Die Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (Archiv)

(Erstveröffentlichung am 14. Dezember 2012)

Nicht nur Wildtiere sind vom Aussterben bedroht, auch viele Haus- und Nutztiere teilen dieses Schicksal mit ihren wilden Verwandten.
Natürlich mag es fraglich sein, welchen Sinn es macht, alte und wenig ertragreiche Rassen (oder nicht mehr dem Modeideal entsprechende Hunde- und Katzenrassen) erhalten zu wollen, aber es gibt Bestrebungen zahlreicher Organisationen die landwirtschaftliche (Tier)Biodiversität zu erhalten.
Auch einige Zoos haben sich auf die Erhaltung bedrohter Haus- und Nutztierrassen spezialisiert, etwa der Tierpark Arche Warder in der Nähe von Kiel und der Haustierhof Reutemühle am Bodensee.
In Deutschland veröffentlicht die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) seit den 1980er Jahren jährlich eine Rote Liste der gefährdeten Nutztierrassen im Bundesgebiet. Die Gefährdungskategorien sind „extrem gefährdet“, „stark gefährdet“, „gefährdet“, „Bestandsbeobachtung“ und „nur noch Einzeltiere“. Eine Rasse wird als gefährdet bezeichnet, wenn der Bestand die Mindestanzahl (Pferde, Schweine, Ziegen, Esel: 5.000 Tiere; Schafe: 1.500 Tiere; Rinder: 7.500 Tiere) unterschreitet und sich über einen Zeitraum von zwei Jahren durchschnittlich um mindestens 10 % verringert. Die Einstufung in die Gefährdungskategorien geschieht durch Fachleute unter Einbeziehung der Bestandsentwicklung und deren Prognose.
Im Rahmen des Fachprogramms zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung tiergenetischer Ressourcen, das 2003 von der Konferenz der Agrarminister des Bundes und der Länder verabschiedet wurde, führt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) die online frei verfügbare Zentrale Dokumentation tiergenetischer Ressourcen in Deutschland (TRGDEU) mit Einstufung in Kategorien nach Bestandsgefährdung. Eine aus diesen Daten erstellte Rote Liste wird der Öffentlichkeit als Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierrassen in Deutschland verfügbar gemacht. Die Gefährdungskategorien sind „PERH“ (Phänotypische Erhaltungspopulation: unstreitbarer kultureller Wert, jedoch nur noch Rudimente), „ERH“ (Erhaltungspopulation), „BEO“ (Beobachtungspopulation), „NG“ (nicht gefährdet). Die Kategorisierung geschieht über die Effektive Populationsgröße, die aus der Anzahl an weiblichen und männlichen Tieren errechnet wird. Teilweise wird eine abweichende Einstufung  unter Berücksichtigung zusätzlicher fachlicher Aspekte vorgenommen. Die Liste beinhaltet Pferde, Rinder, Schafe, Schweine, Ziegen und Esel. Für die Arten des Geflügels (Huhn, Gans, Ente, Pute) wurde 2006 vom Bund deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG) und der GEH eine Gemeinsame Rote Liste alter, heimischer und gefährdeter Geflügelrassen erstellt, die in die Liste der BLE übernommen wurde. Hier gibt es fünf Gefährdungskategorien (Kategorie I = höchste Gefährdung). Die Ausweitung auf andere Nutztierarten wie Kaninchen, Hunde und Bienen wird angestrebt.

In Österreich widmet sich die Österreichische Nationalvereinigung für Genreserven (ÖNGENE) der Bestandsaufnahme einheimischer gefährdeter Nutztierrassen und ergreift Maßnahmen zur Erhaltung der gefährdeten Rassen. Darüber hinaus führt die Arche Austria – Verein zur Erhaltung seltener Nutztierrassen, die sich aktiv um die Erhaltung gefährdeter Nutztierarten in Österreich bemüht, ebenfalls ein Verzeichnis gefährdeter Rassen. In diese Liste sind die von der ÖNGENE genannten gefährdeten Rassen aufgenommen und einige zusätzliche der Arche Austria.

Die Initiative Vielfältige Initiativen zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (VIEH) ist eine 2004 im Freilichtmuseum am Kiekeberg gegründete Vereinigung mit Sitz im niedersächsischen Suderbruch (Samtgemeinde Schwarmstedt) und etwa 4.400 Unterstützern.
Ursprünglich wurde VIEH 2004 als Verein gegründet, um brachliegende Möglichkeiten in der Erhaltung gefährdeter Nutztierrassen aktiv vor Ort zu realisieren. Unter anderem waren der administrative Ballast und die fehlenden aktiven Mitglieder, Grund dafür, dass der Verein am Ende doch nicht umgesetzt werden konnte. Auch wenn der Gedanke, sich in einem Verein zu organisieren, noch nicht vollends begraben ist.

Eine Nutztier-Arche ist ein Zuchthof oder eine Zuchtstätte für alte und gefährdete Nutztierrassen. Der Höfeverband der Nutztier-Archen wird von der Dachorganisation Vielfältige Initiativen zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (VIEH) kontrolliert und betreut. Derzeit gibt es in Deutschland 130 Nutztier-Archen und 6 Nutztier-Archen im benachbarten Ausland (Stand Feb. 2009) Die Höfe und Züchter werden auf artgerechte Tierhaltung und Fütterung kontrolliert.
Besondere Haltungsformen müssen eingehalten werden:
Freilauf oder Auslaufhaltung bei allen Wiederkäuern, Schweinen und Geflügel.
Wassergeflügel muss zusätzlich eine Bademöglichkeit haben.
Ställe müssen mit Stroh eingestreut sein, Spaltenboden ist untersagt.
Fütterung:
Alle Tiere sollen traditionell gefüttert werden, ohne Leistungsfutter (Mastfutter).
Den Tierzüchtern wird nahe gelegt, auf Soja, Eiweißfutter und genmanipulierte Futtermittel zu verzichten.

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