Der Diamantfasan in Brehms Tierleben

Diamantfasan (Brehms Tierleben)

Der einzige Sippenverwandte, welchen man bis jetzt kennen lernte, wurde zu Ehren der Lady Amherst, welche ihn zuerst nach Europa brachte, Thaumalea Amherstiae oder Phasianus Amherstiae benannt und mag den deutschen Namen Diamantfasan führen. Nach meinem Geschmacke übertrifft er den Goldfasan an Schönheit. Der Federbusch ist auf der Stirn schwarz, im übrigen aber roth; der Halskragen besteht aus silberfarbenen, dunkler gesäumten Federn, das Gefieder des Halses, Oberrückens und der Oberflügeldeckfedern ist hell goldgrün, wegen der dunklen Vordersäume ebenfalls schuppig, das des Unterrückens goldgelb, dunkel schattirt; die Oberschwanzdeckfedern zeigen auf blaßröthlichem Grunde schwarze Bänder und Flecke, die der Unterseite sind rein weiß, die Schwingen bräunlichgrau, außen lichter gesäumt, die mittleren Steuerfedern weißgrau getüpfelt, schwarz quer gebändert und gelb gesäumt, die übrigen mehr mäusegrau, die seitlichen Oberschwanzdeckfedern wie bei dem Goldfasan lanzettförmig verlängert und korallroth gefärbt. Das Auge ist goldgelb, das nackte Wangenfeld bläulich, der Schnabel hell-der Fuß dunkelgelb. Die Länge beträgt einhundertundfünfundzwanzig, die Fittiglänge zweiundzwanzig, die Schwanzlänge neunzig Centimeter. Das Weibchen ähnelt der Goldfasanhenne.

Südtaurien und der Osten der Mongolei bis gegen den Amur hin sowie Süd- und Südwestchina und insbesondere die Provinzen Kansu und Setschuan sind die Heimat des Goldfasans, Ostsetschuan, Yunan, Kuyscho und Osttibet die des Diamantfasans. Beide bewohnen Gebirge; der Goldfasan lebt jedoch stets in einem niedrig, der Diamantfasan in einem hoch, zwei-bis dreitausend Meter, über dem Meere gelegenen Gürtel. Dies behält auch dann Geltung, wenn beide auf einem und demselben Gebirge vorkommen, so daß man annehmen muß, einer schließe den anderen aus oder vertreibe ihn aus seinem Gebiete.
Obgleich man zugestehen muß, daß der Goldfasan anderen Arten seiner Familie im wesentlichen ähnelt, darf man ihn doch behender, gewandter, klüger und verständiger als den Edelfasan nennen. Seine Bewegungen sind höchst anmuthig. Er ist im Stande, Sätze auszuführen, welche wegen ihrer Leichtigkeit und Zierlichkeit wahrhaft überraschen, weiß sich durch die dichtesten Verzweigungen mit einer Gewandtheit hindurchzuwinden, welche in Erstaunen setzt, erhebt sich auch fliegend mit viel größerer Behendigkeit als andere Fasanen. Die Stimme, welche man übrigens selten vernimmt, ist ein sonderbares Zischen. Von Hochgeistigkeit darf man auch bei ihm nicht reden, und insbesondere scheint die in seiner Familie übliche Aengstlichkeit ihm im hohen Grade eigen zu sein; wohl aber kann man behaupten, daß er sich eher als andere in veränderte Verhältnisse fügt und sich leichter als diese zähmen läßt. Jung aufgezogene gewöhnen sich bald an ihren Pfleger und unterscheiden ihn, was andere Fasanen nicht thun, mit untrüglicher Sicherheit von fremden Leuten. Alle diese Vorzüge des Goldfasans werden dem, der sich mit ihm genauer beschäftigt, sehr bald klar; gleichwohl ist er bei weitem nicht das, was er sein könnte. Es scheint fast, als ob die Liebhaber sich einbilden, daß seine Zucht und Pflege besondere Schwierigkeiten habe, während dies doch durchaus nicht der Fall ist. »In dem ziemlich all gemein verbreiteten Glauben«, sagt Bodinus, »daß unser Prachtvogel, aus dem warmen Asien stammend, durchaus nicht die Einflüsse der Witterung unter unserem deutschen Himmel ertragen könne, sperren viele denselben ein, wählen für sein Unterkommen eine Behausung aus, welche den Strahlen der Sonne möglichst ausgesetzt ist, vermeiden änglich jede Nässe, suchen den Mangel der Sonnenwärme womöglich durch einen heißen Ofen zu ersetzen und reichen, um hinreichende Kraft und Körperfülle zu erzielen, viel und schweres Körnerfutter. Bewegung hat der Vogel bloß in geringem Maße; denn ein größerer Raum ist nur mit vermehrtem Kostenaufwande abzusperren, und in einem kleineren wird es eben möglich, die Strahlen der Sonne recht kräftig auf denselben fallen zu lassen. Beobachtet man den Goldfasan jedoch genauer, so wird man bald finden, daß eine solche Behandlung ihm gewiß nicht zusagen kann, daß der trockene, von der Sonne ausgedörrte, heiße Sand, mit welchem man seinen Zwinger füllt, durchaus keinen geeigneten Boden für ihn abgibt.« Gewährt man ihm einen verhältnismäßig großen, theilweise mit Rasen belegten und ebenso mit dichtem Gebüsche bepflanzten Raum, und reicht man ihm ein passendes, d.h. möglichst gemischtes, ebensowohl aus thierischen wie pflanzlichen Stoffen bestehendes Futter, so wird man ihn ebenso leicht erhalten und zur Fortpflanzung bringen können wie jeden anderen Fasan.

Der Goldfasan tritt gegen Ende des April auf die Balze. Um diese Zeit läßt er öfter als sonst seine zischende Lockstimme vernehmen, zeigt sich beweglicher als je, auch höchst kampflustig, und gefällt sich in anmuthigen Stellungen, indem er den Kopf niederbeugt, den Kragen hoch aufschwellt, die Flügel breitet, das Spiel erhebt und Wendungen und Drehungen aller Art mit außerordentlicher Zierlichkeit ausführt. Will er die Henne herbeirufen oder seine Liebesgefühle noch anderweitig kundgeben, so läßt er etwa drei-bis viermal nach einander einen kurz abgebrochenen Ruf ertönen, welcher entfernte Aehnlichkeit mit dem Geräusche des Wetzens einer Sensenklinge hat und mit keiner anderen Vogelstimme verwechselt, aber auch nicht genauer beschrieben werden kann. Da, wo sich die Henne frei bewegen kann, beginnt sie zu Anfang des Mai zu legen, indem sie sich ein wohlverstecktes Plätzchen aussucht und hier nach anderer Fasanen Art ein liederliches Nest zusammenscharrt. Die acht bis zwölf Eier sind sehr klein und ziemlich gleichmäßig hell rostfarben oder gelbroth. In einem engen Gehege brütet die Henne selten, d.h. nur dann, wenn sie sich gänzlich unbeobachtet glaubt; man läßt deshalb ihre Eier von passenden Haushennen ausbrüten und wählt hierzu am liebsten die zwerghaften Bantams. Nach einer Bebrütung von drei- bis vierundzwanzig Tagen entschlüpfen die äußerst niedlichen Küchlein. Sie verlangen in den ersten Tagen ihres Lebens, wie alle Fasanen, große Sorgfalt, namentlich trockene Wärme, können aber bei günstiger Witterung bereits nach zwei bis drei Tagen ins Freie gebracht werden. Nicht immer folgen sie ihrer Pflegemutter, zeigen vielmehr oft Lust, ihr zu entrinnen; doch genügt zuweilen schon ein halber Tag, im sie an die Pflegerin zu gewöhnen. Nach Ablauf der ersten vierzehn Tage beginnen sie zu bäumen, und wenn sie die Größe einer Wachtel erreicht haben, fragen sie sehr wenig mehr nach der Pflegemutter. Nach etwa vier Wochen beanspruchen sie keine besondere Pflege weiter, sondern können ganz wie alte Fasanen gehalten werden.

Alles, was man zum Lobe des Goldfasans anführen kann, läßt sich, jedoch in reicherem Maße, auch vom Diamantfasan sagen. Er ist noch zierlicher, noch gewandter, behender, klüger und, was die Hauptsache, härter, gegen unser Klima weniger empfindlich als der Verwandte, welchem er übrigens so nahe steht, daß er leicht mit ihm sich paart und wiederum fruchtbare Blendlinge erzielt. Ihm blüht offenbar eine große Zukunft in unseren Thiergärten, vielleicht sogar eine solche in unseren Fasanerien; denn er besitzt alle Eigenschaften, welche den Erfolg der Einbürgerung bei uns zu Lande sichern, soweit dies überhaupt möglich ist.

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