bei den heimischen Arten Anfang Mai), so bereitet sich der gesamte Staat auf den Hochzeitsflug vor. Die geflügelten Geschlechtstiere verspüren immer mehr den Drang, auf hohe Punkte wie etwa Grashalme, Hügel oder Bäume zu klettern. Arbeiterinnen passen auf, dass sich die Geschlechtstiere nicht zu weit vom Nest fortbewegen, und holen sie notfalls in den Bau zurück.
Zu einem artspezifischen Zeitpunkt, der vermutlich von bestimmten Luftströmungen, Lichtverhältnissen und Temperaturen abhängt, schwärmen alle Geschlechtstiere einer Art aus den verschiedenen Kolonien gleichzeitig zum Hochzeitsflug aus. Einheimische Arten schwärmen meistens im Früh- oder Hochsommer. Vor allem tropische und subtropische Arten schwärmen zweimal im Jahr. Durch das gemeinsame, synchronisierte Schwärmen wird der Kontakt von Geschlechtstieren aus verschiedenen Nestern, und damit Fremdbefruchtung, erleichtert.
Bei vielen Ameisenarten sitzen die Jungköniginnen am Boden; sie locken männliche Geschlechtstiere über Lockstoffe Pheromone an. Bei einigen, wie zum Beispiel den Treiberameisen, dringen die Männchen dazu in eine andere Kolonie oder Bau ein, die Königinnen verlassen bei ihnen die Mutterkolonie niemals. Bei anderen Arten bilden die Männchen Hochzeitsschwärme, in die die Jungköniginnen einfliegen, die Kopulation erfolgt bei ihnen noch im Flug oder unter dem Schwarm am Boden. Jede Jungkönigin kann von mehreren, zwei bis 40 Männchen, begattet werden. Sie nimmt bis zu mehrere 100 Millionen Spermien in ihrem Samensack auf, die sie durchschnittlich 25 Jahre unbeschadet verwahren kann und mit denen sie die Eier befruchtet.
Einige Stunden nach dem Hochzeitsflug sterben die Männchen, sie werden von den Arbeiterinnen dann als Nahrung betrachtet und in den Bau gebracht. Wenn die Königinnen zurück auf die Erde fallen, brechen ihre Flügel in der Regel an vorbestimmten Stellen, oder sie beißen sie sich selbst ab, da sie nicht mehr benötigt werden.
Beobachtet werden konnte dieses Phänomen im Garten meiner Schwester. Zweimal wurden wir Zeuge wie sich schlagartig Ameisen mit und ohne Flügel aus einigen Spalten ins Freie drängten. Die geflügelten Tiere flogen auf und nach wenigen Minuten war nichts mehr von diesem Spektakel zu sehen.