Die Weißkehlammer in Brehms Tierleben

Weißkehlammer (Brehms Tierleben)

Den Norden Amerikas belebt der Bäffchenammerfink oder Weißhalssperling (Zonotrichia albicollis und pennsylvanica, Fringilla albicollis und pennsylvanica, Passer pennsylvanicus), Vertreter der Bindenammerfinken (Zonotrichia), deren Merkmale in dem schlank kegelförmigen, spitzigen, im Mundwinkel herabgezogenen Schnabel, dem kräftigen hochläufigen, langzehigen und mit großen, wenig gebogenen Krallen bewehrten Fuße, dem kurzen Fittige, in welchem die zweite und dritte Schwinge die Spitze bilden, und dem ziemlich langen, mäßig gerundeten oder sanft ausgekerbten Schwanze zu suchen sind.

Seine Länge beträgt hundertundsiebzig, die Breite zweihundertunddreißig, die Fittiglänge fünfundsiebzig, die Schwanzlänge achtundsiebzig Millimeter. Von dem schwarzen Ober- und Hinterkopfe heben sich eine schmale, weißliche Mittellinie und ein breiter, über den Zügeln gelber, hinter dem Auge unterseits schwarz begrenzter Brauenstreifen ab; Backen und Ohrgegend sind aschgrau, Kinn und Kehle weiß, unterseits von einer undeutlichen, schmalen, dunkeln Linie begrenzt, die Untertheile, mit Ausnahme des bräunlichgrauen Kropfes und der rostbräunlichen Seiten, weiß, letztere dunkel längsgestrichelt, die Obertheile und Flügeldeckfedern rostbraun, Mantel und Schulterfedern mit schwarzen Schaftflecken und gelblichen Außensäumen, die Bürzelfedern fahl rostbraun, die Schwingen und Steuerfedern olivenbraun mit schmalen rostfahlen, die hinteren Armschwingen und deren Deckfedern mit breiten rostbraunen Außensäumen geziert. Der Augenring ist nußbraun, der Oberschnabel hornbraun, der Unterschnabel lichtblau, der Fuß fleischfarben. Die Weibchen sind matter gefärbt; bei Jungen und Männchen im Winterkleide ist der Augenbrauen- wie der über den Kopf laufende Streifen rostfahl und das Weiß der Kehle minder scharf begrenzt. Die Länge beträgt siebzehn, die Breite dreiundzwanzig, die Fittiglänge acht, die Schwanzlänge acht Centimeter.

Der Vogel verbreitet sich über alle östlichen Staaten Nordamerikas, ist im Norden des Landes aber nur Zug-, im Süden nur Wintervogel. »Dieser niedliche Fink«, sagt Audubon, »ist ein Gast in Louisiana und in allen übrigen südlichen Staaten; denn er verweilt hier bloß kurze Zeit. Er erscheint im Anfange des September und verschwindet im März wieder. In den mittleren Staaten verweilt er länger. Plötzlich sieht man alle Hecken und Zäune, welche die Felder umgeben, die Büsche und andere passende Oertlichkeiten bedeckt von Gesellschaften dieser Vögel, welche zwischen dreißig und funfzig Stück zählen und zusammen in bester Eintracht leben. Von den Hecken fliegen sie auf den Boden und hüpfen und arbeiten hier herum, kleine Grassämereien aufsuchend. Bei dem ersten Warnungslaute fliegt der ganze Schwarm wieder der Hecke zu und verbirgt sich hier im dichtesten Theile. Einen Augenblick später hüpft einer nach dem anderen auf die höheren Wipfelzweige hinauf, und beginnt seinen zwar kurzen, aber außerordentlich lieblichen Gesang. In den Tönen liegt eine Sanftheit, welche ich nicht beschreiben kann: ich vermag nur zu sagen, daß ich oft mit Entzücken gelauscht habe. Sofort nach dem Singen kehrt jeder auf den Boden zurück. So geht es den ganzen Tag über. Mit Anbruch des Tages stoßen unsere Finken einen schärferen, mehr schrillenden Ton aus, welchen man durch die Silbe ›Twit‹ wiedergeben könnte, und mitten in der Nacht noch habe ich diesen Ton vernommen, gleichsam zum Beweise, daß alles sich wohl befindet. An warmen Tagen fliegt ein solcher Schwarm auch in die Wälder und sucht sich dort Futter an den Ranken des wilden Weines, nimmt hier eine Beere weg, welche der Winter übrig gelassen, oder sonst etwas; niemals aber entfernen sie sich gänzlich von ihren Lieblingsdickichten. Mit Beginn des Frühlings verläßt der Vogel den Süden, um nach Norden zu wandern.« Das Nest steht regelmäßig auf dem Boden, aber auf sehr verschiedenen Oertlichkeiten, bald unter einem kleinen Busche, bald in einem sumpfigen Dickichte, bald am Fuße eines alten Baumes, bald auch wohl in einer Höhlung zwischen Gewurzel, ist sehr groß, tief und innen geräumig, aus Moos oder grobem Grase errichtet, innen mit feineren Halmen, Haar, auch wohl einigen Federn oder Pflanzenfasern ausgekleidet und enthält vier bis sieben, zweiundzwanzig Millimeter lange, funfzehn Millimeter dicke Eier, welche auf grünlichweißem Grunde überall mehr oder minder dicht mit fuchsrothen oder rostbraunen Flecken gezeichnet sind. Das Männchen ist im Juni, seiner Fortpflanzungszeit, äußerst lebhaft und singt sehr fleißig die einzige Strophe seines Liedes, welches aus zwölf verschiedenen, vom Volke oft in erheiternder Weise übertragenen Tönen besteht und ohne allen Wechsel abgesungen wird, so daß er zuletzt sehr eintönig wirkt.

Hier und da erlegt oder fängt man den Bäffchenammerfink, um sein leckeres Fleisch zu verspeisen, oder um ihn im Käfige zu halten. In diesem gewährt er aus dem Grunde Vergnügen, weil er im Frühlinge, wie in der Heimat gewohnt, auch des Nachts zu singen pflegt.

*

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert