Am Wochenende hatte ich das (zweifelhafte) Vergnügen „ODYSSEUS – Das Musical“ zu sehen. Das griechische Epos ist wohl bekannt und da es sich um eine griechische Geschichte handelt, wimmelt es hier nur so von Göttern und Monstern. Man denke nur an Skylla und Charybdis, die beiden Meerungeheuer, denen Odysseus entgehen muss, die Zauberin Circe, die seine Mannschaft in Schweine verwandelt und die Sirenen mit ihrem betörenden Gesang. Und warum sollte man sich nicht einmal ein paar der griechischen Monster genauer ansehen. Meist handelt es sich tatsächlich um nichts anderes (wobei man das bei der Charybdis nicht unbedingt sagen kann, da diese Kreatur eher gestaltlos ist und mehr mit einem Meeresstrudel gleichgesetzt wird). Wer kann schon sagen, woher die Griechen ihre Fantasie genommen haben …
Und auch wenn die Geschichten des klassischen Altertums sehr reich an Monstern sind (nennen wir sie Monster, auch wenn das Wort teilweise nicht besonders nett ist und die Tragik mancher dieser Wesen nicht wiedergibt …).
Also… legen wir den Schleier des Schweigens über das Muscial (es war wahrlich eine gruselige Erfahrung…) und widmen wir uns ein paar „Monstern“ aus der Odyssee…
Polyphem ist ein Zyklop, ein einäugiger Riese. Er ist ein Sohn des Poseidon und der Meeresnymphe Thoosa. Die älteste erhaltene Erwähnung Polyphems findet sich in der Odyssee Homers. Der Autor beschreibt die Zyklopen nicht explizit als einäugig, nach anderen Quellen aber besaßen die Zyklopen nur ein einziges, mitten auf der Stirn befindliches Auge, was Homer vielleicht als bekannt voraussetzt.
In der Odyssee lebt der Riese mit anderen Kyklopen an einer waldbedeckten Küste, jedoch abseits von ihnen in einer Höhle, und ist der Hirte einer Schaf- und Ziegenherde. Die Begegnung mit Odysseus verläuft nicht gerade gut und nachdem er ein paar Griechen verspeist hatte, rammten ihm Odysseus und seine überlebenden Kameraden einen glühenden Pfahl in sein Auge, um den Riesen nicht zu töten, aber doch unschädlich zu machen. Polyphem bittet seinen Vater um Rache und den Rest kennt man ja. Jahrelang schippert Odysseus über das Meer ohne seiner Heimat Ithaka nahe zu kommen.
Über Skylla gibt es verschiedene Sagen. Nach Ovid ist sie die Tochter der Nymphe Krataiis und wird von Glaukos umworben. Weil Skylla dies nicht erwidert, begibt sich Glaukos zu der Zauberin Kirke, um sich zumindest von der heftigen Liebesglut heilen zu lassen. Kirke aber ist eifersüchtig auf Skylla, da sie sich selbst in Glaukos verliebt hat. Und so vergiftet Kirke das Gewässer, in dem Skylla sich gerne aufhält. Nachdem diese dort ein Bad genommen hat und aus dem Wasser gestiegen ist, wachsen ihr aus dem Unterleib sechs Hundeköpfe und zwölf Hundefüße. Skylla haust dann gegenüber einem anderen Ungeheuer namens Charybdis bei einem Felsen an der Meerenge zwischen Sizilien und Italien. Zusammen sind sie zwei unvermeidliche, gleich große Übel. Die laut Aussage der Kirke unsterbliche Skylla frisst alles, was lebt und in ihre Reichweite kommt, und ergreift mit ihren Fangarmen vor allem unvorsichtige Seefahrer, die ihr deshalb zu nahekommen, weil sie Charybdis entgehen wollen. Als Odysseus durch die Enge fährt, frisst sie sechs seiner Gefährten.
Charybdis saugt dreimal am Tag das Meerwasser ein, um es danach brüllend wieder auszustoßen. Schiffe, die in den Sog geraten, sind verloren, nicht einmal der Meeresgott Poseidon vermag diese Schiffe zu retten.
Über die Herkunft der Charybdis gibt es nur die späte Nachricht, sie sei die Tochter des Poseidon und der Gaia. Als gefräßiges Weib habe sie die Rinder des Herakles geraubt, weshalb sie von einem Blitz des Zeus ins Meer verbannt wurde, ihre Gefräßigkeit dabei aber beibehielt.
Sirenen sind meist weibliche, in Darstellungen bisweilen bärtige Fabelwesen (Mischwesen aus ursprünglich Mensch und Vogel, später auch Mensch und Fisch), die durch ihren betörenden Gesang die vorbeifahrenden Schiffer anlocken, um sie zu töten.
Homer gab den Sirenen in seiner Odyssee keine eigenen Namen, erwähnte aber, dass es zwei gewesen seien. Erst spätere Autoren führten Eigennamen an, bezifferten ihre Anzahl meist auf drei.
Homer erwähnte die Eltern der Sirenen nicht. Mehrere spätere Autoren führten den Flussgott Acheloos als Vater der Sirenen an, die er mit einer der neun Musen, entweder Melpomene oder Terpsichore oder Kalliope, gezeugt habe. Als weitere Variante werden Acheloos und Sterope als Eltern angegeben. Euripides erwähnte in seinem Stück Helena nur die Mutter der Sirenen, welche die Erdgöttin Gaia gewesen sei, während Sophokles die Sirenen laut Plutarch vom Meeresgott Phorkys abstammen ließ.
Über das Aussehen der Sirenen berichtete Homer ebenso wenig wie über ihre Namen oder Herkunft. Sie gehörten wohl ursprünglich in den Bereich der Todesdämonen und waren mit den Harpyien und Lamien verwandt. Seit etwa 550 v. Chr. wurde auch ihr Oberkörper menschlich, mit weiblicher Brust und Armen, abgebildet. Später trat ihr dämonischer Charakter zurück und sie wurden seit etwa 400 v. Chr. auf Grabdenkmälern als durch elegische Musik unterstützende Helferinnen der Totenklage präsentiert, wobei sie als schöne Frauen mit Vogelattributen dargestellt waren.
Es gibt verschiedene Sagenfassungen, wie die Sirenen ihre Gestalt bekommen haben sollen: Ovid berichtet, dass sie Gespielinnen der Göttin Proserpina (bzw. Persephone in der griechischen Mythologie) waren und sich auf die Suche nach ihr machten, als sie von Pluto (bzw. Hades) geraubt worden war. Weil sie Proserpina nicht fanden, ersuchten sie die Götter um die Verleihung von Flügeln, damit sie die Entführte auch auf dem Meer suchen könnten, woraufhin ihre Verwandlung stattfand. Nach einer anderen Erzählung ließen die Sirenen zu, dass Pluto die Proserpina entführte und wurden später von deren Mutter Ceres (bzw. Demeter) zur Strafe in geflügelte Wesen verwandelt. Als dritte Variante gibt der Homer-Kommentator Eustathios an, dass die Sirenen einstmals Mädchen waren und wegen ihrer Unwilligkeit zu heiraten durch die Göttin Aphrodite zu Vögeln gemacht wurden.
In mittelalterlichen (literarischen sowie bildnerischen) Bearbeitungen wurden die Sirenen auch als Mischwesen von Menschen und Fischen dargestellt und als Meerjungfrauen bezeichnet. So beschreibt der Liber Monstrorum sie als die vorbeiziehenden Seefahrer durch bezaubernden Gesang anlockende Frauen, deren untere Hälfte aus einem geschuppten Fischleib bestehe.
Immer wieder werden die Seekühe mit den Sirenen in der griechischen Mythologie in Zusammenhang gebracht. Da jedoch keine Seekuhart im Mittelmeer und damit im Umfeld der Griechen lebte, ist dieser Zusammenhang ausgeschlossen. Seekühe geben auch keine Geräusche von sich, die man als (betörenden) Gesang bezeichnen könnte.
Den ersten Zusammenhang zwischen den Seekühen und den mythischen Meerwesen schaffte offensichtlich Christoph Kolumbus, der im Golf von Mexiko auf Karibik-Manatis stieß und diese als Meerjungfrauen beschrieb.
Der bekannte Kryptozoologe Bernard Heuvelmans versuchte die Darstellungen der Seekühe als Meerjungfrauen zu erklären und schrieb 1990:
„Da die Ruderschwanzseekuh ein Paar brustständige Zitzen besitzt – wie ihr Cousin, der Elefant, und auch der Mensch – und ihr Körper sich zu einem fischartigen Schwanz verjüngt, ist sie auf beiden Seiten des Atlantik immer als die faszinierende Meerjungfrau angesehen worden, trotz ihres (in unseren Augen) hässlichen Gesichts – und derselben Zeichen wegen galt sie als kannibalisch und wurde der schlimmsten Verbrechen verdächtigt.“
Bernd Heuvelmans: The Metamorphosis of Unknown Animals into Fabulous Beasts and of Fabulous Beasts into Known Animals. in: Cryptozoology. 1990,9, 1–12. Übersetzung nach Richard Ellis: Seeungeheuer – Mythen, Fabeln und Fakten. Birkhäuser, Berlin 1997. ISBN 3-7643-5422-4
Neben Polyphem gibt es noch einen weiteren „Hirten“ in der Odyssee. Helios, der Sonnengott, der auf der Insel Thrinakia Rinder und Ziegen hütete. Odysseus und seine Gefährten strandeten auf der Insel. Trotz Warnungen (u. a. von Kirke) die Rinder und Ziegen nicht zu töten, sahen sich die Griechen bald in einer Zwangslage und zogen sich erneut den Zorn eines Gottes zu, indem sie dessen Tiere töteten. Die Tiere des Helios waren aber keine außergewöhnlichen Tiere mit besonderen Fähigkeiten. Fragt sich allerdings warum unbedingt ein Sonnengott, der eigentlich andere Aufgaben hat, Helios lenkt den Sonnenwagen über den Himmel, unbedingt Rinder und Ziegen hüten musste.
Sieht man also von den Tieren des Polyphem und des Helios ab, bei denen es sich um normale Tiere handelte, findet man in der Odyssee nur Mischwesen aus Mensch und Tier oder Ungeheuer, die keinen Gegenpart in der realen Fauna haben. Interessant sind die Mythen und Sagen aber trotzdem. Und jedem der sich dafür interessiert soll ein Klassiker empfohlen werden: DIE SAGEN DES KLASSISCHEN ALTERTUMS von Gustav Schwab (AffiliateLink). Da findet man weitaus mehr als die Odyssee.
Zurück zum Musical (in dem natürlich einige Szenen aus der Odyssee nicht enthalten sind … wie das Ereignis mit den Rindern des Helios).
Dem kann ich mich nicht anschließen. Vielleicht hat das Musical Potential, wenn man es ändern würde, so dass Gesang und Musik auch zusammenpassen. Für mich war das aber leider eine wahre Kakophonie (Laute und Geräusche, die besonders hart, unangenehm oder unästhetisch klingen, altgriechischen Ursprings)




