Der Meerengel in Brehms Tierleben

Meerengel (Brehms Tierleben)

»Der Meerengel«, sagt Geßner, »bekompt den namen von seiner gestalt: dann er mit seinen breiten vorderen fäckten sich etlicher maß einem Engel vergleicht.« Sein Kopf ist rund, der Leib von oben nach unten abgeplattet und durch die nach vorne gerichteten sehr großen Brust- und Bauchflossen noch mehr verbreitert; die Kiemenspalten öffnen sich auf der Oberseite zwischen Rücken- und Brustflossen, das mit kegelförmigen, in mehrere Reihen geordneten Zähnen bewehrte Maul vorne an der Schnauze, die Nasenlöcher unter dem Winkel der breiten Oberlippe; Spritzlöcher sind vorhanden; eine rauhe Haut, in welcher kegelförmig zugespitzte Schuppen zerstreut sind, bedeckt den Leib.

Der Meerengel oder Engelfisch (Rhina squatina, aculeata, californica und Dumerilii, Squalus squatina, Squatina angelus, vulgaris, laevis, aculeata, fimbriata, oculata, japonica und Du merilii), einziger Vertreter der Sippe (Rhina) und Familie (Rhinidae) der Engelhaie, erreicht eine Länge von zwei bis drei Meter und ist auf der rauhen Oberseite chokoladenbraun und mit schwärzlichen, verwaschenen Flecken gezeichnet, auf der glatten Unterseite gelblichweiß.

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über alle innerhalb des heißen und beider gemäßigten Gürtel gelegenen Meere. Im Mittelländischen Meere ist er gemein, im mittleren Atlantischen Weltmeere nirgends selten; aber auch in der Nordsee tritt er hier und da, so längs der ostfriesischen und der südlichen Küsten Großbritanniens, in namhafter Anzahl auf, gehört überhaupt da, wo er vorkommt, zu den gewöhnlichsten Haifischen. Seiner Leibesgestalt entsprechend, hält er sich unmittelbar über dem Grunde oder auf dem Boden selbst auf und jagt hier nach den verschiedensten Rochen und Schollen usw., welche seine hauptsächlichste Nahrung ausmachen. Wie diese liegt er gerne halb im Sande verborgen, die lebhaften Augen nach oben gerichtet, um beim Erspähen einer Beute plötzlich hervorzuschießen. Zuweilen findet man kleine Trupps dieser Fische zusammen.

Die Zeit der Fortpflanzung wird verschieden angegeben: einige nennen den Herbst, andere das Frühjahr als die Zeit, in welcher der Meerengel seine sieben bis vierzehn ausgetragenen Jungen zur Welt bringt. Auch von ihm erzählte man sich früher, daß die Mutter warme Zärtlichkeit gegen ihre Jungen beweise und sie bei Gefahr »in sich schlucken, vnd nach etlicher Zeit wider herauß werffen« solle: die neueren Beobachter wissen davon nichts mitzutheilen.

Da der Meerengel an Gefräßigkeit anderen Haien nicht nachsteht, wird er ohne Mühe mit der Angel gefangen. Große Stücke sollen sich zuweilen so heftig wehren, daß die Fischer gegen sie sich vertheidigen müssen, um nicht verwundet zu werden. Gefangene, welche ich beobachtete, waren ungewöhnlich träge, lagen tagelang regungslos auf einer und derselben Stelle, fraßen nicht und verendeten infolge dessen innerhalb weniger Tage, mindestens Wochen. Das lederartige, zähe, unangenehm schmeckende Fleisch wird nicht geschätzt, die Haut zum Raspeln und Poliren gebraucht oder zu Degengriffen, Messerscheiden usw. verwendet. Vormals wußte man aus Fleisch, Leber, Eiern, Haut usw. verschiedene Arzneimittel zu bereiten.

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