Der Halsbandsittich (Palaeornis torquatus und cubicularis, Psittacus torquatus, cubicularis, manillensis, docilis, inornatus, streptophorus, bitorquatus, parvirostris, rufirostris und sincialo, Conurus torquatus usw.), »Tiga« oder »Tia« der Bengalen, »Gallar, Leibar, Ragu und Kiru« anderer indischen Volksstämme, »Dura« und »Babaghân« der Araber, »Hersei« der Abessinier, ist ein ebenso anmuthig gebauter, als zarter und ansprechend gefärbter Vogel. Er gehört zu den mittelgroßen Arten seiner Abtheilung; die Gesamtlänge des Männchens beträgt fünfunddreißig bis vierzig Centimeter, wovon mehr als fünfundzwanzig Centimeter auf den Schwanz kommen, die Länge des Fittigs vom Buge bis zur Spitze dagegen nur funfzehn Centimeter. Die Färbung des Gefieders ist im allgemeinen ein sehr lebhaftes, leicht ins Gelbliche ziehendes Grasgrün, welches auf dem Scheitel am frischesten, auf der Unterseite am blassesten, auf den Schwingen aber am dunkelsten ist. Zu beiden Seiten des Halses und der Wangengegend geht diese Färbung in zartes Lila-oder Himmelblau über, welches durch einen dunklen, schwarzen Kehlstreifen und durch ein prächtiges rosenrothes Band von dem Grün des Halses getrennt wird. Die dunkelgrünen Schwingen sind an der Innenfahne schwärzlich gerandet und blaßgelb gesäumt, die beiden mittelsten und die Spitzen der übrigen, sonst grasgrünen, auf der Innenfahne lebhaft gelben Schwanzfedern sind blau, die Untertheile des Schwanzes aber wie die Untertheile der Schwingen, grüngelblich. Der Augenstern ist gelblichweiß, der schmale Augenring roth, der Schnabel mit Ausnahme der dunkleren Spitze des Oberschnabels lebhaft roth, der Fuß grau. Beide Geschlechter unterscheiden sich nicht durch die Färbung, die jungen Vögel vor der Mauser durch ihre blassere und gleichmäßigere lichtgrüne Färbung von den alten.
Unter allen Sippschaftsgenossen hat der Halsbandsittich das größte Verbreitungsgebiet; denn er kommt ebensowohl in Südasien wie in Afrika vor. Allerdings unterscheiden sich die afrikanischen Halsbandsittiche von den indischen durch etwas geringere Größe, eine mehr ins gelbgrüne ziehende Färbung, merklich breiteren Bartstreifen, das in der Mitte unterbrochene Nackenhalsband und den deutlicher blau angeflogenen Hinterkopf: alle diese Unterschiede scheinen jedoch zur Trennung in zwei verschiedene Arten nicht auszureichen, und die Vogelkundigen stimmen darin überein, daß indische und afrikanische Vögel als gleichartig betrachtet werden müssen. >Wenn man letzteres auch zugesteht, darf man doch nicht unterlassen, hervorzuheben, daß die Lebensweise des Halsbandsittichs in Indien und Afrika eine so verschiedene ist, als sie unter Edelsittichen überhaupt sein kann. Die eigenthümlichen Verhältnisse beider Heimatsgebiete mögen diese Abweichungen begründen und geben uns vielleicht ein lehrreiches Beispiel für die Annahme, daß ein und derselbe Vogel unter veränderten Umständen auch eine andere Lebensweise führen kann.
In Asien bewohnt der Halsbandsittich die indische Halbinsel von Bengalen an bis Nepal und Kaschmir und vom Indus an bis Tenasserim oder Pegu, außerdem die Insel Ceylon. Die Angabe Chesney’s, daß er auch in Syrien vorkomme und im Frühlinge dort gemein sei, stimmt zwar mit der Behauptung von Diodorus Siculus überein, fordert jedoch trotzdem zu Zweifeln heraus, da kein anderer Reisender eines Papageis gedenkt, welcher so weit nördlich vorkommen sollte. Wahrscheinlich bildet die Kette des Himalaya für unseren Sittich die nördliche Grenze. Auf den Andamaneneilanden hat Tytler Ende der sechziger Jahre mehrere Paare ausgesetzt, welche sich dort vielleicht einbürgern werden, ebensogut, als sich entflogene in der Umgegend der Kapstadt seßhaft gemacht haben und gegenwärtig dort brüten.
Innerhalb des indischen Verbreitungsgebietes gehört unser Sittich zu den häufigsten Vögeln des Landes, insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, der Ebenen. Hier bevorzugt er, laut Blyth, bebaute Gegenden allen übrigen und ist dem entsprechend der einzige indische Papagei, welcher die Nachbarschaft des Menschen geradezu aufsucht. Denn nicht allein in Gärten und Baumpflanzungen oder auf den die Straßen und Wege beschattenden Bäumen, sondern auch in passenden Höhlungen größerer Gebäude, in Mauerlöchern und Ritzen, siedelt er sich an, um seine Jungen zu erziehen. Hier und da lebt er fern von allen Waldungen und begnügt sich dann mit den wenigen Bäumen, welche der Städter oder Dörfler der Früchte oder des Schattens halber anpflanzte. In vielen indischen Städten sieht man ihn, wie bei uns Dohlen, auf den Dachfirsten sitzen; in anderen beobachtet man, daß er einzelne Bäume, unbekümmert um das unter ihm wogende Marktgewühl, zu seinen Versammlungsorten erwählt und allabendlich zu ihnen zurückkehrt: Layards anmuthige Schilderung, welche ich oben (S. 45) gegeben habe, bezieht sich auf ihn. Unter solchen Umständen kann es nicht fehlen, daß er allerorten das Besitzthum des Menschen in empfindlichster Weise schädigt, und nur der Gutmüthigkeit und Thierfreundlichkeit der Indier insgemein dankt er, nicht ebenso rücksichtslos verfolgt zu werden wie der Karolinasittich. Plündernd fällt er in die Fruchtgärten, zerstörend in die Getreidefelder ein. Noch ehe die Frucht gereift, klammert er sich an die Aeste, um sie zu pflücken; noch ehe das Korn sich gehärtet, klaubt er es aus der Aehre; und wenn das Getreide eingeheimst ist, sucht er nach Art unserer Tauben auf dem Stoppelacker noch nach Körnern umher oder erscheint, wie der Karolinasittich, an den Feimen, um sich hier der ihm etwa noch erreichbaren Aehren zu bemächtigen. Zuweilen unternimmt er, zu großen Gesellschaften geschart, weite Raubzüge, und wenn ein solcher Schwarm einen in Frucht stehenden Baum entdeckt hat, zieht er gewiß nicht an ihm vorüber, sondern umfliegt ihn in weiten Kreisen und schwebt dann mit ausgebreiteten Schwingen und Steuerfedern auf ihn herab, und seine Früchte fallen in kürzester Frist der Vernichtung anheim. Hier und da vereinigt er sich wohl auch mit einem anderen Verwandten und streift in dessen Gesellschaft im Lande umher.
Anders verläuft, wie schon bemerkt, sein Leben in Afrika. Hier verbreitet er sich vom siebzehnten bis zum achten Grade nördlicher Breite über alle Länder des Inneren und bewohnt daher von der Westküste an bis zum Ostrande des abessinischen Gebirges jede günstig gelegene, ihm und seinem Treiben entsprechende Waldung. Er verlangt nicht immer den ausgedehnten, ununterbrochenen Urwald, welcher im Inneren Afrikas alle Niederungen bedeckt, sondern findet sich oft auch in beschränkteren Waldestheilen, vorausgesetzt, daß es hier einige immergrüne Bäume gibt, deren dicklaubige Kronen ihm zu jeder Jahreszeit gesicherte Ruheorte bieten. In Westafrika scheint er an der Küste des Meeres vorzukommen; in Nordafrika habe ich ihn südlich des funfzehnten Grades der nördlichen Breite gefunden, in den von mir durchreisten Theilen des abessinischen Küstengebirges aber nicht bemerkt. Auffallend war mir, daß er immer nur da auftritt, wo auch Affen leben. Nach wiederholten Beobachtungen rechneten wir zuletzt mit aller Sicherheit darauf, in demselben Gebiete, in welchem wir Affen getroffen hatten, Papageien zu bemerken, und umgekehrt diesen da zu begegnen, wo jene beobachtet worden waren. Große zusammenhängende Waldungen in wasserreichen Thälern bieten freilich beiden Thierarten alle Erfordernisse zu behaglichem Leben und erwünschtem Gedeihen.
Es dürfte dem Reisenden in jenen Gegenden schwer werden, die Halsbandsittiche zu übersehen. Sie verkünden sich auch dem Naturunkundigen vernehmlich genug durch ihr kreischendes Geschrei, welches das Stimmengewirr der Wälder immer übertönt und um so bemerklicher wird, als auch die Sittiche regelmäßig in mehr oder minder zahlreichen Trupps leben. Eine solche Gesellschaft, welche oft mit anderen sich verbindet und dann zum Schwarme anwächst, hat sich einige Tamarinden oder andere dicht belaubte Bäume zum Wohnsitze auserkoren und durchstreift von hier aus tagtäglich ein größeres oder kleineres Gebiet. In den Morgenstunden sind die Vögel noch ziemlich ruhig; bald nach Sonnenaufgange aber ziehen sie schreiend und kreischend nach Nahrung aus, und man sieht dann die Schwärme eiligen Fluges über den Wald dahin streichen. Afrikas Wälder sind verhältnismäßig noch immer arm an Baumfrüchten; aber die unter dem Schatten der Bäume wuchernde Pflanzenwelt ist reich an Sämereien aller Art, und diese locken auch die Papageien auf den Boden herab. Nur wenn die kleinen rundlichen Früchte des Christusdorn reif oder wenn die zarten Schoten der Tamarinde genießbar geworden sind, kommen die Papageien wenig oder nicht zur Erde hernieder. Nicht unwahrscheinlich ist, daß sie auch thierische Nahrung zu sich nehmen; wenigstens habe ich sie oft in der Nähe von Ameisenhaufen oder Termitengebäuden sich beschäftigen sehen und angefangenen eigenthümliche Gelüste nach Fleischnahrung beobachtet. In den Feldern, welche die Innerafrikaner am Waldesrande anlegen, sieht man sie selten, obgleich die gefangenen mit den hauptsächlichsten Getreidearten jener Gegenden, mit Kafferhirse und Durrah leicht erhalten werden können. Es scheint, daß ihnen die Früchte und Sämereien des Waldes besser munden als das Getreide. Bis gegen den Mittag hin beschäftigt sich der Schwarm mit Aufsuchen seiner Nahrung; dann fliegt er zur Tränke, und hierauf begibt er sich nach einer jener dichten Baumkronen, um hier einige Stunden zu vertreiben. Dabei wird viel geschwatzt und auch gekreischt; die Gesellschaft macht sich also bemerklich genug, ist aber demungeachtet schwer zu entdecken. Dasselbe, was Prinz von Wied über die südamerikanischen Papageien sagte, gilt auch für unsere Sittiche; man muß sich sehr anstrengen, wenn man die grünen Vögel in dem gleichfarbigen Gelaube wahrnehmen will. Dazu kommt, daß sie augenblicklich stillschweigen, wenn sie eine ihnen auffallende Erscheinung bemerken, oder sich leise und vorsichtig davon stehlen, wenn sie Verfolgung fürchten. Je länger man unter einem Baume verweilt, aus dessen Kronen herab man hunderte von Stimmen erschallen hörte, um so stiller und ruhiger wird es, und schließlich ist kein einziger mehr oben: einer nach dem anderen ist lautlos einem ähnlichen Baume zugeflogen und verkündet nun von dorther mit freudigem Geschrei, daß er seine listig angelegte Flucht glücklich beendet.
Nach einigen Stunden der Ruhe fliegen die Sittiche zum zweiten Male nach Speise und Trank aus; dann sammeln sie sich gegen Abend wieder auf ihren Lieblingsbäumen und erheben womöglich ein noch lebhafteres Geschrei als vorher; denn jetzt handelt es sich nicht bloß um den besten Zweig zum Ausruhen, sondern vielmehr um den sichersten Schlafplatz. Während des Frühlings jener Länder, welcher den ganzen Urwald mit zauberhafter Pracht begabt, schlafen die Papageien regelmäßig in Baumhöhlen; in der trockenen Jahreszeit dagegen müssen sie oft mit dem Gelaube vorlieb nehmen, weil die wenigen Höhlungen der immergrünen Bäume bald besetzt sind, die in blätterlosen Bäumen befindlichen ihnen aber zu gefährlich scheinen: daher rührt das Geschrei und Gezänk, welches man während der trockenen Jahreszeit lauter vernimmt als sonst.
So geschickt und rasch die Papageien fliegen, so täppisch, langsam und unbeholfen bewegen sie sich auf dem flachen Boden, und auch ihr Klettern im Gezweige der Bäume ist sehr stümperhaft. Der Flug ist reißend schnell, scheint aber zu ermüden; wenigstens erfordert er viele schwirrende Flügelschläge und geht nur dann in ein leichtes Schweben über, wenn sich der Papagei eben niederlassen will. Aus reiner Lust zum Fliegen treibt sich der Halsbandsittich niemals in der Luft umher; er verbindet mit seinem Dahineilen immer einen ganz bestimmten Zweck und endet seinen Flug, sobald er glaubt, diesen erreichen zu können. Der Gang auf dem Boden ist kaum noch Gang zu nennen, sondern eher als ein Dahinwackeln zu bezeichnen: die Kletterfüße wollen zum Laufen keine rechten Dienste thun. Der Leib wird gleichsam fortgeschleppt, und der lange Schwanz muß beträchtlich erhoben werden, damit er nicht auf dem Boden nachschleift. Eine gehende Papageiengesellschaft reizt unwillkürlich zum Lachen, weil sie scheinbar einen überaus erheiternden Ernst an den Tag legt.
In Indien brütet, wie wir durch Jerdon erfahren, der Halsbandsittich in den Monaten Januar bis März; im Inneren Afrikas sind die Regenmonate, welche den Frühling über jene Länderstriche bringen, die Zeit der Fortpflanzung. Dort dienen, wie bemerkt, nicht allein Bäume, sondern auch allerlei andere Höhlungen, zumal solche in den verschiedensten Gebäuden zur Brutstätte; hier werden ausschließlich jene benutzt. Nach dem ersten Regen hat auch die riesenhafte Adansonie ihre gewaltige Krone in den dichtesten Blätterschmuck gehüllt, und alle die zahlreichen Höhlen in den Aesten sind in wünschenswerthester Weise verdeckt worden. Hier siedeln sich nun die Brutvögel an, nach den Mittheilungen, welche mir gemacht wurden, ebenfalls in Gesellschaften, deren Paare nach einigem Streite um die besten Höhlungen friedlich zusammenleben. Das Gelege besteht aus drei bis vier rein weißen, etwas glänzenden Eiern, deren größter Durchmesser achtundzwanzig und deren kleinster zweiundzwanzig Millimeter beträgt. In Afrika sieht man schon gegen Ende der Regenzeit die Alten mit ihren leicht kenntlichen Jungen, und diese Familien vereinigen sich nun wiederum bald zu größeren Schwärmen. Nach meinen angefangenen gesammelten Beobachtungen brauchen die Jungen mindestens drei Jahre, bevor sie das Kleid, namentlich das bezeichnende rothe Halsband, ihrer Eltern erhalten.
Ungeachtet ihrer Wehrhaftigkeit haben die Halsbandsittiche von den größeren Raubvögeln viel zu leiden und sollen nach Versicherung indischer Beobachter selbst den ungeschickteren von diesen zur Beute fallen. Philipps bemerkt, daß der dortige Milan zuweilen unter sie stößt, wenn sie auf Bäumen sitzen und dann und wann einen von ihnen davonträgt, ebenso, daß sie oft von den größeren Eulen angegriffen werden; Anderson dagegen bezeichnet den Schahinfalken (Falco peregrinator) als einen ihrer gefährlichsten Feinde. »Kleine Flüge von Edelsittichen«, so erzählt er, »zogen in schneller Folge eilig ihren Schlafplätzen zu, als zu meinem Vergnügen einer der genannten Falken in einen ihrer Flüge stieß und wenige Schritte von dem Kopfe meines Pferdes vorbeijagte. Dreimal wiederholte er seinen Angriff, und jedesmal drängten sich die Sittiche in größtem Schrecken und äußerster Verwirrung aneinander und fielen, als ob sie aus der Luft geschossen wären, in die Stoppeln, über welche ich ritt. Als sie sich wieder erhoben, verdoppelte der Falke seine Anstrengungen, fehlte aber wiederum und setzte sich endlich verdrießlich auf einen Baum, von welchem ich ihn herabschoß.« In Afrika habe ich derartige Angriffe nicht gesehen, zweifle aber nicht im geringsten, daß die dortigen Edelfalken ebenfalls auf Halsbandsittiche stoßen.
In den von mir bereisten Gegenden Mittelafrikas jagt nur der sammelnde Europäer die Halsbandsittiche mit dem Feuergewehre; der Eingeborene behelligt sie nicht mit der Waffe und fängt sie höchstens, wenn er Aussicht hat, die lebenden Papageien gut zu verwerthen. Ungeachtet der Häufigkeit dieser Vögel ist es nicht gerade leicht, sie zu erlegen; ihre Schlauheit täuscht auch den geübten Jäger und vereitelt dessen Anstrengungen. Ich habe ihr listiges Gebaren später mit großem Vortheile benutzt, um sie leicht und sicher zu erlegen. Wenn ich eine Gesellschaft im Walde aufgefunden hatte, spähte ich einfach nach dem nächsten dichten, grünen Baume, stellte mich in dessen Nähe an und ließ nun durch meine Jagdgehülfen den anderen Baum bedrohen. Die Folge davon war, daß die Papageien sich zurückzogen und dabei gewöhnlich mir zum Schusse kamen.
Der Fang geschieht in Mittelafrika nicht planmäßig. Man hebt höchstens die jungen, fast flüggen Vögel aus oder überrascht einen oder den anderen der Alten nachts in den Baumhöhlen. Netze und Schlingen werden nicht zum Fange dieser Vögel benutzt, obgleich die Eingeborenen derartige Werkzeuge zu verwenden wissen. Am Senegal scheint man den Fang in ausgedehnterem Maße zu betreiben; von dorther kommen auch die meisten Halsbandsittiche, welche wir in der Gefangenschaft sehen. Sie müssen sehr billig zu erwerben sein; denn sie kosten bei uns nur wenige Mark.
Ich habe während meines Aufenthaltes in Afrika wiederholt Halsbandsittiche gefangen gehalten, mich aber nicht besonders mit ihnen befreunden können. Ein Mal besaß ich achtzehn Stück von ihnen zu gleicher Zeit lebendig. Ich gewährte ihnen möglichste Freiheit, ließ sie in einem großen Zimmer fliegen, fütterte sie gut und hoffte den ganzen Trupp zu erhalten. Meine Erwartungen wurden jedoch auf das schmachvollste getäuscht: die Papageien fielen mörderisch über einander her und die stärksten bissen die schwächeren todt. Gewöhnlich brachen sie den erlegten die Hirnschale auf und fraßen das Gehirn, ganz nach Art unserer Kohlmeise. Von ihrer besseren Seite lernte ich die Halsbandsittiche später kennen und damit auch lieben. So scheu und unfreundlich Junge sich zeigen, so zahm und liebenswürdig werden diejenigen, welche man einzeln im Gebauer pflegt. Auch sie entwöhnen sich ihres gellenden, durchdringenden Geschreies und lernen ohne besondere Schwierigkeiten sprechen, erfüllen somit alle Anforderungen, welche man an einen gefangenen Sittich stellen kann. Weit schöner als in Einzelhaft aber nehmen sie sich unter einer größeren Papageiengesellschaft aus. Hier paaren sich bald die Männchen den Weibchen an, und wenn solcher Liebesbund geschlossen ist, erwirbt sich das Pärchen jedwedes Zuneigung. Das Männchen überhäuft die Gattin mit allen Zärtlichkeiten, welche Papageien gegenseitig sich erweisen, schnäbelt und atzt sie, nestelt in ihrem Gefieder, umhalst sie förmlich, biegt sich darauf zurück, lüftet die Flügel und breitet den Schwanz, das Bild des Adlers im Wappen darstellend, weist eifersüchtig jede Annäherung eines anderen seines Geschlechtes oder eines Papageien zurück und hält scharfe Wacht, namentlich vor dem Eingange zu dem Nistkasten, welcher bald erwählt und entsprechend hergerichtet wird. Allerliebst sieht es aus, wenn die Gattin in diesem arbeitend verweilt und das Männchen durch Anklopfen mit dem Schnabel sie hervorruft, während sie mit dem Kopfe zum Schlupfloche herausschaut, einen Augenblick mit ihr kost und dann, nachdem sie sich von neuem zurückgezogen, wiederum seinen Wachtposten vor dem Käfige einnimmt. So viel mir bekannt, haben gefangene Halsbandsittiche nirgends genistet; es will dies jedoch wenig besagen, da es keinem Zweifel unterliegen kann, daß sie, wenn sie alle Bedingungen erfüllt sehen, zum Nisten schreiten werden.