Der Schabrackentapir, wie ich ihn nennen will, in seiner Heimat Maiba, Kuda-Ayer, Tennu, Me, Kudayer, Ayer, Babi-Alu, Saladang, Gindal etc. benamset (Tapirus indicus, T. sumatranus, malayanus und bicolor, Rhinochoerus indicus und sumatranus), zeichnet sich vor seinen Verwandten aus durch beträchtlichere Größe, den verhältnismäßig schlankeren Leibesbau, den im Antlitztheile mehr verschmächtigten, im Schädeltheile aber mehr gewölbten Kopf, durch den stärkeren, längeren Rüssel und die kräftigeren Füße, den Mangel der Mähne und endlich [502] durch die Färbung. Besonders wichtig für die Kennzeichnung des Thieres scheint mir der Bau des Rüssels zu sein. Während dieser bei den amerikanischen Tapiren deutlich von der Schnauze sich absetzt und röhrenförmig gerundet erscheint, geht die obere Schnauzenhälfte des Schabrackentapirs unmerklich in den Rüssel über, welcher einen ähnlichen Querschnitt hat wie der Elefantenrüssel, d.h. auf der Oberseite gerundet, auf der Unterseite hingegen gerade abgeschnitten ist. Außerdem zeigt dieser Rüssel viel deutlicher als der seiner amerikanischen Verwandten den fingerförmigen Fortsatz, – wiederum eine Andeutung an den Elefantenrüssel.
Sehr bezeichnend ist die Färbung des höchst gleichmäßigen Haarkleides. Ein reines Tiefschwarz darf als Grundfärbung angesehen werden; von ihr hebt sich, scharf abgegrenzt, die graulichweiße Schabracke lebhaft ab. Kopf, Hals und Vordertheil des Leibes bis hinter die Schulterblätter, nebst den Beinen, ein breiter Streifen, welcher längs der Brust- und Bauchmitte verläuft, die Hinterbeine, einschließlich der Oberschenkel, sowie endlich der Schwanz sind tief schwarz, alles übrige hingegen ist graulich weiß. Die Ohren sind an der Spitze licht gerändert. Schwarz wie Weiß schillern oder glänzen in eigenthümlicher, mit Worten kaum zu beschreibenden Weise. Das einzelne Haar ist von der Wurzel bis zur Spitze gleich gefärbt. Die Klauen sind dunkelhornfarben, die Iris ist dunkelviolett, der runde Augenstern schwarz. Genaue Maße des alten Männchens finde ich nirgends angegeben; bei einem von mir gepflegten erwachsenen Weibchen dagegen betrug die gesammte Länge, den 8 Centim. messenden Schwanzstummel inbegriffen, 2,5 Meter, bei 1 Meter Schulter- und 1,05 Meter Kreuzhöhe, die Länge des Kopfes von der Rüsselspitze an bis hart hinter das Ohr 63 Centim., die Länge des zusammengezogenen Rüssels 7 Centim., des ausgestreckten dagegen 16 Centim.
Auffallenderweise wurde, trotz unseres lebhaften Verkehrs mit Indien und Südasien überhaupt, erst im Jahre 1819 und zwar durch Cuvier etwas bestimmtes über den Schabrackentapir bekannt. Cuvier hatte kurz vorher ausgesprochen, daß in unserer Zeit ein großes Säugethier schwerlich noch entdeckt werden dürfte, und erfuhr durch Diard, einen seiner Schüler, den schlagendsten Beweis des Gegentheils. Diard sandte zunächst nur eine Abbildung der Maiba nach Europa und begleitete dieselbe mit den Worten: »Als ich den Tapir, dessen Abbildung ich übermittle, zum erstenmale zu Barakpoore sah, wunderte ich mich, daß ein so großes Thier noch nicht entdeckt worden; ja, ich wunderte mich darüber noch mehr, als ich in der Asiatischen Gesellschaft den Kopf eines ähnlichen Thieres fand, welchen am 29. April des Jahres 1806 der Statthalter Farquhar eingeschickt hatte, mit der Bemerkung, daß dieser Tapir in den Wäldern der Halbinsel ebenso gemein sei wie Nashorn und Elefant.« Diard hatte Unrecht, wenn er annahm, daß wirklich niemand etwas von dem Schabrackentapir wisse; denn nicht bloß die Chinesen, sondern auch europäische Forscher hatten das Thier lange vor Diard beschrieben. Was die braven Chinesen anlangt, so muß freilich bemerkt werden, daß ihre Sippen- und Artbeschreibung einiges zu wünschen übrig läßt. In dem sehr alten Wörterbuche »Eul-Ya« wird das Wort Me, der Name unseres Thieres, auf einen weißen Panther gedeutet, jedoch hinzugefügt, daß der Me auch einem Bären gleiche, aber einen kleinen Kopf und kurze Füße habe; die Haut sei weiß und schwarz gefleckt, halte auch sehr gut die Nässe ab. Aus einem zweiten Wörterbuche, »Chuen-Wen« betitelt, erfahren wir dagegen, daß der Me zwar einem Bären gleicht, aber gelblich aussieht, auch nur im Lande Lhu vorkommt. Ungleich vollständiger und genauer schildert das »Pen-thsaokana-mou«, ein Buch, das etwa der Raff’schen Naturgeschichte entspricht, unseren Vielhufer: »Der Me«, so belehrt es uns, »gleicht einem Bären. Sein Kopf ist klein und seine Beine sind niedrig. Das kurze, glänzende Haar ist schwarz und weiß gefleckt, obwohl einige sagen, daß das Thier gelblich weiß, und andere, daß es graulich weiß von Farbe sei. Es hat einen Elefantenrüssel, Nashornaugen, einen Kuhschwanz und Füße wie ein Tiger.« Außerdem finden sich in chinesischen und japanesischen Werken mehrfach Abbildungen des Schabrackentapirs, zumal in Büchern, geschrieben, gedruckt und gebunden zur Freude und Belehrung der Kindlein. Diese Abbildungen behandeln den Me als ein entschieden bekanntes, gewöhnliches Säugethier.
Abgesehen von chinesischer Wissenschaft, ist die Entdeckungsgeschichte des Schabrackentapirs folgende: Lange bevor Diard an Cuvier schrieb, im Jahre 1772 bereits, hatte der Engländer Wahlfeldt des zweifarbigen Tapirs in einem Berichte über Sumatra Erwähnung gethan. Er hielt das Thier für ein Flußpferd und beschrieb es als solches, legte aber eine Zeichnung bei, welche unseren Dickhäuter nicht verkennen läßt. Um dieselbe Zeit veröffentlichte Marsden, damaliger Sekretär der Residentschaft von Bengalen, eine Geschichte von Sumatra und in ihr bestimmte Angaben über den Tapir. Im Jahre 1805 erhielt Raffles Nachricht von der Maiba; wenig später fand ihn der Major Farquhar in der Umgebung von Malakka auf, theilte auch der Asiatischen Gesellschaft bereits im Jahre 1816 seine Beschreibung und Abbildung mit. In demselben Jahre gelangte der Tapir lebend in die Thiersammlung zu Barakpoore bei Kalkutta, und hier war es, wo Diard ihn kennen lernte. Die Ehre der Entdeckung dieses Dickhäuters gebührt also den Engländern, nicht den Franzosen.
Im Jahre 1820 trafen der erste Balg, ein Geripp und verschiedene Eingeweide des bis dahin noch immer sehr wenig bekannten Geschöpfes in Europa ein. Seitdem haben wir manches vom Schabrackentapir erfahren, ohne uns jedoch rühmen zu können, über ihn vollständig unterrichtet zu sein. Ueber das Freileben mangelt noch jede Kunde, und auch die Beobachtungen über das Gefangenleben sind keineswegs als erschöpfende zu bezeichnen.